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19 | Verfluchtes Schwarz - Druckversion

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RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Laines - 16.12.2018

Laines warf noch einmal den Kopf zurück, um sich zu vergewissern, dass die anderen ihm folgten. Oder ob sie noch etwas zu sagen hatten, Widerworte, Diskussionen, irgendwas dergleichen, er kannte das ja. Aber tatsächlich … überraschten sie ihn wieder und folgten ihm einfach. Sein Blick fiel kurz auf Liaths Bruder. Er hatte einen beleidigten, widerspenstigen Gesichtsausdruck erwartet, vielleicht auch, dass er versuchte aufzuholen, um ihm seine Worte vorzuhalten. Er wäre perfekt damit klargekommen, wenn Namíd giftig geworden wäre. Typisch Jungwolf halt, typisch Naivling, hatten nie einen Sinn für andere Blickwinkel. Aber die erwartete Reaktion folgte nicht. Namíd wehrte sich nicht gegen seine Schelte, sondern lief geduckt und sah tatsächlich so aus, als hätte er etwas begriffen. Laines hätte auch von den anderen gedacht – wenigstens Dannsair – dass sie irgendetwas gegen seine scharfen, mitleidslosen Worte argumentieren wollten, aber niemand tat es. Es schien geradezu, als fänden sie keine Gegenargumente.
Ein Narzisst wäre vor Selbstgefälligkeit gar geplatzt, doch die Wahrheit war ja, dass Laines in seinen jungen Jahren diesen immer bloß gemimt hatte. Jetzt war er geradezu entsetzt davon, dass die anderen genauso zu denken schienen, wie er. Und noch entsetzter davon, dass er sich nun schlecht fühlte und Dinge dachte wie, dass er Namíd zu harsch angegangen war. Der Fuchs war ihm zwar immer noch egal, aber seine Rudelgefährten nicht und die waren halt alle Gutwölfe. Oder waren es gewesen …? Und was war er nun eigentlich? Hatten sie sich alle so verändert?
Wolf, was war heute nur los mit ihm. Er kam mit so viel Emotionalem einfach nicht zurecht. Wut und Zynismus waren immer so einfach, vor allem Wut gegen Wut. Stattdessen mussten sie alle niedergeschlagen sein, der Tod saß ihnen im Nacken und obwohl er das wohl schon länger tat, war er nun präsenter denn je. Direkt hinter ihnen, um genau zu sein.
Ihm lag ein bitterer Geschmack auf der Zunge, den er mit krausgezogenem Nasenrücken hinunter schluckte. Dann zog er das Tempo an und konzentrierte sich nur noch darauf, den Spuren zurück zu Véraire und Shila zu folgen.

Als sie die Zwei erreichten, rief ihnen Liath bereits zu, dass sie weiter mussten. Guter Junge, sie hatten jetzt keine Zeit großartig rumzutrödeln. Da war immer noch das Problem Fuchs, der ziemlich leblos zwischen den beiden Wölfen hing und Laines wollte sie am liebsten einfach auffordern, das nutzlose Tier liegen zu lassen und loszulaufen, aber … ugh.
Der Schwarze bremste ab, analysierte kurz die Situation. Offensichtlich waren die zwei braunen Wölfe schon dazu über gegangen, den Fuchs tragen zu wollen. Rational und nüchtern, so wie er grundsätzlich sein sollte, wollte, entschied er, dass Véraire dazu besser geeignet war, als die Jungwölfin. Sein Stellenwert im Rudel war zudem geringer, weil er ihm am Kürzesten angehörte. Falls der Fuchs ihn also ausbremsen sollte und er zurückfiel, war das bei ihm am Ehesten zu verkraften. Die Jungwölfe waren am Wichtigsten. Sie waren Schutzbefohlene und er für sie verantwortlich, ob er wollte, oder nicht. Und Dannsair … der war einfach auch wichtig, ohne dass ihm ein konkretes Argument dafür einfiel. Und er hatte keine Zeit dafür, sich darauf hinzuweisen, dass das nicht rational war. Vielleicht zählte er einfach auch als Schutzbefohlener.

