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16 | Über den Fluss - Druckversion

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Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 02.06.2013

Das Angenehme an Rylai war: Sie sagte nichts, sie meckerte nicht, sie stellte keine Forderungen und sie tat, was er ihr sagte. Auch, wenn sie einen Moment brauchte, um zu begreifen was geschehen war, beeilte sie sich doch hinter ihm herzukommen. Dass sie dabei stolz und ein wenig fröhlich den Kopf empor reckte, missfiel ihm zwar etwas. Auch, wenn sie mitkommen durfte, sollte sie immerhin nicht vergessen, warum sie die beiden suchen gehen mussten. Doch der Schwarze sagte nichts. Er hatte Rylai heute schon einmal angeblafft und nachdem er gesehen hatte, wie die gesamte Welpenschaft auf Tadel in ernsten Situationen reagierte, hatte er keine Lust noch einen von ihnen zu verscheuchen. Nachher musste er auch noch Rylai suchen. Darauf war er ungefähr so erpicht wie auf einen Tanz im Eisregen. Ihm reichte die Kälte von unten.

So stapften sie nebeneinander durch den Schnee, hielten Ausschau nach den Gesuchten und einem Zeichen, das ihnen die Richtung vorgeben würde. Ab und an warf er einen Blick zu Rylai herüber. Devaki fragte sich, was wohl in ihrem kleinen Köpfchen vorgehen musste. Ob sie ihrem Bruder nicht vertraute, dass sie ihn unbedingt hatte begleiten wollen. Und ob sie Dubh so sehr vertraute, dass sie ihn zurückließ. Er fragte sich, für wen von beiden sie sich wohl entscheiden würde, wenn sie es musste. Wenn Dubh nicht beim Rudel bleiben wollte, obwohl sein Bruder da war. Würde sie ihren Freund dem letzten Teil ihrer Familie vorziehen? Oder würde sie Dubh aufgeben, um bei Kody zu sein? Devaki wusste genau, wie er sich an ihrer Stelle entscheiden würde. Blut war dicker als Wasser. Als das Heulen an ihre Ohren drang, blieb er stehen und lauschte. Rylai hatte es auch gehört, das war unverkennbar. So aufgeregt hatte er sie seit ihrer Ankunft nicht gesehen. Und dann stürmte sie auch schon los. Er fluchte lautlos und beeilte sich ihr hinterherzulaufen.

„Rylai, warte verdammt.“, presste er im Laufen keuchend hervor. Seine Pfoten versanken hier ein wenig tiefer im Schnee, aber dennoch zwang sich Devaki schneller zu laufen, bis er die jungen Fähe eingeholt hatte. „Stopp jetzt!“ Er hatte sie erreicht, zog an ihr vorbei und bremste sie aus.

„Denk doch nach, bevor du blind drauf lospflügst. Was, wenn den beiden wirklich etwas zugestoßen ist? Dann läufst du direkt in die Gefahr hinein. Und Kody weiß nicht einmal, dass du unterwegs bist.“

Der Leitrüde hob den Blick und sah sich um. Der Ruf war aus dem Wald gekommen. So jedenfalls hatte es geklungen. Er hob den Fang und heulte eine kurze Antwort, bevor er sich wieder an Rylai wandte.

„So und jetzt weiter, aber ein wenig langsamer. Ich will die beiden auch schnell finden und ihnen helfen. Aber wenn wir beide auch noch in Gefahr geraten nutzt das deinem Bruder und meiner Tochter herzlich wenig.“


