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19 | Verfluchtes Schwarz - Druckversion

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RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Yashaí - 14.07.2018

Himmel, es zerriss ihr das Herz, den sonst so kühlen Wolf so durch den Wind zu sehen. Ihre Stirn legte sich besorgt in Falten, als er auf Darions Worte reagierte und fast schon wirr wiederholte, was er eben bereits angedeutet hatte. Er war am Ende, doch Yashaí konnte ihn nicht davor bewahren, seine Last selbst tragen zu müssen. Was seine Sorgen bezüglich der Fuchsspüren anging, konnte sie ihm noch immer nicht ganz folgen. Sie waren nicht weit vom Fluss. Vermutlich war es Cheza ähnlich ergangen wie den Karibus, die sie bereits zuhauf auf ihrem Weg gefunden hatten. Im Winter nahm man Beute immer dankend entgegen – ganz gleich ob Aaß oder Frischfleisch. Um was es sich letztlich genau handelte, war einem egal, wenn man Hunger litt. Ihre Ohren zuckten kurz, ehe sie sich wieder in Bewegung setzte – langsam erst, bis sie sich sicher war, dass Devaki wieder folgte. Blind vermutlich, wie durch Fäden gezogen, aber sie hätte ein schlechtes Gewissen gehabt, ihn in diesem Zustand allein zu lassen. Er wirkte nicht so, als würde er seine Umgebung gerade wirklich wahrnehmen. Mit zurückgedrehten Lauschern achtete sie darauf, dass er den Anschluss nicht verlor, während sie versuchte, sich wieder nach vorne zu orientieren.

„So scharf sticht eigentlich kaum etwas in der Nase.“, bestätigte sie ihre Vermutung von vorhin und blinzelte in Darions Richtung. „Dort vorne ist der Ort, an dem uns die Fährte aufgefallen war. Wenn wir ihr ein wenig folgen, sollte sie deutlicher werden.“

Mit der Nase wies sie nach vorne an einen Ort, an dem man sah, wie ihre Spuren bereits den Schnee durchpflügt hatten. Fuchsabdrücke sah man nicht. Er musste vor dem letzten Schneefall hier gewesen sein oder aber die flinken Pfotenspuren waren einfach längst wieder verweht worden.

„Alles eine Frage der Perspektive. Für einen gesunden, ausgewachsenen Wolf nicht. Für Langohren oder Welpen durchaus.“, schuldete sie dem Grauen noch eine Antwort, die dieses Mal etwas knapper und kurzangebundener ausfiel als es bei ihr normal üblich war.

Auch sie fühlte sich mit der Situation überfordert, war nur kein bisschen gewillt, es sich selbst gegenüber einzugestehen. Mit einem Seufzen beschleunigte sie ihren Schritt und überholte so Darion, um mit dem Fang am Boden nach der Fährte zu suchen. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis sie sie wiedergefunden hatte und zielstrebig in eine Richtung weiterlief.

„Dort lang. Hoffen wir, dass er vielleicht tatsächlich einen verlassenen Bau in der Nähe gehabt hat, den wir jetzt nutzen können.“


