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11 | Herbstmomente - Druckversion

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- Yeven - 26.03.2010

Mit leicht gesenktem Kopf, nach möglichen Fährten witternd bahnte sich Yeven ihren Weg weiter durch den Wald. Ihre ständige Wachsamkeit war seitdem wieder Ruhe im Revier herrschte, ein wenig verblasst und den Stimmen ihrer Gedanken gewichen, die sie für gewöhnlich unterhielten, wenn die Graue allein unterwegs war.
So bekam sie auch erst im letzten Moment mit, dass sie seit geraumer Zeit nicht alleine war. Mit gesträubten Nackenfell machte sie einen etwas schiefen Sprung zur Seite, als etwas großes grau-braunes zu ihrer Rechten aus den Büschen hechtete.
In geduckter Haltung, die Vorderpfoten in den Boden gestemmt, schaute sie in die Richtung.

„Helushka!“

Sofort ging Yeven in eine etwas entspanntere Haltung über und ihr Nackenfell glättet sich sichtlich. Mit schief-gelegtem Kopf musterte sie den Bunten und ein Wolfslächeln umspielte ihre Lefzen.
Sie mochte den älteren Rüden. Er erinnerte sie an ihren Vater.
Langsam spürte die Fähe, wie sie sich von Helushkas guter Laune anstecken ließ und ihr Blick wanderte zu der 'Gabe', welche fast unter der Pfote des Rüden verschwand und sie fragte sich, warum er seine Beute nicht fraß, sondern ihr stolz präsentierte.
Dennoch war die Graue glücklich darüber, dass Hel sich darüber freute, sie als 'Empfangskomitee' zu haben.
Yevens Rute begann ebenfalls zu wedeln und die Fähe machte einen Schritt auf den Rüden zu um den Abstand wieder wett zumachen, den sie bei ihrem Ausweichssprung geschaffen hatte. Ihre Nase zuckte, als sie den Geruch Helushkas wahr nahm.

„Ich bin auf dem Weg zum Geröllfeld. Was meinst du Hel? Willst du mitkommen?“

Yeven zog eine Vorderpfote kurz an und setzte sie kurz darauf wieder ab. Sie fragte sich, ob es vielleicht noch mehr Rudelmitglieder gab, die es zum Geröllfeld zog, doch trotzdem würde sie sich darüber freuen, wenn Helushka sie begleiten würde.
Yeven hob den Kopf, als wollte sie heulen, doch sie witterte nur nach möglichen Gefahren – eine Angewohnheit, die sie wohl nicht mehr abschütteln konnte. Doch es war still im Wald. Keine Spur von Gefahr.
Die Graue senkte wieder den Kopf und schaute den Rüden mit aufgestellten Ohren und leicht schief-gelegtem Kopf an.


- Arkas - 27.03.2010

Arkas hörte Thorn zunächst stumm und ungerührt zu. Was der Alte ihm erzähle war etwas, dass ihm schon längst bewusst geworden war. Er hatte Recht. Es würde sich nie etwas ändern, was ihn und Miu betraf. Es durfte sich nie etwas ändern. Seine Sorgen um sie und seine manchmal übertriebene Vorsicht waren nicht nur für seine Schwester bei Zeiten unerträglich und überaus lästig, auch sein Leben erleichterten sie nicht unbedingt. Eine Tatsache, derer er sich zwar bewusst war, die er jedoch akzeptierte und ignorierte. Ein Preis den er gerne bereit war zu zahlen, der jedoch nicht ausschließlich mit Selbstlosigkeit zu tun hatte. Es steckte auch viel Egoismus in der Fürsorge für Miu. Er wusste, würde ihr etwas geschehen, etwas furchtbares, und er wäre in der Lage gewesen es zu verhindern, er würde Zeit seines Lebens nie wieder in einen See und seine eigenen Augen blicken können. Es würde ihn bis ans Ende seiner Zeit verfolgen, heimsuchen und keine Ruhe mehr lassen. Die Verantwortung, auch wenn sie selbst auferlegt war, wog schwer auf seinen Schultern, aber sie stellte im schlechtesten Falle das geringere Übel dar. Ihm kamen längst verhallte Worte seines Vaters in den Sinn, Worte die ihn einst schwer getroffen hatten. Er hatte ihm damals versprochen, auf sie acht zu geben, aber es war nicht dieses Versprechen gewesen, dass ihn soweit trieb wie er seither bereit war zu gehen. Es war seine Angst um sie. Auch wenn er es ihr gegenüber nie erwähnte, auch wenn er manchmal so tat, als fühle er sich mit ihr gestraft und bereue den Weg, den er mit ihr eingeschlagen hatte und der ihn letztendlich in dieses Rudel geführt hatte, er wusste, warum er es eigentlich tat. Verantwortung war eine Devise, das Versprechen das er gegeben hatte eine Pflicht, aber beides waren auch Vorwände. Er brauchte ihr nur in die Augen sehen und schon sagte ihm sein Herz mehr als einschlägig weswegen er tagtäglich tat, was er tat.

