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18 | Ruhe nach dem Sturm - Druckversion

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18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 13.06.2015


Mike Gifford | Flickr | CC BY-NC 2.0


Dannsair, Laines, Mikasi und Shila
Trotz der barschen Zurückweisung und seiner altklugen Ratschläge hatte Mikasi sie begleitet – oder verfolgt, wenn man es so nennen wollte. Warum genau wusste niemand so genau. Hatte ihn die Starrköpfigkeit der Wölfe beeindruckt? Ihr Wille nicht aufzugeben, obwohl die Aussicht auf Erfolg gering war? Oder war er einfach neugierig, ob sie Erfolg bei ihrer Suche haben würden? Als ein weiterer Tag vergangen war,  folgte er ihnen noch immer – in sicherem Abstand, wohl weil er fürchtete, dass Laines, der seine Worte so unerfreut als „Fuchsgeschwätz“ abgetan hatte, ihn barsch davonjagen würde, wenn er zu nah heranrückte. So hielt der Weiße sich mit Kommentaren zurück, bis sie am Abend das Ende des Zaunes erreichten  - das keines war.

Wo der Wald sich lichtete, ragte eine neue Felsformation vor ihnen auf. Nicht so massiv wie die, die das Tal umschloss, in dem sie ihre Freunde verloren hatten. Dennoch waren die Felsen zu steil, als dass ein Weg auf die andere Seite führen konnte. Erschöpft vom Marsch und unzufrieden mit der erneuten Enttäuschung rasteten die Wölfe – und in der Nacht wagte es ihr heimlicher Begleiter sogar sich ein wenig näher zu ihnen zu legen. Wo ein Kumpane kam, ging ein anderer. Als sie am darauffolgenden Morgen erwachten, hatte Rylai kaum geschlafen und einen Entschluss gefasst, der schon seit dem Verlust der anderen in ihr gereift war. Sie verabschiedete sich – und wollte statt wie die anderen auf der anderen Seite des Zaunes ihren Bruder und Dubh lieber auf einem anderen Wege suchen. Nicht alle waren mit einem Alleingang einverstanden – und vor allem Shila fiel es schwer die gleichaltrige Fähe gehen zu lassen, war sie doch die einzige Wölfin, die ihr zumindest das Gefühl gab nicht von allen ihren Geschwistern getrennt zu sein. Doch Rylai hatte lange genug eigene Entscheidungen getroffen, um auch diese durchzusetzen. So blieb es an den anderen sich erneut mit dem Überwinden des Zaunes zu beschäftigen.

Einen ganzen weiteren Tag verbrachten sie mit der Suche nach einem Weg, mit Diskussionen und die Stimmung unter den verbliebenen wurde zunehmend angespannter. Als eine weitere Nacht verstrichen war aber, trauten die Rüden ihren Augen kaum. Munter und unversehrt stand Shila auf der anderen Seite des Britzels, ließ die Rute freudig pendeln und hatte stolz die Ohren nach vorn gedreht. Gerne wollte sie die anderen noch ein wenig auf die Folter spannen und sich für ihre Abenteuerlust endlich einmal loben lassen. Allzu lange aber wagte sie es doch nicht Laines und Dannsair auf die Folter zu spannend. Also lüftete sie ihr Geheimnis und zeigte den Rüden den unter dem dichten Schnee versteckten Eingang zu einem verlassenen Fuchsbau, der am Rand des Felsens unter dem Britzel hindurchführte.

Für Mikasi, der sich ohne weitere Diskussionen zu ihnen gesellte, war das Hindurchschlüpfen kein Problem. Er war noch schlanker als Shila – und so mit klein genug, um auf die andere Seite zu gelangen. Schlank waren – für ihre Verhältnisse – auch Laines und Dannsair. Doch vor allem der großgewachsene Rüde mit den weißen Abzeichen auf dem Fell, der die Nachhut bildete, hatte einige Schwierigkeiten durch den unterirdischen Gang zu gelangen. Ein ums andere Mal drohte er stecken zu bleiben. In der Mitte des Baus, wo es besonders schmal war, reichte ihm gar nur ein kräftiger Ruck, um sich zwischen den Wänden zu befreien. Das Ergebnis war ernüchternd. Hinter ihm gab die Decke des Baus nach – und versperrte den Rückweg. Immerhin war es gelungen, auf die andere Seite zu gelangen – wo das Quartett seinen Weg und seine Suche fortsetzte.


Jenn Deane | Flickr | CC BY-NC 2.0


Liath, Namíd und Véraire
Liluye blieb verschwunden. Der kleine Vogel hatte nach seinem theatralischen Verschwinden keinen Mucks mehr von sich gegeben. Keine der gelben Federn hatten die Wölfe in den nachfolgenden Tagen erblickt, ebensowenig wie einen weiteren Wolf oder gar eine Spur ihrer Freunde. Unter Dubhs Führung waren sie weiter nach Norden gezogen. Nur kurz lichtete sich der Wald nach einigen Stunden Marsch und gab den Blick auf eine große freiliegende Fläche nach Osten frei. Doch der dunkle Rüde wusste, wie leicht sie im hellen Schnee auszumachen waren und mied die Gefahr des offenen Feldes. So wandte sich die kleine Gruppe mit Véraire lieber nach Nordosten, wo sie der Wald vor fremden Blicken und unangenehmen Überraschungen schützte. Zwischen Baumstämmen und Buschzweigen war es allerdings auch kaum möglich einen möglichen Hinweis auf den Verbleib ihrer Freunde zu finden. Ernüchtert musste sogar Dubh eingestehen, dass ein Flieger wie Liluye, der das gesamte Gebiet überblicken konnte, durchaus Vorteile hatte.