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Darion - 15.07.2018

Es war tatsächlich eine dumme Frage gewesen. Genauso wie er vermutet hatte, bedeuteten Füchse zumindest für einen Ausgewachsenen Wolf keine Gefahr, und er kam sich ziemlich blöd vor, überhaupt gefragt zu haben. Dazu kam, dass es ein denkbar schlechter Zeitpunkt für eine dumme Frage war. Darion merkte durchaus, wie sehr Devaki unter dem Verlust seiner Bekannten litt und ihm war klar, dass er alles andere als in der Stimmung war, sich die Fragen eines Wolfes, der mit dem Leben in der Freiheit nach wie vor ein wenig überfordert war, anzuhören. Er hatte das Bedürfnis, sich zu entschuldigen, aber er hatte den Eindruck, dass alles was er hätte sagen können, die Sache nur noch schlimmer gemacht hätte. Daher schwieg er und beeilte sich, Yashaí, die nun die Führung unternommen hatte, zu folgen. Dabei versuchte er, auch selbst auf die Fährte, der die Fähe folgte, zu achten. Nicht, weil er ihr nicht traute, sondern weil er hoffte, sich so selbst im Fährtenlesen zu üben.
Dabei ging ihm die Frage nicht aus dem Kopf, warum der Fuchs dann offensichtlich einen toten Wolf angeknabbert haben sollte. Hatte er nur Hunger gehabt? Ihm gefiel die Vorstellung nicht, dass ein Wolf, wenn er auch schon tot war, einem anderen Tier als Nahrung dienen könnte. Außerdem hätte es doch genügend tote Karibus in der Nähe gegeben. Oder schmeckten Wölfe besser? Die Vorstellung gefiel ihm noch viel weniger. Doch er war dann doch klug genug, diese Gedanken nicht auszusprechen, zumal er sich eben schon mit seiner ersten Frage in die Nesseln gesetzt hatte.
Ebenso beschäftigte ihn, dass Devaki, der ohne je selbst darauf zu bestehen ihr Anführer geworden war und der immer den Eindruck erweckt hatte, dass ihn nichts aus der Ruhe bringen könnte, auf einmal so aus der Bahn geworfen worden war. Zwar hätte es Darion ebenso beunruhigt, wenn Devaki es mit einem Schulterzucken abgetan hätte, weil in der freien Natur halt ständig jemand starb, aber so langsam wusste er nicht mehr, ob es so besser war. Vor allem fragte er sich, was passieren würde, wenn sie noch mehr Tote fanden. Was, wenn das ganze Rudel den Tod gefunden hatte? Wie viele gefundene Leichen würde der Schwarze verkraften, bevor er – ja was eigentlich? Den Verstand verlor? Sich in den Fluss stürzte, um mit seinem Rudel vereint zu sein? Darion wusste es nicht, und er wollte es eigentlich auch gar nicht wissen. Er hätte Devaki zu gerne geholfen oder ihn zumindest getröstet, doch er konnte es nicht. Alles, was er hätte tun oder sagen können, hätte es wahrscheinlich eher noch schlimmer gemacht, und so blieb ihm nichts, außer zu schweigen und zu hoffen, dass sie die übrigen Rudelmitglieder bald wohlbehalten fanden.
Er war froh, dass Yashaí ihn mit ihren knappen Worten aus seinen düsteren Gedanken riss. Er nickte nur und beeilte sich, nicht den Anschluss zu verlieren. Vielleicht würde sich ja auch Devaki beruhigen, wenn Cheza Luna begraben war und er mit ihrem Tod gewissermaßen abschließen konnte.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Dannsair - 15.07.2018

Er beobachtete stillschweigend die Geste, die Liath seinem toten Bruder entgegen brachte und etwas zog sich in seiner Brust zusammen. Ein anderes Gefühl mischte sich unter seine Trauer: Schuld. Hätten sie doch bloß besser aufeinander Acht gegeben. Dannsair glaubte zwar nicht ernsthaft, dass er sich dem Schicksal in den Weg stellen konnte, aber warum war es ihm selbst jetzt nicht möglich, sich so deutlich von Dubh zu verabschieden, wie das Liath machte. Er war doch sonst kein Wolf, der in der Lage war, seine Emotionen im Zaum zu halten und ausgerechnet jetzt riss er sich zusammen. Zum Wohl aller, könnte er sich einreden. Weil es nichts mehr half, war vielleicht auch ein Argument, das irgendjemand anders glauben würde. Zum Glück stellte der junge Schwarze wichtigere Fragen, auf die er sich konzentrieren hatte, als sie sich schon zum Gehen gewandt hatten. Im Gegensatz zu Laines hatte er sich den toten Körper nicht genauer angesehen oder einfach nicht die Bissspuren erkannt, weil sein Kopf gefüllt war mit dem bloßen Gedanken, dass sein Bruder gestorben war und gleichzeitig leer und nicht zum Denken fähig. Nichts Gutes fand er allerdings einleuchtend, dazu brauchte es keiner detaillierten Untersuchung, dachte er. Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, irgendetwas generisches sagen darüber, dass sie mit Sicherheit noch lebten, auch wenn er grade kaum selbst daran glaubte. Aber ausgerechnet Laines kam ihm zuvor mit einer Erklärung, die sogar in Dannsairs Ohren sinnvoll klang. Er hob den Kopf ein kleines Stück und sah den Schwarzen von der Seite an, nickte knapp.