„Ja, schnellstens,“ bekräftigte er Liaths Worte und richtete den Blick auf Véraire. „Wenn du den Fuchs tragen kannst, dann tu es. Wenn nicht, hast du jedes Recht ihn liegen zu lassen. Wir haben keine Zeit zu verlieren, die tollwütigen Waldbewohner könnten uns jeden Moment überraschen.“


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Darion - 18.12.2018

Darion nickte wortlos, dann begann er ebenfalls, im Schnee zu graben, um den Teil des Schneehaufens, der Cheza noch bedeckte, abzutragen. Es kam ihm irgendwie unheimlich vor direkt an der Toten zu arbeiten und beim Graben ständig mit seinen Pfoten ihr Fell zu berühren, aber er versuchte, nicht daran zu denken, sondern sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Ob Wölfe sich immer so viel Mühe mit ihren Toten machten? Es schien ihm sehr mühselig zu sein. Aber er wusste auch nicht, was man sonst hätte tun sollen. Leichen einfach liegen zu lassen und zuzuschauen, wie sie entweder vergammelten oder von irgendwelchen ekligen Tieren zerfressen wurden, war natürlich auch keine Option.
Sie kamen recht schnell voran, und bald hatten sie die Tote vom Schnee befreit. Was nun?

"Wie können wir sie jetzt bewegen?"

Nasiha hatte zwar gesagt, sie sollten die Tote auf die Schultern nehmen, doch ihm war nicht so ganz klar, wie das funktionieren sollte. Er hatte noch nie etwas auf seinen Schultern transportiert. Wie sollte das gehen, ohne dass Cheza runterrutschte oder sie beide ins stolpern kamen? Fragend sah er Nasiha an.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Yashaí - 20.12.2018

So sehr sie es auch gewollt, hätte, im Augenblick konnte sie ihm nicht helfen. Diesen Schmerz würde nur die Zeit lindern können; ein Teil von ihm würde er ewig bleiben. Das einzige, was sie für den Dunklen tun konnte, war, ihm die Situation ein wenig abzunehmen. Auch, wenn sie seinen Brauch nicht kannte, war sie durchaus bereit, ihm diesen letzten Abschied möglich zu machen. Sie verloren keine Zeit. Entweder den anderen war es bereits ergangen wie Cheza und ob sie einen Tag mehr oder weniger in ihrem eisigen Grab warten würden (wenn sie sie überhaupt fanden), machte keinen Unterschied, oder die anderen waren so weit weg, dass die Zeit, die sie hier verbrachten, keinen signifikanten Unterschied darstellte. Yashaí war froh, als sie wirklich eine Stelle fanden, an der es sich für die Verhältnisse recht gut graben ließ. Als sie Darion mit der Aufgabe betraute, Nasiha und Cheza zu holen, hatte sie durchaus im Hinterkopf, ihm ein kurzes Luftholen zu ermöglichen. So unerfahren wie er war, musste es ihm unheimlich schwer fallen, mit dieser Situation umzugehen. Nasiha schätzte sie im Augenblick als nachsichtiger ein als Devaki. Vielleicht wählte sie deshalb ihre Gesellschaft für den jungen Grauen, auch wenn sie hoffte, er würde seinen Instinkten einfach vertrauen und im Zweifel einfach den Fang halten.

Devaki indes ging seiner Aufgabe fast schon mit stoischem Automatismus nach. Als sie aufsah und ihm einen kurzen Blick zuwarf, konnte sie nicht anders, als der Schwere in ihrem Inneren mit einem Seufzen Luft zu machen. Kein genervtes Seufzen – es war mehr ein Zeichen von ihrer Erschöpfung und ihrem Mitgefühl, dem Worte keinen Ausdruck verleihen konnten. Schweigend half sie weiter, die Grube auszuheben. Die Erde war rau und kalt und das Scharren war alles andere als angenehm für die Pfoten. Davon ließ sich die Braune allerdings nicht abhalten. Irgendwann dann – Darion war noch nicht wieder zurückgekehrt – hielt sie selbst das Schweigen nicht mehr aus. Und da sie wusste, wie unangebracht ein erzwungener Themenwechsel nun gewesen wäre, versuchte sie es einfach, indem sie genau das ansprach, was sie beide gerade zweifelsohne beschäftigte.