So blieb ihnen nichts anderes übrig als während der gelegentlichen Pausen abwechselnd als Kundschafter loszuziehen und nach Hinweisen Ausschau zu halten. Am dritten Tag erblickten sie jedoch nicht einmal potentielle Beute – denn der Vorrat in den knurrenden Mägen, den sie sich an Liluyes Kadavern angefressen hatten, war aufgezehrt. Die Tiere aber hatten sich verkrochen, keine der Wildspuren führte sie zu möglicher Nahrung und  nach und nach begann der Instinkt der vier Rüden auch in ihnen die Nervosität wachsen zu lassen. Dubh wurde noch schweigsamer, als er es ohnehin war und legte einen noch schnelleren Trab vor, als er es in den vergangen Tagen getan hatte. Als der Himmel sich weiter verdüsterte und schließlich aufbrach, um einen Sturm an Hagel und Schnee auf sie herabpeitschen zu lassen, hatten sie jedoch noch immer keinen Unterschlupf gefunden. Die blattlosen Äste der kargen Bäume vermochten die Naturgewalt nicht aufzuhalten. Mit gesenkten Köpfen und zusammengekniffenen Augen kämpften sich die vier Rüden durch das Unwetter.

Den Plan sich einschneien zu lassen, verwarf Dubh – zu gefährlich schätzte der Rüde ein solches Lager im Wald ein und so trieb er die anderen voran weiterzulaufen, bis sie schließlich eine kleine Lichtung erreichten. Eine scheinbar verlassene, alte Holzhütte, die darauf stand, schien die Rettung zu sein. Die Fenster waren geschlossen, die Läden hingen schräg und verwittert in den Angeln, schienen aber selbst dem tosenden Wind und dem prasselnden Hagel stand halten zu können. Natürlich war dem Schwarzen bewusst, wer die Hütte gebaut haben musste. Doch ließ keine Witterung auf Anweisenheit der Menschen schließen, sodass er es riskierte und die anderen über eine ausgeblichene Veranda durch eine einen Spalt breit nach außen geöffnete Holztür ins Innere des Bauwerks lotste.

Die Holzbohlen knarrten bedrohlich unter ihren Schritten, doch das Geräusch erschien ihnen unendlich leise im Vergleich zum Windgetose draußen. Auch im Inneren der Hütte fand sich nichts Verdächtiges, sodass sich die jungen Rüden und ihr neuer Begleiter erschöpft vom Marsch durch den Schneesturm und von dichten weißen Flocken und Hagelkörnern bedeckt augenblicklich auf den Boden sinken ließen. Dicht aneinandergedrängt rollten sich die Brüder zusammen, während sich Véraire etwas entfernt niederließ. Dubh hingegen, wenngleich ebenso erschöpft wie die anderen, verabschiedete sich für einen weiteren Kundschaftergang. Dass er auch in der Nacht nicht zurückkehrte, bemerkten Liath, Namíd und Véraire allerdings erst am nächsten Morgen. Als sie erwachten, war die Tür der Hütte geschlossen – vom Sturm in seine ursprüngliche Position gedrückt? - und von Dubh fehlte jede Spur.



Ben Ashmole | Flickr | CC BY-NC 2.0


Darion, Devaki, Evanaya und Yashaí
Ihr Atem kam stoßweise, abwechselnd zu den Pfoten der vier Wölfe, die im trommelnden Schritt auf den harten Schneeboden aufsetzten und die weiße Decke knarren ließen. Sie waren gelaufen, gelaufen so schnell sie ihre Läufe trugen und blickten sich nur selten und vorsichtig um, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurden. Doch die Menschen schienen kein Interesse daran haben, Darion wieder einzufangen. Es blieb alles ruhig und auch, als sie gegen Abend Rast machten, war kein Zeichen von denen zu sehen, denen sie nicht begegnen wollten – zumindest drei von ihnen nicht. Darion fiel nicht nur obgleich seiner vorangegangenen Gefangenschaft ein wenig aus der Gruppe heraus. Auch das seltsame Band, dass er um den Hals trug und das in regelmäßigen Abständen an einer kleinen Stelle kurz rot aufleuchtete, unterschied ihn von den anderen – selbst, wenn es unter seinem Fell nahezu verschwand.

Da der Weg nach Osten versperrt war und Devaki noch immer den Pfad am Fluss entlang im Süden meiden wollte, wandte sich die zusammengewürfelte Gruppe zunächst nach Norden, bevor sie westlich dem Wald folgte. Je weiter sie in diese Richtung vordrangen, desto felsiger wurde es. Keine massiven Berge, wie Devaki und sein Rudel sie noch wenige Tage zuvor durchquert hatten. Kleine Hügel, aus denen flache Felsformationen unter dem Schnee hervorlugten. Hätten sie Sommer, sicher hätte dichtes Moos den Stein überzogen. Auch einige kleinere Höhlen hatten sich gebildet – eine davon erkor die kleine Gruppe am Morgen des dritten Tages nach der Befreiung als Rastplatz aus.

Das Reisen mit Darion war eine Herausforderung. Der Wolf war nicht an die Verhältnisse in freier Wildbahn gewohnt – ebenso erschöpfte sich sein Körper schneller als der der von Yashaí, Evanaya oder Devaki. Die Höhle – nicht groß, jedoch so geschaffen, dass sie zu viert bequem darin Platz fanden, erwies sich nicht nur als idealer Ausgangspunkt, um auf die Jagd zu gehen – einige Hasen waren unvorsichtig genug ihre Bauten zu verlassen. Auch als am Abend der Sturm heraufzog, konnten die vier sich in den hinteren Teil des Felsloches zurückziehen.

Während der Schnee sich vor dem Eingang türmte und sie den Hagel beobachteten, wie er peitschend auf dem Waldboden trommelte, blieb sogar Zeit, ihren Unterschlupf noch ein wenig genauer zu erkunden. Natürlich war es Yashaí, die am Morgen nach dem Sturm den Spalt am Ende der Höhle als erstes entdeckte. Fels hatte sich vor Fels geschoben, sodass der schmale Durchgang dazwischen auf den ersten Blick nicht zu erkennen gewesen war. Dahinter schien sich ein zerfurchter, felsiger dunkler Gang seinen Weg zu bahnen.