“Dubh war alleine und ohne den Schutz einer Gruppe, vermutlich war er leichte Beute für.. was auch immer. Das kann uns und den anderen nicht passieren. Wenn sie Devaki haben, wird der schon auf alle aufpassen.“

Tatsächlich mischte sich in seine letzten Worte Zuversicht, da glaubte er wirklich dran. Immer noch viele wenns und abers, damit mussten sie noch solange leben, bis sie Gewissheit hatten. Er nickte noch einmal, entschlossener jetzt, schnell zu den anderen zurück und sich ein kleines Stückchen sicherer fühlen. Auf einmal nur noch vernünftige Vorschläge von diesem Laines..
Seine Ohren zuckten keine drei Meter weiter und sein Blick huschte unruhig über die Baumstämme vor ihnen, als könnte jeden Moment etwas Gefährliches dahinter hervorspringen. Dannsair hatte eindeutig etwas gehört und wollte sich gerade bei seinen Begleitern rückversichern, dass es ihnen ähnlich ging, bis er eine dunkle Silhouette wahrnahm und abrupt stehenblieb. Das konnte wirklich alles und nichts sein inzwischen, aber eigentlich war er fast beruhigt, dass es kein weißes Fell war, sondern schwarzes… “Namíd?!“


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Namíd - 16.07.2018

Er hatte Shilas Angst gesehen, als er gegangen war. Er hatte mitbekommen, wie unglücklich sie darüber war, dass er nun alleine fortging – wenn es auch nur für eine kurze Weile. Namíd wusste, dass sie sich Sorgen machte, dass ihm etwas passieren könnte und ihm war auch bewusst, dass sie dies nicht verkraften würde. Es brach ihm das Herz zu sehen und zu spüren, wie seine liebste Schwester ihm nachblickte und nichts anderes tun konnte, als zu hoffen, dass er heil wieder zurückkam. Aber er musste jetzt stark sein. Ohne sich noch einmal umzudrehen, rannte er in die Richtung, in die der Rest ihres – wieder zusammengefundenen – Rudels verschwunden war. Der Jungwolf musste jetzt stark sein und handeln, wie die Erwachsenen handeln würden. Er würde kämpfen, sollte er kämpfen müssen. Er würde alles tun, um seine Familie und sein Rudel, in dem er aufgewachsen war, zu beschützen.

Dies waren aber nicht die einzigen Gedanken, die ihm in den Sinn kamen, als er durch den Schnee stürmte so schnell es dieser ihm erlaubte. Seine Pfote schmerzte, doch er musste weiterlaufen so schnell er konnte – was blieb ihm anderes übrig? Sie schuldeten es Mikasi. Sie mussten es schaffen ihn zu retten. Im Grunde hatte Mikasi sie alle gerettet, zwar nicht willentlich, aber dennoch. Er würde es sich nie verzeihen, wenn der kleine Fuchs jetzt sterben würde, wo er es doch geschafft hatte sich trotz der Wunden und der Schmerzen zu ihnen zu retten. Namíd hätte es sich auch nicht verziehen, wenn Mikasi durch die Tiere getötet worden wäre, aber jetzt zu sterben, wo er wieder zu ihnen gefunden hatte – nach allem, was er durchgestanden haben musste – das wäre etwas, das Namíd für lange Zeit verfolgen würde. Aus diesem Grund musste er erfolgreich sein mit seiner Aufgabe die anderen zu finden, musste es ihnen gemeinsam gelingen Beute zu finden und Mikasi damit wieder zu Kräften verhelfen. Was aber würde danach geschehen? Beute und etwas Schlaf würden Mikasi nicht augenblicklich wieder gesund machen, er würde immer noch mit seinen Wunden zu kämpfen und wenig Kraft für lange Wanderungen und Fluchtversuche vor den Tieren haben. Wie sollten sie Mikasi helfen so schnell vor den Tieren zu fliehen wie sie Wölfe es konnten? Gab es einen Weg oder würden die Älteren den Fuchs wieder zurücklassen wie sie ihn auch bei der Flucht aufgegeben hatten?

Bevor der Jungwolf jedoch zu einem Entschluss kommen konnte, war er bei den anderen angelangt. Dannsair hatten ihn als erstes bemerkt und wirkte überrascht ihn zu sehen. Kein Wunder, wer würde schon erwarten, dass er auf einmal angelaufen kam, wo sie als Jungwölfe doch die Anweisung bekommen hatten sich am Lagerplatz auszuruhen.

