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16 | Über den Fluss - Druckversion

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Re: 16 | Über den Fluss - Laines - 30.01.2013

Die Situation amüsierte Chess Laines zusehend. Devaki schien der zugefrorene Fluss aus irgendwelchen Gründen nicht ganz geheuer zu sein und befehligte erst mal, dass keiner das Eis betreten durfte. Blöderweise schien sich mit „Keiner“ niemand angesprochen zu fühlen. Oho! Und solcher Ungehorsam auch noch vor dem Leitwolf! Aber dazu später mehr. Vorerst hatte sich der Tiefschwarze noch mit Kainuu zu beschäftigen, die weiterhin nicht ganz überzeugt davon war, dass es überhaupt keine Rolle spielte, wo man lebte. Es konnte einem überall gut gehen. Devaki gab ihm sogar Recht! Die braune Welpin war aber weiterhin der Meinung, dass Heimat nur der Ort war, wo man geboren wurde. Völliger Unfug, wenn man ihn fragte. Hätte es der jungen Wölfin dort nicht gefallen, würde sie jetzt sicherlich nicht so eine Ansicht vertreten. Man jammerte nur Dingen nach, mit denen man Gutes verband. Laines’ Kindheit war gänzlich anders verlaufen, als die von Devakis Welpen. Den Ort, wo er geboren worden war, wollte er nie wieder sehen.
So konnte Laines das Kainuu allerdings auf keinen Fall erklären. Und er bezweifelte auch sehr stark, dass die Braune das überhaupt verstehen würde. Aber er war ja nicht auf den Kopf gefallen, sondern ein eloquenter, schlauer Rüde. Er zwinkerte der Kleinen also nur verschmitzt zu.

Ach was. Zuhause ist da, wo das Herz wohnt! Also kann es sein, wo immer es dir gefällt. Das muss sich nicht nur auf einen Ort beschränken.“

Laines fand seine Worte gut gewählt. Dann drehte sich sein Kopf automatisch herum, denn Devaki hatte sich an ihn gewandt. Er schmunzelte leicht. Ja, das er dem Eis nicht traute, hatte Laines inzwischen mitbekommen. Vielleicht kannte er sich mit der Tragkraft von Eisflächen ja nicht aus? Er erinnerte sich, dass das Meer im alten Revier im Winter nicht zugefroren war. Dort hatte es allerdings auch noch einen See gegeben, der sich so normal wie alle sonstigen Gewässer verhalten hatte. Aber in einem Punkt hatte sein Leitwolf schon Recht. Wenn das Eis an der tiefsten Stelle noch dünn war, wäre es lästig wenn die Wölfe reihenweise ins Wasser fielen und sich wieder herausziehen mussten. Dennoch.

Mag sein. Aber ich fürchte, vom Ufer aus werden wir das nicht feststellen können.“

Sein Kopf sponn gerade eine Idee zurecht, die er seinem Alpha vortragen wollte, da wuselte Kainuu davon. Verwundert blickte der schwarze Rüde ihr nach und sah auch recht schnell, warum die junge Wölfin abgedampft war. Namíd und Shila hielten wohl nicht viel von der Anweisungen ihres Vaters und Leitwolfs und hatten sich etwas abseits von ihnen zum Ufer begeben. Wenn Laines gekonnt hätte, hätte er sich die Pfoten vor die Stirn geschlagen. Hilfe, diese Welpen waren ja noch dümmer, als er schon immer befürchtet hatte! Was glaubten sie, dass schwarzes und braunes Fell im Schnee nach ein paar Metern Distanz unsichtbar wurde? Ich schau weg und seh’ dich nicht, also siehst du mich auch nicht mehr? Aua, aua, aua. Er musste sich arg zurück halten nicht einen Kommentar loszulassen, in dem er Namíd und Shila einen gesunden Verstand aberkannte. Das hätte Devaki vermutlich nicht gefallen. Sowieso würde ihm vermutlich nicht gefallen, was er sah. Keiner der Jungwölfe schien seinen Befehl großartig ernst zu nehmen. Das etwas amüsierte Grinsen ließ sich nicht ganz verbergen, als Chess Laines den Kopf wieder zu Devaki herum wandte.

