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18 | Ruhe nach dem Sturm - Druckversion

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RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 11.11.2015

Darions Fragen waren berechtigt. Devaki selbst hatte die Worte nie wirklich hinterfragt, doch die unsichere Angst des Rüden sorgte dafür, dass auch dem Schwarzen plötzlich flau in der Magegend zumute wurde. Kainuu war nie mutig gewesen. Sie war kein tapferer Wolf, selbst wenn er sie noch so sehr liebte, das war ein Umstand, den jeder sehen konnte. Was würde mit ihr passieren, wenn sie sterben würde? Würde sie den Sternenpfad je erblicken? Plötzlich war sie wieder da, die Trauer um den Verlust. Die Hoffnung, dass seine Tochter und die anderen überlebt hatten, schrumpfte auf ein winziges Korn in seinem Herzen zusammen, während sich Ungewissheit und Trauer ausbreiteten wie ein schwarzer Tropfen in klarem Wasser. Deva, der nach Evanayas und Darions Wunsch, noch einen Augenblick an diesem Ort zu bleiben, stehen geblieben war und sich wieder zu den anderen dreien umgewandt hatte, blickte noch einmal auf die leuchtende Sternendecke.

„Wir werden die Sterne noch früh genug wieder zu Gesicht bekommen. Und das Tageslicht ist mir allemal lieber.“

Der zweite Blick nach oben hatte seine Stimmung verändert. Zwar war Devaki noch immer fasziniert von dem seltsamen Anblick, vom friedlichen Schimmer und der Vorstellung, dass sie wohl als wenige Wölfe zu denen gehören würden, die einen Sternenpfad bereits zu Lebzeiten zu Gesicht bekommen würden. Doch die Gedanken an Wulf und den Tod... das waren Gedanken, die er nicht zulassen wollte, nicht konnte. Nicht jetzt, nicht hier. Nicht bevor er nicht wusste, wo seine Freunde geblieben waren. Wo er die anderen finden konnte, wenn er sie überhaupt jemals wiederfinden würde.

„Lasst uns gehen“,

sagte er deshalb leise und drängte die anderen mit neuerlichen Schritten zum Aufbruch. Dass er damit ein wenig gegen seine eigene Spielregel verstieß und nicht wie eigentlich versprochen Evanaya bestimmen ließ, welchen Weg sie einschlagen würden, ignorierte der Rüde. Zu sehr war er es gewohnt, dass er das Kommando gab – und andere Wölfe seinen Worten folgten. Wenigstens Yashaí dachte wohl ähnlich – auch wenn Deva das Innehalten am Ende des Pfades gerne den anderen überlassen würde.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Evanaya - 21.11.2015

Darion begann schon wieder sehr viele Fragen zu stellen und Yashaí antwortete ihm aufmunternd. Sie sagte, dass es gewiss eine Ehre war, dass sie die Sterne in der Höhle zu Gesicht bekommen hatten und dass im Prinzip jeder Wolf tapfer war und deshalb irgendwann seinen Weg auf den Sternen gehen würde. Evanaya freute sich über diesen Gedanken, also würde auch sie einmal über die Sterne laufen dürfen! Am Ende ihres Lebens, am Ende von allem. Zumindest für sie selbst vermutlich am Ende von allem. Was sollte nach dem Tod schon noch kommen? Aber jetzt war es nicht an der Zeit über den Tod nachzudenken, jetzt war es Zeit vorwärts zu schauen und auf einen Ausgang ins Freie zu hoffen. Sie hatte keine Lust mehr auf Höhlen und Dunkelheit, vorallem nicht weil es doch gerade erst hell geworden war.
Auf ihren Einwand noch ein wenig zu warten, antwortete nur Darion mit dem, was sie hören wollte: auch er war für eine Pause und wollte bleiben. Doch dann stellte er es direkt wieder in Frage, als er erwähnte ob die blauen Lichter nicht gefährlich sein könnten.

"Wie soll etwas so schönes denn gefährlich sein können?"