„Begrabt ihr all eure Verlorenen?“, fragte sie letztlich, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.

Ihre Stimme war nach wie vor leise, aber laut genug, dass Devaki sie über das Geräusch der angefrorenen Erde hören konnte. Der übliche Optimismus war verebbt.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Liluye - 21.12.2018

Wenn er nicht so ein extrem freundlicher und hilfsbereiter Vertreter seiner Art gewesen wäre, der kleine König des Waldes hätte sich aufgeplustert und wäre laut schimpfend davon geflogen ob der Unart, wie man ihn behandelte. Von diesem dummen Fuchs, der die Feinde auf ihre Fährte gebracht hatte, wurde er nur missmutig angestarrt. Und die fast genauso dumme Wölfin versuchte ihm Befehle zu erteilen. Ihm! Dem, der ihre Brüder vor dem sicheren Hungertod bewahrt hatte, ihm, der ihnen einen Weg aus der verzweifelten Enge des Holzdingsbums im Wald gezeigt hatte. Und was hatte er dafür erhalten? Ein paar Restekrümel von der Nahrung der schwarzen Pelzknäule. Hätte Liluye schnauben können, er hätte es getan. So beließ er es dabei, der Wölfin – die jetzt auch noch wagte ihn anzuknurren – einmal schmerzhaft den Schnabel auf den Kopf niedersausen zu lassen, bevor er sich doch aufplusterte und laut schimpfend in die Luft ging.

„Sollen sie doch machen, was sie wollen. Lauft wohin ihr wollt, sie werden euch doch einholen.“


krächzte der kleine Waldsänger, während er hektisch mit den Flügeln schlug und schließlich laut, wenngleich undeutlich schimpfend, am braunen Wolf (der, der versuchte jetzt den Fuchs zu tragen und die Fährte des Blauauges aufnahm) vorbeiflog. Verärgert ließ sich der Gelbgefiederte schließlich einige Äste entfernt nieder und begann sich leise schnatternd das Gefieder zu putzen. Ganz zerzaust hatte ihn die Aufregung. Einen Teufel würde er tun und irgendwen warnen. Man hörte ja ohnehin nicht auf ihn. Diese Wölfe begriffen einfach nicht, was zu ihrem Besten war – und schon gar nicht, wer hier im Wald das sagen hatte. Sollten sie doch sehen, wie sie ohne ihn zurechtkamen.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Shila - 23.12.2018

Shila handelte. Sie wusste nicht, wohin der Weg sie, Mikasi und Véraire führend würde und wie weit sie kommen würden. Aber sie wusste, dass sie keine Zeit zum Zögern hatten. Jede Sekunde zählte, um den Vorsprung aus zu bauen.
Deswegen billigte sie es, dass dieser Vogel ihr auf den Kopf hackte und beleidigt gackernd davon flog. "Sei wenigstens leise, Vogel!" schimpfte sie innerlich, während sie Mikasi aus dem Versteck raus wuchtete. Sie stolperte den Hang hinunter. Viel zu schnell erschöpft vom Gewicht des kleinen Fuchses.
Und dann kam Véraire an ihre Seite. Dankbar legte sie den Fuchs ab, als er ankündigte zu übernehmen.

