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Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Druckversion

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Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Devaki - 13.06.2015

Rückwärts ist keine Richtung
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Yashaí & Devaki | Wald | nach „Auf der Suche“ | Abend nach der Flucht

Die Sonne begann zu sinken – doch zu sehen war davon durch die dichten Wolken leider wenig. Dumpf und grau lag der Himmel und fast meinte Devaki in ihm ein Abbild seines Inneren zu sehen. Als sie sich endlich sicher sein konnten, dass sie nicht verfolgt wurden, hatten sie beschlossen hier Rast zu machen, irgendwo im Wald. Im Nirgendwo. Und mit jedem ruhigeren Atemzug kehrten die Gedanken an das Vergangene zurück. Es war kein schmerzhaftes Stechen mehr, das sich ausbreitete, wenn der schwarze Rüde an sein Rudel dachte. Es kam auch nicht, wenn er an Kody dachte, an seinen Abschied und wie er ihn ziehen ließ. Die Trauer, die Zweifel, die Hoffnungslosigkeit – all das war nicht punktuell gekommen. Wie ein dichtes Band aus Flechten hatte es sich knäuelartig um seine Brust geschlungen und zog sich nun gierig zusammen, sorgte dafür, dass sein Brustkorb schmerzte und ihm das Atmen schwer fiel. Devaki hatte sich gerne mit Darion unterhalten wollen, ihn genauer über diesen Ort ausfragen wollen, aus dem sie ihm zur Flucht verholfen hatte. Doch dafür würde sich sicher noch eine spätere Gelegenheit ergeben.

So hatte der ehemalige Leitwolf eines nun auseinandergebrochenen Rudels zunächst leise den Rückzug angetreten und war allein durch die nähere Umgebung gestreift. Er hatte gehofft, dass die Suche nach Beute ihm Zerstreuung brachte – oder Zeit zum Nachdenken. Doch keines von beidem stellte sich ein. Weder konnte der Schwarze sich auf eine Fährte so konzentrieren, dass er von Gedanken über die Ereignisse der letzten Stunden abgelenkt wurde, noch konnte er sich genug beruhigen, um wirklich klare Gedanken fassen zu können. Irritiert ob dieser Unentschlossenheit seines sonst so zuverlässigen Kopfes hatte er den Beutezug abgebrochen – wohl auch, weil Hunger das letzte Gefühl war, das er zur Zeit verspürte – und hatte sich am kleinen Bach niedergelassen, der an ihrer Lagerstätte entlangführte.


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Yashaí - 14.06.2015

Es war fast wie früher. Zwar blieb die Aufregung – stärker, als sie es üblicherweise gewohnt war – noch eine ganze Zeit lang in ihren Gliedern zurück, während sie liefen, doch es mischte sich mit dem Hauch Gewohnheit, den sie auf bizarre Art und Weise doch vermisste. Sie kannte die Flucht, und ein bisschen fehlte ihr sogar das Geräusch der kläffenden Menschenwölfe und der Donnerbüchsen, die das Getrommel ihrer Pfoten üblicherweise begleitet hatten. Der Himmel allerdings schien Abhilfe verschaffen zu wollen und während die Gefahr immer weiter hinter ihnen zurückblieb, wurden die Wolken mächtiger und düsterer, die sie über ihren Köpfen begleiteten. Mit der Zeit liefen sie wohl nur noch, weil sie eben am Laufen waren und erst, als der Frischste von ihnen allmählich deutlich aus der Puste war, dachte Yashaí überhaupt daran, dass es auch langsamer ging. Für sie war der Zwischenfall schon fast wieder vergessen und lediglich ein Umstand, dass sie nun vier Mäuler statt drei waren, obschon sie nichts wirklich zusammenhielt. Sie selbst hatte Devaki versprochen, bei der Suche nach seinem Rudel zu helfen, doch statt Erfolg zu haben, hatten sie auch den letzten Angehörigen seiner Gruppe seinen eigenen Weg ziehen lassen – Evanaya hatte, nachdem sie sie zu besagtem Schnitt geführt hatte, wohl auch beschlossen, die Gruppe der Einsamkeit vorzuziehen und Darion – nun, der hatte kaum eine andere Perspektive, wie die Bunte sich eingestehen musste. Es war nicht zu übersehen, dass er das Leben in der Wildnis nicht gewohnt war und nun waren sie sein einziger Halt, um irgendwie auf die Pfoten zu kommen.