Re: 16 | Über den Fluss - Dannsair - 05.06.2013

Seine Tollpatschigkeit hatte ihn mal wieder vor dem ganzen Rudel blamiert, oder zumindest vor dem Teil, der am Ufer auf sie gewartet hatte, von seinen Mit-Eis-Testern ganz zu schweigen. Ja, sicher, er hatte einen großen Dienst geleistet und die sichere Überquerung des Flusses bestätigt. Wie man es eben sehen wollte. Trotzdem war es Dannsair ganz recht, dass er erst mal etwas Abstand zu den Anderen halten sollte, denn dieser rutschige Untergrund war ihm nach wie vor neu und dementsprechend hatte er so seine Probleme damit, nicht wieder die Grätsche zu machen. Zwischendurch hatte er immerhin Zeit gehabt, sich einmal nach dem Rest des Rudels umzusehen und musste mit leicht zusammengekniffenen Augen erkennen, dass die Hälfte fehlte. Devaki, der zuvor noch mit ihm auf dem Eis gelaufen war, war nicht da. Kody, Rylai, Kainuu waren ebenfalls weg. Naja, der Leitwolf würde sie schon finden und wieder zusammentreiben.

Er richtete seinen Blick stattdessen auf die Gruppe aus Jungwölfen, die mit ihnen gemeinsam die ersten Schritte auf das Eis gewagt hatte. Liath schien erbost über das Fehlverhalten seiner Geschwister. Liath erinnerte ihn immer wieder an Yoruba mit seiner ernsten und erwachsenen Art. Er mochte ihn sehr, bestimmt nicht nur deswegen, aber es war eben auch nicht zu verleugnen, dass er in dem Schwarzen immer wieder seine Tochter erkannte und sich deswegen gerne in seiner Nähe aufhielt. Leider verstand er aus der Ferne nicht, was die Drei zu besprechen hatten, aber letztendlich musste er auch nicht alles wissen, und sträubte sich innerlich gegen seine allgegenwärtige Neugierde, die so manches Problem nach sich ziehen konnte.

Schließlich fiel sein Blick auf Laines, der die drei Jungspunde zurechtwies, sie sollen mehr Platz zwischen sich lassen, so wie es auch Devaki angeordnet hatte. War das übertriebene Vorsicht oder wollte der Schwarze einfach nur auch was zu Sagen haben? Dannsair konnte es im Grunde Wurst sein, allerdings war er auch Laines gegenüber immer noch vorsichtig. Er war Arkas sehr ähnlich, wie er fand und gegen den verschollenen Braunen hegte er bekanntermaßen einen tiefen Groll. Daher nutzte er jede Gelegenheit, um dahinter zu kommen, was Laines und sein Handeln antrieb. Obwohl er schon lange vermutete – und inständig hoffte, denn er wollte den Schwarzen mögen und nicht blöd finden müssen – dass es sich bei ihm wirklich nur um eine Fassade handelte und dahinter eigentlich ein freundlicher und friedlicher Wolf schlummerte.

Er rutschte weiter voran und sah sich letztendlich nach seinem Bruder um. Sie hatten noch keine Zeit gehabt für irgendwas. Im Grunde hatte bislang kein Austausch zwischen ihnen stattgefunden, obwohl es bestimmt so viel zu erzählen gab, stattdessen hatte Dannsair das Gefühl, dass Dubh ihm aus dem Weg ging. Und er hatte keine Ahnung, warum. Also machte er sich auf den Weg zu der nächsten schwarzen Gestalt – auch er glaubte, dass das Eis dick genug war, als dass man zu jedem Wolf meilenweite Abstände einhalten müsste..