Langsam tapste er ein paar Schritte vorwärts. Der Sand unter seinen Pfoten wurde härter, nasser. Dann, wenige Augenblicke später umspülte eine erste Welle seine Läufe, spritzte ihm unter den Bauch und schäumte, als sie sich ins Meer zurück zog und der nächsten, kleinen Woge den Platz räumte. Er blieb stehen. Das Wasser war zwar noch angewärmt von der vor kurzem noch tief stehenden Sommersonne, begann jedoch schon wieder abzukühlen. Er fragte sich, ob es an dieser Küste wohl im Winter gefror. Eine Frage, um sich von dem bisherigen Thema abzulenken. Ein Gedanke. Aber es gelang ihm nicht. Im Gegenteil. Das plätschern und gurgeln des Wassers riefen nur weitere Erinnerungen hervor. Je mehr er sich anstrengte sie zu verdrängen, desto schneller kamen sie. Es war, wie wenn man versuchte nicht an jemanden zu denken und einem bewusst wurde, dass man in genau diesem Moment wieder an ihn dachte. Er schluckte. Zusammen mit den Erinnerungen kamen die Gefühle, die er damals empfand. Wut und Trauer, Selbstvorwürfe, Hass, Angst, Schuld. Sie steckten wie ein Klos in seiner Kehle und erschwerten ihm das Atmen, gaben ihm das Gefühl zu ersticken. Kurz bevor seine Fassade, seine Aura aus Sicherheit, Bedachtsamkeit und Kühle bröckelte, fing er sich wieder und schaffte es mit großer Kraftanstrengung sie zurück zu halten. Seine Kehle fühlte sich trocken an, aber er wusste, dass Meerwasser alles andere als genießbar war.

Er wendete zum ersten Mal seinen Blick vom Horizont ab, musterte Thorn in seiner vollen Statur und sah ihn einen Augenblick mit einer Mischung aus Misstrauen, Zweifel aber auch Interesse an. Er fragte sich, ob dieser Wolf ähnliche Erlebnisse in seiner Vergangenheit gemacht hatte, ob es womöglich noch weitaus mehr Brüder, Väter oder Freunde auf dieser Welt gab, denen es ähnlich erging wie ihm, sein Stolz verwehrte ihm jedoch das Nachfragen. Es war nicht seine Art in dem Leben anderer zu schnüffeln. Nach kurzem Grübeln entschied er sich, selbst einen Schritt zu wagen, über den er bisher stets den Kopf geschüttelt hatte. Reden… Vielleicht konnte es nicht schaden, ein wenig von sich preis zu geben und offen zu sein. Zwar hämmerte in seinem Kopf eine leise Stimme, die wiederholt rief, dass er es bleiben lassen sollte, aber wie so vieles, was in seinem Kopf vor sich ging, schaffte er es auch diese problemlos zu unterdrücken. Er hatte nichts zu verlieren. Wenn sich dieser Schritt als falsch herausstellen würde, könnte er jederzeit abbrechen und verschwinden. Immerhin kannte er den Rüden kaum. Er wendete seinen Kopf wieder dem Meer zu, als spreche er zu sich selbst, sprach dabei aber laut genug, dass Thorn ihn verstehen konnte.

"Ich Sorge mich nicht aus Langeweile… Einmal habe ich mit ansehen müssen, wie ihr beinahe etwas Schreckliches passiert wäre. Eigentlich uns beiden…"

So ungewohnt es für ihn war, über diese Dinge zu sprechen, so schwer fiel es ihm, die richtigen Worte zu finden und es endete damit, dass er nicht zusammenhängendes, rätselhaftes Zeug vor sich hin brabbelte, teils mit energischen, teils mit abwesenden Unterton.

"Kennst du es, wenn man an die Vergangenheit denkt und sich wünscht, noch einmal zurückkehren zu können um etwas anders, besser zu machen… einen Fehler nicht zu begehen? Jeder Tag kann einer dieser Tage sein. Morgen… vielleicht auch schon heute… in einiger Zeit könnte ich mir wünschen an genau diesen Ort, zu dieser Zeit zurück zu kehren und etwas anders zu machen… einen Fehler zu beheben. So weit will ich es aber nicht kommen lassen."


- Schneedorn - 27.03.2010

Thorn schwieg, es schien als wolle der dem jüngeren Zeit lassen, oder als erwarte er gar keine Antwort, als Arkas sich dann aber einige Schritte entfernte und im Merr stand starrte Thorn dessen Rücken schweigend an. Er konnte an der Haltung und dem Gesichtsausdruck des Hellgrauen deutlich erkennen das dieser stark versucht war seine Gefühle und seine Reaktionen zu unterdrücken, wahrscheinlich dachte er Thorn würde das nicht merken und vielleicht wäre es bei anderen Wölfen sogar der Fall gewesen, aber Thorn war selbst meister in diesem Spiel, ein Spiel das er Leid war zu spielen. Da sein Instinkt ihm sagte, dass von Arkas keine Gefahr drohte, legte der Graue sich in den noch von der Herbstsonne gewärmten Sand, und ließ dem Rüden Zeit zum nachdenken. Er wollte Arkas nicht drängen oder ihm ein Gespräch aufzwingen worauf der Rüde keien Lust hatte. Das war nicht seine Art und er selbst war wohl ziemlich eingesteift in Sachen Unterhaltungen, bei Wulf so viele Worte wie in den letzten Tagen hatte er in mehreren Jahren nicht mehr von sich gegeben.