Als sie einen Rastplatz auserkoren hatten, dauerte es nicht lange, bis sich der Dunkelste von ihnen aufmachte, um sich etwas umzusehen. Yashaí beobachtete, wie sich der Ältere davon bewegte und begnügte sich in der Zeit, sich ein wenig mit den anderen beiden Wölfen zu beschäftigen, die fortan wohl erst einmal ihre Reisegruppe ergänzen würden. Erst, als ein bissschen Zeit ins Land gestrichen war, hatte auch sie sich erhoben und einen kleinen Kreis gezogen, ehe sie die dunkle Gestalt Devakis am Laufe eines kleinen Baches, den lediglich ein kleiner Hang von ihrem Rastplatz trennte, ausmachen konnte. Sie zögerte nicht lange, bis sie mit leicht pendelnder Rute und ruhigen Schritten zu ihm herantrat und neben ihm zum Stehen kam – den Blick einen Herzschlag lang auf die funkelnde Wasseroberfläche gerichtet, ehe sie den Kopf herumwendete.

„Du siehst aus, als könntest du ein wenig Gesellschaft gebrauchen.“, gab sie mit einem unscheinbaren Lächeln zu bedenken, ehe sie sich wieder schweigend auf den Bach konzentrierte.

Sie ahnte, was in ihm vorgehen musste – war auch nicht allzu schwer zu erahnen – doch sie hatte nicht vor, ihn darauf anzusprechen. Nicht direkt jedenfalls, denn dass er sich damit beschäftigen musste, stand außer Frage. Die Bunte war allerdings niemand, der direkt mit dem ganzen Rudel in den Hasenbau einfiel, sondern sie begnügte sich erst einmal, ein wenig Belangloseres in den Vordergrund zu rücken.

„Ich glaube, Darion wäre ohne uns ziemlich aufgeschmissen. Dem müssen wir wohl erstmal beibringen, was es überhaupt bedeutet, ein Wolf zu sein, sonst verhungert er uns.“

Sie klang leicht belustigt, als sie leise zu sprechen begann, dabei aber kein bisschen urteilend oder kritisierend. So, wie sie es erfahren hatte, konnte er gar nicht anders – damit trug er auch keinerlei Schuld. Es war mehr sein Glück, dass er den Mutterinstikt der Fähe ein wenig weckte – so lange jedenfalls, bis er sich extrem dumm anstellte. Immerhin war er kein Welpe mehr, damit hatte er – unerfahren oder nicht – gleich weitaus weniger Freiheiten.


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Devaki - 14.06.2015

Sein Blick musste etwa so trüb wirken wie das Eiswasser, auf das seine Augen gerichtet waren. Der kleine Bach war gefroren, nur an einigen Stellen hatten wohl einige Tiere, die ihn als Trinkquelle nutzten, Löcher in das Eis gebrochen. Übelkeit kroch ihm die Kehle empor, als er sie erblickte. Augenblicklich schmeckte er das Brackwasser, dass sie am Flussufer gespuckt hatten und war für einige Augenblicke zurückversetzt in den Strudel der reißenden Fluten des Flusses. Devaki schloss die Augen, hörte die Rufe der anderen Wölfe, spürte die Felsen, gegen die sein Körper schlug und die Hilflosigkeit, weil er nichts hatte tun können. Erst als er die Augen wieder öffnete, bemerkte er Yashaí, die sich zu ihm gesellte. Unbehagen machte sich in ihm breit, weil es ihm schwerfiel die Gedanken von sich zu schieben und die kühle Ruhe, die er sonst ausstrahlte, wiederzufinden. Seltsamerweise war eben dieses Unbehagen nicht so stark ausgeprägt, wie er es erwartet hatte. Es war nicht, als würde sich ein Laines zu ihm gesellen – oder Dubh und Rylai mit ihren kritischen Blicken. Es war, als würde Nana neben ihm stehen, Siyi oder einer seiner Welpen.

„Du solltest vorsichtig sein, in meiner Gesellschaft neigen Wölfe dazu spurlos zu verschwinden, in Eis einzubrechen oder Familienmitglieder suchen zu wollen.“

Devaki war der Fähe mehr als dankbar, dass sie nicht die Pfoten in seine Wunden legte und ihm Zeit ließ selbst zu entscheiden, was er preisgeben wollte und was nicht. Als Dank bekam sie eine verschmitzte Erwiderung auf ihre Begrüßung. Der Schwarze rang sich sogar ein Lächeln ab, das zwar zaghaft war und in seinem von Sorgen gezeichneten Gesicht seltsam verzerrt wirken musste, aber durchaus ehrlich gemeint war und nickte schließlich, als sie auf Darion zu sprechen kam. Devaki hatte noch nicht die Zeit gehabt sich den Kopf über den Rüden zu zerbrechen, aber es war eine willkommene Abwechslung und er ergriff die Gelegenheit gerne, mit Yashaí ein wenig über ihren Neuzugang zu fachsimpeln.

