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16 | Über den Fluss - Druckversion

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Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 20.05.2013



Spielleitung
Das Eis schien dick genug um die Wölfe zu tragen. Doch nicht alle Mitglieder des Rudels schienen hinübergehen zu wollen. Noch immer waren Kainuu und Kody nicht wieder bei den anderen eingetroffen. Und auch Nasiha, die die beiden hatte suchen sollen, kehrte mit verlorenen Spuren und schlechten Neuigkeiten zu den anderen zurück. Dagegen waren Shila und Namíd einfacher zu finden. Die beiden waren noch nicht allzuweit von den anderen entfernt, so dass die Schwester des Leitwolfes wenigstens sie auf ihrem Weg auflesen und zurückbringen konnte. Währenddessen waren die vier erwachsenen Wölfe vom Eis zurückgekehrt, hatten die Nachricht von den verschwundenen Welpen erhalten und ihrerseits eine Nachricht für den anwesenden Teil des Rudels. Das Eis konnte überquert werden. Laines' Vorschlag, das Eis in weiten Abständen hintereinander zu überqueren, kam dem Leitwolf dabei sehr gelegen. Ohne Kainuu und Kody wollte Deva auf keinen Fall gehen. Also bat er Cheza und Laines die Überquerung des Eises zu koordinieren. Er selbst wollte sich auf die Suche nach den beiden verschwundenen Welpen machen.



Re: 16 | Über den Fluss - Kainuu - 21.05.2013

Kainuu und Kody waren eine ganze Zeit lang begeistert gerannt und in der kleinen Braunen war unbändiger Mut und Tatendrang aufgeflammt. Sie hatte sich wunderschöne Bilder ausgemalt - wie sie in ihr Tal zurückkehrten und dann Devaki zu ihr kam und sich entschuldigte und sie alle wieder glücklich beisammen sein konnten. Wie der Schnee schmolz und ganz viel Beute unter ihm hervorkam, auch wenn das natürlich nicht ganz so logisch war - aber das war Kainuu in diesem Moment vollkommen egal. Sie sah das Glück vor sich und rannte ihm entgegen.
Doch mit der Zeit war das schnelle Laufen anstrengend geworden, noch immer waren sie weder in ihrem Zuhause angekommen, noch war Devaki aufgetaucht und die Kraft und der Mut verließen Kainuu wieder. Es war gar nicht so einfach, so lange durch den Schnee zu laufen und offensichtlich interessierte sich wirklich niemand für ihr Verschwinden. Entsetzen und Trauer hatten wieder nach ihrem Herz gegriffen und nun wurde es so fest umklammert, dass es bei jedem Schritt furchtbar schmerzte. Nur noch langsam und mit tief hängendem Köpfchen schleppte sich die Jungwölfin voran, bis sie plötzlich schwankend stehen blieb und sich dann in den Schnee fallen ließ.

“Er kommt nicht mehr, oder Kody? Es ist ihm egal, dass wir weg sind ...“

Ein erster Schluchzer kroch durch ihre Kehle während sie den müden Blick zu ihrem besten Freund hob und dabei unglaublich traurig aussah.

“Und unser Zuhause ist auch so viele millionentausendunendlich viele Schneeberge entfernt. Ich kann nicht mehr, Kody. Meine Pfoten tun weh und meine Beine wollen sich nicht mehr bewegen.“

Noch ein Schluchzer, dann senkte sie den Kopf wieder und schniefte in den Schnee. Jetzt fühlte sie sich so elend, trotz Kody vollkommen verlassen und hoffnungslos. Ihr Papa kam nicht und sie würden ganz alleine im Schnee liegen bleiben. Sie konnten ja nicht einmal jagen, also würde es nichts zu fressen geben und dann würden sie verhungern.