"Danke!"
Hauchte sie sichtlich erleichtert in seine Ohren und stupste ihre Nase in sein Fell.
Shila sah sich um. Sie waren noch nicht weit von dem Versteck entfernt.
'Verflucht!'
Dachte sie. Dabei war sie gefühlt eine halbe Ewigkeit mit Mikasi im Maul gelaufen. Sie kaute in leere um ihren Kiefer zu entspannen. Dann erblickte sie den Zweig, den Namíd zuvor benutzt hatte um seine Spuren zu verwischen.

"Da! Véraire, da ist Namíds Spur! Folge ihr! Ich leg eine falsche Fährte und komme nach!"


Und schon lief sie zum Zweig, nahm ihn und rannte von dort aus in eine andere Richtung. Sie steuerte auf ein kleines Wäldchen zu. Als sie Spuren von Tieren fand, kehrte sie um. Doch dieses Mal verwischte sie ihre Spuren mit dem Zweig und sie brauchte deutlich Länger für den Rückweg. Irgendwann stieß sie wieder auf Véraires Spuren. Shila Folgte ihnen, indem sie weiterhin mit dem Zweig Véraires und ihre Spuren verwischte. Als sie ihre falsche gelegte Fährte selbst lange nicht mehr sehen konnte, hörte sie auf. Sie behielt den Zweig aber noch im Maul, und lief so schnell sie konnte Véraires Pfotenabdrücken nach. Als sie ihn sah, legte sie noch einen Zahn zu. Es war erschreckend, wie sehr das Mittragen von Mikasi verlangsamte. So schnell hätte Shila nicht erwartet den Rüden ein zu holen. Aber als sie zu ihm aufschloss, verlangsamte sie ihre Tempo und trabte neben Véraire her.

"Das dürfte sie zumindest ablenken!"

Sagte sie, nachdem sie den Zweig fallen gelassen hat.


"Soll ich Mikasi noch Mal nehmen?"

Fragte sie - und hoffte irgendwie auf einen Verneinung der Frage. Aber sie wusste nun Mal, wie schwer der Fuchs war und wie sehr es den Kiefer schmerzte und jedes Tun verlangsamte.

Bevor er jedoch antworten konnte, erblickte sie endlich den Rest ihrer Gruppe. Laines lief ihnen voran entgegen! Freudig mit der Rute wedelnd sprang Shila sanft an ihm hoch und drückte ihre Nase ganz fest an seinen Hals. Endlich waren sie wieder vereint.

"Ja! Schnell. Aber ich habe eine falsche Fährte gelegt, das hält sie vielleicht ein wenig auf!"

Dann kam Laines dazu. Shila wollte ihn gerade freudig begrüßen, unterbrach jedoch als er seinen Fang öffnete und unmögliches von sich gab.
Shilas tiefes Knurren ertönte und voller Wut sah sie den Schwarzen an.

"Ich bleibe bei Mikasi, auch wenn das meinen Tot bedeutet! Wir gehören alle zusammen!"
sagte sie mit leiser, bebender Stimme. Ihr Nackenfell hatte sich vor Wut aufgestellt.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Dannsair - 31.12.2018

Laufen, laufen, laufen, immerhin das konnte er und es half ihm gegen die Gedanken. Die waren eh so ungeordnet und reichten von Erinnerungen an seine Welpenzeit zu möglichen Szenarien, wie Dubh den Tod gefunden hatte. Oder besser, der Tod ihn. Dass dabei keine Luft zum Reden blieb, kam ihm auch sehr entgegen, denn Dannsair gehörte nicht zu den Wölfen, denen es irgendwas half, wenn man drüber sprach, erst Recht nicht über so einen Verlust, den es nicht zu erklären gab. Er hätte höchstens gerne, rein aus Neugierde, also wie hatte das alles passieren können. Jetzt hing er doch in einer Schleife fest und konzentrierte sich nur am Rande auf den Weg und alles ringsum. Erst als sie den anderen Teil ihrer kleinen Gruppe erreichten, hob er wieder den Blick und schien sich einen Moment orientieren zu müssen, einmal durchzählen, waren noch alle am Leben von denen wenigstens. Dannsair sah auch gar nicht ein, seinen toten Bruder zu thematisieren, wenn der Rest von der Nachricht verschont blieb eine Weile, sollte ihm das Recht sein. Ihre Trauer änderte eh nichts und sie hatten schon zu viel zu tragen. Den Fuchs zum Beispiel und er musste den Worten von Laines still zupflichten. Andererseits wollte er wirklich versuchen, das Tier zu retten, wenn ihm das an ganz anderer Stelle schon nicht gelungen war, aber er wollte sich nicht dran gewöhnen, ständig andere Wölfe – oder eben auch Füchse – zu verlieren.
Er machte einen Schritt auf Shila zu, deren drohende Haltung unangemessen erschien, aber er konnte nicht die Energie aufwenden, irgendwen zurechtzuweisen und für Streit hatten sie keine Zeit.