Thorn hatte sich entspannt im Sand ausgestreckt, seine Augen und Ohren jedoch weiterhin auf Arkas gerichtet, als dieser sich plötzlich zu ihm umwandte, Thorn ließ die Musterung stumm über sich ergehen, zu gern hätte er in den Kopf des Rüden geschaut, gern hätte er dessen Gedanken gewusst, was er wohl von Thorn dachte, dann plötzlich wandt dieser sich wieder ab. Thorn wurde gant still, nichts an ihmm schien sich zu bewegen als Arkas zu sprechen anfing. Thorn sog die Worte in sich auf, am Ende zuckten seine Ohren wild, seine Pfoten bewegten sich inruhig im Sand, er senkte den Blick. Wenn er mit allen gerechnet hatte, doch nicht mit diesen Worten, sie brachten ihn wieder zu jenem schrecklichen Tag zurück, Schmerz wühlte in seiner Brust, und ob Thorn das kannte. Er würde seine Seele verkaufen wenn man ihn die Möglichkeit gäbe wieder an jenem Ort, an jenem Tag zu sein. Aber darum ging es hier nicht, er würde nciht noch einmal seine Vergangeheit Preis geben, er hatte gesehen wie verstört Dann gewesen war. Er wollte seine Vergangeheit nicht nochmal auferleben lassen, nicht jetzt..Thorn schloss die Augen, seine Rute fuhr kurz und wild durch den Sand, wirbelte diesen mit auf. Er versuchte seine Emutionen wieder unter Kontrolle zu bekommen, bis er schließlich den Kopf hob und den Rüden schier aus seinen braunen unergründlichen Augen anstarrte. Doch im Gegensatz zu seinem aufgewühlten Gemütszustand antwortete der Rüde ruhig, langsam, leise...

"Ja, ich kenne das Gefühl, und wache jeden Tag mit diesem Gefühl auf und schlafe jeden Tag mit diesem Gefühl ein."

Doch im Gegensatz dazu wusste der Rüde auch, da
ss er nichts ändern konnte. Er konnte die Vergangenheit nicht ändern. Noch als Welpe hatte man ihm gesagt das jeder Fehler machte, aus Fehlern lernte man, sie machten einen stark, aber waren machte Fehler nicht einfach zu schlimm um gemacht zu werden? Was blieb einen anderes übrig, entweder man lernte daraus, oder man lief weg, Thorn war bisher immer nur weggelaufen, aber er war es leid zu laufen.

"Aber leider kann man die Vergangeheit nicht ändern, man kann mit ihr leben und lernen"

Seine leise Stimme war wohl für Arkas kaum mehr zu hören. Kurz nur gewährte er dem jungen Rüden einen Blick in seine unendlich leeren traurigen Augen, dann senkte er den Kopf. Etwas lauter sprach er weiter...

"Was ist euch schreckliches passiert Arkas?"

Er nannte den Rüden absichtlich beim Namen, er wollte das der Rüde erkannte das er dessen Worte ernst nahm. Thorn verfiel wieder in seien ruhige Haltung und verbannte seien Alpträume in seinem Kopf. Er wartete schweigend ob der Rüde ihm antworten würde.


- Siyi - 28.03.2010

Die finsteren Gedanken, welche die Alpha-Fähe noch eine geraume Zeit lang gequält hatten, waren verflogen. Der Bär würde nie wieder sein Unwesen treiben. Sie hatte das Entschwinden Samaels akzeptiert und auch einen Teil ihrer früheren Fröhlichkeit und Ausgelassenheit zurückgewonnen, wenn sie auch längst nicht mehr so übermütig war, wie einst die Jungwölfin Siyi.

Halb verborgen im trotz des Herbstes noch hohen Gras der großen Lichtung, wo die Geweihträger und ihre Gefährtinnen ebenso wie anderes Getier nicht selten zu finden waren, lag Siyi in der Nähe des Waldrandes. Die Augen hatte sie halb geschlossen und den Fang der Sonne entgegen gestreckt, die noch hoch genug stand, um über die Bäume auf sie hinabzuscheinen. Bald müsste sie wohl den Platz wechseln, um mit dem Lauf der Sonne sich die wärmenden Strahlen zu erhalten.
Trotz der angenehmen Schläfrigkeit, welche die Fähe ausstrahlte, waren ihre Ohren aufmerksam gespitzt, lauschten in jede Richtung, aus der ein Geräusch an die spitzen Lauscher drang.
Ein lauteres Rascheln weckte schließlich Siyis Aufmerksamkeit und sprach auch unerwartet ihren Jagdtrieb an. Die Jagd war ihr immer ein besonderer Spaß.
Langsam öffneten sich die gelb-grünen Wolfsaugen und fixierten einen Punkt im Gras, wo sich unweit der Fähe die Halme leicht bewegten. Die Ohren legten sich augenblicklich zurück, um ihrem erwählten 'Opfer' kein Warnzeichen zu sein. Es musste größer sein als eine Maus, aber dennoch kleiner als ein Reh... vielleicht war es ein Kaninchen, das sich leichtsinnig vom Loch seines Baues entfernt hatte.
Die entspannte Liegehaltung Siyis veränderte sich zu einer angespannten geduckten Haltung des Lauerns, bevor sie leise voranpirschte, dem immer noch leise fortwährenden Rascheln entgegen.