„Was sich bei diesem Wetter recht schwierig gestalten dürfte. Welpen sind schon schwer zu bändigen, aber immerhin sind ihre Köpfe noch leer und nicht schon mit anderen Erfahrungen belegt. Ein Bauch der voll ist, lässt sich nicht gern füllen.“

Ihre Belustigung konnte er nicht teilen. Es waren eher Bedenken, die sich ob der Begleitung von Darion auf ihrer Suche regten. Nicht, dass Devaki ihn loswerden wollte. Wer ihn kannte, der wusste, dass das nicht seine Art war. Er betrachtete die Situation nur rational – und seine Vernunft sagte ihm, dass es schwer werden würde Darion zu einem echten Wolf zu machen.

„Verwunderlich ist es schon, dass die Menschen ihn solange bei sich geduldet haben. Er muss einen getroffen haben, der uns wohlgesonnener ist als viele der anderen.“

Warum Darion schließlich gegangen war und wie er in diesen Käfig gekommen war, waren Fragen, die sich der Schwarze schon auf der Flucht gestellt hatte. Aber er hatte den jungen Rüden nicht noch zusätzlich Puste nehmen wollten, indem er ihn auf Fragen antworten ließ. Devaki hob den Kopf und wandte den Blick zu der Fähe neben sich. Womöglich hatte sie die Antworten auf seine Fragen bereits erhalten?


(Hm, ich glaube der Bach müsste gefroren sein, konsequenter Weise. Deshalb ist „entlangfloss“ im Ausgangsbeitrag vielleicht nicht so richtig. Ich passe das mal an xD)


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Yashaí - 21.06.2015

Yashaí konnte nur erahnen, von welchen Gedanken sie im Begriff war, den Dunklen ein wenig abzulenken. Sie hätte es genauso gut verstanden, wenn er sie weggeschickt hätte, ohne auch nur einen Augenblick damit zu verschwenden, es ihm übel zu nehmen. So recht wollten ihre Gedanken dem vereisten Bachlauf nicht dorthin folgen, wohin sie Devaki geführt hatten – nicht zuletzt, weil es ein Gefühl war, welches man selbst mit der Empathie, die sie aufzuweisen wusste, nicht nachzuvollziehen wusste. Aber wenn sie ehrlich war, schien ihr der Tag auch gar nicht so unerfolgreich wie es den Anschein machte. Sie hatten Darion aus dem Käfig befreit und auch, wenn Kody sie verlassen hatte, glaubte die Bunte einfach, dass der Jungwolf den richtigen Weg wählen würde und es ihn vielleicht früher oder später sogar wieder zu ihnen führen würde. Wer wusste schon, was in ihm vor ging? Früher oder später würde es ihn vielleicht doch ihre Fährte entlang führen und er wäre wieder da. Vorerst war sie seinem Blick zum Eis gefolgt und hatte mit ruhigem Herzschlag die Reflexionen betrachtet, die der Schnee in der unebenen Eisfläche hinterließ. Erst, als Devaki zu sprechen begann, zuckten ihre Ohren und sie hob den Blick mit einem deutlichen Hauch Verständnis in den Augen.

„Ich denke, diese Gefahr nehme ich für den Moment in Kauf.“

Sie neigte den Kopf, als würde sie überlegen, ob sie ihre Worte so meinte, wie sie sie gesagt hatte, ehe sie überzeugter nickte und wieder lächelte.

„Aber wenn es dir dabei besser geht, halte ich mich ein Stück vom Bach fern.“

Der Schalk in ihrer Stimme war zwar kleinlaut, doch zu erkennen. Sie wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, dass sie ihn mit Samtpfoten anfassen wollte. Dass sie den Blick daraufhin wieder abwandte, sollte Zeichen genug dafür sein, dass dieses Thema nicht der Grund dafür war, dass sie hier war. Und spätestens, als sie Darion erwähnte, war es wohl mehr als offensichtlich. Seine Zweifel waren begründet, doch die Bunte war zuversichtlich und wollte sich davon nicht unterkriegen lassen. Der Optimismus siegte – es würde schon alles funktionieren.