“Wir können uns abwechseln ihn zu tragen“, schlug er vor und wusste nicht, ob er Laines in dieser Rechnung mit einbeziehen konnte, aber zwei Wölfe waren schon mal besser, als wenn Veraire die Last alleine tragen musste. Zumal sich Dannsair eh nicht sicher war, wie lange wie lebendig dieser Fuchs noch sein würde, wenn er sich ihn genauer ansah. Die Diskussion um das Zurücklassen Mikasis konnten sie immer noch führen, wenn es akut wurde. “Guter Gedanke, Shila“, pflichtete er der Braunen noch zu und schaffte ein halbherziges Lächeln, weil die offenbar keine Sekunde stillgehalten hatte. Mitdenken half ihnen allen weiter.

Wie dumm ihm der Gedanke vorkam, dass Shila und Mikasi sterben sollten in einem Szenario, so eine seltsame Form von Opferbereitschaft, aber vielleicht war‘s ihm auch bloß so zuwider, weil er keine weiteren Opfer mehr ertragen konnte. In einem anderen Leben hätte Dannsair mal ähnlich argumentiert, erinnerte er sich dunkel. Nagut, vielleicht nicht den eigenen Tod angeboten, dafür mochte er dieses Leben doch zu sehr. Aber jemanden zurücklassen, nö, aber das bekamen sie schon hin zusammen. Wie Shila treffend sagte. Dagegen konnte nicht mal Laines argumentieren, dachte er, sonst könnte man sich gleich auf die fatalistische Seite dieses anstrengenden Vogels werfen, der ihnen klarmachen wollte, dass sie eh verloren waren und daher auch ganz entspannt hier ihrem sicheren Ende entgegensehen konnten. Pff.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Mikasi - 16.01.2019

Mikasis Kopf fühlte sich schwerer an als je zuvor und sein ganzer Körper schmerzte. In seinem Kopf herrschte eine Art Nebel. Er nahm die Stimmen der Wölfe um ihn herum zwar wahr aber er verstand nicht was gesagt wurde oder wer gerade sprach, er hörte nur ein lautes Rauschen in seinen Ohren, was mit der Zeit zu einem unangenehm piepsenden Ton wurde. Er wollte gerade seine Pfoten über die Ohren legen und versuchen das Geräusch zu dämpfen als er plötzlich den Boden unter den Füßen verlor. Er schwankte hin und her und wer auch immer ihn gerade trug stolperte mehr durch den Schnee als zu gehen, was Mikasis Zustand nicht gerade verbesserte. Ein Adrenalinstoß ging durch seinen Körper und plötzlich vernahm er alles um sich herum wieder etwas klarer. Er fing an zu zappeln, wollte nicht getragen werden, er wollte selber laufen. Was wenn sie ihn loswerden wollten und den Tieren auslieferten, damit sie den Wölfen nichts taten. Nein, nein. Er musste auf den Boden zurück und selber laufen. Er strampelte mit den Beinen, wollte sich wehren. Er freute sich, dass es geklappt hatte, weil Shila ihn endlich hinunter in den Schnee setzte. Doch seine Freude wurde sofort wieder zunichte gemacht, als Véraire ihn hochnahm. 