Ich glaube, du musst noch deutlicher werden. Sollen wir sie zurücktreiben?“

Er hatte gut Lust aufzuspringen und loszupreschen, wie zum harmlosen und absolut nicht ernst gemeinten Scheinangriff auf die Jungwölfe. Nur, um ihnen einen Schrecken einzujagen. Der pädagogisch wertvolle Teil davon war natürlich, dass ihnen so ihre Grenzen aufgezeigt wurden. Grünschnäbel hatten gefälligst auf ihren Leitwolf zu hören! Noch besser hätte Laines es natürlich gefunden, wenn Devaki gleich mit ihm losrennen würde. Er war schließlich derjenige, der Konsequenz und Durchsetzungvermögen zeigen musste. Vorerst aber reckte Laines nur den Kopf in die Richtung der Welpen.

Namiiiid! Wir sind nicht blind, wir seeehen euch!“, rief er.


Re: 16 | Über den Fluss - Dannsair - 31.01.2013

Statt überschwänglicher Freude war Dannsair lediglich Zurückhaltung und Skepsis entgegengeschlagen. Früher hätte ihn das entweder noch mehr aufgekratzt und aufdringlich werden lassen, oder aber zutiefst verunsichert und nachdenklich gemacht. Doch inzwischen war der Schwarze etwas älter geworden und hatte einiges dazugelernt, sodass er dieses Verhalten seinem Bruder nicht übelnahm. Er wusste noch nicht, was ihm auf seiner Wanderung widerfahren war, freute sich aber wahnsinnig, ihn wieder bei sich zu haben, und ließ ihm nun einfach die Zeit, die er brauchte, um aufzutauen. Wenn es zu lange dauern sollte, konnte er immer noch nachhelfen. Bis dahin nutzte er die ruhigen Minuten für Spekulationen, was wohl mit dem Rest seiner Familie geschehen sein mochte. Dubhs Worte waren nicht gerade aufbauend gewesen, aber vielleicht täuschte er sich. Und wenn es eines seiner Geschwister zu ihm geschafft hatte, warum sollte dann nicht noch eins folgen? Dannsair ging Duanag nicht mehr aus dem Kopf, er vermisste sie plötzlich mehr als die letzten Monate, in denen er durchweg abgelenkt und beschäftigt gewesen war, und seine Familie beinahe vergessen hätte.

Dennoch stellte sich im Laufe der Wanderung Zufriedenheit bei dem Rüden ein, er freute sich immer noch über den Entschluss, in ein neues Revier zu ziehen und so langsam schien sich auch der Rest des Rudels damit abzufinden. Im Übrigen erfreute ihn, dass auch Rylai ihren Bruder wiedergefunden hatte, und andersrum Kody nun nicht mehr ohne leibliche Familie im Rudel war. Es war doch viel schöner, wenn man sein Glück teilen konnte. Dann fiel ihm wieder ein, dass Nasiha ja auch so ein Fall Verlorengeglaubter war, und dass auch sie damit nicht die erste Wiedergekehrte war. Das ließ ihn nun ins Grübeln geraten – während er neben dem Rudel hertrottete - , woran das lag, dass manche ihre Familien verloren und andere sie wiederfanden und ob sie auch manchmal von den Falschen gefunden wurden, und ob das nur an bestimmten Orten und Tagen geschah. Als das Rudel schließlich stehen blieb, tat er es ihm gleich, ohne nach dem Grund zu fragen, so versunken war in seine Gedanken. Erst als Liath zu ihm kam hob er den Kopf und musste feststellen, dass er keine Ahnung hatte, was sie hier machten.

“Iiiich.. weiß nicht?“

wich er also erstmal aus und blickte den jungen – aber nicht mehr wirklich kleinen – Wolf ratlos an. Schließlich trat er ein paar Schritte nach vorne und stieß somit auf das Hindernis, das ganz offenbar den Weg versperrte. Aha! Ein.. anderer Schnee. Auch er musste erstmal testend seine Nase dort hineinstecken und stieß mit einem erschrockenen Fiepen plötzlich auf etwas Hartes. Aber nicht so hart wie Boden, sondern eher hart und kalt – und so, dass er fast mit der Nase daran kleben blieb – wie Eis. Uff, nun musste Erklärungen her. Noch einmal überblickte er die schneeige Fläche von oben nach unten und von links nach rechts, bis er eins und eins zusammenzählte und zu dem Ergebnis kam..