Nach wenigen geschlichenen Schritten, konnte Siyi bereits die großen, schmalen Ohren ausmachen, welche nervös hin und her zuckten, während ihr Besitzer geschäftigt am Boden herum zu knabbern oder zu schnuppern schien. Es war doch ein Hase, der ebenso wie sie den schönen Herbsttag auf der Wiese genoss.
Siyi wartete gar nicht erst geduldig auf den richtigen Moment, sondern sprang einfach auf das Hoppeltier zu, nur um schräg vor ihm wieder zu landen. Erschrocken blickte es wenige Sekunden völlig erstarrt auf den vierbeinigen Jäger, bevor es in wilder Flucht, Haken schlagend direkt auf die Wiese hinaus lief, statt dem sicheren Unterholz des Waldes zuzustreben.
Die Fähe setzte zur Verfolgung an, folgte bald hier bald da der Richtung der fliehenden Beute, aber so oft sie auch die Gelegenheit dazu bekommen hätte zuzupacken, lief sie einfach nur aus Freude der Beute hinterher, ohne sie wirklich fangen zu wollen.

Irgendwann ließ die bunte Fähe sich ins Gras rollen und blieb japsend und hechelnd liegen.


- Laisréan Kegan - 29.03.2010

Réan ließ sich ein wenig Zeit, über Devakis Aussage bezüglich Helushka zu sinnieren. Weniger, weil das Jagen in irgendeiner Weise eine besondere Tätigkeit war, sondern eher, weil er selbst, Réan, das noch nicht aufgefallen war. Das war nun auch nicht weiter schrecklich, aber es führte schließlich zu der Frage, die den Weißen interessierte. Wie gut kannten sich Devaki und Helushka? Waren die beiden Rüden Freunde? Wie viel verband sein Halbbruder mit dem Schwarzen und insgesamt mit diesem Rudel? Das hatte Réan ihn nie gefragt, dabei war es doch eigentlich eine wichtige Sache. In letzter Konsequenz ließ ihn das auch zu der Frage kommen, wie viel ihm selbst dieses Rudel bedeutete und warum er nun immerhin schon einen ganzen Sommer und den aufkommenden Herbst hier verbrachte. Schließlich war er Zeit seines Lebens ein Wanderer gewesen und hatte früher oder später immer die Sehnsucht verspürt, weiter zu ziehen, da sich das Glück am alten Ort nicht zeigen wollte. Hier war er zufrieden, das war klar, aber er fragte sich doch, ob sich das nicht bald ändern würde, und wenn nicht, warum. Sachte nickte er nun, weniger um Devakis Aussage zu bestätigen, als um allgemeines Einverständnis zu signalisieren.

“Ja, das ist er wohl. Kennt ihr euch gut? Mein Brüderchen scheint hier glücklich zu sein, ebenso wie ich. Dabei weiß ich gar nicht so genau, warum.“

Réan war gerne ehrlich und offen und machte sich auch keine Gedanken darüber, ob Devaki damit nun umgehen konnte oder nicht. Sollte der Schwarze keine Lust haben, darüber zu reden würde er den Mund halten und ein anderes Thema anschneiden. Der Weiße war ein Freund davon, es sich einfach zu machen und betrachtete stets mit leichtem Amusement junge Wölfe, die sich voller Hingabe selbst Steine in den Weg legten. Mit einem Schmunzeln über sich selbst betrachtete er sein Gegenüber und stellte mit ein wenig Verwunderung fest, dass Deva weniger optimistisch und frisch aussah. Auch wenn der Schwarze gleich darauf verkündete, Réan begleiten zu wollen und ihn nebenbei auch noch neckte, was der Weiße als aller erstes mit einem Schulterknuffen kommentierte. Dann schloss er sich dem Schwarzen an und begann mit ruhigen, kleinen und nicht zu schnellen Schritten den Aufstieg. Die Steine schienen Herbstfaul zu sein und wollten ihm nicht unter den Pfoten davonkullern, was er ihnen hoch anrechnete. Noch waren sie nicht an den steilen Stellen angelangt, aber wenn es so weiter ging, würden sie in Nullkommanichts oben angekommen sein. Entspannt ob der kaum vorhandenen Anstrengung wandte Réan seinen Kopf wieder seinem Begleiter zu.

“Du wirkst weniger fröhlich, als man an einem solch wunderschönen Herbsttag sein sollte. Bedrückt dich etwas?“

Auch hier hatte Réan zwar eine Frage gestellt, forderte damit jedoch noch lange keine Antwort. Sollte Devaki zu diesem Thema nichts sagen wollen, würde er schweigen.