„Lasst mich los! Ich kann selber laufen. Ich werde alles tun was ihr wollt aber lasst mich bitte einfach runter.“

, versuchte er die beiden anzuflehen als das ganze zappeln nichts brachte. Er bekam gar nicht mit, dass Shila für kurze Zeit weg gewesen war um eine falsche Fährte zu legen. War viel zu sehr damit beschäftigt wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.
Aber als er dann andere Wölfe auf sie zukommen sah erstarrte ganz plötzlich und hörte auf zu zappeln. Sie kamen ihm bekannt vor, konnte sie aber auf die schnelle nicht zuordnen. Erst als einer der vier zu sprechen begann fiel es ihm wieder ein. Es war Liath und Dannsair, Laines und auch Namíd war bei ihnen. Wo waren die denn die ganze Zeit gewesen? Ach egal, er freute sich einfach sie zu sehen. Was machten sie hier? Warum hatten sie sich eigentlich getrennt? Und wo gingen sie hin? So viele Fragen gingen ihm durch den Kopf, aber er merkte wie ihn das alles angestrengt hatte und er wieder müde wurde. Also sparte er sich seine Fragen für später auf und war erstmal still um seine Kräfte zu sparen. Vielleicht erfuhr er ja auch durch die Gespräche was er wissen wollte.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Devaki - 28.01.2019

Es fiel ihm leicht sich auf das Graben zu konzentrieren – auf das gleichmäßige Kratzen und Schaben der Pfoten auf dem kalten, harten Untergrund. Es half ihm, die Gedanken in seinem Kopf zur Seite zu schieben und sich für einen Moment sogar sinnvoll und nützlich zu fühlen. Der leichte Schmerz, den der Abrieb der Erde auf seinen Ballen verursachte, machte dem Rüden nichts aus. Eher im Gegenteil – er begrüßte wie einen alten Freund, den er vermisst hatte und der zum seelischen Schmerz einfach dazugehörte. Leider hielt der Effekt nicht dauerhaft an und als sie nach einigen Minuten schon einiges an Erdreich zur Seite geschafft hatten, wurde Devaki langsamer und hielt schließlich inne um etwas schwerer atmend aufzusehen. Yashaí hatte ihn etwas gefragt und der Schwarze blickte sie für einen Augenblick an, als bräuchte er noch etwas, um den Sinn ihrer Worte zu verstehen. In Wahrheit verstand er sehr wohl, was sie gefragt hatte, nur war es ihm bisher nie in den Sinn gekommen, über diese Art und Weise der Bestattung nachzudenken. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie das Rudel seinen Vater begraben hatte. Das war vor seinem Eintreffen im Revier gewesen – der alte Wanderer war schon wieder weitergezogen gewesen, bevor sein Sohn mit ihm hatte sprechen können. Aber alles, was von Wolfstatz Grab zu sehen war, waren einige Steine, die die Wölfe aufgetürmt hatten, damit andere Tiere sich nicht daran zu schaffen machten. Ob sie ein Loch gegraben hatten, dafür hatte sich Deva verständlicherweise in jenem Moment kaum interessiert. Bei Siyi allerdings hatten sie es getan und auch Réan lag friedlich und sicher – so hoffte Devaki – in seiner Ruhestätte in ihrem alten Revier. Dass er dieses nun nicht mehr besuchen konnte, schmerzte ihn. Seinem alten Freund Dinge zu erzählen, selbst wenn dieser nicht mehr antworten konnte, hatte ihm immer ein beruhigendes Gefühl von Sicherheit gegeben. Der alte Kauz hatte ihn immer verstanden und auf magische Weise immer einen passenden Rat in der Hinterpfote gehabt. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für einen solchen gewesen.