Irritiert blickte sie ihn an, aber da liefen die beiden anderen auch schon weiter, achteten nicht großartig auf ihren Einwand und sagten bloß, das Tageslicht wäre besser. Aber vielleicht war es auch nicht Tag sondern sternenklare Nacht. Kalt, dunkel, aber auch wunderschön mit all den hellen Flecken am Himmel. Sie mochte die Nacht sehr gerne, auch wenn Sommertage und vor allem Sonnenschein in Evanayas Lieblingsdingeliste deutlich weiter oben standen als Sternennächte.
Sie seufzte einmal und folgte den anderen dann widerwillig. Weiter ging also die Reise ins Ungewisse, ins Abenteuer und in den Rest ihres Lebens. Irgendwann würde sie dann vielleicht wieder hier herkommen und von hier aus in den Himmel wandern.
Devaki lief vorne, drängte sie somit alle dazu weiterzugehen, sonst würden sie den Anschluss verlieren und Evanaya wollte wirklich nicht alleine weiter gehen. Als sie ein wenig weiter gelaufen waren, erinnerte die helle Wölfin sich wieder daran, dass Devaki eigentlich gesagt hatte, dass sie nun die Richtung aussuchen könne, trotzdem führte er die kleine Gruppe nun wieder an. Sie blinzelte, überlegte ob das vielleicht hieß, dass er nicht zu seinen Worten stand? Aber bestimmt war das nicht der Fall, denn andere waren ja Freunde und auch wenn Devaki und Yashaí am Anfang etwas gemein gewesen waren, hatten sie sich ja doch als gutes Team erwiesen. Evanaya verzog die Lefzen zu einem Lächeln und blickte einfach wieder nach vorne. Immer weiter, bis sie irgendwann wieder aus dieser Höhle raus waren. Vielleicht fanden sie dann auch Devakis Freunde, einen schönen Platz zum Ruhen und Freude. Denn momentan war die Freude leider eher untergegangen. Sie wusste nicht, was in den Köpfen der anderen Wölfe vorging, worüber sie sich sorgten und worauf sie vielleicht hofften, spürte aber die Freude zumindest in sich, als wäre sie ein kleiner, leuchtender und heller Ball.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Darion - 22.11.2015

Yashaís Erklärungen beruhigten Darion, sodass er die seltsamen Sterne wieder betrachten konnte, ohne sich von ihnen weiter beunruhigen zu lassen. Doch ganz zufrieden war er damit noch nicht, denn wie so oft ergaben sich aus einer Antwort nur noch mehr neue Fragen. Es gab doch so viel, was er noch nicht wusste, aber wissen musste, um ein richtiger Wolf zu sein!

"Und was passiert mit Hunden? Und mit Menschen? Und was ist mit anderen Tieren?"

Es wäre schön, wenn er nach seinem Tod auch die Hunde, die er kannte, wiedersehen würde; besonders natürlich seine Mutter. Das wäre aber wiederum nur möglich, wenn Hunde nach dem Tod den Sternenpfad fanden. Doch wo es Hunde gab, musste es doch auch Menschen geben, die sich um sie kümmerten. Aber Wölfe und Menschen mochten sich ja anscheinend aus irgend einem Grund nicht. Wie sollte das gut gehen?
Und die Vorstellung, das womöglich alle toten Tiere auf dem selben Sternenpfad landeten, war noch aus einem anderen Grund beunruhigend: Was, wenn auch all die Tiere, die er seit er sich sein Futter selbst jagen musste getötet und gefressen hatte, jetzt auf dem Sternenpfad nur darauf warteten, sich bei ihm darüber beschweren zu können, sobald er auch tot war?
Darion war mit der Vorstellung des Lebens nach dem Tod sichtlich überfordert.
Er wusste nur, dass alle Lebewesen irgendwann sterben mussten, sogar Menschen, die fast ewig zu leben schienen. Angeblich konnten sie fast hundert Jahre alt werden. Von der bloßen Vorstellung wurde ihm schwindelig. Was sollte man mit so vielen Lebensjahren anfangen? Zwar wollte er nicht sterben und hatte Angst vor dem Tod, aber fast ewig zu leben schien ihm beinahe noch unheimlicher.
Somit war er froh, dass sowohl Yashaí als auch Devaki Evanayas Freude über die Sterne nicht teilten. Zwar bedauerte er es jetzt auch, diesen schönen Ort wieder verlassen zu müssen, aber weiterzugehen brachte ihn auf andere Gedanken. Daher zögerte er nicht lange, den anderen Wölfen zu folgen.