- Arkas - 29.03.2010

Arkas hatte mit dieser Frage von Thorn gerechnet. Sicher, es war schon immer unklug gewesen Andeutungen zu machen wenn man nicht vor hatte, über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Er hatte sich also selbst in diese Situation gebracht, doch anstatt sich darüber zu ärgern, blieb er doch relativ gelassen. Er verstand selber nicht, warum sein innerer Widerstand über sich und seine Vergangenheit zu reden in diesem Moment dermaßen schwach war, aber er verspürte auch nicht das Bedürfnis diesen Sachverhalt weiter zu ergründen. Der andere Rüde hatte einfach etwas, dass Arkas ins Grübeln brachte und das ein vertrautes Gefühl in ihm hervorrief, er konnte jedoch nicht benennen worum es sich dabei handelte. Auf der einen Seite entstand das Bedürfnis zu reden, auf der anderen Seite war er noch immer er, was bedeutete, dass auch ein gewisses Unbehagen vorhanden war. Sich nicht lange dieses Zwiespalts hingebend entschied er, ein wenig von sich preis zu geben, dabei jedoch vorsichtig zu sein um nicht das Gefühl zu vermitteln, dass diese Art der Konversation ihm Mühe bereitete oder dass Gedanken an Früher etwas wie eine wunde Stelle für ihn waren, weswegen er sie normalerweise mied. Als er Sprach, nahm seine Stimme dabei einen monotonen Klang an, als beträfen ihn die Worte nicht, als würden sie ihn nicht interessieren oder es handele sich nur um etwas beiläufiges, wenig relevantes. Er blieb wo er sich befand und ließ sich weiter die Pfoten vom Meer umspülen, den Küstenwind weiterhin durch seinen Pelz wehen und es ebenfalls in Wellenbewegungen versetzen. Er wirkte wie zur Salzsäule erstarrt, das Gesicht dem Meer zu- und von Thorn abgewandt. Nur sein Sprechen und ein gelegentliches Blinzeln verrieten, dass er nicht wirklich erstarrt war. Er musste sich nicht viel Mühe geben diese Ausdruckslosigkeit an den Tag zu legen, war sie ihm doch schon in Fleisch und Blut übergegangen.

"Wir spielten im vergangenen Frühjahr alleine am Fluss. Es lag zwar noch Schnee, aber die Schmelze hatte schon eingesetzt. Miu wollte gerne auf die andere Seite zu den Geröllfeldern und ein umliegender Baum bot eine geeignete Brücke. Ich hielt sie nicht auf. Als sie den Stamm fast überquert hatte rutschte sie aus und fiel ins Wasser. Der Fluss riss sie sofort mit sich, zog sie immer wieder unter Wasser. Ich hätte sie von Anfang an von ihrer Idee abbringen sollen, aber auch für mich sah das ganze zu beginn wie eine lustige, spannende Sache aus. Abenteuerlich…"

Die Bilder, die in ihm aufkamen und in denen er seine Schwester fallen und im Wasser verschwinden sah, ließen seinen Magen krampfen und seine Kehle fühlte sich mit einem Mal noch trockener an. Er ließ sich von ihnen aber nicht überwältigen, verdrängte sie schnell wieder und rief sich ins Gedächtnis, dass er von der Vergangenheit sprach, dass es Miu heute gut ging und dass sie es überstanden hatten.

"Ich war dann noch so dumm und bin ihr nach gesprungen, wollte ihr irgendwie helfen und unterschätzte die Strömung. Ich hätte Hilfe holen sollen. Glücklicherweise war unser Vater in der Nähe und schaffte es an einer günstigen Stelle uns beide wieder ans Ufer zu ziehen."

Kurz atmete der Hellbraune tief durch, durchflutete seine Lunge mit frischer Luft. Er hatte wahrscheinlich mehr Worte verloren als in der gesamten Zeit, die er nun schon in diesem Rudel verbracht hatte. Dann drehte er sich langsam wieder um und kam in kleinen Schritten zurück an den Strand, die Rute dabei reglos herabhängend. Auf seinem Gesicht zeigte sich seine übliche ernste, gefühlskalte Mimik. In angemessenem Abstand zu Thorn blieb er stehen und sah dem Weißen direkt in die Augen.

"Mein Vater hat im Anschluss ein langes, ernstes… Gespräch mit mir geführt, dass ich nie vergessen werde. Und er tat es zu Recht."

Mehr gab es nicht zu erzählen und Arkas verspürte auch nicht das Bedürfnis, noch weiter ins Detail zu gehen. Er hoffte, der andere würde dies von alleine erkennen. Im Nachhinein war er sich inzwischen schon nicht mal mehr sicher, ob es klug gewesen war, überhaupt auf diese Frage einzugehen. Er beschloss zumindest, die Geschichte nicht noch einmal auszupacken, einfach weil es nichts brachte die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen, aber auch, was er jedoch nicht zugab, weil es ihn irgendwo doch ziemlich aufwühlte.


- Helushka - 29.03.2010

Immerhin hatte Helushka davon abgesehen, die Maus zuzusabbern, die war ja eh tot. Ausserdem lag sie auf dem Boden wohl viel besser als im Fang des Rüden, wo sie eine überdurchschnittlich lange Verweildauer hingelegt hatte, denn für gewöhnlich wurden Mäuse ja ziemlich rasant gefuttert und der Endverwertung zugeführt, ein Zustand in dem Helushka sich nie befinden wollte. Und bis vor kurzem dachte der Rüde auch, keine natürlichen Feinde zu haben – bis Tapsi kam und aus einem harmonischen aber durcheinandergewürfelten Rudel einen in sich geschlossenen Verband machte, dessen Strukturen sich gerade erst festigten. Helushka fühlte sich durchaus bereit, sich da ein wenig mehr einzubringen, verbrachte die neu gefundene Zeit jedoch mehr mit Jagen als mit dem Erzählen von Anekdoten aus grauer Vorzeit. Vielleicht auch, weil er das Gefühl hatte, zumindest die nicht ganz blutjungen Rudelmitglieder und -gäste wären dann ziemlich schnell sehr gelangweilt. Also hatte er davon abgesehen, gut.