"Ich weiß, das ist nicht gerade das, was man unter 'ausruhen' versteht, aber ... wir ... brauchen ..."

Die letzten Worte kamen immer langsamer über seine Lippen, denn er bemerkte die bedrückte und traurige Stimmung, die die anderen befallen hatte. Der sonst so lebensfrohe Dannsair war auf einmal nicht mehr so aufgeweckt wie sonst und auch Liath schien angeschlagen zu sein. Namíd sah, wie sich sein Bruder von einer schwarzen Gestalt am Boden abwandte, konnte jedoch nicht sofort begreifen, was dort im Schnee lag. Er rannte näher an den Haufen heran und zog scharf die Luft ein, als er den toten Körper schlussendlich doch erkannte. Ihm fehlten die Worte. Für einen kurzen Moment blieb er vor dem toten Wolf stehen. Warum hatten sie Dubh im Sturm alleine fortgehen lassen? Warum hatten sie ihn nicht aufgehalten? Hätten sie dies überhaupt gekonnt? Dubh war stur und nicht leicht von seinen Entschlüssen abzubringen gewesen, er hätte sich nicht einfach so von zwei Jungwölfen dazu überreden lassen in der Hütte zu bleiben. Er hatte sich dazu entschieden alleine im Sturm weiter nach Hinweisen zu suchen. Er hatte sie in der Sicherheit der Hütte gelassen, um sie zu beschützen, richtig? Hatte er ihre Sicherheit über seine eigene gestellt? Namíd konnte dies irgendwie nicht glauben.

Er kam jedoch nicht umhin die Bissspuren zu bemerken, die überall an Dubhs Körper zu finden waren. Hatten die Tiere ihn getötet? War dies ihr erstes Opfer gewesen, das sie erwischt hatten? Waren sie ihnen schon länger auf den Fersen gewesen und Dubh hatte die erste Ladung Wut abbekommen? Hatte Dannsairs Bruder vielleicht sogar bemerkt, dass ihnen jemand folgte und so versucht sie von der Hütte wegzulocken, damit sie in Sicherheit waren? Oder hatten die Tiere Dubhs Fährte verfolgt und waren so schlussendlich zu der Hütte gelangt? Die Vorstellung, dass Duhb als Held gestorben war, damit sie in Sicherheit waren, gefiel Namíd um einiges besser. Es wäre ein weitaus würdevoller Tod, als einfach so von den Tieren überfallen worden zu sein.

Namíd hatte jedoch nicht viel Zeit über den Verlust von Dubh zu trauern und nachzudenken. Ihm wurde durch den Anblick des toten Körpers schmerzlich bewusst, was passieren würde, wenn die Tiere den Lagerplatz erreichen würden. All seine Freunde und auch seine Familie würden so enden wie Dubh und Mikasi. Jetzt war nicht die Zeit für Trauer und Mutmaßungen, er musste den anderen mitteilen, dass Mikasi aufgetaucht war und dass er unbedingt etwas zu fressen brauchte um wieder zu Kräften zu kommen. Er musste seine Gefühle hinunterschlucken und das Wohl aller an erste Stelle setzen.

"Trauer muss warten, befürchte ich. Mikasi ist wieder aufgetaucht – verwundet, ausgehungert und am Ende seiner Kräfte. Er braucht unsere Hilfe und – wichtiger noch – etwas zu fressen – sonst stirbt vielleicht auch er. Und diesmal endgültig."

So taktlos und unsensibel das jetzt auch klingen mochte, sie hatten schlichtweg keine Zeit. Sie mussten schnell handeln und Mikasi wieder aufpäppeln, bevor die Tiere sie finden würden und alle verloren waren.
Namíd war nach wenigen Sekunden wieder zu den anderen zurückgerannt, nachdem er sich von Dubhs leblosem Körper losgerissen hatte und teilte ihnen die Botschaft noch einmal ganz deutlich mit, die er überbringen sollte:

"Wir müssen etwas zu fressen für ihn auftreiben und das so schnell wie möglich."