„Einige, ja. Einige Gräber bedecken wir mit Steinen, damit sie vor anderen Tieren geschützt sind. Einige ziehen sich selbst dorthin zurück, wo sie ihren Lebensabend verbringen wollen. Nicht jeder möchte die Endgültigkeit des Todes in ein Rudel tragen. Wenn sie vorzeitig gehen ist es, als seien sie nur auf eine lange Wanderschaft gegangen.“

Seine Worte waren leise, aber seine Stimme hatte sich etwas gefestigt. Devaki hielt noch einen weiteren Moment inne, bevor er schließlich auf das Loch hinab blickte.

„Was hat man in deinem Rudel mit Toten gemacht?“,

fragte er schließlich. Er konnte sich kaum eine andere Art und Weise vorstellen, einem verstorbenen Freund die letzte Ehre zu erweisen. Aber Yashaí kam ihm in vielen Dingen anders und ungewöhnlich vor – auf eine gute Art. Eine andere Sitte würde ihn bei ihr keineswegs wundern. Während er also auf eine Antwort wartete nahm er das Graben wieder auf. Viel brauchten sie nicht mehr. Dann würde Cheza sicher ruhen können – sicher vor neuen Zähnen, die sich an ihrem Pelz gütlich tun wollten.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Nasiha - 05.02.2019

Zusammen mit Darion schob sie den Schnee von Chezas regungslosem Körper. Die monotone Tätigkeit half Nasiha nicht wirklich, sich auch nur kurz von ihrem Leid abzulenken. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie den Blick zu der Stelle schweifen ließ, an der Devaki mit Yashaí verschwunden war. Ihr Herz pochte so laut und fest gegen ihre Brust, so voller Schmerz, dass es Nasiha den Atem nahm. Alles um sie herum war merkwürdig dumpf, so als stünde sie in dichtem Nebel, der ihr die Sicht nahm und sie alleine ließ in einem wirbelnden Sturm aus Furcht und Verzweiflung. Doch sie konnte sich jetzt keine Schwäche erlauben, das war keine Option. Sie musste stark bleiben, für Deva und auch für Darion, den unerfahrenen Jungspund, der vom Leben doch noch so wenig wusste. Eifrig und unbeirrt stand er hier bei ihr und grub den toten Körper einer Fähe aus den kalten Schneemassen. Dabei hatte er Cheza nicht einmal gekannt. Nana hielt inne, den Blick auf den grauen Wolf an ihrer Seite gerichtet.
 
“Darion… ich danke dir.“, sagte sie leise, ihre Stimme klang kraftlos. Doch sie hoffte, dass er sie trotzdem gehört hatte und wusste, wie viel es ihr bedeutete, dass er hier bei ihr war und ihr zu Seite stand. Sie stupste ihn sanft an, eine kaum wahrnehmbare Berührung an an der Schulter, doch sie stand für so viel mehr. Ob er bereits bereute, sein sicheres Zuhause verlassen zu haben um nun hier zu stehen, in dieser Hölle aus Tod und Grausamkeit? War es das wirklich wert gewesen? Nasiha nahm sich vor, ihn eines Tages zu fragen.
 
Sie trat zurück und sah zu, wie Darion die Tote auch noch vom letzten bisschen Schnee befreite, während sie überlegte, wie sie Cheza am besten auf ihre Schultern bekommen konnten. Die Fähe war zierlich und sie waren zu zweit, trotzdem würde es nicht einfach werden.
 
“Kannst du dich neben sie auf den Boden legen?“, fragte Nasiha, während sie einmal um Cheza herumlief. “Dort hin?“ Sie deutete auf die linke Seite der Toten, dort war der Boden am flachsten und würde es ihr leichter machen, ihren Körper auf Darions Rücken zu ziehen.
 