Ort: Liath, Namíd und Véraire haben in einer alten, verlassenen Hütte Schutz vor dem Sturm gesucht. In der Nacht sind sie eingeschneit, die Tür ist versperrt. Auch Darion, Devaki, Evanaya und Yashaí haben sich einen Unterschlupf gesucht. In einer scheinbar verlassenen Höhle im Fels haben sie den Sturm überstanden. Lediglich Dannsair, Laines, Mikasi und Shila haben im Freien ausgeharrt – dicht aneinandergedrängt sind sie am Rande der Wiese hinter dem Britzel eingeschneit. Im Schutz der Bäume hat sie der Sturm nicht ganz so heftig getroffen, wie die anderen Wölfe.
Charaktere: Kody und Rylai haben sich – unabhängig von einander – von ihren Gruppen getrennt und auf die Suche nacheinander begeben.  Ob sie wiederkommen werden, wissen die Wölfe nicht. Auch Dubh bleibt verschwunden. Von einem Erkundungsgang im Schnee kehrt er nicht zurück.
Jahreszeit: Mitte November – seit dem letzten Plot ist vier Tage vergangen.
Tageszeit: Früher Morgen
Wetter: Ein Wetterumschwung hat die Wölfe getroffen. In den vergangenen Tagen ist es immer kälter und ungemütlicher geworden. Wo anfangs die Sonne noch Hoffnung auf ein Schmelzen des Schnees machte, zogen schnell immer dichtere Wolken heran. Düster und grau, wie ein Schleier begannen sie den Himmel zu bedecken. In der vergangenen Nacht schließlich brachen Schneegestöber, Hagel und Eiseskälte über das Land herein. Am Morgen danach hat sich die Lage etwas beruhigt. Zwar ist der Himmel noch immer verschleiert, doch es hat vorerst aufgehört zu schneien.
Temperatur: -12°C
Wind: Windstill



RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 14.06.2015

Die vorangegangenen Nächte waren eine Qual gewesen. Statt Schlaf zu finden, hatten ihn quälende Gedanken wach gehalten, Erinnerungen sich in den kurzen Minuten, in denen sein erschöpfter Körper sich die ersehnte Erholung doch holen wollte, in bizarre Träume mit geisterhaftem Ausgang verwandelt, die ihn sofort wieder aufschrecken ließen. Dass sie die Höhle entdeckt hatten, schien ihm wie Glück und Elend zugleich. Einerseits hatten sie einen sicheren Unterschlupf, in dem sie sich scheinbar unbehelligt ausruhen konnten. Ihm blieb also mehr als eine Nacht, um seine Gedanken zu beruhigen und endlich Schlaf zu finden. Allerdings – und davor fürchtete er sich Stunde um Stunde mehr – konnte es auch bedeuten, dass die Träume sich mehrten und er überhaupt keinen Schlaf mehr finden konnte. Deva hatte den Versuch dennoch gewagt, sich in eine geschützte Ecke zurückgezogen, von der er dennoch einen guten Blick auf den kleinen Ausgang der Höhle hatte. Dort hatte er sich zusammengerollt, die Nase unter seiner Rute vergraben und hatte erneut versucht zu ruhen. Dieses Mal aber waren es der jaulende Wind, ebenso wie das Trommeln des Hagels gewesen, die seinen Plan durchkreuzten. Noch immer zusammengerollt, aber mit offenen Augen hatte er den Sturm verfolgt – und ließ den Zufallsfund nun doch eher als Glücksfall durchgehen. Er hatte Darion keineswegs in solch einem Unwetter draußen erleben wollen.

Irgendwann musste er schließlich eingeschlafen sein, ob von Müdigkeit übermannt oder wegen der beruhigend stetigen Geräuschkulisse, die das Unwetter mit sich brachte, wusste er nicht mehr zu sagen, als er von der Helligkeit getroffen, schließlich erwachte. Für einenMoment ließ er die Augen geschlossen und konzentrierte sich lediglich darauf, was seine Ohren von der Umgebung mitbekamen. Irgendjemand musste bereits wach sein, denn aus der Höhle drangen Geräusche. Von draußen war nichts mehr zu hören. Der Sturm hatte sich wohl gelegt. Blinzelnd öffnete der Rüde schließlich doch die Augen und hob den Kopf ein wenig, um sich nach den anderen umzusehen. Sein Blick fiel auf Darion, und nachdenklich kniff der Schwarze die Augen ein wenig zusammen. Ließ sich in Darions Gesicht ein Gefühl lesen? Wie hatte er die Nacht überstanden? An Yashaí gedrängt voller Angst? Oder hatte ihm die Höhle ein Gefühl von sicherem Zuhause geben können? Devaki wusste nicht so recht, was er von ihrem geretten Wolf halten sollte. Er war nicht unnett, aber die Freiheit, die sie ihm gegeben hatten – wie viel wusste er damit anzufangen? Wie viel würden sie ihm beibringen müssen? Und was sollte dieses Ding an seinem Hals? Sie hatten versucht es abzunehmen – ohne Erfolg. Auch ihre Zähne, mit denen sich sonst Knochen durchtrennen ließen, hatten es nicht entfernen können. Devaki sagte es nicht laut und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, dennoch sorgte ihn dieses Ding – und jagte ihm Angst ein. Was, wenn die Menschen sie damit finden konnten? Wenn sie schließlich alle in einem Käfig landeten und überhaupt keine Möglichkeit mehr hatten nach seinem Rudel zu suchen? Er hatte sich vorgenommen noch wachsamer zu sein.

Dazu bestand an diesem Morgen aber wohl kaum Grund. Ein Blick nach draußen, wo sich der Schnee einen halben Meter hoch am Ausgang der Höhle aufgeschichtet hatte, sagte ihm, dass sie hier wohl keinen menschlichen Besuch fürchten mussten. Seiner Erfahrung nach hatten sie so ihre Probleme mit der winterlichen Witterung. Sie würden sie wohl rechtzeitig hören und dann blieb ihnen noch immer der Rückzug. Der Schlaf jedenfalls hatte dem Schwarzen gut getan. Er streckte die Vorderläufe aus und drückte den Rücken durch, unterdrückte nur mühsam ein Gähnen und als er sich wieder in den normalen Stand zurückgebracht hatte, blinzelte er die anderen an.