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Véraire - 17.07.2018

Véraire überlief ein kurzer Schauer, und er wusste eigentlich nicht warum. Ihm war warm, er fühlte sich auf seltsame Art und Weise behaglich. Und doch hatte die Szene etwas tragisches, und Shilas wohlgemeinten Worte unterstrichen das noch. Doch Véraire fand es gut, dass sie dem Fuchs seelische Unterstützung bot, denn der Kleine wirkte wirklich fertig und konnte das sicher gebrauchen.
Die nächsten Worte des Fuchs waren für Véraire etwas unklar. Was meinte er mit "Wieso Namíd"?

“Namíd geht zu den anderen und besorgt dir etwas zu fressen“,

erklärte er – vielleicht hatte Mikasi nur interessiert, wieso Namíd nicht hierblieb.

“Er passt ganz sicher auf sich auf. Die anderen sind auch gar nicht weit weg.“

Zumindest war das, was Véraire hoffte. Allerdings wusste er das nicht sicher, schließlich waren sie jetzt schon eine ganze Weile getrennt.
Nachdem er das gesagt hatte, blieb es kurz still, und Véraire stellte die Ohren aufmerksam auf, damit ihm kein Geräusch entging. Doch die verschneiten Bäume waren wie Wälle, die sie von jeglichem Laut abschirmten. Hin und wieder meinte der große Wolf ein entferntes, dumpfes Geräusch zu vernehmen, das wahrscheinlich von einer Ladung Schnee herrührte, die nach unten rutschte, doch das war das Einzige, das an seine Ohren drang – abgesehen vom Atem der beiden neben ihm und seinem eigenen Herzschlag.
Er wollte etwas sagen, doch ihm viel nichts Kluges oder Aufmunterndes ein, und so überließ er es Shila, die schon vorhin gezeigt hatte, dass sie leicht die richtigen Worte fand, und versank selbst in Gedanken. Wieder einmal fragte er sich, wie es so weit gekommen war – wieso er hier mit einem Jungwolf und einem Fuchs saß, als Teil eines Rudels, das er gar nicht wirklich kannte, weil beinahe die Hälfte des Rudels vermisst oder gar tot war oder einfach sonst wo war. Er war sich nicht sicher, ob er eigentlich nur ein Durchreisender war, der zufällig in der gleichen misslichen Lage steckte wie die anderen Wölfe, oder ob ihn schon mehr mit diesem Haufen verband als die bloße Tatsache, am gleichen Ort zur selben Zeit zu sein. Und er wusste auch nicht, wann er diese Frage für sich entscheiden konnte – eigentlich würde es ihn freuen, mit den anderen zu reden, sie kennenzulernen, herauszufinden, wie sie waren, und ob es sinnvoll war, ein wenig länger hierzubleiben, doch die letzten zwei Wochen waren so von dem Willen zu Überleben dominiert gewesen, dass für tiefgründige Gespräche keine Zeit gewesen war. Und im Grunde genommen war es ja auch egal. Er wusste ja nicht mal, ob es bald noch jemanden geben würde, bei dem er bleiben konnte – ja, vielleicht würde er selbst bald nicht mehr in dieser Welt weilen.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Shila - 20.07.2018

Pass auf dich auf.
Mikasis Worte und Shilas Gedanken spiegelten sich. Und sie konnte an nichts anderes denken, als an ihren Bruder, der auf sich alleine gestellt war.
Stille umgab die junge Fähe. Sie lauschte in die Ferne, ob sie irgendetwas hörte. Tiere die vorbei liefen. Vögel die in der Ferne hoch schreckten. Kampfgeräusche. Das Rufen der anderen - als Warnung oder Hilferuf. Erholsam war diese Rast nicht. Zugegeben, seit sie auf der Flucht waren war keine Pause so richtig erholsam - die Wachsamkeit und Sorge begleiteten die jeden Augenblick. Aber diese Pause forderte Shila noch viel
Mehr ab als die letzten Wochen.
Es fiel ihr sehr schwer die Gedanken von Namíd und sämtlichen Schreckensnachrichten ab zu wenden. Doch als die es endlich tat, leckte sie dem kleinen Fuchs ein mal sanft über den Kopf. Dann sah sie zu Véraire. Dieser schien eben so in Gedanken fest zu hängen wie sie es bis eben getan hatte. Shila beobachtete ihn noch einen kurzen Momenh, dann stupste sie ihn vorsichtig mit ihrer Nase an den Hals. Sie war es von den letzten Wochen zwar gewohnt, dass Nicht viel gesprochen wurde, aber jetzt brannte ihr eine Frage unter den Lefzen.