“Keine Ahnung. Vielleicht.. ist das der falsche Weg?“

Dannsair wusste nicht, ob Devaki irgendeine Route im Kopf geplant hatte, und ob diese Route eben genau nicht hier vorbeiführen sollte, aber das schien ihm im Moment die einzige Erklärung, denn Gefahr verband er mit dem Hindernis vor sich nicht. Warum auch, bis auf, dass es kalt an der Nase war, hatte ihm das Eis ja noch nichts getan. Der Rüde war bis heute niemand, der vor neuen Dingen Angst hatte, und selbst wenn sie ihm etwas Böses taten, dann doch eher noch mit Trotz reagierte.


Re: 16 | Über den Fluss - Nasiha - 31.01.2013

Nasiha fiel es schwer der Aussage des Rüdens Verständnis entgegenzubringen. Meinte er tatsächlich, er hatte sich an das Leben eines einsamen Wanderer gewöhnt? Beinahe wäre sie verfallen gewesen genau diese Frage ihm zu stellen, aber sie hinderte sich noch rechtzeitig daran. Es schien ihr relativ unhöflich oder gar voreingenommen, würde sie gleich seine Ansichten hinterfragen. Dennoch für die dunkle Fähe gab es nichts höheres als ihre Familie. Sicherlich die Gesellschaft eines Rudels konnte anstrengend sein und auch Einsamkeit war ein erholsamer Faktor im Leben, aber das stetige Alleinsein würde sie freilich zum Wahnsinn treiben. Oder meinte er es gar anders?

Grübelnd drangen seine Worte von Nahrung an ihr Ohr, dies war das Stichwort welches sich ihr Magen die ganze Zeit ersehnt hatte. Ein leises Grollen zog durch ihren Leib und die Erinnerung an ihren Hunger schwamm träge zurück in ihren Geist. Vielleicht sollte sie die Rast tatsächlich für eine nicht ausreichende Jagd nutzen, dies war wenigstens ein Anfang. Ein Kaninchen oder auch ein Vogel oder gar die klein Maus von der sie vorhin schon geträumt hatte. Irgendwas...Die Fische, welcher Angelei sie absolut nicht geneigt war, waren ja eingefroren, sonst hätte sie vielleicht den Tänzer fragen können, aber solange sie im Eis verborgen waren, war auch dieser Beutezug unmöglich. Ein klägliches Seufzen entwich ihr und stieß ein kleine Nebelwolke voran.

"Hmm...Ja, irgendwie sehr seltsam. Ich habe das noch nie erlebt, nicht so plötzlich, aber wir haben auch in der weiteren Umgebung nichts mehr zum Jagen gefunden...Wie lange war es her, dass auch ihr kein Wild mehr gesehen habt? Kann dies nicht vielleicht ein Anhaltspunkt sein, wie weit wir noch zu laufen haben?"

Ein flehender Blick um gute Antwort konnte sich die Fähe nicht nehmen, obwohl sie innerlich schon ahnte, dass auch hier kaum noch Hoffnung bestand.

Ihre Brauen kniffen sich zusammen, dann zuckten sie wild und die Stirn der Fähe legte sich wuschelnd in Falten. Aufgegeben...Es klang bitter und hart in ihren Ohren, dennoch so verständlich und ausdauernd wie der morgendliche Sonnenaufgang. Die Unsicherheit ging einher mit der Verzweiflung und mit der Sehnsucht nach Gewissheit. So war doch die brennende Hoffnung in der Brust schwerer zu ertragen, als der dumpfe Schmerz für immer die Familie verloren zu haben. Jenes Leid verebbte irgendwann und wurde zu einem Teil des eigenen Leben, unantastbar. Dort gab es kein Rütteln und Rühren mehr, aber der Gedanke sie lebten nur fernab ließ bei manchen schier unendliches Fernweh heranwachsen. Bei ihr war es so gewesen. Hauptsache fort, auf der Suche nach ihm. Es wäre ihr gleich gewesen wie lange und wohin, aber Gewissheit - die wollt sie haben. Sie wollte wissen wo erlebt, wie er lebt, ob er sie noch erkennen würde, ob er sie noch schätzte wie sie es bei ihm tat. Ihre Nachricht drängelte dafür sekündlich in ihrem Rücken, denn der Wunsch ihrer Mutter war genauso in ihrem Fleisch und Blut übergegangen.

"Aaaber...aber.."