„Das stimmt.“, gab sie zu, wirkte aber unbeeindurckt. „Zur Not wird er auf die harte Tour lernen müssen. Dann muss der Bauch eben erst wieder leer werden. Und der Hunger wird ihn spätestens dazu treiben, so zu handeln wie wir es tun und von seinem Menschenverhalten abzukommen. Hier draußen stellt ihm niemand die Beute hin. Entweder er stellt sich geschickt an und bekommt sie, oder er muss hungern.“

Er brauchte Zeit, das war klar, aber wenn er es wollte, dann würde er es schaffen. Und wenn nicht dann hatte er bei ihnen nichts verloren. Yashaí zwang niemanden zu seinem Glück. Wenn es hier draußen nicht funktionierte, dann konnte er nicht bei ihnen bleiben. Dass es allerdings schwer war, ihn wieder an die Menschen zu vermitteln, verdrängte sie in diesem Moment. Eigentlich hatte Darion gar keine Wahl, als zu lernen. Sie sah auf, als Devaki wieder das Wort ergriff und schwieg, während sie überlegend den Kopf hin und her wog, ehe sie antwortete.

„Es gibt Menschen, die auf Jagd gehen, um Welpen zu stehlen. Die einen, um ihre Eltern in eine Falle zu locken. Die anderen, um sie zu ihrem Vorteil aufzuziehen und sie unter ihre Menschenwölfe zu mischen.“

Das waren jedenfalls ihre Erfahrungen. Was genau jetzt bei ihrem Menschenwolf zutraf, konnte sie nicht sagen.

„Aber es gibt bestimmt auch welche, die aus sämtlichen Rastern fallen. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich das aber nie herausfinden. Es ist sicherer, ihnen einfach aus dem Weg zu gehen.“

Ein normaler Wolf verstand darunter wohl, sich von ihren Gebieten fernzuhalten und einen großen Bogen um alles zu machen, was nach ihnen roch – für Yashaí beinhaltete es lediglich, sich nicht mit ihnen abzugeben, sie nicht anzugreifen und die Flucht zu ergreifen, wenn sie davon Wind bekamen, dass man sich an ihren Beutetieren bediente. Keine Aufmerksamkeit erregen – das war ihre Vorstellung von 'aus dem Weg gehen'.


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Devaki - 28.06.2015

Dieses Spiel verwirrte ihn ein wenig. Sie feixten um etwas herum, das einen ernsten Hintergrund hatte. Deva fürchtete, dass er sich wahrscheinlich dafür schlecht fühlen müsste, dass er so mit diesem Thema umging. Aber das genaue Gegenteil war der Fall. Es ging ihm besser, nicht gut, aber es half ein wenig aus dem trüben Gedankensumpf herauszukommen, in den die Ereignisse der vergangenen Tage ihn gezogen hatten. Der Schwarze entschloss sich also weiter mitzuspielen und warf einen übertrieben nachdenklichen Blick auf das Eis, bevor er schließlich den Kopf langsam schüttelte.

„Nein, selbst wenn du einbrichst. Ich denke, der Strömung wird beizukommen sein.“

Kurz überlegte er noch einen Nachsatz einzuschieben und ihr anzubieten, sie zu retten, wenn sie doch fallen sollte. Doch das kam dem Schwarzen nun wirklich falsch vor – und er beließ es schließlich bei dieser Bemerkung. Immerhin gab es ja auch ein anderes Thema, das ihre Aufmerksamkeit forderte und sich in der Gegenwart abspielte – und dementsprechend recht dringend zu diskutieren war.

„Oder er muss hungern? Könntest du ihn wirklich hungern lassen – oder ihn zurücklassen, wenn er es nicht schafft?“

Devaki war klar, was Yashaí zum Ausdruck bringen wollte. Darion musste lernen, dass er entweder lernte oder für den Rest seines Lebens verloren hatte. Entweder er lernte, oder er würde keinen Platz in der freien Natur finden. Entweder er lernte, oder er würde niemals ein richtiger Wolf sein. Doch ihre Wortwahl irritierte ihn ein wenig – sie klang etwas kühler, als Deva es erwartet hatte. War sie so nüchtern, dass sie genau das tun würde, wenn Darion nicht die Fortschritte machte, die sie von ihm erwarteten? Sie konnten ihn nicht durchfüttern, ohne dass er etwas zurückgab – das war klar. Die Frage war, wie sie ihm das klar machen konnten, ohne ihn einzuschüchtern oder ihm das wenige Selbstvertrauen zu nehmen, das er haben musste.