“Véraire. Hilfst du mir, falls wir flüchten müssen?“

Sie flüstere, um die Stille nicht so abrupt zu unterbrechen. Und während der Frage schielte sie kurz runter zu dem Fuchs. Was sie wissen wollte war, ob sie alleine bei ihrem Versprechen Mikasi gegenüber war.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Liluye - 01.08.2018

Er hatte nur ein wenig die kleinen Augen schließen wollen. Nach all dem Weglaufen und Umherspähen hatte er sich auf einem tiefen Ast in einem der Bäume niedergelassen, die Flügel dicht an den Körper gelegt, den Kopf eingezogen und so – aussehend wie ein kleiner flauschiger gelber Ball – die schwarzen Knopfaugen geschlossen. Doch die Ruhe war dem Waldkönig an diesem Tag erneut nicht vergönnt. Kaum hatte er einige Minuten vor sich hingedöst, schreckte ihn ein Keuchen – oder Stöhnen – oder Jammern? Nun, ein lautes Atmen sorgte dafür, dass Liluye missmutig die Augen öffnete und ebenso missmutig nach unten spähte – ohne jedoch seine Position groß zu verändern. Ein weißes Etwas huschte vorbei und gab sich offenbar keine Mühe seine Spuren oder seine Anwesenheit zu verbergen. Pah, Anfänger. Blutiger Anfänger, sollten ihn diese verrückt gewordenen Tiere doch kriegen. So viel Lärm zu machen – in seinem Wald, grade, wenn er sich zum Schlaf gesetzt hatte. Der König des Waldes plusterte sein Gefieder auf und wackelte ein wenig hin und her, um wieder eine gemütliche Position zu finden. Doch wieder dauerte die Ruhe nicht allzu lange, nur einige Minuten, die dem Waldsänger vorkamen wie kurze Sekunden. Fast wäre Liluye versucht gewesen, laut und schrill aufzukrächzen und den Störenfrieden unter sich auf den Kopf zu fliegen, um ihnen die Augen aus dem Kopf zu picken. Doch als er in Richtung Boden spähte, wäre er vor Schreck fast vom Ast geplumpst. Erkannt hätte er sie wohl nicht alle einzeln, doch der Gelbgefiederte war sich durchaus sicher, dass dies hier ein Teil ihrer Verfolger war. Nicht viele – zwei Füchse, drei Pumas und auch einige kleinere Tiere – doch sie folgten bedächtig der Spur desjenigen, der vor einigen Minuten als erster den Schlaf des Vogels gestört hatte. Leider waren ihre Stimmen nicht klar zu vernehmen. Aber Liluye war nicht dumm, auch wenn er Mikasi nicht wirklich erkannt hatte, konnte er sich nun doch denken, dass das weiße Etwas im Schnee das Fuchsgesicht war. Und das bedeutete nichts Gutes. Eigentlich hätte es ihm ja egal sein können. Diese Wölfe hatten ihm nur Ärger gebracht, seit er sie in seinem Wald aufgelesen hatte, ihnen geholfen hatte – ganz aus treuester Herzensgüte und ohne Hintergedanken. Aber der kleine Waldsänger musste sich auch eingestehen, dass er sie ins Herz geschlossen hatte – wenigstens das Grünauge und seinen blauäugigen Bruder. Also ließ der Gelbgefiederte den Schlaf Schlaf sein und erhob sich stattdessen mit Schlägen seiner kleinen Flügel in die Luft. Darauf bedacht, dass die Verfolger ihn nicht zu Gesicht bekamen, huschte er fliegend zwischen den Baumkronen hindurch und machte sich schnurstracks auf den Weg zu dem Punkt, an dem er die Wölfe zurückgelassen hatte. Das kleine Herz des Vogels klopfte – vor Anstrengung natürlich, keineswegs vor Aufregung, denn so etwas durfte sich ein Waldkönig wohl kaum leisten. Es war schon genug, dass er Boten- und Wachdienste übernehmen musste. Am Sammelpunkt angekommen kam sogar noch Erleichterun hinzu, dass er es offenbar rechtzeitig geschafft hatte. Denn die Wölfe waren unbekümmert, drückten sich um das Fuchsgesicht herum.