Re: 16 | Über den Fluss - Dubh - 11.06.2013

Während dem Gespräch mit den beiden Jungwölfen hatte er seine Aufmerksamkeit dann doch derartig schleifen lassen, dass es recht einfach war sich davon loszureißen und die anderen, die das Eis unter die Lupe genommen hatte, aufmerksam anzusehen, als sie zurückkehrten und es als sicher erklärten. Das war doch eine gute Neuigkeit, also würden sie weiterziehen können.
Dass dann allerdings ein paar Jungwölfe fehlten und bisher noch nicht aufgetaucht waren, ließ ihn dann doch für einen kurzen Moment die Ohren anlegen. Auch wenn sie nicht mehr beim Rest des Rudels gewesen waren, war es doch seine Aufgabe gewesen ein wenig auf sie acht zu geben und jetzt waren gleich mehrere verschwunden. Das war ja wunderbar gelaufen. Umso erleichterter war er, als er diese Aufgabe ganz schnell abschütteln konnte und mit gewohnt schleppenden Schritten den anderen aufs Eis folgen konnte.
Einmal kurz warf er einen Blick über die Schulter; wollte nachsehen, wohin Rylai denn so einfach verschwunden war. Da sah er sie gerade noch hinter Devaki im Wald verschwinden. Leicht kniff er die Augen zusammen. Hatten sie zuvor nicht davon gesprochen, dass sie das tun sollte, was man ihr sagte? Der Gedanke ihr doch besser nachzugehen, spukte zwar für einige Minuten in seinem Kopf herum, jedoch wandte er sich mit einem leichten Kopfschütteln ab und folgte doch den anderen. Das Gespräch von vor noch wenigen Minuten hatte gar nichts gebracht. Natürlich würde sich Rylai sich nicht von hier auf jetzt ändern, aber so schnell konnte sie seine Worte doch nicht schon wieder vergessen haben? Wenigstens in der ersten Stunde hätte sie doch versuchen können ein wenig mehr zu hören. Aber nein...
Neben Dannsair, dann aber doch mit genügend Abstand reihte er sich in die Reihe ein, bedachte die streitenden Jungwölfe nur mit einem kurzen Blick, ehe er den Blick wieder abwandte und während jedem Schritt, vorsichtig oder nicht, den Boden zu seinen Pfoten begutachtete.
Erst als sich etwas dunkles ein Stück weit näher auf ihn zu bewegte, blickte er auf. Es war Dannsair, der sich nun etwas näher an ihn herangewagt hatte. Dass sie nicht sofort einbrechen würden, nur weil sie enger nebeneinander liefen, glaubten scheinbar beide Brüder nicht. Dubh sagte nichts auf dieses kurze Annähern, stattdessen senkte er wieder den Kopf, starrte in gewohnt wortkarger Manier vor sich hin, während er eine Pfote vor die andere setzte und dabei dreinschaute, als ob dies die anstrengendste Arbeit seines Lebens wäre. Eigentlich lag es aber auch nur daran, dass er nicht wusste, was er zu Dannsair sagen sollte; was er ihm allgemein sagen sollte. Nicht nur in dieser Situation. Also hüllte er sich einfach in sein so liebgewonnenes Schweigen.


Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 12.06.2013

Schlitternd kam sie zum Stehen, als Devaki plötzlich vor sie sprang und sie ausbremste. Einen Moment lang starrte sie ihn verwirrt an, überrascht von dem plötzlichen Stopp. Dann sickerten seine Worte langsam zu ihr durch und ihre Rute zuckte empört nach oben. Auch wenn sein Tadel ihr einleuchtete, so wäre es ihr doch wesentlich lieber, wenn sie sich einfach beeilen könnten, anstatt ihre Zeit zu verplempern. Kody brauchte Hilfe, davon war sie überzeugt, und für sie konnte es gar nicht schnell genug gehen. Was sollte ihnen schon geschehen? Sie waren die Retter, nicht die Opfer, und Devaki war kein kleiner, hilfloser Wolf. Trotzdem wusste sie, dass es sinnlos wäre, jetzt zu protestieren. Letztendlich hatten sie nämlich dasselbe Ziel – beide wollten sie ein Familienmitglied retten, beide machten sie sich Sorgen, nur war ihre Herangehensweise eben grundverschieden. Devakis planvolles und bedächtiges Vorgehen ging ihr zwar eindeutig zu langsam, aber zumindest dieses eine Mal musste sie ihm vertrauen. Nicht, weil Dubh ihr gesagt hatte, dass sie auf den Leitwolf hören musste – sie hatte schließlich immer noch ihren eigenen Kopf. Nein, sie würde tun, was Devaki sagte, weil sie nicht dumm war. Er war erfahrener, größer, stärker und das hier war ein verdammter Notfall. Wenn sie sich nun wie ein trotziger Welpe aufführte und sich mit dem Alpha anlegte, würde alles nur noch viel länger dauern. Ihr blieb also gar nichts anderes übrig als nachzugeben, die Ohren an den Kopf zu schmiegen und die kleine Rute wieder zu senken. Sie war nicht einmal besonders aufgebracht oder gar beleidigt – wenn man mit Dubh reiste, war man Schlimmeres gewohnt. Höchstens ein wenig resigniert, dass sie es nicht mit der Holzhammer-Methode machen durften.