„Nun, auf die Geschichte bin ich zumindest gespannt. Wer weiß, vielleicht wird uns das Wissen, das er hat, irgendwann noch einmal nützlich sein. Wir kennen so wenig von den Menschen – und die Erfahrungen, die wir machen, sind glaube ich wenig unterschiedlich und – korrigiere mich, wenn ich mich irre – selten positiv. Vielleicht kann Darion uns auch etwas lernen. Lernen zu verstehen.“

Wie Yashaí hatte auch Deva seine ganz eigenen Erfahrungen mit den Menschen gemacht. Aber im Gegensatz zu ihr, war seine Auffassung von fernhalten tatsächlich eher die der meisten: Einen großen Bogen machen. Das war bereits so gewesen, als er noch allein wanderte. Seit er Vater war und die Verantwortung für ein ganzes Rudel trug, hatte sich sein Verhalten noch viel mehr in diese Richtung entwickelt. Gefahren meiden war die Devise. Hätte er sie konsequent angewandt, wäre er vielleicht nun nicht hier.


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Yashaí - 17.07.2015

Es beruhigte sie ungemein, dass der Dunkle trotz dem, was zurücklag, nicht ganz vergessen hatte, nach vorne zu blicken. Dass es heikel gewesen war, mit ihrer scherzhaften Art an seine Erlebnisse heranzugehen, hatte sie gewusst, doch es hatte sie nicht davon abgehalten, es zu tun. Ernst war einfach nicht ihre Art, immerhin hatte sie bereits selbst lernen müssen, dass man so nicht wirklich weiter kam und darin feststeckte, zurückzublicken. Es war keine einfache Lektion, auch das wusste sie, doch Devaki schien ein würdiger Schüler, der sich dem, was sie unscheinbar zu lehren versuchte, nicht zu verschließen schien. Die Bunte beließ es bei einem leichten Lächeln, doch das Funkeln in ihren Augen war deutlich zu sehen. Länger aber sollten sie dieses Thema nicht behandeln – sie fuhr fort mit dem tatsächlich ernsteren Thema, das sie zu beschäftigen hatte und versuchte dabei tatsächlich, ein wenig nüchterner zu klingen, als es eigentlich ihre Art gewesen wäre. Dass Devaki dennoch die Gegenfrage stellte, mit der sie eigentlich nicht gerechnet hatte, ließ sie die Ohren ertappt zurücklegen und blinzeln. Jetzt hatte sie einmal versucht, zu klingen, als wäre sie durchaus für rationale Entscheidungen zu haben und dann wurde sie direkt erwischt – super! Wahrscheinlich war ihr der Fuchs im Käfig zum Verhängnis geworden. Och, der Arme saß sicherlich den Rest seines Lebens hinter Gittern, weil sie ihm nicht geholfen hatte.

„Naja... Ich würde es zumindest versuchen. … Etwas.“, versuchte sie sich herauszureden und schnippte mit einem Ohr.

Dazu in der Lage, ihn wirklich hungern zu lassen, war sie wahrlich nicht. Am Ende war sie die, die den Plan der anderen zunichte machte, indem sie ihn doch heimlich durchfütterte, obwohl es weniger Futter bedeutete. Sie würde verstehen, wenn Evanaya und Devaki nicht bereit wären, ihr Futter mit einem Wolf zu teilen, der nichts zurückgab, doch das bedeutete noch lange nicht, dass sie es ihnen gleichtun müsste. Abermals zuckten ihre Ohren nach hinten, als fürchtete sie, dass Devaki auch diesen Plan durchschauen würde, bevor sie überhaupt in der Lage war, ihn in die Tat umzusetzen, doch dann wechselte der Ausdruck auf ihren Zügen wieder zu einem Lächeln. Als der Dunkle fortfuhr, nickte sie zustimmend – auch sie war gespannt auf Darions Erfahrungen und darauf, ob sie sich mit dem deckten, was sie kennengelernt hatte. Unwillkürlich schluckte sie, als der Schwarze davon redete, die Menschen verstehen zu lernen. Sie war sich gar nicht so sicher, ob sie das wollte - ob sie das konnte. Dazu hatte sie genug gesehen, was sie niemals verstehen können würde.

„Sie sind wie sie sind.“, räumte sie letztlich ein wenig leiser ein als zuvor. „Ich denke, die Langohren beispielsweise finden uns auch nicht unbedingt sympathisch.“

Ein schwaches Lächeln galt ihrem Kommentar, als sie den Blick zu ihrem Begleiter hob, ehe sie wieder nachdenklich die Eisfläche des Baches begutachtete.

„Wenn er ihnen nicht rutenpendelnd entgegenläuft, könnte uns sein Wissen vielleicht wirklich nützen. Aber hoffen wir einfach, dass es nicht nötig sein wird, um dein Rudel zu finden. Vielleicht versuchen sie ja auch alle, zurück zum Ausgangspunkt zu gelangen, an dem ihr euch verloren habt?“

Sie wollte gar nicht glauben, dass es irgendwer nicht geschafft hatte. Irgendwo waren sie alle, sicherlich. Sie zumindest gönnte es dem Schwarzen.