"Ich frage mich, was wir wohl als nächstes sehen werden. Ich hoffe, es ist mindestens so schön wie die Sterne hier. Oder noch besser natürlich, es ist der Ausgang."

Nachdem er erkannt hatte, dass eine Höhle aus mehr als nur dunklen Gängen bestand, erwachte seine Neugierde. Er hatte ja noch nie zuvor eine Höhle betreten und war nun gespannt, was er darin noch zu Gesicht bekommen würde.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 23.11.2015


Mike Gifford | Flickr | CC BY-NC 2.0


Spielleitung für Dannsair, Laines, Mikasi und Shila
Mikasi hatte Shila ein Lächeln geschenkt, ihre Frage nach dem einsamen Fuchsleben aber unbeantwortet gelassen, bevor er den beiden Wölfen in den Wald gefolgt war. Es war ungewöhnlich, dass Dannsair die Richtung angab, aber ausnahmsweise schien niemand widersprechen zu wollen, als der Tänzer die Führung übernahm und sie gen Westen durch den Wald führte. Zwischen den Bäumen lag der Schnee nicht ganz so tief, sodass die kleine Gruppe schnell voran kam – der unbestimmten Witterung folgend, die Dannsair in der Nase hatte und mittlerweile wohl auch die anderen. Der Weg führte sie schließlich an einen Platz zwischen den Bäumen, der den Blick auf zwei Kadaver freigab. Zwei tote Karibus lagen im Schnee, der sie jedoch nicht bedeckte. Frisch war das Blut, das aus den Wunden am Hals gekommen sein musste, nicht mehr. Dennoch zog sich eine Spur aus roten Tropfen durch den Schnee, die von den Kadavern weg weiter in Richtung Westen fühlte. Und noch etwas schien merkwürdig. Denn die Witterung, die die Wölfe wahrnahmen stammte nicht ausschließlich von den toten Beutetieren. Vielmehr roch sie vertraut. Sehr vertraut. Und nach Wolf.


Jenn Deane | Flickr | CC BY-NC 2.0


Spielleitung für Liath, Namíd, Liluye und Véraire
Der kleine gelbe Vogel blieb weggetreten und so gab es keine Antworten auf die Fragen der drei eingepferchten Wölfe. Ob Namíd den falschen Tritt schließlich tat, weil er unwirsch und mürrisch geworden war ob der beengten Hütte, würde im Nachhinein niemand mehr wissen. Doch der schwarze Jungwolf trat unbedacht auf eine Stelle der Holzdielen, die aus irgendeinem Grund nicht so tragfähig war, wie die anderen Bretter. Zuerst gab es ein leises Knarzen, dann ein lautes, krachendes Geräusch – und im Boden brach ein klaffendes Loch, das dem jungen Wolf die Hinterpfoten wegriss und ihn in die Tiefe zu ziehen drohte.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Shila - 29.11.2015

Shiva tapste den beiden Rüden und dem Schneefuchs hinterher und ließ sie schneeweiße Waldlandschaft an sich vorbeiziehen, ohne ihr größere Beachtung zu schenken. Die Schnauze fand ab und an den Weg Richtung Boden, wenn sie meinte eine interessante Witterung wahrgenommen zu haben, aber meist handelte es sich um bereits verwehte Spuren oder nur intensive Gerüche von Pilzen an Baumstämmen oder Tannenzapfen, die ein Tier wohl beim Fressen irgendwo ausgebuddelt hatte. Im Grunde gingen der jungen Fähe die gleichen Gedanken wie Dannsair durch den Kopf und sie fragte sich, ob sie ihren Vater und ihre Geschwister je wiedersehen würde… Vielleicht sollten sie sich mit dem Gedanken beschäftigen was sie machen wollten, wenn sie auch in einer Woche noch keine Spuren von den anderen gefunden hatten… Sollte ihre Suche womöglich ein Leben lang dauern?

Beinahe wäre Shila über Mikasi gestolpert, als der Gruppenleiter plötzlich die Richtung änderte und die junge Fähe zu sehr ihren Gedanken nachhing um den Richtungswechsel rechtzeitig zu bemerken.