“Na gut“, räumte sie ein. “Dann geh' du vor. Aber beeil' dich bitte...“

Ganz ohne Drängeln ging es dann leider doch nicht, denn wer konnte schon wissen, was Devaki unter „sich beeilen“ verstand. Offensichtlich gingen ihre Ansichten in dieser Sache ja etwas auseinander. Trotzdem verzichtete sie artig darauf, sich nun an ihm vorbeizudrängen und weiterzupreschen. Sie würden es auf seine Weise machen – er sollte vorangehen und tun, was er für richtig hielt. Aber wehe, sie kamen zu spät. Das würde sie ihm ewig vorhalten.


Re: 16 | Über den Fluss - Dannsair - 19.06.2013

Behutsamen Schrittes traute er sich immer näher an Dubh heran, sah sich jedoch einige Male um, ob ihn auch keiner beobachtete und vielleicht wieder zurechtweisen würde, dass er sich nicht an die Anweisungen hielt. Nicht zu nahe beieinander laufen, hatte es geheißen, doch Dannsair glaubte inzwischen die Gefahr des Eises einschätzen zu können, außerdem war er es Leid, sich Dinge vorschreiben zu lassen wie ein junger Welpe. Allerdings wahrte er dennoch einen kleinen Sicherheitsabstand zu dem Schwarzen, das hatte aber auch mit höflichem Respekt und Einhaltung der persönlichen Individualdistanz zu tun, die bei seinem Bruder etwas höher als normal schien.

“Hej, großer Bruder.“

Dabei war Dubh viel kleiner als er. Und breiter. Und überhaupt, viel weiter hatte ihn das nicht gebracht. Es ärgerte Dannsair, dass er so unsicher ihm gegenüber war. Sie waren Geschwister und eigentlich sollten sie froh sein, wieder zusammen zu sein, über alte Zeiten plaudern und eine Familie sein. Stattdessen schwiegen sie sich an, würdigten sich kaum eines Blickes und begegneten sich mit einer nicht zu leugnenden Frostigkeit. Dannsair verstand nicht, warum und so versuchte er nun, mit seiner üblichen Unbekümmertheit endlich das Eis zu brechen (also das metaphorische, nicht das, auf dem sie liefen).

“Du hast noch gar nicht erzählt, was eigentlich passiert ist. Warum hast du das alte Revier verlassen?“

Er erinnerte sich noch allzu gut an seine Aussage, die 'Anderen' seien alle tot, doch bis er nicht genau verstanden hatte, warum das so sein sollte, würde er das auch nicht glauben. Dubh war ihm Rede und Antwort schuldig, hatte Dannsair soeben beschlossen. Er verbarg Informationen vor ihm, die ihn schließlich auch etwas angingen. Allerdings legte er keinen Vorwurf in seine Stimme, sondern eine Mischung aus Behutsamkeit und Unbeschwertheit, auch wenn man sich kaum vorstellen konnte, wie diese zwei Dinge zusammen gehen sollten.