“Ich will nicht sterben, Kody.“,

wimmerte sie und kniff die Augen zusammen. Ihr Plan hatte so gut geklungen, aber jetzt musste Kainuu einsehen, dass es doch falsch gewesen war, mutig zu sein. Hätte sie das damals doch nur verstanden, als ihr Papa versucht hatte, es ihr zu erklären … ihr Papa …


Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 22.05.2013

Es war schwierig, die Gedanken zu ordnen und die Sorgen in den Hintergrund zu drängen. Das Eis schien zu halten, schien dick genug zu sein um sie sicher auf die andere Seite zu führen. Es hätte ihn beruhigen sollen, doch das tat es nicht. Devaki versuchte sich die Unruhe nicht anmerken zu lassen. Er traute dem Fluss nicht. Und der Umstand, dass Nana ohne Kody und vor allem Kainuu zurückkehrte, verstärkte das mulmige Gefühl in seiner Magengegend. Die dicke Hülle aus Ruhe und Überlegtheit, aus Souveränität und Erfahrung, unter der er sonst alle Zweifel, Ängste und Bedenken verbarg, begann zu bröckeln. Devaki nickte nur stumm, als Nana mit Shila und Namíd wiederkehrte. Er hätte den beiden gerne etwas gesagt, etwas, das sie aufmunterte. Etwas, das die Stimmung zwischen ihnen wieder besserte. Aber er fand keine Worte.

„Ich gehe nach Kainuu und Kody suchen. Seid vorsichtig, wenn ihr über das Eis geht. Ich möchte niemanden verlieren.“

Es war das Einzige, was er laut und mehr oder weniger an alle gerichtet von sich geben konnte. Die Gedanken des Leitwolfes drehten sich derweil in eine völlig andere Richtung. Was war, wenn er Kainuu nicht finden würde? Was, wenn den beiden etwas zugestoßen war? Sie wussten nicht, welche Tiere hier ebenso auf Beute hofften wie sie. Die Erinnerung an den Angriff der Pumas kam erneut in ihm hoch. Damals waren sie geschwächt von der Krankheit gewesen, heute waren sie geschwächt von Hunger. Und gegen zwei Halbstarke, die noch nicht einmal selbst durch Jagd überleben konnten, würde die großen Raubkatzen sicher leichtes Spiel haben. Ein ungemütlich kalter Schauer lief ihm über den Rücken bis zur Rutenspitze und seine Nackenhaare richteten sich für einen kurzen Moment auf. Nein, daran sollte er lieber nicht denken.

Devaki dachte als er ging überhaupt nicht daran, dass er keine Reihenfolge bestimmt hatte. Dass er keine Anweisung dagelassen hatte, wer als erster über das Eis gehen sollte und wer zuletzt ging. Wann die Welpen folgten und dass jemand ein genaues Auge auf Namíd und Shila werfen musste. Er hatte lediglich Laines und Cheza zuvor gebeten, die Gruppe hinüber zu geleiten. Aber eine wirklich hilfreiche Weisung zu geben hatte er versäumt. Es war nicht wichtig. Wichtiger war für den schwarzen Rüden, sich in Bewegung zu setzen. Den Pfotenspuren zu folgen, die zurück in Richtung Wald führten und die ihn hoffentlich zu Kody und Kainuu führen würden. Er konnte sich kaum vorstellen, dass es Nasiha nicht gelungen war die beiden zu finden. Wie konnte sie sie nur übersehen? Wie konnte sie mit leeren Pfoten zurückkehren? Wut kochte in ihm hoch. Wut auf seine Schwester, Wut auf die Natur, auf die Beutetiere, die nicht gekommen waren und die ihnen so die Heimat geraubt hatten. Wut auf Shila und Namíd, die er bereits gefühlte Stunden zuvor empfunden hatte, weil sie seine Anweisungen missachtet hattten und weil sie ihren Abenteuertrieb nicht hintenan stellen konnten. Und Wut auf sich selbst, weil er seine liebste Tochter enttäuscht und verletzt hatte. So sehr, dass sie davongelaufen war und nicht wieder zurückkehrte. Mit dieser Wut in seinen Gedanken beschleunigte er seine Schritte. Er musste sie finden. Und zurückbringen.


Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 23.05.2013

Längst war sie mit ihrer Geduld am Ende. Wo um Himmels Willlen steckte Kody? Er hatte gesagt, er wäre gleich wieder da – nur deshalb war sie am Ufer des Flusses hocken geblieben. Jetzt ärgerte sie sich maßlos, dass sie ihn nicht einfach begleitet hatte. Sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, dass er sie einfach hier zurücklassen und sich ohne ein Wort aus dem Staub machen würde. Sie war schließlich seine Schwester. Na und? Und Dubh war dein Freund und Lehrer, flüsterte eine gehässige Stimme in ihr, doch sie wollte diesen widerwärtigen Gedanken nicht einmal zu Ende denken. Ja, Dubh hatte sie loswerden wollen, aber er war noch hier. Er hatte seinen Plan nicht in die Tat umgesetzt und das sollte das Wichtigste sein. Trotzdem wäre es gelogen zu behaupten, dass es sie nicht tief getroffen hätte und dass sie ihren schwarzen Begleiter nicht mit Argusaugen beobachten würde. Aber Kody war eben Kody, er würde ihr so etwas doch bestimmt nicht antun und einfach ohne sie gehen – oder? Es musste irgendetwas anderes dahinterstecken. Vielleicht war ihnen etwas zugestoßen oder sie fanden den Weg nicht mehr zurück. Dann konnten sie sie einfach retten und zurückbringen und alles würde wieder in Ordnung sein. An diesen Gedanken klammerte sie sich, so absurd das auch sein mochte, denn es war um Meilen besser als die andere, die gemeine Alternative.
Als Devaki schließlich ankündigte, dass er sich auf die Suche machen werde und sie das Eis schonmal ohne den Rest überqueren sollten, schnaubte sie empört. Sie konnten doch nicht ohne Kody und Kainuu losgehen! Was, wenn er sie nicht mehr wiederfinden konnte und auch der Leitwolf mit leeren Pfoten zurückkehrte? Seine Schwester Nasiha hatte es schließlich nicht geschafft. Es war ihr schleierhaft, warum die Schwarze nicht einmal der einfachsten Spur folgen konnte, doch sie hatte insgeheim für sich bereits beschlossen, dass Nasiha einfach besonders unfähig war. Unsympathisch war sie ihr ja ohnehin bereits, sie hatte schließlich gesehen, wie launisch sie war und wie sie grundlos auf Dubh einhackte. Und so jemanden hatte Devaki geschickt, um die Welpen zu retten! Vielleicht musste sie die Sache einfach selbst in die Pfote nehmen und dem Leitwolf helfen.
Mit einem raschen, verstohlenen Blick vergewisserte sie sich, dass sie momentan niemand im Auge behielt, vorallem nicht Dubh. Doch das Rudel war von Devakis Anweisungen abgelenkt und die Überquerung des Flusses hatte nun Priorität – sie war dagegen nur ein unwichtiger Welpe und ironischerweise im direkten Vergleich eher brav, Mustersohn Liath mal ausgenommen. Das würde sich jetzt ändern, denn die Luft schien rein und sie flitzte los.
Weit war Devaki noch nicht gekommen und so war es ein Leichtes, ihm zu folgen. Sie war ja auch fast erwachsen und kein Welpe mehr. Doch als der Schwarze seine Schritte plötzlich beschleunigte, musste sie prompt ein paar Meter rennen, um noch mithalten zu können. Ihre Läufe waren eben doch noch ein ganzes Stück kürzer als seine. Einen Moment lang erwog sie sogar, einfach nach ihm zu rufen, damit er auf sie warten konnte. Den Gedanken verwarf sie allerdings sofort wieder, denn der Schwarze würde sie wahrscheinlich zurück zum Rudel schicken oder sie sogar selbst bringen und dann einen Aufpasser auf sie ansetzen. Dabei wollte sie ihm doch nur helfen, Kody und Kainuu zu retten. Nein, sie würde weiter hinter ihm herschleichen, -rennen, was auch immer. Denn bisher, so redete sie sich ein, lief doch alles wie geschmiert. Devaki hatte sie garantiert nicht bemerkt.