„Guten Morgen... habt ihr die Nacht gut überstanden? Es scheint das Unwetter ist vorbei. Wir könnten also weiterziehen, wenn ihr soweit seid.“


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Yashaí - 14.06.2015

Mittlerweile war ihr mehr als bewusst geworden, dass es vielleicht gar kein so schlechter Zufall gewesen war, dass sie vor drei Tagen auf die beiden Rüden getroffen war. Die Bunte hatte nicht nach Gesellschaft gesucht – aber umso glücklicher war sie nun doch, dass sie sie hatte. Der Winter war keine Jahreszeit für Alleingänge. Zwar bedeuteten mehr Mäuler auch, dass mehr Futter nötig war, doch die Chance auf Jagderfolg stieg unheimlich, was es insgesamt doch leichter machte – besonders, wenn die Gruppe dann doch nur aus wenigen Wölfen bestand. Und dafür, dass sie kein Rudel sondern lediglich ein zusammengeschlossener Verband waren, hatten die ersten Jagdzüge dann doch recht erfolgreich funktoniert, wenn man bedachte, dass sie kein bisschen aufeinander abgestimmt waren. Sie wussten nicht, wie der andere zu handeln pflegte und auch hatte keiner wirklich die Führung – jedenfalls nicht offiziell, doch hier und da zeigte sich schon, wer eher dazu neigte, zu führen und wer sich lieber auf das verließ, was ein anderer sagte. Dass sie alleine über die Runden kamen, hatten sie alle bereits bewiesen – außer vielleicht Darion, doch der hatte auch noch einen triftigen Grund, auch in diesem Fall ein wenig aus dem Raster zu fallen.

Der Sturm vor der Höhle hatte sie nicht allzu lange wachgehalten. Zwar zuckten ihre Ohren immer wieder aufmerksam, wenn sich draußen etwas an der Geräuschkulisse änderte, doch alles in allem blieb es bei einem eintönigen Pfeifen des Windes, der von trommelndem Hagel und rauschendem Schnee begleitet wurde. Wer sich bei diesem Wetter draußen herum geschlagen hätte, wäre selbst Schuld gewesen, weshalb sie auch erstaunlich erholsam schlief. Hier und da war sie mal wach gewesen und hatte einen kurzen Blick über die anderen ruhenden, teils beruhigt, teils beunruhigt wirkenden Körper geworfen, ehe sie vielleicht ihre Lage geändert und wieder zu dösen begonnen hatte. Erst am Morgen, als sich ein schmaler, dumpfer Lichtstrahl seinen Weg in die Höhle gebahnt hatte – vorbei an einem kleinen Wolf hohem Schnee – war sie dann wirklich wach, hatte sich aber ruhig damit begnügt, nach draußen zu spähen und mit den Augen zu erkunden, was ihnen der Sturm hinterlassen hatte. Irgendwann dann wollten ihre Läufe dann doch etwas Bewegung. Sie erhob sich, streckte die Glieder durch und musterte die schlafenden Leiber, denen sie die Ruhe mehr als gönnte. Einen kurzen Moment überlegte sie, vielleicht nach ein bisschen Beute Ausschau zu halten, die weniger Glück gehabt hatte und vom Sturm überrascht worden war, doch viel mehr Aufmerksamkeit erregte dann doch ihr Unterschlupf, der zwar auf den ersten Blick nicht wirklich interessant gewesen war, jetzt aber dann doch hier und da mit ein wenig Charme bestechen konnte, während die anderen noch schliefen. So leise wie möglich bewegte sie sich durch den Felsraum hindurch, witterte hier und da und prüfte, welche Lebewesen sich dieses Loch wohl früher mal als Unterschlupf ausgesucht hatten. Ein bisschen erinnerte der Geruch an die Käfige, aus denen sie Darion befreit hatten – nur ohne den beißenden Geruch von Mensch und viel, viel verblasster. Doch die Witterungen hielten sich an einem windgeschützten Ort wie hier. Erst, als ein Luftzug ihren Fang streifte, blieb die Bunte stehen und blinzelte irritiert. Der Eingang befand sich auf der gegenüberliegenden Seite der Höhle und hier schien es nicht mehr zu geben als massiven Fels. Doch noch bevor sie dem kuriosen Wind nachgehen konnte, hörte sie, wie sich hinter ihr auch die anderen zu regen begannen und wandte sich um. Devaki sah ungewohnt erholt aus im Vergleich zu den letzten Tagen wie sie fand, selbst wenn sich darüber streiten ließ, ob man es tatsächlich erholt nennen konnte.

„Morgen.“

Ihr Blick wanderte kurz von Devaki zu Evanaya und blieb letztendlich ein wenig besorgt an Darion hängen. Sie wusste nicht so recht, wie gut er mit so hohem Schnee klar kam. Es zerrte an den Kräften, das stand außer Frage, aber letztendlich blieb ihnen ohnehin nichts anderes übrig, wenn sie voran kommen wollten.

„Meinetwegen können wir weiter. Wenn wir Glück haben, hat der Wind Pfade geschlagen, die wir leichter nutzen können.“

Schneeverwehungen würden ihnen zumindest den Weg erleichtern. Aber zuerst wollte sie dann doch erfahren, woher dieser Wind gekommen war, den sie gespürt hatte. Vielleicht war es nur ein winziges Loch in einer der Felswände, doch bis das nicht sichergestellt war, konnte der Abenteurer in ihr dann doch nicht beruhigt weiterziehen. Mit pendelnder Rute wandte sie sich wieder um und schnupperte erneut zielstrebig in der Richtung, in der sie ihren Fund gemacht hatte – da, wieder! Irgendwo hier musste doch das sein, was sie suchte. Sie konzentrierte sich und es dauerte nicht lange, bis sie den Wind ausgearbeitet hatte und ihre Nase an einer Felswand vorbei schob, die auf den ersten Blick zwar vollkommen massiv wirkte, auf den zweiten Blick aber einen Durchgang beherbergte, der bisher keinem von ihnen aufgefallen war. Ihre Augen wurden größer, als sie in die Dunkelheit blinzelte und spürte, wie die Neugier trotz der gesunden Scheu vor vollkommener Dunkelheit in ihr aufstieg.