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Devaki - 09.12.2015

Ein mildes Lächeln erschien auf Devakis Lefzen und er nickte verständnisvoll. Kurz hatte er tatsächlich befürchtet gehabt, er hätte sich in seinem ersten Eindruck getäuscht und Yashaí sei viel rationaler und kühler, als er angenommen hatte. Ihr herumdrucksen auf seine Gegenfrage aber bestätigte ihm, dass seine Intuition und Wolfskenntnis ihn nicht im Stich gelassen hatte. Die Fähe war nicht kühl, sie hatte einen guten Kern. Und jeder, der diesen besaß, würde niemanden so einfach im Stich lassen können, nicht einmal einen Wolf, den man kaum als Freund bezeichnen konnte. Noch nicht.

„Ich denke, im Zweifelsfall würde er eher von sich aus zu den Menschen zurückkehren. Er scheint mir nicht unbedingt der Typ für anstrengende Erfahrungen und viel Durchhaltevermögen zu sein“, sagte der Schwarze abschätzend. Das Lächeln war verschwunden, stattdessen hatte sich nun eine nachdenkliche kleine Falte in sein Stirnfell gegraben. Devas Blick haftete kurz auf dem Eis des Baches vor ihnen, bevor er den Kopf abwandte und abwägend zur Seite neigte, um dann die Augen wieder auf die Fähe zu richten.

„Aber womöglich täusche ich mich auch.“

Er wollte keineswegs vorverurteilend klingen. Als Yashaí nun fortfuhr und die Menschen mit ihrem Verhältnis zu Hasen verglich, nickte er stumm. Das hieß nicht, dass er ihrer Meinung war. Seiner Ansicht nach hinkte der Vergleich ein wenig, denn immerhin jagten sie nicht aus Spaß oder töteten, weil sie Lust dazu hatten und blutdürstig waren. Sie taten es, weil ihr Überleben davon abhing – etwas, das das Verhalten eines Wolfes entscheidend von dem eines Menschen trennte. Doch er wollte nicht darüber streiten noch eine Fähe zurechtweisen, die ihm geholfen hatte und dazu noch in der Lage war, ihre eigenen Ansichten überzeugend, aber freundlich zu vertreten. Mit anderen Worten: Er mochte ihre erfrischende, kecke Art und hatte keine Lust ihr über das Maul zu fahren. Also ließ er es und richtete seine Gedanken lieber auf die Idee, die sie vorbrachte und die das einzige – für ihn - wirklich wichtige Thema betrafen.

„Zum Ausgangspunkt? Du meinst das Tal und dem Fluss, in den wir eingebrochen sind? Hm... Nein, ich denke eher nicht, wobei es auch unser erster Gedanke war einfach in die Richtung zu laufen, aus der wir gekommen sind.“


Devaki trat einen Schritt zurück, sodass ein kleiner Abstand zwischen ihnen entstand. Dann hob der Schwarze die rechte Vorderffote und nutzte ein kleines Stück des Ufers, an dem der Schnee noch unberührt war, um eine Skizze des Tals in das Weiß zu zeichnen. Nicht besonders gut oder detailliert – er war ein Wolf, kein Künstler. Aber es würde ausreichen, um Yashaí die Gegebenheiten des Tals zu veranschaulichen und ihr verdeutlichen, warum er nicht glaubte, dass die anderen zurückkehrten.

„Das ist das Tal. Dieses der Eingang im Süden, hier der Ausgang im Norden, umgeben alles von felsigen Bergen, die wir nicht überschreiten konnten. Mitten drin der Fluss. Wir brachen ein und wurden von der Strömung fortgerissen. Ich denke, einige konnten sich ans Ufer retten. Die anderen müssen wie Kody und ich vom Wasser fortgedrückt worden sein.“

Er deutete mit der Pfote auf einen Punkt am östlichen Rand des Tals, an dem die Linie, die den Fluss darstellte, auf die Bergkette traf.

„Es ging sehr schnell, aber alles war dunkel und einige der blauen Flecken an meinem Körper kommen nicht von Steinen, die im Fluss lagen. Ich denke, wir sind unter den Bergen hindurchgespült worden. Einen Durchlass, an dem man die Felsen überqueren könnte, habe ich auch an dieser Stelle nicht gesehen.“

Im Klartext hieß das: Wer von ihnen den Fluss als Rückweg auskundschaftete, würde irgendwann unweigerlich auf die Bergkette stoßen. Und dann war ein langer Umweg nötig, um wieder in das Tal zurückzugelangen. Devaki konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass einer seiner Freunde diese Strapaze auf sich nehmen würde. Er kannte sie alle doch gut, sie würden versuchen einen direkteren Weg zu finden.