Re: 16 | Über den Fluss - Liath - 26.05.2013

Liath war nicht begeistert davon, das Eis nun tatsächlich überqueren zu müssen. Nach Devakis Reaktionen und seiner spürbaren Anspannung konnte er nicht anders, als zu glauben, die Eisfläche wäre gefährlich. Aber wenn sie alle zusammen schnell über den Fluss gingen, konnte er damit leben, auch wenn es ihm nicht gefiel. Der Jungwolf stand mit angelegten Ohren am Ufer und ließ den Blick abwechselnd über die Wölfe und den Fluss schweifen, um den Start hinaus zu zögern. Namid und Shila waren inzwischen wieder zurück, nur Kody und Kainuu fehlten noch immer. Devakis Schwester hatte die beiden nicht gefunden, was Liath zusätzlich beunruhigte. Es hätte ihn – wenn er ganz ehrlich war – weniger gestört, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären und an Stelle von Kainuu und Kody seine beiden anderen Geschwister verschwunden geblieben wären. Von der Seite musterte er Namid und Shila und wurde nur vom allgemeinen Startsignal für die Überquerung unterbrochen. Das kam jedoch nicht von seinem Vater, auch wenn der ebenfalls etwas verkündete. Als seine Worte an die Ohren des schwarzen Sohnes trafen, winselte dieser leise auf, sagte aber nichts. Folgen konnte er Devaki nur mit Blicken, aber es wäre unvernünftig gewesen, ihm nun nachzulaufen. Es war mehr als ausreichend, dass Rylai ihm noch folgte, aber bei ihr war es auch verständlich. Hier im Rudel hatte sie niemanden außer Kody, der wirklich zu ihrer Familie gehörte, Liath hätte es an ihrer Stelle ganz genauso gemacht.

Auch wenn gesagt worden war, dass sie das Eis in einigem Abstand überqueren sollten, geriet der Jungwolf unbeabsichtigt in die direkte Nähe seiner beiden Geschwister. Hatte er sich zuvor nur auf behutsame Schritte und Geräusche aus Richtung Eis konzentriert, blickte er nun auf, legte die Stirn in Falten und die Ohren etwas zurück.

„Was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht? Das war total dämlich.“

In seinem Blick lagen Unverständnis und Ablehnung, auch wenn er sich Mühe gab, nicht allzu unfreundlich zu klingen. Dadurch hörten sich seine Worte seltsam neutral an, obwohl die Anklage in ihnen natürlich jedem klar war. Eigentlich war das hier nicht wirklich der beste Ort, um etwas auszudiskutieren, aber es gab so selten Gelegenheiten, an dieses eingeschworene Geschwisterpaar heranzukommen, dass er jetzt nicht groß darüber nachdachte. Außerdem ärgerte ihn ihr Verhalten so sehr, dass er nicht einfach still neben ihnen herlaufen konnte.


Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 27.05.2013

Es dauerte tatsächlich eine Weile bis Devaki, der seine Gedanken vollkommen auf die Suche nach Kainuu und Kody gerichtet hatte und sich den Kopf darüber zerbrach, was Nasiha davon abgehalten haben konnte die beiden zu finden, bemerkte, dass er nicht allein unterwegs war. Zunächst hatte er geglaubt, der Schnee klang einfach komisch, weil sie in Richtung Wald unterwegs waren. Oder das Echo – obwohl ihm dieser Gedanke schon ein wenig merkwürdig vorkam – seiner Schritte wurde von den Wänden des Tals zurückgeworfen. Aber wie konnte er mit seinen im Gegensatz zu den Bergwipfeln kleinen Pfoten so ein lautes Echo erzeugen? Wie konnte er überhaupt eines erzeugen, wenn nicht einmal seine Stimme eines hervorlocken konnte. Also dämmerte es ihm allmählich. Devaki wandte sich nicht um, sondern vergewisserte sich noch einige Meter, dass er wirklich recht hatte. Dann blickte er nach hinten und sah Rylai, die ihm in einigen Schritten Entfernung folgte.