Helushnka keckerte ein wenig vor sich hin, als er Yeven's Reaktion sah. Von der Hellen hatte er eigentlich nichts anderes erwartet und es war ihr hoch anzurechnen dass sie weder schreiend und jaulend davonschlich, noch aggressiv auf den Rüden zuging, der sich hier durchaus eine liebevolle Maßregelung verdient hätte, wo man denn schon mal dabei war. Aber nein, Yeven blieb ruhig und schien den kleinen Spaß mit zu machen. Nach dem erkennen und der für den Rüden sehr erfreulichen Reaktion Yeven's ließ er sich ihre Frage durch den Kopf gehen, während er sich langsam ein wenig näher schob und die Rute leicht über dem Scheitelpunkt hin und her tocken ließ.

„Sehr angenehm, Dich nicht verschreckt zu haben. Snack?“

Beim Wort 'Snack' deutete der Rüde auf die am Boden liegende und somit auf dem Präsentierteller liegende Maus, die er scheinbar in der Tat als 'Gabe' zu sehen schien, denn sonst hätte der Bunte jene schon längst gefuttert. Yeven wurde wieder betrachtet, auch das Fangheben, welches untypisch erschien – zumal danach nicht etwa der erwartete Heuler folgte, sondern...nichts, wenn man so wollte.

„Zum Geröllfeld...ich war anfangs recht oft da. Allerdings gefällt es mir persönlich am Weiher besser, muss ich sagen – es ist sehr angenehm, einen Wasservorrat in der Nähe zu haben. Aber wenn Du schon so fragst....“

Das Wedeln verstärkte sich ein kleines bisschen und wurde von einem leisen, vorfreudigen Winseln begleitet, das seitens Helushka bisher wohl kaum jemand gehört hatte, sooo viel Anlass dazu hatte der Bunte Rüde ja auch nicht. Der Angegraute schob sich kurz an Yeven's Flanke vorbei, dann unter der Fähe Fang hindurch – immer vorausgesetzt dass die auch stehenblieb – und rollte sich schließlich vor Yeven auf Seite wie Rücken, etwas mit den Läufen strampelnd.

„...dann geb mal den Weg vor.“

Es brauchte nur einen Wimpernschlag, dann stand Helushka wieder und schüttelte sich dass der Staub nur so aus dem Fell flog. Ein zufriedenes Seufzen schloss sich dem frank und frei an. Der kurze Welpenauftritt war also beendet und ließ den Rüden...nunja, welpisch wirken? Nein, eher wohl nicht. Helushka scharwenzelte noch ein wenig um Yeven herum, darauf wartend dass die Helle sich in Bewegung setzen würde. Musste sie ja, wenn sie hier schon mal den Ton angeben durfte, auch wenn Yeven den Eindruck machte, dass 'den Ton angeben' mal etwas war, das so gar nicht zu der zierlichen Fähe passte. Aber der Eindruck konnte ja auch täuschen und am Ende steckte in Yeven vielleicht mehr als Helushka bisher angenommen hatte....?


- Devaki - 30.03.2010

Für einen kurzen Moment sann der Schwarze über eine passende Antwort nach – und darüber, wie tiefgründig diese ausfallen sollte. Réan war zwar nun schon eine ganze Weile bei ihnen, aber wenn man es recht nahm, kannte Deva ihn ja kaum. Genauso wenig wie jemand anderen aus dem Rudel. Nur Dann und Siyi schienen ihm in den letzten Wochen ein wenig vertrauter geworden zu sein. Zu den anderen hatte er kaum Bezug. War das vielleicht seiner Verschlossenheit geschuldet? Vielleicht musste er ja einfach offener werden? Kurz runzelte der Schwarze die Stirn und war fast geneigt den Kopf zu schütteln, besann sich dann jedoch schnell wieder Réans Gegenwart und ließ es bleiben.

„Was verstehst du unter gut kennen? Nein, ich glaube eher nicht. Ich unterhalte mich mit ihm wie mit allen anderen auch und ich schaue ihm ab und an zu, wie allen anderen. Aber ich weiß nichts über seine Wünsche, seine Träume oder seine Ziele.“

Was eigentlich schade war. Es war klar, dass niemand zu allen Mitgliedern eines Rudels ein besonders enges Verhältnis haben konnte. Trotzdem hatte der Schwarze in diesem Moment das Gefühl, dass es eigentlich mit zu seinen Aufgaben gehörte sich mehr unter „das Volk“ zu mischen, ein wenig Zusammenhalt zu stiften und nicht nur die unnahbare, ruhige rechte Pfote an Siyis Seite darzustellen. Ein schwaches Lächeln erschien auf seinen Lefzen, während er neben Réan über die Steine kletterte. Der Weg wurde mittlerweile etwas steiler, aber Deva merkte davon kaum etwas.

„Kennst du das Gefühl eine Aufgabe zu haben, von der du glaubst ihr nicht gerecht werden zu können? Obwohl alle glauben, dass du ihr gewachsen bist?“

Er warf dem Hellen einen kurzen Seitenblick zu, musterte ihn und erinnerte sich an seine Worte von eben. Réan sah tatsächlich glücklich aus. So frei und unbeschwert. Wieder fiel Deva auf, dass Réan jünger wirkte, wahrscheinlich sogar jünger als er selbst, vor allem aber jünger als er sich fühlte.

„Vielleicht bist du deshalb so glücklich, weil du Helushka hier wiedergetroffen hast. Ihr habt euch einige Zeit nicht gesehen gehabt, nehme ich an? Wahrscheinlich würde es dir an jedem anderen Ort genauso ergehen. Manchmal kommt es auf die Gesellschaft an in der man sich befindet und die darüber entscheidet, ob es dir gut geht oder nicht.“

Zumindestens konnte er so mutmaßen. Etwas anderes wagte Devaki auch gar nicht.