“Oh… verzeih bitte…“

Entschuldigte sie sich bei ihrem kleinen Begleiter, ehe sie den Kopf hob und auszumachen versuchte weswegen Dannsair diesen Weg nun weiterging. Es dauerte einen Moment, ehe auch sie die toten Kadaver witterte und sich darunter noch ein anderer, sehr vertrauter, Geruch mischte. Spielten ihre Sinne ihr einen Streich? Aufmerksam blickte sie sich um, doch konnte sie außer den Bluttropfen am Boden noch nichts weiter aufmachen…



RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Yashaí - 30.11.2015

Selbst wenn es im Grunde unentschieden stand, schien das weitere Vorgehen beschlossen. Devaki und sie ließen sich kaum aufhalten – teils aus gleichen und teils aus unterschiedlichen Gründen – weshalb den beiden Jüngeren nur übrig blieb, ihnen zu folgen, wenn sie beisammen bleiben wollten. Ihnen stand es frei, zu tun und zu lassen, was sie wollten, aber mehr und mehr fiel auf, dass die kleine Gruppe inzwischen wohl doch abhängiger voneinander war als ursprünglich gedacht. Die Bunte lauschte zwar dem Grund, den Devaki vorschob, doch ihr persönlich war es egal, weshalb sie jetzt offiziell weiterliefen. Und auch die Abmachung zuvor, dass Evanaya nun eigentlich die Führung innehatte, hatte sich bereits in ihren Gedanken verirrt. Eigentlich war es ihr auch recht egal, wer nun an der Spitze lief – solange sich der Weg mit dem überschnitt, den auch sie gewählt hätte oder durchaus akzeptabel für sie war. Sie hatte nicht vergessen, dass sie eine rein offene Gemeinschaft waren, in der niemand irgendjemandem zu folgen hatte – theoretisch hatte sie sich Devaki angeschlossen, um ihm auf seiner Suche Gesellschaft zu leisten (ein anderes Ziel hatte sie ja sonst sowieso nicht gehabt), aber inzwischen hatte sie das Gefühl, dass diese Suche etwas in den Hintergrund gerückt war. Wenn Devaki oder sie führten, wussten sie wenigstens, dass sie auf den Spuren waren, denen sie zu folgen versuchten – ob ihr Vorhaben nun von Erfolg gekrönt sein würde oder nicht. Jedenfalls konnte der Dunkle von sich behaupten, getan zu haben, was möglich war – und das war tröstend.

Zwischen all den Gedanken, die sie beschäftigten, war es fast wie eine Wohltat, sich den unerfahrenen, neugierigen Fragen ihres Hundewolfs zu stellen. Ein bisschen vergaß sie dabei, dass er gar nicht mehr so jung war, wie er gerade klang, doch es lenkte sie ab, Rede und Antwort zu stehen. Ganz davon abgesehen, dass es immer wieder erstaunlich war, auf was für Fragen ein junger Kopf so kommen konnte – über das Folgende hatte sie sich nämlich noch nie Gedanken gemacht. Doch statt eines ratlosen Blickes erntete Darion ein warmes Lächeln über ihre Schulter hinweg, während sie ein wenig langsamer, aber noch immer bestimmt Devaki an der Spitze folgte und die Nachhut etwas zur Eile antreiben wollte.

„Ich glaube, dass die Hunde an der Seite ihrer Menschen bleiben müssen oder eben wenigstens zu ihnen zurückkehren, wenn sie beide unsere Welt verlassen haben. Diese Verbindung ist meines Wissens nach viel tiefgehender, als dass es nur eine Zweckgemeinschaft wäre. Der Mensch ist für den Hund zum Artgenossen geworden, sonst könnte ich mir nicht erklären, warum sie die Gesellschaft zu ihm der zu einem anderen Hund vorziehen.“, überlegte sie laut. „Dass es andersherum nicht so ist, ist ihnen dabei nur nicht bewusst.“

Yashaí lief eine kurze Pause und überlegte weiter. In diesem Fall wusste sie es nicht wirklich besser, aber vielleicht war das nächste, was ihr in die Gedanken kam zufriedenstellender für den Jungspund.