Er blieb stehen und musterte sie schweigend. Er wollte den Fang aufmachen und sie zurückschicken. Ihm war klar, dass sie sich stur stellen würde, aber sie waren noch nicht allzu weit gekommen, also würde er sie zurückbringen und dann wieder allein weiterziehen. Das war kein Spielplatz und kein Detektivspielchen. Das war ernst. Wenn er Kainuu nicht fand... nein, darüber wollte er gar nicht nachdenken. Seine Tochter und Kody konnte noch gar nicht allzu weit gekommen sein. Sie waren nicht gut im Verstecken. Sie waren nicht gut im Jagen. Sie waren Welpen, herrje. Und genau das war Rylai auch, weshalb sie bei den anderen bleiben sollte und mit ihnen zusammen sicher über das Eis schlurfen sollte. Devaki öffnete gerade den Fang, als ihm einfiel, dass die junge Fähe in Kody auch einen lieben Wolf vermisste. Er war ihr Bruder, der einzig lebende Verwandte, den sie gerade erst wieder gefunden hatte. Der schwarze Rüde schloss den Fang wieder und fuhr fort, Rylai einfach anzusehen. Konnte er ihr verbieten sich um ihren Bruder zu sorgen? Oder mit ihm zu gehen, um ihn zu suchen? Nun, konnte er schon. Aber Rylai war nicht Shila und auch nicht Namíd. Sie würde im Zweifelsfall eine Gefahr erkennen und auf das hören, was er ihr sagte. Hoffte er.

„Komm schon, wir sollten uns besser beeilen.“

Devaki wandte sich ohne weitere Worte um und stapfte den Weg weiter, den er im Schnee vor Augen gehabt hatte. Die Spuren der beiden Welpen führten in Richtung Wald. Oder waren das die Abdrücke, die sie auf dem Weg zum Fluss hinterlassen hatten? Viele Abdrücke hatten sich in den Schnee gedrückt. Er konnte die frischesten identifizieren, sie mussten von Nasiha stammen. Der Leitrüde hoffte inständig, dass sie den richtigen Fährten folgten. Er wollte das Rudel nicht zu lange alleine lassen. Noch mehr aber wollte er die beiden Ausreißer endlich wiederfinden. Und vier Augen sahen besser als zwei. Vielleicht war es gut, dass Rylai ihn begleitete.


Re: 16 | Über den Fluss - Shila - 28.05.2013

Seit sie und ihr Bruder wieder zum Rest des Rudels zurückgekehrt waren, verhielt sich Shila ungewöhnlich still und zurückhaltend. Die Enttäuschung über ihren Ungehorsam, die Deva noch immer ausstrahlte, hatten sich in die kleine Seele gefressen und ließen Shila innerlich keine Ruhe finden, wobei sie äußerlich fast so wirkte, als wäre sie gar nicht richtig da, nur körperlich anwesend, wie eine wölfische Hülle ohne Inhalt. Selbst mit Namíd wechselte sie kein Wort, nur ab und an schmiegte sie sich etwas an seine Seite, als versuchte sie so noch ein wenig Kontakt mit der Welt, die sie umgab, zu halten. Devas Kommandos und Befehle bekam sie dagegen mit und würde den Teufel tun sich diesen Worten erneut zu widersetzen. Sie hatte es ja nie böse gemeint, es war einfach nur dieser Reiz des Abenteuers gewesen und jetzt stellte sich ja ohnehin heraus, dass ihnen vermutlich nicht einmal etwas passiert wäre. Vielleicht wären sie nach ihrem Abenteuer sogar so etwas wie Helden gewesen, die als Erste den gefährlichen Eis-Fluss überquert hatten... Aber was brachte es sich Gedanken zu machen über Ergebnisse, die nun ohnehin nicht mehr eintreffen würden.