- Schneedorn - 30.03.2010

Thorn war erstaunt, dass der junge Rüde ihm seine Frage doch beantwortete und hörte ihm aufmerksam zu, unterbrach ihn nicht, denn er hatte so den Verdacht das Arkas ihm diese Geschichte nur einmal erzählen würde.
Erst als der Rüde sich ihm zugewandte schaute Thorn auf und blickte in sein ernstes Gesicht. Thorn war irgendwie froh das Arkas ihm diesen Teil aus seiner Vergangenheit erzählt hatte, er konnte sich vorstellen wie schwierig es für den Rüden sein müsste, er hatte Miu nur kurz gesehen, und doch wusste er dass Arkas wohl Mius Beschützer war. Das war wohl nicht unüblich, der Beschützerinstinkt ihrer Gattung war ausgeprägt, Rüden würden wohl immer ihre Fähen und Nachkommen beschützen, auch Thorn war einst so ein Typ gewesen.

Er konnte beide Seiten verstehen, einmal Arkas der noch jung und unerfahren war, bereit die Welt zu erkunden und dann mit ansehen musste wie seine Schwester in Lebensgefahr geriet, er hatte ihr nur helfen wollen und sich selbst dabei in Gefahr gebracht.
Und dann seinen Vater, der seine beiden Kinder fast verloren hätte….
Thorns Herz setzte einen Schlag aus….wenn Arkas Vater die beiden so geliebt hatte, wie Thorn eine Familie konnte er verstehen welche Angst der Rüde gehabt haben musste als er seine Kinder im Fluss gesehen hatte.
Und Thorn konnte sich auch in etwa vorstellen wie dieses Gespräch verlaufen war.
Er selbst hatte einige ernste Gespräche mit jungen Wölfen geführt, welche nicht immer einfach verliefen, aber man konnte nicht immer nett sein wenn man versuchte den Ernst mancher Lage zu vermitteln, es gab Taten, die tödlich enden durch falsches handeln und das mussten Jungwölfe verstehen, als Lektion für ihr späteres Leben.
Dieses Erlebnis schien den, im Gegensatz zu seiner Schwester, ernsten Arkas geprägt zu haben.

Thorn seufze und erhob sich, schüttelte den Sand aus seinem Fell, seine klaren Augen ausdruckslos auf den Rüden gerichtet.

„Ich hab auch jemanden verloren und das hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.“ Thorn senkte den Kopf, trat mit seiner Pfote unruhig im Sand herum.

„Es scheint wohl so, als können wir unsere Vergangenheit nicht mehr ändern, aber vielleicht können wir es in Zukunft besser machen.“

Thorn hob den Kopf, er wollte nicht mehr über Dinge reden die vorbei waren, obwohl er erleichtert war, dass Arkas ihm seine Geschichte erzählt hatte, aber andererseits hatte er auch noch nicht das Bedürfnis das Gespräch zu beenden.
Thorn verdrängte seine Gedanken und blickte Richtung Meer, es war bereits Nachmittag als plötzlich aus seinem innersten ein Knurren ertönte, was für Arkas wohl deutlich zu hören war. Sein Magen. Wie hatte er den nur vergessen können. Er schaute den Rüden an, kniff kurz die Augen zusammen.
Wie es wohl war mit Artgenossen zu jagen, nach so langer Zeit? Vielleicht würde Arkas ihm bei der Nahrungssuche helfen? Vielleicht würde er endlich mal etwas anderes als Kleintiere und Mäuse zu sich nehmen. Thorn Ohr zuckte, seine Augen glitzerten kurz auf als er seine Pfote hob, und den jungen Rüden den Sand vor die Pfoten spritzte, er neigte den Kopf und deutete mit seiner Schnauze Richtung Wald und hob dabei eine Braue, ein Angebot, eine Anfrage ihm zu folgen…bevor er sich umdrehte, sich in Bewegung setzte in Richtung Bäume ohne ein Wort zu sagen….


- Arkas - 31.03.2010

In dem Blick des anderen Rüden lag etwas, dass die Unsicherheit in Arkas in den Hintergrund treten ließ. Er fühlte sich verstanden, jemanden gegenüber, der dies oder zumindest etwas in der Art schon mitgemacht zu haben schien. Die Worte von Thorn bestätigten im nächsten Moment Arkas Vermutung. Was dieser sagte, ging dem Hellbraunen jedoch noch einen Moment lang durch den Kopf.

Es hat ihm zu dem gemacht, was er heute ist…

Ein Gedanke entstand, der neu für den Rüden war. Wurde auch er durch die Ereignisse erst zu dem, was er heute ist? Wäre er denn anders gewesen wenn er nicht hinter seiner Schwester her gesprungen wäre, wenn Miu nicht gestürzt wäre, wenn sie sich an dem Tag woanders hin begeben hätten? Für einen Moment von dem berüchtigten "was wäre, wenn" irritiert und abgelenkt, wird der Blick von Arkas glasig und durchscheinend, sieht durch Thorn hindurch. Dann schärft sich sein Blick jedoch wieder und das übliche Programm beginnt im Kopf des Rüden abzulaufen. Vergangenheit, Geschehenes, überflüssige Fragen verdrängen, nüchtern sein, sich der Gegenwart bewusst sein. Er war nur für einen kurzen Augenblick abgelenkt, dennoch hatte er einen Teil dessen, was sein Gegenüber noch gesagt hatte nicht mitbekommen. Einzig „…in Zukunft besser machen.“ verblieb in seiner Wahrnehmung. Und das hatte er vor. Er hatte es schon gesagt. Es würde nicht noch einmal passieren.