Re: 16 | Über den Fluss - Liath - 23.06.2013

Er hatte nicht die Absicht gehabt, einen Streit zu beginnen, aber nun schien es doch zur ersten Auseinandersetzung mit seinen beiden Geschwistern zu kommen, die eigentlich längst überfällig war. Viel zu lange hatten sie einfach überhaupt nichts miteinander zu tun gehabt, waren sich aus dem Weg gegangen ohne zu wissen warum und hatten Wortwechsel miteinander gemieden. Liath konnte nicht einmal sagen, wann Shila zuletzt mit ihm gesprochen hatte, aber es musste eine ganze Weile her sein. Als sie seinen Blick fest erwiderte, legte er ein Ohr an, blieb ansonsten aber unbewegt – einmal abgesehen von den Bewegungen, die er beim Laufen machte, denn es ging immer noch weiter über das Eis. Nun schien es nicht nur unter ihren Pfoten winterkalt zu sein, sondern auch zwischen ihnen. Allerdings hatte der junge Rüde nicht damit gerechnet, dass seine Schwester sofort die Krallen ausfahren und so heftig reagieren würde. Ihre Worte ließen ihn auch das zweite Ohr anlegen und etwas überrascht blinzeln, das was sie ihm in den Fang legte, hatte er nicht gesagt und auch nicht gemeint. Oder doch? Ertappt horchte er in sich hinein und richtete dabei den Blick wieder nach vorn. Aber nein, er sah sich nicht als perfekt an. Dämliche Geschwister, ja das kam vielleicht ein bisschen hin. Aber er selbst sah sich nicht als soo viel besser an. Nur in wenig, weil er in der Situation nicht so gehandelt hätte wie die beiden. Am meisten störte ihn die trotzige, uneinsichtige Reaktion der beiden, nachdem Devaki sie ermahnt hatte. Schließlich hob er den Kopf wieder und blickte Shila unschlüssig an, seine Rute hin ohne Spannung nach unten. Er suchte keinen Streit und wollte nichts geltend machen.

„Ich bin nicht perfekt. Aber ihr hättet vorhin auch ein bisschen nachdenken können. Schämst du dich nicht, Papa so anzugehen?“

Jetzt sprach er auch gezielt Shila an, weil sie die jenige war, die übertrieben und unbedacht reagiert hatte. Namid kam Liath vor wie ein Mitläufer, der sie nicht allein lassen wollte, weil er ansonsten niemanden hatte. Ein kurzer Blick galt ihm, in dem ein erwachsener Wolf so etwas wie Enttäuschung hätte erkennen können. Warum konnten sie nicht alle eine harmonische, perfekte Familie sein, die einander wertschätzte und den anderen nicht angriff, wenn es Konflikte gab? Auch wenn es in Shilas Fall nur die Wortwahl gewesen war.
Laines’ Ruf riss ihn aus seinen Gedanken und er tat schnell, an was der Rüde sie erinnert hatte, indem er wieder mehr Abstand zwischen sich und seine Geschwister brachte. Wie schnell man das doch vergaß, wenn man in ein Gespräch geriet. Kurz betrachtete er seine Pfoten beim Laufen und lauschte auf die gruseligen Geräusche der Eisfläche, denn auch darauf hatte er schon gar nicht mehr geachtet. Nun lagen wieder gut sieben Meter zwischen Shila, Namid und ihm, was sie aber nicht daran hindern würde, weiter zu diskutieren.

„Ich sehe nur was ihr tut und urteile darüber. Und was ihr vorhin getan habt, war dumm.“, konstatierte er noch mal äußerst ernst und diesmal ohne Anklage oder große Vorwurf in der Stimme. Das war einfach fakt.


Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 26.06.2013

Mehr als erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass Rylai nicht so bockig reagierte wie noch einige Minuten zuvor, als er sie am Fluss zurechtgewiesen hatte. Minuten? Nein, tatsächlich, allzu lang lang dieser Moment noch gar nicht zurück. Und doch kam es ihm vor, als wären Stunden vergangen. Es war, als wäre Devaki in einer anderen Zeit gelandet, in einer anderen Welt. Einer Welt, die schlechter war als die, die er noch vor Monaten im Frühling gehabt hatte. Frühling. Der Leitrüde wollte bei dem Gedanken an die fröhlichen warmen Tage seufzen, sich hinsetzen und im Tagtraum daran versinken. Unvergesslich der Moment, an dem die Welpen geboren wurden. Noch unvergesslicher der, als die Welpen das erste Mal den Schutz der Wurfhöhle verlassen hatten und mit ihrem Vater die Welt erkunden konnten. Als er in Erinnerungen an die Geschichten versinken wollte, die er Kainuu erzählt hatte, riss Rylais Stimme ihn zurück in die Wirklichkeit. Devaki nickte nur knapp. Er hatte nicht gehört, dass Kody noch einmal geantwortet hatte. Wahrscheinlich hielt der junge Rüde das einfach nicht für nötig. Hoffte Deva jedenfalls. Schnell wandte er sich um und kam Rylais Bitte mit Freude nach. Wenn er ehrlich war, fiel es selbst dem ruhigen, geduldigen und bedächtigen Wolf schwer sich zurückzuhalten, nicht panisch loszurennen und zu sehen, was passiert war. Aber Devaki riss sich zusammen und zwang sich Ruhe zu bewahren. Sein Schritt war schnell, als er sich durch den Schnee vorwärts kämpfte. Er nahm keine Rücksicht mehr darauf, ob seine junge Begleiterin ihm folgen konnte oder nicht. Der Schwarze war nur sorgsam darauf bedacht nicht außer Sichtweite zu geraten. Einen dritten Welpen wollte er später nicht suchen.

Nach einigen hundert bangen Metern, in denen er sich immer wieder versicherte, dass keine Gefahr bestand, sah er sie plötzlich. Zwei dunkle Punkte im Schnee zwischen den Bäumen. Einen Moment fürchtete Deva, dass er sich täuschen könnte, aber je näher er kam, desto sicherer wurde er. Die Witterung der beiden war unverkennbar.

„Da vorn, Rylai!“


Es war das erste Mal, dass er einen kurzen Blick nach hinten warf um sich zu vergewissern, dass die junge Wölfin noch da war. Er sah sie, und doch nahm er sie kaum wahr. Sein Herz schlug schneller. Vor Aufregung, vor Sorge, vor Freude. Hatten die Punkte vor ihm sich bewegt gehabt? Waren die beiden unversehrt? Oder waren sie bewusstlos im kalten Schnee zusammengesunken. Kamen sie womöglich zu spät? War Kodys Heulen ein letzter verzweifelter Hilferug gewesen? Schnell wandte Deva den Kopf wieder nach vorn und versuchte mehr zu erkennen. Sorge und Angst standen ihm ins Gesicht geschrieben. Die Furcht kroch wie die Kälte des Schnees unter seinen Pfoten in sein Herz. Devaki bemerkte kaum, wie er immer schneller wurde und alle Vorsicht fallen ließ. Er ignorierte die Warnung, die er Rylai noch kurz zuvor mit auf den Weg gegeben hatte und konnte doch nicht anders. Kainuu, er musste zu seiner Tochter.

„Kainuu... Kainuu!“, rief er von weitem, die Stimme krächzend und keuchend vom langen Lauf. Seine Augen richteten sich starr auf die beiden Körper, die immer deutlicher Formen annahmen.


Re: 16 | Über den Fluss - Shila - 27.06.2013

mittlerweile hatte wirklich kaum noch eine Pfote zwischen Liath und Shila gepasst, da Shila immer langsamer geworden war, denn im Laufen dachte und sprach es sich nicht so leicht. Ihre Ohren waren angelegt und ein leises Knurren entwich ihrer Kehle. Sie konnte ihren Bruder einfach nicht verstehen. Warum mischte er sich in die Auseinandersetzung ein? Es war eine Meinungsverschiedenheit – wobei dies vielleicht etwas harmlos ausgedrückt war – zwischen ihrem Vater, Namíd und ihr gewesen, Liath hatte damit nichts zu tun gehabt und sollte sich nun auch nicht einmischen und meinen, er würde alles besser wissen. Sie schnaubte leise zu seinen nächsten Worten, aber ehe sie etwas erwidern konnte, rief ihnen Laines zu, dass sie sich verteilen sollten, um das Eis nicht zum Einbrechen zu bringen. Auch Shila hielt sich an diese Anweisung ohne dagegen zu murren.