“Keine Sorge, ich helfe dir beim Tragen, aber zuerst müssen wir sie vom Boden hoch bekommen.“, erklärte sie dem jungen Wolf und warf erneut einen Blick auf den Weg, der vor ihnen lag. Die Schneemassen würden ihnen den Weg zusätzlich erschweren, aber vielleicht konnten sie in den Spuren laufen, die Darion, Yashaí und Devaki hinterlassen hatten. Nasiha blickte zurück zu Darion und eine innere Unruhe erfasste sie, wie sie die Fähe selten erlebt hatte. Sie wollte zurück zu Deva, wollte sich an ihn drücken und ihm sagen, dass alles gut werden würde, dass sie seine Jungen und all die anderen finden würden. Woher sie die Zuversicht für diese Worte nehmen sollte, war ihr ein Rätsel, doch sie konnte sich kaum vorstellen, wie sehr ihr Bruder gerade leiden musste. Nasiha selbst war kurz vor dem Zusammenbruch und sie wusste, sein Schmerz war schlimmer, würde es immer sein. Wie sollte sie ihm helfen das zu überstehen?


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Yashaí - 12.02.2019

Hätte er nicht geantwortet, hätte sie es ihm keinesfalls übelgenommen. Auch vorhin, als sie nach einer geeigneten Stelle gesucht hatten, war er mehr in einer anderen Welt gewesen als bei ihnen und so hätte sie es schlicht bei diesem einen Versuch belassen und sich danach wieder dem Schweigen hingegeben. Ein paar Herzschläge vergingen, ehe die Stimme des Rüden tatsächlich antwortete. Yashaí taxierte ihn kurz mit dem Blick und drehte die Ohren in seine Richtung, ließ aber nicht davon ab, weiterhin die Erde aus dem Loch zu heben. Je tiefer sie kamen, desto angenehmer wurde es für die Pfoten. Während Devaki sprach, kam die Braune nicht umhin, sich seine Beschreibung bildhaft vorzustellen. Es hatte etwas traurig Schönes, einen Ort zu haben, der dem Verlorenen gewidmet war, doch sie stellte es sich noch immer schwer vor, das Ganze wirklich konsequent umzusetzen. Vielleicht, weil sie das ‚ruhige‘ Leben einfach nicht gewohnt war. Und seit sie auf Reisen war, hatte sie sich selbst aussuchen können, um was sie lieber einen Bogen machte und um was nicht.

„Das ist eine schöne Wertschätzung.“, antwortete sie nach einer kurzen Pause.

Als er das Graben wieder aufnahm und seinerseits die Frage stellte, war Yashaí keineswegs überrascht. Ihre Bewegungen wurden für einen kurzen Moment langsamer, aber sie hörte nicht auf, dem Rüden zur Pfote zu gehen. Sie zögerte nicht, weil sie ihm gegenüber nicht offen sein konnte oder wollte – was gab es auch schon zu verheimlichen? Aber sie befürchtete, dass Devaki nach ihrer Erzählung wieder das Gefühl hatte, Mitgefühl für sie empfinden zu müssen. Ja, im Nachhinein betrachtet fand sie es selbst schade, wie wenig sie für ihre Verlorenen hatten tun können. Doch sie trugen sie alle im Herzen und in ihren Erinnerungen. War das nicht das Wichtigste?

„Wir hatten nie die Gelegenheit dazu.“, begann sie und spielte etwas unruhig mit den Ohren. „Die meisten fielen den Menschen, ihren Donnern und ihren Hunden zum Opfer. Wenn man an die Stellen zurückkehrte, waren sie längst verschleppt worden.“

So war es auch ihrem Gefährten und ihren Welpen ergangen.

„Aber ich würde ihr Andenken gerne bei Cheza vergraben, wenn ich darf.“

Ein schwaches, fragendes Lächeln hatte sich auf ihre Lefzen geschlichen, als sie zu Devaki aufsah. Natürlich hatte sie nichts, was sie an der Stelle ihrer Verlorenen hier zurücklassen konnte, aber es hatte einen tröstenden Gedanken, diese ‚Zeremonie‘ nicht nur für Cheza abzuhalten, sondern auch für all die anderen, die sie verloren hatten. Stellverstretend sozusagen. Einfach, um sich an sie und die Zeit mit ihren zu erinnern.