„Seht euch das mal an!“, rief sie die Übrigen herbei und trat zur Seite, um den anderen einen Blick zu ermöglichen. „Wohin dieser Gang wohl führen mag?“


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Darion - 15.06.2015

Darion hatte sich an der Hasenjagd beteiligt, war aber zunächst nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Er konnte zwar jagen, sonst hätte er die Zeit zwischen seiner ersten Flucht von den Menschen und seiner Gefangenschaft nicht überstanden. Sehr erfahren war er allerdings nicht. Er hatte immer schon den Drang verspürt, zu jagen, aber die Menschen hatten ihn damals nicht gelassen. Er hatte nie verstanden, warum. Eigentlich wäre es doch eine Erleichterung für sie gewesen, wenn er sich einen Teil seines Futters selbst besorgt hätte. Vielleicht wollten sie ja den ganzen Spaß für sich alleine? Jedenfalls schien es vielen Hunden so zu gehen. Zum ersten mal in Freiheit hatte er schnell feststellen müssen, dass es einen deutlichen Unterschied gab, ob man jagen konnte, weil es Spaß machte, oder ob man es musste, weil es sonst nichts zu fressen gab. Aber er hatte dieses Problem gemeistert. Um so mehr wurmte es ihn, dass es nun nicht klappen wollte. Vielleicht war er nach dem Zeit im Käfig wieder außer Übung? Oder lag es daran, dass er sich durch die anderen beobachtete fühlte? Er erinnerte sich noch gut daran, dass ihm früher immer ausgerechnet dann ein Missgeschick passiert war, wenn sein Bruder Djago ihn beobachtete, ein fieslichen Grinsen aufsetzte und nur auf einen Gelegenheit wartete, wieder zu verkünden, dass einem richtigen  Hund so etwas nie passiert wäre. Dabei war Djago natürlich längst bewusst gewesen, dass es nur seine gehässigen Kommentare waren, die Darion so nervös machten, dass ihm nichts gelang. Aber um so mehr Freude hatte er daran, seinen Adoptivbrunder zu ärgern, denn Djago war mindestens genauso boshaft, wie er fleckig war. Nun ja, schließlich war es Darion doch gelungen, einen Hasen zu erbeuten. Und als er ihn genüsslich verspeiste, bedauerte er, das Djago nicht dabei war und sehen konnte, wozu ein richtiger Wolf in der Lage war. Dennoch erstaunte ihn, wie leicht den anderen drei Wölfen das Jagen zu fallen schien. Es war, als hätten sie von klein auf nichts anderes gemacht. Vielleicht stimmte das sogar? Irgendwie mussten sie ja an ihr Futter kommen. Er fürchtete, dass es ihm nie so gut gelingen würde, wie ihnen.

Die Nacht hatte er, gemütlich in einer Ecke der Höhle zusammengerollt, erstaunlich gut geschlafen. Es war ein schönes und irgendwie beruhigendes Gefühl, endlich unter Artgenossen zu sein. Er konnte allerdings noch nicht ganz fassen, dass die drei anscheinend nicht vorhatten ihn aus ihrem Revier zu vertreiben. Wobei er sich nicht ganz sicher war, ob es überhaupt ihr Revier war. Aber wessen Revier sollte es sonst sein? Waren die drei Wölfe überhaupt ein Rudel? Er hatte sich ein Wolfsrudel immer größer vorgestellt, aber vielleicht gab es sie ja in verschiedenen Größen. Falls sie ein Rudel waren, könnte er dann vielleicht Teil des Rudels werden? Er stellte sich das sehr schön vor, dann immer Artgenossen um sich herum zu haben, die ihm freundlich gesonnen waren. Er wagte immer noch nicht zu hoffen, dass es so käme, doch in der Nacht hatte er davon geträumt.

Nun blinzelte er ein paar mal, bevor er aufstand und sich ebenso wie Devaki einmal streckte. Im Gegensatz zu diesem gähnte er allerdings tatsächlich noch einmal herzhaft, bevor er sich den anderen zuwandte.

"Guten Morgen! Ich wäre soweit. Aber wo wollt ihr eigentlich hin?"

Er hatte inzwischen mitbekommen, das Devaki aus irgend einem Grund einige weitere Wölfe suchte. Aber da er anscheinend selbst nicht wusste, wo sich diese Wölfe aufhielten, verstand Darion nicht, was es bringen sollte, in irgend eine Richtung zu laufen, in der Hoffnung, ihnen zu begegnen. Da wäre es doch genauso sinnvoll, in der Höhle zu bleiben und zu hoffen, dass die anderen zufällig vorbeikämen? Andererseits, wenn diese auch so dachten, würde man sich womöglich nie begegnen. Darion erschauderte, als ihm klar wurde, dass die Freiheit so groß war, dass sich zwei Wölfe darin aufhalten konnten, ohne sich jemals zu begegnen.

Doch ihm blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Yashaí schien etwas entdeckt zu haben. Er trat näher, und erkannte, dass die Höhle noch weiter in den Berg führte, als sie zunächst angenommen hatten.

"Nun, es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden!"

Darion zwängte sich durch den Durchgang. Doch auf der anderen Seite blieb er stehen und schaute zurück. Was, wenn das nur ein Trick war? Was wenn die anderen jetzt verschwanden und ihn alleine zurück ließen? Oder, was wenn auf der anderen Seite Gefahren lauerten,die den frei lebenden Wölfen bekannt waren, ihm aber nicht? Vielleicht gab es dort Tiere, die Wölfe fraßen, oder dergleichen? So schnell, wie Darions Mut gekommen war, als er beschlossen hatte, vorweg zu gehen, war er nun wieder verschwunden. Unschlüssig wartete er darauf, wie die anderen reagieren würden.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Liath - 21.06.2015

Als Liath die Augen öffnete, brauchte er viel länger als gewöhnlich, um zu rekonstruieren, wie er an diesen seltsamen Ort gekommen war. Es war ungewöhnlich schummrig um ihn herum, doch der Boden war zu eben für eine Höhle und die Geräusche zu leise. Nur die vertrauten Gerüche von Namíd und Véraire verhinderten, dass Liath aufsprang und sich panisch umsah. So lange die beiden auch hier waren, musste es in Ordnung sein. Und langsam erkannte er den Ort wieder, an dem sie sich gestern so erschöpft schlafen gelegt hatten. Es war das Innere dieser seltsamen Baumhöhle, die so komisch geformt gewesen war, eigentlich überhaupt nicht wie ein Baum. Der Schwarze hob den Kopf.