Vorsichtig tapste Shila hinter ihrem Bruder her, als die Wölfe des Rudels begannen die Eisfläche zu überqueren. Ihrem Vater hatte sie nur kurz nachgesehen. Dass Kainuu und Kody immer noch verschwunden waren beunruhigte Shila allerdings nicht so sehr wie scheinbar die übrigen Wölfe, denn immerhin war Kainuu nicht allein unterwegs und Shila vertraute darauf, dass Kody alles tun würde um ihre Schwester zu beschützen. So gab es keinen Grund sich über das Wohlergehen ihrer Schwester Sorgen zu machen...

Als sich Liath näherte, warf sie ihm zunächst nur einen kurzen Blick zu, der signalisierte, dass sie ihn wahrgenommen hatte. Ihre Haltung verriet nicht was sie darüber dachte oder fühlte ihn in ihrer Nähe zu wissen. Als er jedoch anfing zu sprechen und diese seltsam neutralen Worte an ihre Ohren kamen, die doch so viel Anklage und Unverständnis in sich trugen, blickte sie ihn erneut an und hielt dieses Mal den Blickkontakt aufrecht – es sei denn Liath würde den Blick senken.

“Du denkst wohl du könntest über uns urteilen, ja? Der perfekte Liath und seine dämlichen Geschwister!“

schnaubte Shila und war mit einem Schlag wieder vollkommen in der Realität angekommen, die Schultern gestrafft, den Kopf erhoben, die Ohren angelegt. Die Anklage war durchaus bei ihr angekommen und sie fühlte sich von ihrem Bruder zu Unrecht angegriffen. Was nahm er sich heraus so über sie zu urteilen und sie als „dämlich“ zu bezeichnen?

“Du hast ja keine Ahnung!“

setzte sie nach und schüttelte unwirsch den Kopf. Sie war langsamer geworden beim Sprechen und Starren, was vielleicht auch ganz angebracht war, da sie nun nicht mehr so sorgsam auf die Eisfläche achten konnte, die unter ihren Pfoten leise knackte. Mit Liath hatte sich Shila ihr junges Leben lang noch nicht so sehr auseinandergesetzt. Meist hing sie mit Namíd zusammen. Früher hatte sie mit allen Geschwistern gespielt und herumgetollt, aber irgendwann hatte jeder angefangen seinen eigenen Weg zu gehen und seine eigenen Freunde und Ansprechpartner zu finden. Und Liath und sie hatten sich irgendwie auseinander entwickelt, was Shila manchmal leid tat, denn irgendwie würde sie die Einsichten ihres Bruders schon gerne verstehen. Das änderte jedoch nichts daran, dass sie ihn jetzt im Augenblick überhaupt nicht verstand und seine Worte einfach nur unangepasst fand!



Re: 16 | Über den Fluss - Laines - 28.05.2013

„Alles klar, du gehst voran und sorgst dafür, dass keiner der Jungspunde an dir vorbei zieht, ich achte von hinten darauf, dass sich alle benehmen und rette notfalls die Einbrechenden.“