„Bei den Langohren erzählt man sich, dass einen ein schwarzes Kaninchen besucht, wenn es an der Zeit ist, zu gehen. Es sammelt die Seelen und führt sie an den Ort, an dem sie sicher sind. Und trotzdem ist es gefürchteter als jeder Fuchs oder Wolf.“


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Véraire - 06.12.2015

Véraire nickte zustimmend zu Liaths mitfühlender Aussage. Ja, es war wirklich nicht sehr verwunderlich, dass der Vogel schlussendlich umgekippt war - bei dieser Belastung.

"Also wisst ihr auch nicht, was er gemeint haben könnte...",

meinte er dann. Dann erklärte er kurz:

"Liath, ein Hinterhalt ist so etwas wie eine Falle in die du gelockt wirst weil jemand dir etwas Böses tun will..."


Außerdem bedachte er Namíd mit einem wachsamen Blick. Ihm war die Unruhe des jungen Wolfes nicht entgangen, auch, wenn sich dieser Mühe gab, sie zu verbergen und sich unter Kontrolle zu halten. Doch allein die ruckartige Kopfbewegung bevor er sprach verriet ihn.
Im Gegensatz dazu wirkte Liath bemerkenswert entspannt, vielleicht beinahe gelangweilt. Ob das nur besseres Schauspielen oder wirklich die Gefühlslage des jungen Rüden war konnte Véraire nicht erkennen; dazu kannte er die beiden Jungwölfe noch viel zu wenig.

"Namíd, ich kann verstehen, dass du hier weg willst. Mir geht es nicht anders. Allerdings kann ich keinen Weg sehen, wie das im Moment möglich ist. Ich glaube nicht, dass es bei dem Loch einen Weg gibt ..."

Véraire hasste es, so pessimistisch zu klingen, doch er wollte nicht unnötig Energie verschwenden. Denn was war, wenn sie hier erst in ein paar Tagen wieder rauskamen?
'Was ist, wenn wir hier für immer gefangen sind?'

Véraires zunehmend düstere Gedankengänge wurden plötzlich durch ein unerwartet lautes Knarzen unterbrochen. Er sah auf, und während er noch zu ergründen versuchte, woher das Geräusch gekommen war, krachte es einmal laut und Namíd brach ein. Véraire erinnerte es für den Bruchteil einer Sekunde daran, wie ein Tier auf der Schneedecke einbrach (ein weiterer Grund, weshalb er keinen Schnee mochte), doch dann hatte er keine Zeit mehr, um Vergleiche anzustellen, und eilte er zu Namíd, um ihm am Nackenfell zu packen. Ausgehend von dem ersten Loch war das Holz nämlich weiter abgesplittert, sodass dieser jetzt mit den Hinterbeinen im Leeren stand und sich festkrallen musste, um nicht sofort abzurutschen.

So ehrenhaft sein erster Gedanke auch gewesen war, schon bald musste Véraire einsehen, dass er nahe an der Grenze zur Dummheit wandelte - sprichwörtlich. Ging er denn zu nahe zu Namíd ihn, um ihn vielleicht besser packen zu können, so würde der Boden vielleicht weiter einbrechen und er wäre der nächste, der an der Kante baumelte.
Nachdem ihm dieser Gedanke gekommen war ging er wesentlich vorsichtiger vor. Er brachte es nicht über sich, den jüngeren Wolf loszulassen, aber er verteilte sein Gewicht so gut es ging so, dass es möglichst weit vom Loch entfernt war.

'Komm schon, zieh dich hoch!'

Am liebsten hätte er das laut gesagt, doch er bezweifelte, dass ihn irgendwen durch die Handvoll Fell in seinem Maul verstehen würde.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 07.12.2015