„Namíd“, flüsterte er mit der Absicht, seinen Bruder zu wecken. Gleichzeitig schob er ihm die Nase ins Ohr, das gerade am nächsten war und schnaufte hinein. „Wo ist denn Dubh?“

Ohne darauf zu warten, dass sich der andere Jungwolf erhob, stand Liath auf. Das Knarzen des Bodens ließ ihn zusammenfahren und er erstarrte jedes Mal aufs neue, während er auf den Ausgang der Höhle zuging – so dass er eine kleine Ewigkeit brauchte. Was für ein seltsamer Ort. Seine Nase berührte die Tür und man konnte ihm regelrecht ansehen, wie sein Kopf eins und eins langsam aber sicher zusammenzählte. Hier waren sie gestern hereingekommen, hier war Dubh wieder raus gegangen und jetzt war der Ausgang verschwunden. Da war nur noch mehr Holz. Der seltsame Baum hatte sie eingesperrt. Verwundert kratzte er mit dem Lauf an der Ritze, durch die ein schmaler Lichtstrahl auf den Boden fiel, an der es nach Schnee und frischer Luft roch. Es passierte nichts, das Holz bewegte sich nicht. Er hinterließ nicht einmal Spuren. Ratlos hob er den Kopf und sah sich zu seinen beiden Begleitern um.

„Hier war doch gestern der Eingang der Höhle, oder? Wo ist er denn hin?“

Grund zur Panik gab es für den Jungwolf noch nicht, er war schlichtweg sehr verwundert. So ein Ausgang konnte ja nicht einfach so verschwinden, genauso wenig wie Dubh verschwinden konnte.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Evanaya - 21.06.2015

Die paar Tage, die Evanaya nun bereits mit Yashaí, Devaki und Darion verbracht hatte, erschienen ihr eintönig und grau. Der Schnee ließ alles gleich aussehen, die Stimmung war nicht die Beste und Darion schien langsam an seine Grenzen zu stoßen. Die lange Gefangenschaft schien ihm und seinen Wolfskräften nicht unbedingt gut getan zu haben, denn er war schnell entkräftet, auch wenn er versuchte nicht all zu sehr zurückzufallen und ihnen kein Hindernis zu sein. Sie hatten insgesamt nicht viel geredet, irgendwann ein paar Hasen gejagt und waren vorwärts gelaufen, immer weiter fort von Darions Gefängnis, bloß weg. Zuerst waren sie aus Angst vor den Zweibeinern noch sehr schnell gelaufen, dann immer langsamer bis sie sich in einem gemütlichen Laufschritt befanden, ohne dabei an Wachsamkeit zu verlieren. Darion trug ein seltsames Band um seinen Hals, rot leuchtend. Sie hatte so etwas noch nie zuvor gesehen, aber andererseits war ihr in den letzten Tagen bewusst geworden, wie viel sie eigentlich noch nicht gesehen hatte und nicht kannte. Trotzdem machte die Helle sich nicht all zu viele Sorgen, denn das Fell überdeckte es größtenteils und dadurch geriet es in Vergessenheit. Ausserdem schien es nicht sonderlich gefährlich zu sein, zumindest bis jetzt nicht. Evanayas fröhlicher Geist ließ nicht zu, dass sie sich negative Gedanken machte oder an mögliche Gefahren dachte, jetzt wo die Welt gerade wieder besser zu werden schien. Er weigerte sich, Negatives in ihren Kopf zu lassen, stieß alles ab, was Sorgen bereiten könnte. Sorgen waren schlecht, verdarben die Stimmung und zerbrachen sogar Beziehungen zu Freunden. Freunde. Gedanken sprangen in ihrem Hirn umher, tanzten, drehten sich. Sie war so voller Hoffnung, irgendwie Freunde aber irgendwie auch Angst. Irgendwie wollte sie reden, irgendwie denken. Eigentlich wusste sie selbst nicht genau, was sie wollte.
Die vier Tage mit den anderen waren auf eine interessante Art lehrreich und bereichernd gewesen aber auch anstrengend. Nun hatten sie sich aber eine kleine Höhle gesucht und konnten sich erholen und einige Kaninchen fangen. Die helle Fähe wusste immer noch nicht genau, wie sie die anderen Wölfe einordnen sollte. Sie wanderten nun bereits seit einigen Tagen gemeinsam durch die Gegend, dennoch waren sie sich emotional nicht wirklich näher gekommen. Vor allem war sie sich nicht sicher, was sie von Darion halten sollte. Er war noch jung, schien irgendwie an den Menschen zu hängen und sich trotzdem über seine neu gewonnene Freiheit zu freuen. Wie loyal würde er auf Dauer sein?
Abends lagen sie zusammen in der Höhle, einen Augenblick nur beobachtete Evanaya die anderen noch, dann schloss sie die Augen und lauschte den Geräuschen der Natur. Sie lag für sich, dennoch nicht allzu weit entfernt von Yashaí. Schon kurz nachdem ihre Augenlider den Blick zur Außenwelt versperrt hatten, versank sie in einen ruhigen und traumlosen Schlaf.
Morgens erwachte sie ungefähr mit Devaki und Darion und erwiderte deren und Yashaís Morgengruß mit einem Nicken und einem freundlichen Lächeln auf den Lefzen. Devaki schlug vor, weiter zu ziehen und die beiden anderen stimmten zu, also nickte Evanaya abermals nur und erhob sich, doch dann verschwand Yashaí nochmal und rief sie alle plötzlich zu sich. Sie hatte einen Gang im hinteren Teil der Höhle gefunden, aber wer wusste schon, wo er hinführte? Vielleicht endete das alles in einer Sackgasse oder einer Falle, doch Darion quetschte sich bereits in den schmalen Weg und nahm ihr somit die Entscheidung ab. Sie folgte ihm und stieß fast gegen ihn, als er plötzlich langsamer wurde und sehr nachdenklich wirkte.