So entstand wieder ein gewisser räumlicher Abstand zwischen Liath , Namíd und ihr, wobei Shila das Gefühlt hatte, dass damit der Streit noch längst nicht beendet war. Als Liath sie dann daran erinnerte, wie sehr sie Deva verletzt hatte, indem er ihre trotzige Reaktion so betonte, musste Shila schlucken und hoffte gleichzeitig, dass Liath dieses leichte Zucken entging. Kurz drehte sie ihren Kopf zu ihm um

“Hast du denn noch nie unüberlegt gehandelt?“

Fragte sie leise und damit gab sie zu, dass ihre Reaktion nicht überlegt war und das war ein Zugeständnis, das sie vor ein paar Stunden noch nicht gemacht hätte. Sie drehte sich wieder um und trottete dann brav hinter Namíd her, wobei ihre Ohren immernoch angelegt waren und das Nackenfell sich auch nur langsam wieder legte



Re: 16 | Über den Fluss - Kainuu - 05.07.2013

Die Zuversicht Kodys hätte Kainuu in einer anderen Situation gewiss überzeugt. Aber jetzt hatte sie vor einiger Zeit erst alles Vertrauen in die da noch so gut klingende Idee ihres Freundes gesteckt - davon war nun nichts mehr übrig und die sicheren Worte des Braunen konnte sie nicht mehr glauben. Woher sollte er auch wissen, dass Devaki kommen würde? Er hatte genauso viel gehört und gesehen wie sie und eigentlich kannte er ihn ja schlechter, als sie. Sie war ja immerhin seine Tochter. Deshalb und aus Erschöpfung und Müdigkeit und Verzweiflung und Trauer, konnte sie Kody nicht glauben und schüttelte nur den Kopf. Sie ließ ihren kleinen Fang in den Schnee sacken und lag nun fast wie tot in der Kälte. Ob so wohl Sterben war? Unendlich elend und schrecklich einsam. Ob Onkel Réan so gestorben war? Hoffentlich nicht … hoffentlich hatte er sich besser gefühlt.
Sie spürte Kody neben sich und seine Schnauze in ihrem Fell - immerhin ein bisschen Wärme. Ohne etwas zu sagen, kuschelte sie sich enger an ihn, hielt aber die Augen fest geschlossen. Vielleicht konnte sie sich einbilden, gar nicht irgendwo alleine in der Kälte zu liegen, wenn sie einfach nicht hinsah. Einen Moment lang schien das zu funktionieren, dann hörte sie wieder Kodys Stimme, diesmal ein klein wenig überzeugender. Er war wirklich etwas größer und stärker und schlauer als sie, vielleicht konnte er etwas jagen, was sie nie erwischen würde. Aber wirklich wahrscheinlich klang das nicht, immerhin war er auch ein Welpe und Beute war in diesem ewigen Weiß sowieso nicht zu finden. Also kam nur wieder ein Schluchzen aus ihrem Fang und erst, als Kody plötzlich anfing zu heulen, spitzten sich ihre Ohren und sie öffnete ganz kurz die Augen. Ob sie wohl irgendjemand hören würden?

“Das war eine gute Idee, Kody.“, murmelte sie und befand, dass es doch sehr gut war, ihn bei sich zu haben. Er hatte immer wieder gute Ideen. Jetzt klang sein Versprechen auch schon wahrscheinlicher und ein klein wenig Hoffnung keimte in ihrem Herzen. Trotzdem blieb sie mit geschlossenen Augen reglos liegen und fragte sich, wie lange sie nun wohl warten mussten. Als schon kurz darauf leise möglicherweise eine Antwort erklang, war sich die Kleine zuerst ganz sicher, sich das nur eingebildet zu haben. Das war pures Wunschdenken, vor allem weil die Stimme so verdächtig nach ihrem Vater geklungen hatte. Trotzdem spannte sie sich leicht an und unsicher ging ein Blick zu Kody. Einige Momente vergingen, dann strich auch eine sehr verdächtige Witterung heran. Bis - endlich, endlich, unglaublich! - eine eindeutige Stimme ihren Namen rief. Sie riss den Kopf nach oben und erkannte wirklich hinter vielen Baumstämmen herannahend zwei Gestalten. Ihr Papa kam, ihr Papa kam! Unbändige Freude schoss blitzschnell durch ihren Körper, elektrisierte sie und schaffte es, sie ganz ohne Laufverknotung aufspringen zu lassen.