Damit war für Chess Laines die Sache auch schon geklärt. Ob Cheza Lust hatte auf seinen Vorschlag – oder mehr seine Anweisung – einzugehen, war ihm ziemlich egal. Es wäre mehr als nur infantil gewesen darüber zu diskutieren, wer vorne lief und wer hinten. Das sie als aktuelle Verantwortungstragende ganz vorne und ganz hinten gehen würden, war für den Tiefschwarzen die selbstverständlichste Logik. Er konnte auf niemanden Acht geben, der hinter ihm lief. Aber man musste gleichzeitig auch die Führung übernehmen. Gut also, dass sie zu Zweit waren und sich die Aufgabe so bequem teilen konnten. Als früherer Beta fiel es ihm nicht schwer zu erkennen, wie man am Besten an diese Situation heran ging, genau so wenig, wie er damit Probleme hatte Anweisungen zu geben. Im Fall der Fälle hätte er sich auch durchzusetzen gewusst und wäre dabei weder so zimperlich, noch so verbal wie Devaki gewesen. Manchmal war eben die gute, alte Unterwerfung und Zurechtweisung das Effektivste, was man tun konnte. Aber bisher musste er diese Methode glücklicher Weise noch nicht einsetzen.
Chess Laines wartete, bis alle anderen auf dem Eis waren und betrat es als Letzter, seitlich leicht versetzt von den anderen. Dass Namíd und Shila trotzdem direkt nebeneinander gingen, entlockte dem Schwarzen zwar ein Augenrollen, aber er sagte nichts. Zum einen glaubte er nicht, dass das Eis so brüchig war, dass sie direkt einstürzen würden, andererseits hätte er es auch gar nicht so schlimm gefunden, wenn sie eingebrochen wären. Aus der Erfahrung lernte man bekanntlich am Besten und Laines, der als Jugendlicher selbst schon ein paar Mal auf einem gefrorenen See eingebrochen war, wusste, wenn man sich nicht zu blöd anstellte, kam man auch ganz fix wieder heraus. Er glaubte nicht, dass die Strömung unterhalb des Eises so stark sein konnte, denn es erschien ihm doch relativ dick.
Er trottete also so vor sich hin, behielt die anderen im Auge. Als Liath dann auch relativ nah bei Namíd und Shila ging, richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf die drei Jungwölfe. Amüsiert und aus unerklärlichen Gründen irgendwo stolz hörte er zu, wie Liath seine Geschwister für ihre Dämlichkeit tadelte. Guter Junge, guter, guter Junge! Alles sein Verdienst. Allerdings war klar, dass seine Geschwister darauf nur zickig reagieren konnten. Kaum gedacht, stänkerte Shila auch gleich los. Laines verzog das Gesicht. Okay, sie sollten doch aufpassen, da traf es sich nicht gut, wenn sich gleich drei Jungwölfe zankten. Chess Laines beschloss also lieber gleich einzugreifen und die Drei daran zu erinnern, dass sie Abstand voneinander halten sollten. War vielleicht auch besser so.

Hey, ihr Drei, bitte etwas mehr Abstand! Wir wollen unsere Gewichter verteilen und nicht auf eine Stelle konzentrieren.“


Re: 16 | Über den Fluss - Kodeiyan - 30.05.2013

Anfangs war Kodeiyan selbst noch von seinem Plan überzeugt gewesen, allein daraus hatte er die Kraft gezogen, die er gebraucht hatte, um gut gelaunt neben Kainuu herlaufen zu können. Er wußte, das alles wider gut werden würde, sie mussten nur ein wenig warten. Sicher suchten die Anderen schon nach ihnen, und bald würden sie sie finden und einsehen, dass es das Beste war, wenn sie zurück gingen.
Jedoch hielten all diese Gedanken selbst bei Kodeiyan nicht lang an. Er wußte nicht, wie lange sie schon liefen, wie nah sie ihrer Heimat waren und wie lange es dauern würde, bis sie endlich gefunden wurden. Und so wurde nicht nur die Fähe langsamer, auch Kody selbst verlangsamte seine Schritte, bemüht darum, sich die Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. Als seine Freundin schließlich im Schnee zusammen sackte, blieb auch Kodeiyan stehen, trat einen Schritt zu ihr zurück und neigte die Ohren an den Hinterkopf. Er konnte keine bekannten Gerüche ausmachen, und die winterliche Kälte schien auch jegliche Geräusche zu verschlucken. Müde ließ der Braune den Blick kurz schweifen, ehe sich die Augen auf seine Freundin richteten, die seine Befürchtung nur noch einmal aussprach. Der junge Rüde versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln, jedoch gelang es ihm nicht ganz.