Etwas auf dieser Reise musste er Darion und Evanaya durchaus zugestehen: Sie waren angenehm unnörgelig. Obwohl das erste Treffen mit der Weißen anderes hatte vermuten lassen, gab sie nicht einmal Widerworte, als er zum Aufbruch drängte und sie und den Rüden vom bezaubernden Sternenanblick losriss. Nun, der Anblick war nicht ganz verloren, denn immerhin folgten sie dem leuchtenden Weg ja. Aber der magische Zauber des Augenblicks war erloschen und nun setzten sie ihren Weg wieder fort, wenn er auch nicht mehr so düster zu war. Und auch Darion, selbst wenn er viele Fragen stellte, machte keine Anstalten sich zu widersetzen. Etwas, das Devaki das Weitergehen erleichterte und die Nerven schonte. Wie wenig Lust hätte er nun auf eine Diskussion gehabt. Immerhin sorgten Darions Fragen und Yashaís Antworten dafür, dass es keineswegs langweilig wurde und die Gedanken, die wie eben für einen kurzen Moment zu seinem Rudel geschweift waren, sich auf etwas anderes konzentrieren konnten als das Leid der vergangenen Tage und Wochen. Hätten sie geschwiegen, Deva hätte nur Zeit gehabt weiter die Schönheit der Decke zu betrachten und sich zu fragen, warum er nicht mit allen Wölfen seines Rudels hier sein konnte, um ihnen zu zeigen, was er sah. Immer und immer wieder war er in den letzten Nächten die Ereignisse durchgegangen, um herauszufinden, an welcher Stelle er als Leitwolf anders hätte handeln sollen. Hätten sie das Eis früher betreten müssen? Hätten sie einzeln gehen sollen? Hätten sie das Karibu ziehen lassen müssen, obwohl sie Hunger gelitten hatten? Hätten sie womöglich ihr Zuhause gar nicht erst verlassen sollen? Der Schwarze wusste, dass es müßig war darüber nachzudenken – und lauschte so auch ein wenig dankbar dem Gespräch zwischen den beiden Braunen.

„Meinst du, dass es verschiedene Orte gibt, in die wir nach dem Tod gelangen? Nicht eher, dass es einen Ort für alle Lebewesen gibt? Ich meine... niemand von uns muss dort, wo wir hingehen, noch ums Überleben kämpfen. Denn das ist doch der Grund, warum wir jagen, warum wir mit Luchsen und Bären konkurrieren. Wenn wir nicht mehr gegeneinander sein müssen, dann wäre es doch nur logisch, dass alle gemeinsam leben können. Friedlich, in Eintracht. Ohne Streit oder Kampf. Vielleicht ist die Welt, die nach dem Leben auf uns wartet, sogar eine, in der Menschen und Tiere ohne Zorn und böses Blut aufeinander treffen könnten.“

Die Vorstellung, dass ein schwarzes Kaninchen die Langohren in die Welt nach dem Leben begleitete, war neu für ihn. Vielleicht sollten sie diese Geschichte an alle jungen Wölfe weitergeben und den schwarzen unter ihnen lange Ohren basteln. Das würde die ersten Jagderfolge sicher um einiges vereinfachen. Dennoch teilte er die Auffassung, dass Hunde und Menschen ihre eigene Nachwelt hatten, nicht unbedingt. Devaki mochte die Vorstellung, dass der Tod eine Erlösung war, dass er ein Ende des Kämpfes und des Leides bedeutete und stattdessen eine Wiedervereinigung mit Freunden und Familie, aber auch eine Versöhnung mit Rivalen darstellte. Es machte die Gedanken an das Ableben erträglicher – und auch die Gedanken an tote Weggefährten.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Laines - 13.12.2015

Laines hatte nichts dagegen einzuwenden, dass Dannsair die Führung übernahm. Hauptsache, er musste sie nicht dem blöden Fuchs überlassen. Ein Positives hatte es allerdings, je länger dieser weiße Schneeball da war, desto mehr wusste der Schwarze zu schätzen, dass Dannsair bei ihm und Shila war. Der war zwar ein Kindskopf und auch eher jemand, bei dem man lieber drei Mal scharf nachdachte, bevor man ihn Verantwortung tragen ließ, aber er war gewiss nicht dumm. Nur ein wenig irrational. Zu sehr von Emotionen gesteuert, wie sie bei der Sache mit der schrägen Wölfin gesehen hatten. Aber dafür war er ja da. Die Stimme der Vernunft hier. Solange der Fuchs sie ihm nicht raubte und er sich doch noch dazu hinreißen ließ ihn zu fressen. Aber der Fuchs hatte seine bis dato beste Entscheidung getroffen und schwieg einfach. So konnte Chess Laines fast vergessen, dass er da war und konzentrierte sich darauf die verschiedenen Gerüche zu differenzieren, denen sie über den Weg liefen.
Beute, es war eindeutig Beute. Das interessante daran war, dass es nicht nach lebender Beute roch. Das stimmte ihn fast schon ein bisschen misstrauisch. Der Schwarze hob den Kopf, peilte mit den Ohren in alle Richtungen und witterte mit erhobener Schnauze in der Luft, während er weiter trabte. Etwas verdächtiges konnte er nicht wahrnehmen. Oder?
Und dann konnten sie zwei am Boden liegende Körper zwischen den Bäumen ausmachen. Im Schnee wunderbar einfach zu entdecken und das Blut leuchtete ihnen wie ein Signal entgegen. Laines wurde langsamer.