(Ich hab jetzt erst gesehen, dass ich dran bin. Sorry!)


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Yashaí - 11.01.2016

Wahrscheinlich hatte er recht. Aber das machte die Sache sowohl für ihn als auch für sie alle einfacher. Vorausgesetzt natürlich, sie fanden Menschen, die ihn aufnehmen würden und die so waren, wie er es sich vorstellte. Yashaí war auch niemand, der ihn dann einfach ziehen lassen konnte, wenn er glaubte, die Menschen gefunden zu haben, die er suchte. Was, wenn er doch Hilfe benötigte, weil sie eben doch nicht so friedlich waren wie erhofft? Sie hatte gelernt, die Menschen genaustens zu beobachten und auch, wenn sie nicht eingreifen würde, solange die Lage mehr oder minder harmlos aussah oder wenn Darion es nicht wollte – es war ihr Anliegen, zumindest aus der Entfernung heraus zu beobachten, was passierte und zu wissen, dass sie ihren Schützling sicher unter wussten. Sicher. Denn 'Gut' konnten sie nicht beurteilen. Sie bezweifelte, dass es bei den Menschen ein 'Gut' für einen Wolf gab, aber das war ebenfalls nicht ihre Sache.

„Ich denke, du hast Recht. Wenn nicht, überrascht er uns beide.“, schmunzelte sie dem Dunklen zu, ehe sie das Thema anschnitt, was im Augenblick wohl das Wichtigste war.

Das Lächeln verblieb blass auf ihren Lefzen, doch man sah ihr an, dass es nun um etwas Ernsteres ging. Normalerweise war sie kein Wolf, der Pläne schmiedete, aber gerade musste sie ohnehin eine Pause machen und da war Pläneschmieden immerhin mehr Aktion als nichtstun. Sie befand ihren Plan noch immer als nicht schlecht, weshalb sie ihn auch abermals in den Raum warf – Devaki hatte allerdings mehr Überblick über die Gesamtlage, was auch ihre Ansicht änderte und sie umdenken ließ. Ihre Ohren schnippten, als er sich erhob, doch sie blieb sitzen und beobachtete ruhig sein Vorhaben. Als er zu skizzieren begann, reckte sie den Hals neugierig ein wenig nach vorne, um besser sehen zu können. Ihre Augen wanderten über die Karte des Tals und folgten der Erklärung des Dunklen gespannt und nachdenklich. Es machte Sinn. Und immerhin suchten sie sein Rudel und nicht ihres – er wusste, wie seine Freunde entscheiden würden. Sie konnte sich nur auf die Erfahrungen verlassen, die sie selbst gemacht hatte.

„Hmmmmm.“,begann sie und inspizierte ein weiteres Mal die Skizze.

Sie erhob sich und mache einen kleinen Halbkreis, um auch die andere Seite besser sehen zu können, ehe sie den Blick wieder zu Devaki hob.

„Also ist der Plan, das Tal zu durchqueren und zum Ausgang im Norden zu kommen? Dorthin, wo die Bergketten sich treffen und einen Weg freigeben. Nichtsdestotrotz bleibt uns ja immer noch die Möglichkeit, sie mit einem Heulen zu erreichen, wenn sie näher kommen. Früher oder später werden sie uns hören.“


RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Devaki - 16.01.2017

Noch eine Sekunde zuvor hatte er intensiv auf seine laienhafte Zeichnung gestarrt und war im Kopf alle möglichen Auswege durchgegangen, alle möglichen Pfade, die seine Freunde hätten nehmen können. Dann bewegte sich Yashaí und reckte ihm den Hals entgegen. Nun, nicht ihm selbst, aber eben in seine Richtung, sodass sie die Karte beobachten konnte. Die kleine Bewegung aber reichte, um ihn vollkommen abzulenken. Unwillkürlich zuckte er einige Zentimeter zurück und betrachtete sie... ja wie? Erstaunt? Erschrocken? Devaki gab sich Mühe sich die kurzzeitige Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Er räusperte sich und rutschte ein Stück zur Seite, als sie um das Bild herumwanderte, um es besser betrachten zu können.