Eine kurzen Pause des Schweigens verdeutlichte Arkas, dass der andere Wolf wohl nicht vor hatte, seinerseits über seine Vergangenheit zu erzählen. Vielleicht auch nur im Augenblick nicht. Dies kam Arkas ganz recht, für einen Tag war er genug vom Gegenwärtigen abgewichen. Das auf die Stille folgende Magenknurren des Älteren war dann nicht zu überhören. Es erinnerte den Hellbraunen daran, dass auch er seit einer ganzen Weile nichts Festes mehr zwischen die Zähne bekommen hatte. Die folgende Gestik des anderen war nahezu unmissverständlich. Der Weiße hatte ihn soeben zu einer Jagd eingeladen. Oder zumindest, ihm zu folgen. Arkas war sich da nicht ganz sicher. Und in noch einer Sache war er sich unsicher: Etwas in ihm sagte ihm, es wäre langsam an der Zeit nach seiner Schwester zu sehen. Der innere Drang, der ihn stets dazu trieb in ihrer Nähe zu bleiben, und den er nur mit großer Anstrengung unterdrücken konnte, als sie vor einer Weile verschwunden war, meldete sich zurück. Stärker als je zuvor. Verständlich, hatte er doch so lange geschwiegen, während Arkas sich mit Thorn beschäftigt hatte. Doch nun forderte er förmlich dazu auf, nach Miu zu sehen. Andererseits waren auch die Worte, die er zuletzt mit seiner Schwester gewechselt hatte wieder präsent. Vertrau mir doch einfach, hatte sie gesagt. Ihn versucht davon zu überzeugen, dass überhaupt keine Gefahr bestand, dass die anderen auch auf sie aufpassen würde. Sie hatte ihn gebeten, sie hatte gefordert und letztendlich sogar erreicht, dass er ihr zähneknirschend versprochen hatte, an diesem Tag nicht nach ihr zu suchen, sie mit den anderen gehen lassen. Es war einzig dieser Wortlaut, der ihn daran hinderte. Ein Wolf, der seine Versprechen nicht hielt, war nichts wert. Das war seine feste Überzeugung. Ebenso verhielt es sich mit Lügnern oder Verrätern. Für ihn gehörten sie alle in eine Schublade, der Rüde machte da keine Unterschiede. Und weder würde er je jemanden verraten, noch belügen oder seine Versprechen brechen, das kam einfach nicht in Frage. Die logische Konsequenz war, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als noch einmal alle Anstrengung zu mobilisieren, seinen inneren Drang nach ihr zu suchen im Zaum zu halten und abzuwarten. Und ob er dies nun hier am Strand tat oder ob er sich die Wartezeit mit einer Jagd vertrieb, konnte eigentlich keinen allzu großen Unterschied machen. Das waren seine Gedanken.

Er fasste einen Entschluss. Thorn hatte sich derweil schon von ihm abgewandt und war im Begriff zu gehen, hatte schon einige Wolfslängen zwischen sich und Arkas gebracht, als dieser schnellen Schrittes begann zu folgen und kurz darauf wieder aufholte. Mit etwas Abstand blieb er hinter dem Weißen und folgte ihm in den Wald. Er hatte das Revier zwar schon zu einem gewissen Teil erkundet und kennen gelernt, zusammen mit Miu versteht sich, und wusste so, dass sie sich in Richtung des Weihers begaben, war sich jedoch nicht sicher, ob die Jagd auch tatsächlich dort oder vielleicht doch ganz woanders stattfinden würde. Alles, was er seit ihrer Ankunft zu fressen bekommen hatte, waren einige Kleintiere gewesen, von denen es in diesem Wald zum Glück mehr als genug gab.

Der Redebedarf war nach dem kurzen aber inhaltsvollen Gespräch am Strand mehr als gedeckt. Während des Weges schwiegen sich die beiden Rüden an, dennoch verstrich die Zeit nicht zäh oder langsamer als gewöhnlich. Eine gewisse Vorfreude kam auf, mal wieder eine richtige Jagd zu erleben, wie Arkas sie zuletzt erlebt hatte, bevor er und Miu ihre Heimat hinter sich gelassen hatten. Er hielt sich jedoch bedeckt und gab sich in seiner gewohnten Manier: Sich nicht anmerken lassen, was in einem vorgeht. Nach einer Weile des durch den Wald schlenderns, verließen sie diesen wieder und betraten, den Schutz der Bäume hinter sich lassend, die große Lichtung. Hier war er zwar schon ein-zwei mal vorbei gekommen, hatte jedoch nicht lange verweilt. Dieser Ort war für Miu zu langweilig gewesen. Nicht unweit von der Stelle, an der sie aus dem Schatten wieder in die Sonne getreten waren, entdeckte der Rüde zwischen den hohen Gräsern einen grau-braunen Pelz. Er gehörte der Fähe, die er als eine der ersten Wölfe im Rudel kennen gelernt hatte. Siyi.