Vorsicht … Shila, bleib hinter mir.“,

er konnte nicht genau benennen, was ihn zu dieser Vorsicht trieb, aber er wollte nicht die Nachsicht haben. Es war einfach zu ungewöhnlich plötzlich zwei tote Karibu zu entdecken, wo der Wald doch fast ausgestorben wirkte. Etwas geduckt schlich Laines näher und witterte am Boden. Dann wagte er sich noch ein bisschen näher. Langsam ließ er die angespannte Haltung fallen und richtete sich auf, die Nase immer noch gesenkt und konzentriert schnüffelnd. Es war der Geruch, der ihn seine Deckung vernachlässigen ließ. Ein Geruch, der ihn jede Art von Hunger vergessen ließ.

Dannsair! Spinne ich, oder wittere ich Liath?“

An den toten Karibu hatten sich definitiv Wölfe satt gefressen. Und zu diesen Wölfen zählte Liath, wenn ihn nicht plötzlich alle Sinne täuschten. Da war auch noch sein Bruder und … Dannsairs Bruder, oder so, aber das war ihm nicht so wichtig.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Liath - 15.12.2015

Das war ja mal wieder typisch, Namíd wurde ungeduldig statt produktiv. Liath zog seinen Bruder kurz tadelnd am Ohr und verdrehte dabei die Augen – sie wollten hier ja wohl alle raus, aber sich das gegenseitig zu erzählen, brachte sie nicht so besonders weit. Und konstruktive Vorschläge machte auch niemand, Véraire redete ihm seine nur wieder aus. Liaths Augen wurden skeptisch etwas schmaler, aber er widersprach erstmal nicht. Stattdessen grübelte er noch über Liluyes Worte nach. Eine Falle also, der Sturm und eine Falle. Mitfühlend betrachtete er den auf dem Boden liegenden Vogel und wandte den Blick erst wieder ab, als er zwei seiner Atemzüge gesehen hatte. Nicht dass ihnen der kleine Waldkönig hier noch starb. Welche Falle er meinen könnte, wusste der Jungwolf nicht, aber sicherlich hatte ein vorlauter Vogel viele Feinde. Normalerweise wäre er ja auch einer davon. Vorsichtig trat er wieder an ihn heran, senkte den Kopf und putzte das zerzauste Gefieder zaghaft (auch wenn es dadurch nicht glatter, sondern umso strubbeliger wurde) und pustete immer mal wieder schnaufend auf den kleinen Körper, in der Hoffnung, dass ihn das so nerven würde, dass er aufwachte.

Allerdings trat nicht das ein, was er vermutet hatte, sondern etwas ganz anderes forderte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Erst war es nur ein leises Knarzen, dann wurde es zu einem heftigen Krachen und in Nullkommanichts wollte der Boden der gruseligen Höhle seinen Bruder fressen. Liath schnappte erschrocken nach Luft, war aber nichts so reaktionsschnell wie Véraire. Der hatte Namíd bereits am Nackenfell gepackt, als wäre er ein leichtgewichtiger Welpe, und hatte sichtlich Mühe damit, ihn festzuhalten. Das Déjà-vu traf den Jungwolf so heftig wie ein eiskalter Wasserschwall. Der Boden der Höhle sah zwar gänzlich anders aus, war nicht kalt und auch nicht rutschig, aber er musste sich verhalten wie das Eis auf dem Fluss. Brüchig, tückisch und … tödlich.

„Namíd!“, japste er und machte einen Schritt auf das Loch zu, erinnerte sich aber noch rechtzeitig an das Verhalten des Eises, als die Karibus drauf gelaufen waren. Er wollte es nicht noch schlimmer machen. Vor Anspannung zitterten seine Läufe, als müsste er dagegen ankämpfen, dass sie sich auf Namíd zubewegten.