Ihr fehlten die Worte, wahrlich sie rang um Fassung. Sie wollte ihm entgegnen, welches Wunder ihnen dann doch zugewiesen wurde. Der Bruder aufgegeben und doch von den Toten erwacht. Doch für diesen Moment entkam ihren Lefzen nicht mehr, als dieses Gestotter, welches sie sich klein fühlen ließ. Verwirrt sank ihr Blick zwischen die Pfoten, die scharrend im Schnee nach etwas unsichtbaren wühlten. Beinahe hätte sie so sein Schmunzeln verpasst, doch sie braucht seinen Anblick nicht zu erhaschen, der flüchtige Hauch lag auch auf seiner Stimme. Kurz schnippten ihre Ohren, als sie inne hielt und den Kopf anhob. Tatsächlich, sie hatte sich nicht geirrt, bereits wieder am Verblassen, konnte sie dennoch das Merkmal seiner Zuwendung sehen.

"Nja, aber du bleibst doch jetzt auch oder?"

Zaghaft kam die Frage über sie, wobei sie dennoch streng die Schnauze voran streckte, als dulde sie keine Widerworte. Sein Plan, den er ihr verriet, war...wie sollte man sagen...männlich? Dies war das Bild eines Rüdens, keine Fähe würde sich solch einen Gedanken in den Kopf setzten, so glaubte sie zu mindest. War sie damals nicht selbst mit einem Welpen in das Rudel gekommen, nun war der Kontakt dennoch nur sporadisch, trotz allem hätte sie das Bündel nicht einfach abgesetzt, diese Geste erinnerte sie zu sehr an ihren Vater.

Vorsichtig zog sie ihren Kopf wieder zurück. Noch blickte sie nicht durch diesen Wolf, er schien wechselbar. Einerseits so kalt bei seiner Familie, aber so warm bei einem fremden Welpen, der ihn auf der einsamen Reise ans Herz gewachsen sein musste. Nun schenkte er ihr ein Lächeln, obgleich ihrer inneren Verwirrung erwiderte die Fähe es so offen und freundlich wie in ihrer Natur lag. Mit dieser Erkenntnis lag wieder die ganze Glücksseligkeit in ihrer Mitte.

"Da hast du Recht..."


Re: 16 | Über den Fluss - Shila - 03.02.2013

Auch die junge braune Wölfin hatte die erste und dann die zweite Pfote bei Namíds leisem „und drei“ aufs kalte Eis gesetzt und war begeistert, wie sonderbar sich das glatte Zeug unter den Pfoten anfühlte. Aber dann fuhr Shilas Kopf erschrocken herum, als sie Kainuus Stimme hörte und diese sich zwischen Namíd und sie drängte. Unsanft fuhr sie ihre Schwester an

“Sei still! Sonst hört dich Papa noch!“

Sie knurrte leise, ehe sie wieder zu Namíd blickte und ihn auffordernd anstupste. Er würde sich doch jetzt nicht von ihrer kleinen Schwestern durcheinander bringen lassen und die tolle Idee über Bord werfen!? Seine Worte verrieten ihr, dass er nicht daran dachte wieder ans Ufer zurück zu setzen und auf Kaniuus warnende Worte einzugehen. Zufrieden nickte sie zu seinen weisen Worten und blickte Kainuu abwartend an, dann nickte sie Namíd zu

“Klar gehen wir weiter! Wir wollen doch die ersten Wölfe am anderen Ufer sein!“

Erklärte sie ihrem Bruder leise und blickte dann wieder zu Kainuu. Namíd hatte ihr angeboten mitzukommen und Shila fand die Idee eigentlich nicht schlecht, dass sie das Abenteuer zu dritt bestehen würden. Vorsichtig blickte Shila zum Rudel zurück, aber noch schien sie niemand bemerkt zu haben und auch Kainuus Verschwinden schien niemanden misstrauisch gemacht zu haben.

“Gib dir einen Ruck, Kainuu, das wird das größte Abenteuer, das wir je erlebt haben“

Raunte sie ihrer Schwester zu und nun bekam auch jene einen kleinen auffordernden Stups in die Seite.
Schlagartig verschwand aber Shilas gute Laune, als sie Laines Stimme hörte und sich ihre Ohren sofort anlegten, denn seine Botschaft verhieß nichts Gutes. Man hatte sie entdeckt! Und man würde sie sicher gleich vom Eis und damit von diesem tollen Abenteuer zurückholen! Shila knurrte wütend und blickte trotzig zu Laines zurück, dann warf sie Namíd einen Blick zu: Jetzt oder Nie!