"Hee, bleib doch nicht einfach stehen!"

Sie sah ihn ein wenig vorwurfsvoll an, lächelte aber. Natürlich war sie Darion nicht wirklich böse, aber sie wollte hier jetzt auch nicht einfach in diesem engen Gang stehen bleiben. Sie fühlte sich so eingedrängt, wenn sie nicht lief, vorallem wenn sie nicht wusste wohin es ging und wie weit noch.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Shila - 22.06.2015

Rylai hatte sich von ihnen getrennt. Eifrig und leidenschaftlich hatte Shila versucht die gleichaltrige Fähe von ihrem Entschluss abzubringen, aber der Erfolg war ausgeblieben. Lange hatte die junge Fähe Rylai nachgesehen, bis jene zwischen den Bäumen verschwunden war. In der Nacht nach Rylais Entschluss hatte Shila kein Auge zumachen können und war ein wenig an dem Bitzel entlang gelaufen. Eine kleine Wildmaus hatte ihr letztendlich den entscheidenden Tipp gegeben, denn diese war in einem Loch neben dem alten Fuchsbau verschwunden. Ohne zu überlegen war die junge Fähe in den Fuchsbau gekrochen und hatte begeistert festgestellt, dass es auf der anderen Seite auch noch einen Ausgang gab. Stolz wie der edle Hirsch im Wald hatte Shila auf der anderen Seite darauf gewartet, dass die Nacht endlich vorüber ging. Als ihre Reisegefährten sie ungläubig anstarrten, grinste Shila.

“Da staunt ihr, was? Mir sind über Nacht Flügel gewachsen und ich bin einfach drüber geflogen!“

Aber davon hatten sich die Rüden und der schlaue Fuchs natürlich nicht überzeugen lassen und so hatte Shila irgendwann nachgegeben und ihren Freunden den Trick verraten. Aufgeregt hatte sie abgewartet bis alle auf ihrer Seite des Zauns angekommen waren. Als der alte Fuchsbau zusammenbrach war das natürlich erstmal ein Schock, aber vielleicht gab es noch andere Fuchsbauten oder man würde sich den Rückweg eben selbst buddeln müssen. Die nächste stürmische Nacht hatte man dicht aneinander gedrängt unter alten Bäumen am Waldrand ausgeharrt und nun war ein neuer eisiger Morgen angebrochen. Die junge helle Fähe erhob sich, streckte die kalten Glieder und gähnte herzhaft. Dann meldete sich leise – aber deutlich – ihr leerer Magen und sie blickte ihre Gefährten an.

“Habt Ihr auch so großen Hunger? Vielleicht sollten wir erst eine Kleinigkeit jagen, bevor wir weitersuchen?“

Schlug die Jungfähe den älteren Wölfen und dem weißen Fuchs vor und blickte alle drei abwartend an.



RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Devaki - 28.06.2015

Fast war es wie an einem normalen Morgen. Man wachte auf, man grüßte sich mit verschlafenem Blick und streckte langsam die Glieder, um auch den Körper zu erwecken. Und während die einen noch einen Moment brauchten, um ihre Gedanken zu sortieren, waren die anderen schon putzmunter und erkundeten die Umgebung. Es war wie in einem richtigen Rudel, wie in einer Zeit, die ihm vorkam als würde sie schon ewig zurückliegen. Wann waren sie noch gleich aufgebrochen, um das alte Revier zu verlassen? Da keine Welpen in der Nähe waren um das Erkunden der Umgebung zu übernehmen, waren die anderen drei offenbar still übereingekommen sich diese Aufgabe zu teilen – allen voran Yashaí. Devaki brauchte einen Augenblick, bis er realisiert hatte, was die Braune gesagt hatte und worauf sie anspielte. Er trat ein wenig näher und musste genauer hinsehen, bis er den Spalt ebenfalls bemerkte und selbst dann war er nicht so freudig aufgeregt wie die anderen drei.

„Mein Rudel suchen...“


murmelte der Schwarze daher nur auf Darions Frage hin und klang dabei ein wenig brummiger, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Aber das schien ohnehin nicht zu stören, denn ihr neuester Mitstreiter war so fasziniert von dem geheimen Gang, den die Fähe entdeckt hatte, dass er augenblicklich darin verschwand – und Evanaya ihm prompt folgte. Devaki runzelte kurz die Stirn und trat noch einen Schritt näher, war aber immer noch am weitesten von allen entfernt vom Eingang. Der Schwarze wandte kurz den Kopf, und warf einen Blick zum Höhleneingang. Der Schnee türmte sich und das Vorankommen würde ihnen sicher schwer fallen. Andererseits war Devaki wenig begeistert von der Vorstellung sich wie ein Maulwurf durch die Erde zu wühlen. Was, wenn sie sich verliefen? Jagen konnten sie dort unten nicht – zumindest nicht so, wie sie es gewohnt waren. Es würde kein Licht geben, niemanden, der ihnen den Weg zurück zeigen konnte. Und sie wussten nicht einmal, ob es überhaupt einen anderen Ausgang gab oder sie nur für nichts und wieder nichts Kraft verschwendete. Die Augen des Rüden huschten zu Yashaí und zum x-ten Mal in den vergangenen Tagen bedauerte Deva ein wenig, dass er kein Leitwolf mehr war. Diese Wölfe waren freiwillig hier und niemand hatte sich dazu verpflichtet Befehlen zu folgen, die er gab oder sich von ihm etwas sagen zu lassen. Die anderen trafen ihre Entscheidungen allen – und diese hier war offenbar gefallen, ohne, dass er gefragt worden war.