„Ich würde es eher auf der Ausgangsseite versuchen. Nach meinem Empfinden sind wir auf dieser Seite des Flusses gelandet.“ Er hatte seine Konzentration wiedergefunden und deutete mit der Pfote auf das Ufer, das auf der Seite des Talausgangs lag. Dorthin mussten sich die anderen gerettet haben, sollten sie es aus dem Fluss geschafft haben, wenn sie nicht fortgespült wurden. Ein Suchaktion von dort würde also mehr Sinn machen – und es ihm ersparen womöglich noch einmal diesen Fluss überqueren zu müssen.

„Ja, wenn sie denn in der Lage sind zu antworten.“ Seine Worte kamen brummiger, als er es beabsichtigt hatte und er trat einen Schritt zurück. Kurz schloss der Schwarze die Augen und schob die schwermütigen Gedanken an die erschrockenen Gesichter seiner Freunde zur Seite. „Entschuldige, das war... nicht so gemeint“, schob er schnell nach, als er die Augen nur Sekunden später wieder geöffnet hatte und vermied den Blick in Yashaís Richtung. Stattdessen schaute er wieder auf die Karte.

„Eigentlich müssen wir ja nur das Tal finden...“



RE: Rückwärts ist keine Richtung | Nach 17 | Yashaí und Deva - Yashaí - 19.01.2017

Sie hatte sich zu sehr auf die Skizze konzentriert, als dass ihr die Verwunderung des Dunklen aufgefallen wäre. Klar – sie merkte, dass er ein Stück zur Seite rutschte, schob es allerdings darauf, dass er ihr den Platz einräumen wollte, den sie gebraucht hätte, um ihre Runde zu vollenden. Sie blieb allerdings ihm gegenüber stehen, als sie glaubte, die wichtigsten Punkte gesehen zu haben und verfiel in einen Moment des Schweigens. Sie war auch an einem Fluss entlang gekommen und um ein Gebirge gewandert, aber wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass es eben dieses Tal war, was er suchte? Wo lang sie gewandert war, hatte sie sich ohnehin nicht gemerkt – da hatte sie noch nicht gewusst, dass es irgendwann mal eine Rolle hätte spielen können. In diesem Moment versuchte sie sich vehement an die Pfade zu erinnern, in denen sie gelaufen war, doch keiner der Gerüche, die noch an Devaki hafteten (selbst nach seiner Wildwassertour) kam ihr bekannt vor und an ein ganzes Rudel konnte sie sich bei weitem nicht erinnern. Als Devaki wieder zu sprechen begann, löste sich ihre Starre und ihre Augen hoben sich von der schemenhaften Zeichnung am Boden, bloß um sie gleich darauf wieder in Augenschein zu nehmen. Letztendlich gab es nur eine Antwort.

„Du kennst deine Freunde besser als ich. Du weißt also auch eher, was sie tun würden und was nicht.“, erinnerte sie ihn mit einem matten Lächeln und nickte. „Gönn' uns und vor allem dir eine kleine Pause. Morgen Früh machen wir uns direkt auf den Weg.“

Dann waren sein Kopf und seine Gedanken auch wieder klarer. Seine Antwort auf ihren Vorschlag, auf sich aufmerksam zu machen, wunderte sie nicht wirklich, traf aber dennoch einen Punkt, den sie nicht übergehen konnte. Yasha schüttelte sich kurz, ehe sie sich umwandte und ihm den Rücken kehrte. Er selbst schien seine schwarzmalerischen Gedanken bemerkt zu haben, doch auch, wenn er es für nötig hielt, sich dafür zu entschuldigen, konnte sie es auf bestimmte Art und Weise schlichtweg nachvollziehen. Es war, was er fühlte. Dafür musste man sich nicht entschuldigen.

„Sag sowas nicht.“, waren es dennoch ihre Worte, die ihn leise ermahnten. „Glaub mir, du wüsstest, wenn es sich nicht mehr lohnen würde, diese Reise anzutreten. Du spürst es.“

Ihr Blick blieb in die Ferne gerichtet. Ihre Stimme hatte trotz der Botschaft einen warmen, zuversichtlichen Ton gehabt, soweit es möglich gewesen war, doch der Bitterkeit verlieh das darauffolgende Schweigen unheimlich viel Gewicht. Das schien aber auch die Bunte zu merken, denn einige Herzschläge später schüttelte sie abermals den Kragen und warf dem Dunklen einen Blick über die Schulter zu.

„Früher oder später werden wir das auch tun. Vergiss nicht – du bist jetzt nicht mehr allein auf deiner Suche. Darion, Evanaya, ich – wir werden alles daran geben, dieses Tal mit dir zu finden. Und mit ihm auch deine Freunde.“