“Papapapapapapapapapapapapapa!“, rief sie mit erstickter Stimme und preschte dann los. Diesmal ging das nicht ganz so gut aus - sofort verhedderten sich ihre kraftlosen Läufe, die sie wohl ohnehin nur wenige Schritte getragen hätten. Schon fiel sie mit dem Fang voraus in den Schnee, die Vorderläufe unter sich begraben, den Hintern leicht nach oben gereckt, die Kehle auf den Schnee gedrückt. Mit wild wedelnder Rute blieb sie genau so liegen, starrte ihrem schnell herannahenden Papa entgegen und war kurz davor, aus übersprudelnder Erleichterung in Tränen auszubrechen.


Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 08.07.2013

Endlich legte auch Devaki einen Zahn zu, gab dann allerdings gleich dermaßen Gas, dass es ihr schwerfiel, nicht den Anschluss zu verlieren. Keuchend kämpfte sie sich durch den Schnee und trat dabei in seine Spuren, wann immer es möglich war. Aus dem planvollen und vorsichtigen Vorgehen war am Ende nun doch eine wilde Jagd geworden. Devaki pflügte durch den Schnee wie ein Wildschwein und rief dabei lauthals nach seiner Tochter. Verdenken konnte sie es ihm nicht, egal ob er sie vorher genau deswegen ermahnt hatte oder nicht, denn auch ihre Gedanken kreisten mittlerweile nur noch um ihren Bruder. Irgendetwas Schlimmes musste ihm zugestoßen sein, sonst wäre er längst zurückgekehrt. Er würde sie nicht einfach so verlassen. Oder?
Als sie Devaki endlich eingeholt hatte, war sie vollkommen außer Atem. Ihre Läufe waren eben doch noch ein ganzes Stück kürzer als seine und es war ganz schön kräftezehrend, sich schnellstmöglich einen Weg durch den Schnee bahnen zu müssen. Einen Moment lang blieb sie schnaufend neben ihm stehen und blickte sich fahrig um, dann kam ihnen auch schon Kainuu entgegen. Erschrocken beäugte sie die kleine Fähe, die kopfüber in den Schnee gepurzelt war. War sie verletzt? Da war aber kein Blut und auch sonst wirkte sie weitgehend unversehrt. Nein, Kainuu schien in Ordnung zu sein. Und Kody? Warum war Kainuu zuerst da? Oh, sie hatte es ja geahnt, es musste ihm etwas zugestoßen sein. So schnell ihre Läufe sie trugen eilte sie zu ihm, vorbei an Devaki und Kainuu. Lange musste sie nicht bangen, denn gleich hinter den Beiden erwartete sie ein sehr lebendiger Kody.

“Kody“, stieß sie keuchend hervor, als sie endlich bei ihm war. „Du bist nicht tot!“

Ungestüm drückte sie ihre Schnauze in sein weiches Halsfell und verharrte so einen Moment. Mit zitternden Läufen sog sie seinen Geruch ein. Himmel, was hatte sie sich um ihn gesorgt! Sie hatten sich doch gerade erst wiedergefunden, da durfte er nicht gleich wieder verlorengehen. Nie wieder durfte er verlorengehen. Nur widerwillig löste sie von ihm, um ihn ausgiebig zu begutachten. Nein, da war noch alles dran. Voller Erleichterung seufzte sie auf und suchte seinen Blick.

“Und verletzt bist du auch nicht...?“

Sie klang gleichermaßen erleichtert wie ungläubig. Wenn ihm nichts fehlte, warum war er dann nicht zu ihr zurückgekommen? Warum war er überhaupt so weit fortgegangen? Und warum hatte er ihr nichts gesagt? Verwirrt schmiegte sie die Ohren an den Kopf.