„Mir bleibt wohl keine andere Wahl, oder?“


fragte er die Fähe leise mit einem leicht resignierten Seufzen in der Stimme und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken, dass sie gerne vorangehen konnte, wenn sie wollte. Er würde wohl folgen müssen, wenn er nicht allein hier zurückbleiben wollte.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Yashaí - 05.07.2015

Für die Fähe war ihr Fund zwar ebenso interessant, doch im Grunde gewann ebenso wie bei Devaki das Unbehagen, sich in die endlose Dunkelheit zu begeben. Spannend war es, doch viel ließen die Schatten vorerst nicht vermuten und ihr Ausruf, um die anderen darauf aufmerksam zu machen, hatte in erster Linie dem Vorhaben gegolten, ihre Entdeckung nicht für sich zu behalten. Dabei hatte sie vollkommen außer Acht gelassen, dass zumindest zwei ihrer Begleiter von der Begeisterungsfähigkeit zwei Jungwölfen glichen, für die alles ein Abenteuer bedeutete, welches sie sich nur ungern entgehen ließen. Bei Devakis brummiger Antwort auf Darions leichtfertige Frage war sie noch vollkommen auf den Gang in der Wand fixiert gewesen, bis sie zur Seite gegangen war und den Durchgang frei gemacht hatte. Ein bisschen überrascht war sie dann doch vom Übereifer ihres Schützlings, doch er blieb nicht lange alleine in der Dunkelheit stehen, bis auch Evanaya nachrückte und sich beschwerte, weil sie ihm offenbar reingelaufen war. Yashaí verkniff sich ein leises Kichern daraufhin – hatte Darion jetzt doch die Vorsicht vor der Dunkelheit gepackt? - und wandte sich dem letzten ihrer Gruppe zu, der die Aufregung ihrer Vorhut nicht ganz zu teilen schien. Ein schiefes Grinsen galt dem Dunklen, die Ohren entschuldigend ein Stück zur Seite gedreht und die Rute leicht pendelnd, doch seine Begeisterung war in etwa so kühl wie der Sturm der vergangenen Nacht. Allerdings schien sich Devaki längst mit seinem Schicksal abgefunden zu haben, während die Bunte noch immer nicht davon überzeugt war, die Dunkelheit dem Schnee vorzuziehen. Nicht, dass sie der Gang nicht reizte, aber sowohl Kopf als auch Gefühl sagten ihr, dass das Licht immer besser war als bodenlose Dunkelheit. Sie schnippte mit den Ohren, als sie offenbar einen Einfall hatte, immerhin schien Darion die Führung übernehmen zu wollen – um dort drinnen groß die Plätze zu tauschen, war schlichtweg nicht genug Freiraum.

„Wenn der Gang zu tief führt, ohne wieder an Licht zu kommen, drehen wir um. Aber vielleicht ermöglicht er es uns, ein Stück voranzukommen, ohne durch den Schnee aufgehalten zu werden.“, beschloss sie und blickte zu Devaki, als würde sie auf seine Bestätigung warten. „Außerdem ist es vielleicht eine gute Möglichkeit, den beiden beizubringen, dass man nicht einfach in einen dunklen Gang läuft.“

Ihre Stimme war leiser geworden, sodass nur der Dunkle sie hören konnte. Der Schelm in ihren Augen war deutlich zu erkennen, als sie sich mit einem letzten Grinsen abwandte und in den Gang hineinspähte.

„He, hast du jetzt doch Bammel? So kommen wir sicher nicht voran, du Hasenfuß.“

Die Belustigung in ihrer Stimme war freundlich und sollte dem Rüden nicht das Gefühl geben, dass sie sich über ihn lustig machte. Sie zog ihn auf, ja, aber dass die Bunte das öfter tat und dabei selten böse Absichten hatte, hatte er mittlerweile sicherlich gelernt.


RE: 18 | Ruhe nach dem Sturm - Darion - 05.07.2015

Darion war mit Devakis Antwort alles andere als zufrieden. Dass dieser sein Rudel suchte, hatte er schon vorher gewusst. Es beantwortete aber nicht seine Frage, in welche Richtung sie gehen würden. Oder gab es einen Trick, wie sich Wölfe in der Freiheit wiederfanden? Musste man nur in eine bestimmte Richtung laufen, um sich auf jeden Fall hzu begegnen? Er konnte sich zwar nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte, aber ihm war mittlerweile bewusst, dass es vieles gab, was er nicht wusste, für normale Wölfe aber selbstverstädlich war. Er kam aber nicht dazu, erneut nachzufragen, da der von Yashaí entdeckte Gang seine Aufmerksamkeit beanspruchte.

Erst als Evanaya sich beschwerte, wurde ihm klar, dass er dadurch, dass er stehen blieb, auch den anderen den Weg versperrte, da es an dieser Stelle zu eng war, um aneinander vorbeizulaufen. Zögerlich und unsicher antwortete er:

"Entschuldigung. Es ist nur so ... dunkel, und ich weiß ja nicht, was mich da erwartet ... Vielleicht ist es ja ... gefährlich oder so."

Was Yashaí sagte, erinnerte ihn an Djago. Der hätte sicherlich etwas ähnliches gesagt, wenn er ihn so sehen könnte. Nur hätte er dabei längst nicht so freundlich geklungen, sondern fies und spöttisch. Nein, er war kein Hasenfuß, egal was Djago denken mochte! Er war ein Wolf, und ein Wolf fürchtete sich nciht vor einer dunklen Höhle! Bestimmt sagte er:

"Ich bin kein Hasenfuß!"

Und um diese Worte zu unterstreichen, setzte er sich wieder in Bewegung. Nicht unnötig schnell, er musste schließlich darauf achten, wo er in der Dunkelheit hintrat, aber stetig. Zwar fühlte er sich immer noch nicht so ganz wohl dabei, voranzugehen, aber da er nunmal der Erste war und und an dieser Stelle kein Platz war, aneinander vorbeizugehen, musste er es wohl tun, bis sie zu einer breiteren Stelle kamen. Er hoffte nur, dass das bald geschehen würde.