„Er wird kommen, ganz sicher! Wir müssen nur Geduld haben!“

Er wußte nicht, wie sehr er selbst an seine Worte glaubte, in diesem Moment konnte er aber weder Devaki noch einen anderen Wolf sehen. Sie waren allein, ihre Heimat unendlich weit fort. Und genau das sprach Kainuu in diesem Moment an, sodass der Braune kurz den Blick auf den Schnee senkte, um nicht in ihre traurigen Augen blicken zu müssen. Allmählich wurde ihm klar, dass das alles keine gute Idee gewesen war, das sie besser zurück gegangen wären. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die anderen ohne sie weiter gegangen waren... aber wo waren sie? Wo war Devaki? Und Rylai? Ein leises Fiepen verließ den Fang des Rüden, als er die braunen Augen erneut auf den Weg richtete, den sie gekommen waren. Niemand war da, sie waren allein. Kurz schloß der Braune die Augen, ehe er sich mit müden Schritten an Kainuus Seite begab und sich dicht neben sie in den Schnee sinken ließ, mit der Nase durch ihr weiches Fell fuhr. Ihre Worte ließen ihn kurz zusammen zucken, und ungläubig blickte er seiner Freundin entgegen.

„Sag soetwas nicht, ich bin bei dir, ich lasse nicht zu, dass wir etwas passiert.“

Er flüsterte ihr leise zu, auch wenn er selbst nicht wußte, wie er ihnen helfen konnte. Es gab also nur eine Möglichkeit. Kurz berührte er ihre Lefze, ehe er den Kopf anhob, und die Schnauze zu einem leisen Heulen öffnete. Vielleicht hatten sie Glück, vielleicht hörte ihn jemand, der ihnen helfen konnte. Einige Momente verharrte der junge Rüde so, ehe er den Kopf wieder sinken ließ, ihn vorsichtig auf Kainuus Hals sinken ließ und mit einem leisen Seufzen die Augen schloß.

„Sie werden kommen, das verspreche ich dir!“


Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 31.05.2013

Verdammter Mist, er hatte sie bemerkt. Wenn sie besser aufgepasst hätte, dann hätte sie sich vielleicht noch verstecken können, doch sie hatte sich doch so beeilen müssen, damit sie ihn nicht verlor. Mehrere Herzschläge lang starrte sie ihn an, in ihren Augen eine seltsame Mischung aus Erschrecken und trotziger Entschlossenheit. 'Was jetzt?', schien sie ihn zu fragen. 'Schickst du mich jetzt zurück? Ich werde nicht freiwillig gehen.' Auch Devaki schwieg, er schien über etwas nachzudenken. Und dann geschah ein kleines Wunder und er sagte einfach nur, dass sie sich beeilen sollte. Mit großen Augen und offenem Mäulchen blickte sie zu ihm auf, unfähig, ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Doch das war auch gar nicht nötig, denn der Schwarze hatte sich bereits umgedreht und war losgestapft. Ihr war, als wäre ein ganzer Felsbrocken von ihrem Herzen gefallen. Jetzt musste sie sich nicht mehr verstecken, sie durfte ihn ganz offiziell begleiten und ihren Bruder retten. Stolz reckte sie sich und folgte ihm dann eilig.
Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass Devaki fähiger war als seine Schwester und sie die beiden Ausreißer bald fanden. Denn wenn nicht... das wollte sie sich lieber gar nicht ausmalen. Mit jedem Schritt machte sie sich größere Sorgen. Sicher wären die Beiden längst wieder zurückgekehrt, wenn alles in Ordnung wäre? Ihnen musste irgendetwas zugestoßen sein. Bald wirbelten in ihrem Kopf die gruseligsten Bilder umher. Kody verletzt, Kody verschollen, Kody tot. Als dann plötzlich ein Heulen in ihrer Nähe erklang, konnte sie nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken. Das war eindeutig seine Stimme! Aufgeregt wandte sie sich an Devaki.

“Das ist Kody!“, platzte es aus ihr heraus. “Schnell, vielleicht stecken sie in Schwierigkeiten!“

Prompt flitzte sie los, ohne auf weitere Anweisungen zu warten. Ihr Bruder hatte gerufen und plötzlich war sie felsenfest davon überzeugt, dass sein Ruf ihr gegolten hatte.