„Weg ,weg... los, Sie müssen sich beeilen. Sie sind schon nah und werden gleich hier eintreffen.“


Liluye hatte sich auf dem Kopf der braunen Wölfin niedergelassen und pikte ihr mit dem Schnabel auf die Stirn – ganz so wie er es zuvor bei Liath getan hatte. Nur, dass dessen Schwester nicht so fluffig und weich war, sodass er seinen Schnabel gar nicht bis zum Anschlag versenken konnte. Liluye sah daher auch davon ab, allzu lange auf diese Weise nach Aufmerksamkeit zu verlangen, sondern hob den Kopf und blickte auf das weiße Fuchsgesicht herab.

„Der da hat sie hergeführt. Unvorsichtig und dumm, krk. Zurücklassen sollte man ihn als Strafe für seinen Leichtsinn.“


Dass der Fuchs verletzt war, war dem kleinen Vogel herzlich egal. Das hier war der Wald, es ging ums Überleben. Mit der Verletzung würde er sie nur aufhalten.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Mikasi - 09.08.2018

Mit der Zeit wurde das Reden und alleine das Wach sein ziemlich anstrengend für ihn. Deshalb legte er seinen Kopf wieder in den kalten Schnee und versuchte wieder ein wenig zu schlafen. Véraires Worte nahm er nur noch von weit weg war und verstand nicht so richtig, was er ihm sagen wollte. Das Reden strengt ihn mittlerweile aber zu sehr an, weshalb er nur ein kleines Nicken hinbekam. Und dann wurde es plötzlich still, weil niemand mehr etwas sagte. Einerseits gut, denn so konnte sich Mikasi ungestört ausruhen, andererseits empfand er die Stille nach einer Zeit etwas unangenehm. Es war fast zu still und er konnte das knacken der Äste im Wind hören und der Wind selbst kam ihm plötzlich so laut vor wie ein lauter Sturm.
Die leisen Worte von Shila vernahm er nur als Nebengeräusch, doch als plötzlich direkt neben ihm jemand schrie schreckte er sofort hoch. Wer zum Teufel war das? Oh nein, waren ihm die Tiere etwa gefolgt? Er war sich doch so sicher sie abgeschüttelt zu haben. Was sollte er jetzt nur tun? Es würde seine Schuld sein, dass die Tiere nun Shila und Véraire in ihre Fänge bekamen. Ängstlich blickte er sich um und da entdeckte er die Quelle des unerträglichen Geschreis. Auf Shilas Kopf saß ein kleiner gelber Vogel, der so viel krach machte, als wolle er den ganzen Wald hierherlocken. Was sollte der Blödsinn. Konnte er nicht einfach still sein und wieder dahin zurückfliegen wo er herkam?!
Was sollte er nur tun. Dieses Geschrei bereitete ihm Kopfschmerzen aber er war zu schwach um aufzustehen oder überhaupt etwas zu sagen. Verzweifelt blickte er zwischen Shila und Véraire hin und her. Er hoffte sie waren der selben Meinung wie er und hatten eine Idee wie sie den Vogel wieder loswurden.


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Liath - 14.08.2018

Genau darauf hatte er gehofft – eine logische Erklärung für Dubhs eigentlich so unverständlichen Tod. Und so traurig es auch war, ihm die Schuld auf die Pfoten zu schieben, hatte es auch etwas wahnsinnig beruhigendes. Er war allein losgezogen, also musste er sterben. Devaki würde dagegen niemals ohne die anderen losziehen. Oder? Er zögerte kurz, stellte sich Situationen vor, in denen sein Vater genau das doch tun könnte. Aber die waren viel unwahrscheinlicher. Dannsair beseitigte schließlich die letzten Zweifel und der Jungwolf nickte. Auch zurückzukehren war unter diesen Umständen wohl die richtige Entscheidung, auch wenn sie immer noch nichts Fressbares gefunden hatten. Seine Geschwister nur bei Véraire zu wissen, behagte ihm nicht, wenn selbst ein Dubh durch die Zähne kleiner Angreifer sterben konnte. Auch wenn er dem braunen Rüden damit wahrscheinlich Unrecht tat … und seinen durchaus wehrhaften und cleveren Geschwistern.

Vielleicht musste er letzteres aber nochmal überdenken, denn genau in dem Moment raschelte es vor ihnen. Doch noch bevor er dazu kam, sich zum Kampf bereit zu machen, erhaschte er Namíds Geruch in der Luft und kurz darauf tauchte sein Bruder aus dem Unterholz auf. Allein. Liaths Ohren drehten sich besorgt zurück. Zuerst erwartete er fast, dass Namíd mit einer Hiobsbotschaft zu ihnen geflüchtet war und sie nun auch Shila und Véraire zu den Verlorenen zählen mussten und sein Herz raste so lange, bis er die Miene seines Bruders richtig erkennen konnte. Keine Panik, keine Trauer, nur abgehetzte Unruhe. So sahen sie wahrscheinlich alle aus. Und statt einer Hiobsbotschaft brachte Namíd tatsächlich einmal gute Nachrichten. Liaths Gesicht hellte sich trotzdem nicht auf.

„Ich hoffe er hat die Tiere nicht zu uns geführt“, gab er leise zu bedenken. Er war froh, dass der Fuchs lebte, aber wichtiger war ihm, dass sie alle lebten. Und Fressbares gab es nicht … außer … sein Blick huschte kurz zurück zu Dubhs Körper, ohne zu verraten, ob er das ehrlich in Erwägung zog. „Wir konnten bisher nichts finden. Und wir können uns nicht aufteilen.“


RE: 19 | Verfluchtes Schwarz - Laines - 20.08.2018

Selbst Dannsair pflichtete ihm bei und Laines spürte wie wenigstens ein bisschen Anspannung von ihm abfiel. An ihrer Situation gab es nach wie vor nichts Beruhigendes, aber solange die, die sie brauchten noch Zuversicht fanden, konnten sie weiterkommen. Würden sie genug Kraft haben, um diesem abnormalen Wald zu entkommen.

Sie machten sich gerade daran die Lichtung wieder zu verlassen, als Namìd zu ihnen stieß. Augenblicklich zogen sich Laines Eingeweide wieder zusammen. Natürlich musste jetzt auch noch Liaths Bruder den toten Wolf entdecken, sie würden sich wie im Reigen drehen und auch er würde einen Abschied brauchen, verstört sein und …
Doch dann überraschte ihn Namìd. Gefasste Worte verließen seinen Fang, die in dem schwarzen Wolf zuerst Anerkennung auslösen wollten, doch noch bevor sie eine Chance dazu hatten wandelte sie sich mit seinem nächsten Satz in Fassungslosigkeit. Und dann Wut.

„Wie bitte!? Oh, nein-“

Worte der Vernunft, die Namìd offenbar völlig verloren hatte, verließen in diesem Moment Liaths Fang und Laines nickte, während er gleichzeitig über die ungeheuerliche Forderung seines Bruders den Kopf schütteln wollte.

„Ja, hoffentlich ist es keine verdammte Falle! Warum sollten diese tollwütigen Tiere ihn entkommen lassen, außer damit er sie zu uns führt!? Der steckt doch mit denen unter einer Decke, es ist nicht normal, dass ein Fuchs Wölfen hinterherläuft! Lasst ihn liegen und wir sollten schleunigst sehen, dass wir weiterkommen. Wir müssen uns um unser eigenes Wohl kümmern und brauchen selbst Futter!“

Es war ihm sowas von egal, ob dieser Fuchs starb oder nicht. Von ihm aus würde er gerade noch so gnädig sein, ihn von seinen Qualen zu erlösen, aber in Wolfs Namen, er war ein FUCHS! Ein Schmarotzer, der nichts bei ihnen zu suchen hatte und ihnen keinen Nutzen brachte, außer ihnen wildgewordene Waldbewohner auf den Leib zu hetzen!
Laines Blick ging zurück zu Dubhs leblosen Körper und das ungute Gefühl verstärkte sich nur. Denn Bisswunden zufolge wäre es sogar möglich, dass es sogar seine Artgenossen gewesen waren, die Dubh hingerichtet hatten … oder war der Fuchs nachher selbst beteiligt gewesen?
Das der Fuchs wieder da war, war eine schlechte Nachricht. Eine ganz schlechte Nachricht. Sie konnte nur Gefahr für die anderen bedeuten.

Der Schwarze wandte sich ab und lief mit einem scharf gesprochenen „Wir müssen zurück zu den anderen, JETZT.“ eilig in die Richtung, aus der sie gekommen waren.