“Namíd, Los!“

Jaulte sie ihrem Bruder zu und bemühte sich dabei nicht mehr leise zu sein. Schließlich waren sie ja so oder so schon entdeckt. Und schon würde die Jungwölfin gänzlich aufs Eis treten, erst noch vorsichtig, aber dann würde sie selbstsicher zu laufen anfangen – blieb die Frage wielange das gut gehen würde oder ob sie gleich beim nächsten Schritt ausrutschen oder einbrechen würde…



Re: 16 | Über den Fluss - Kodeiyan - 04.02.2013

Es war so viel in den letzten Tagen geschehen, dass Kodeiyan in manchen Momenten das Gefühl hatte, als würde er mit all den Gedanken gar nicht mehr hinterherkommen. Er hatte seine Schwester wieder – ganz plötzlich hatte sie vor ihm gestanden, nachdem er kurz allein unterwegs gewesen war. Und schießlich waren sie aufgebrochen, auf dem Weg ins Ungewisse. Der junge Rüde verspürte eine große Vorfreude, er konnte es kaum erwarten, bis sie ein neues Revier gefunden hatten. Und jetzt, wo Rylai dabei war, würde es sicher noch viel spannender werden!
Jedoch wurde ihre Reise Recht schnell aufgehalten – zumindest kam es dem jungen Wolf so vor - , so wurde ihnen verboten, den Fluss zu betreten, das Eis zu meiden. Kody selbst hatte das mit einem kurzen Zucken seiner Ohren wahr genommen – für ihn schien es absolut nicht, gefährlich zu sein. Nasiha pfotete auf dem Eis herum, und zwischen den verstimmten Gesichter manch anderer Wölfe erkannte Kody auch Andere, in denen das Eis wohl ziemlich die Neugierde geweckt hatte. Der junge Rüde selbst verdrehte leicht die Ohren, als seine Schwester ihn aufforderte, genau das zu tun, was Nasiha tat. Nicht, dass er Angst hatte. Er doch nicht – er war der Held seiner eigenen Geschichte! – aber... er vertraute Devaki. Und wieso sollte er ihnen verbieten, das Eis zu betreten, wenn es doch ungefährlich war? Das wäre doch sinnlos – andernfalls hätten sie einfach weiter gehen können, ohne eine Pause zu machen.

„Ich weiß nicht so Recht...“

Zweifelnd blickte der junge Rüde auf das Eis, trat dann doch neben seine Schwester, die mit deutlich mehr Euphorie an die Sache heran ging. Er setzte seine Pfoten auf das Eis, spürte die Kälte, machte aber keinerlei Anstalten, sich weiter auf das Eis zu begeben, so verlockend dieser Gedanke auch war. Kurz suchten die braunen Augen nach Devaki, dabei entdeckte er Kainnu, die bei ihren Geschwistern stand, die wohl auch ziemlich von dem Gedanken begeistert waren, auf dem Eis herum zu tanzen – und dies wohl auch gleich in die Tat umsetzen wollten. Er schnaufte leise, blickte dann wieder zu Rylai und grinste dabei locker vor sich hin. Der Braune ließ sich auf die Hinterläufe sinken, betrachtete den Schnee unter seinen Pfoten, den er mit einer sachten Bewegung zur Seite schob und nun auf das Eis blickte. Der Gedanke an etwas Essbares machte es noch verlockender, diesen Fluss einfach zu überqueren. Aber andererseits waren da immernoch Devakis Zweifel. Unschlüssig verdrehte er also die Ohren, während sein Blick noch einmal zu seiner Schwester herum gewandt wurde.


Re: 16 | Über den Fluss - Dubh - 07.02.2013

Für einen kurzen Moment war Dubh wieder in den Erinnerungen an ihre Wanderschaft abgetaucht. Es war ihm selbst beinahe schon unheimlich wie oft er das in diesen Momenten tat, als könnte er davon so schnell einfach nicht loslassen. Nie hätte er gedacht, dass es ihm schwer fallen würde das Leben, das er gelebt hatte, aufzugeben. Das Rudelleben hatte er früher doch auch aufgegeben und sich schnell an seine Situation gewöhnt, gewöhnen müssen. Und auch dieses Leben hatte er so schnell abgelegt, aber warum jetzt nicht?! Warum schien es ihm jetzt so außerordentlich schwer zu fallen? Leise seufzte er auf, ehe er sich wieder an Nasiha wandte und kurz überlegte:

“Es können vielleicht drei Tage gewesen sein, da hatten wir unsere letzte Jagd, ehe wir auf euch gestoßen sind.“

Drei Tage auf der Suche nach Nahrung, das war keine zwingend lange Zeit und vielleicht war es noch kürzer gewesen. Vor zwei Tagen hatten sie das letzte Mal gejagt, ehe sie auf Dannsair gestoßen waren. Vielleicht hatte ein Stück weiter noch Nahrung gegeben.
Entschieden schüttelte der Rüde bei diesem Gedanken den Kopf. Nein, nicht denkbar. Wäre Nahrung ein Tag vom Revier entfernt zu finden gewesen, hätten sie sich nicht in eben solches gewagt, sondern hätten einen anderen Weg eingeschlagen.

Ihr Einwände, die dann doch keine zu sein schienen, amüsierten ihn und seine Miene hellte sich auf. Es war wirklich lustig anzusehen und auch wenn er sich denken konnte, auf was sie sich bezog, so verstand er es nicht. Er war so festgefahren in seinen Ansichten - und scheinbar auch in seiner Situation -, sodass er so einfach nicht mehr davon loskam.
Bei ihrer Frage wandte er den Kopf kurz zu Dannsair, musterte seinen Bruder eine Weile, ehe er den Blick weiter zu Rylai schweifen ließ. Die junge Fähe stellte offensichtlich Blödsinn an und normalerweise hätte Dubh das, so gut er es eben als Rüde, der nicht mit der „Erziehung“ von jungen Wölfen zurecht kam, konnte, unterbunden. Doch er wollte sich ja raushalten. Das hatte er sich vorgenommen! So beließ er es mit einem ersten Blick, der noch nicht den schlimmsten Grad der Ich-finde-das-nicht-gut-und-du-weißtes-Blicke erreicht hatte. Nachdenklich mahlten seine Kiefer aufeinander und er starrte vor sich hin.

“Ich weiß es nicht“,

meinte er voller Ehrlichkeit und im nächsten Moment hätte er sich selbst dafür ohrfeigen können. Warum erzählte er einer Fähe, die schon länger als er in dem Rudel und damit ein fester Teil davon war, dass er nicht wusste, ob er dauerhaft bei ihnen bleiben wollte? Sicher, es entsprach der Wahrheit. Aber ein Rudelwolf hörte es wohl sicherlich nicht gerne, wenn man mit dem Gedanken spielte sich gleich nach dem Zusammentreffen wieder zu verkrümeln. Und dennoch hatte er es getan. Doofe Situation. Hätte er doch nur ein klein wenig besser aufgepasst.

“Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es das Leben ist, was ich auf Dauer leben kann. Ich habe keine Erfahrungen damit, oder zumindest nur solche, die nicht nur gut waren.“

Schnell hatte er das noch hinterher geschoben. Schadensbegrenzung, wie er fand, vielleicht hatte es ja etwas genutzt.


Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 10.02.2013

Anscheinend war er der Einzige der Anwesenden, der sich wirklich ernsthafte Gedanken darüber machte, was vor ihnen lag und die Gefahren von zugefrorenen Flüssen kannte. Es war zwar schon einige Zeit kalt, aber ein fließendes Gewässer zum Frieren zu bringen, dafür brauchte es schon mehr als ein paar Nächte mit Temperaturen um den Nullpunkt. Zumal das Eis von Schnee bedeckt war. Der Schnee isolierte die Umgebungskälte und sorgte dafür, dass die Eisdecke weniger schnell andickte als üblich. Laines' Antwort befriedigte ihn daher absolut nicht – und auch sein Lächeln hätte Devaki am liebsten vom Gesicht des Schwarzen verbannt. Aber er hatte keine Lust zu diskutieren und ohne gerade andere Sorgen. Devaki hatte sehr wohl mitbekommen, was sich neben ihm abspielte. Zwar konnte der Leitrüde nicht hören, was ein paar Meter weiter gesprochen wurde, aber seine Augen funktionierten ebenso tadellos wie die von Laines – und sahen noch mehr. Noch jedenfalls war niemand aufs Eis gelaufen, und die vorsichtigen Pfotentritte konnte er ihnen kaum verdenken.

„Nein, das werden wir nicht. Jemand muss auf das Eis und herausfinden, ob es trägt. Ich würde vorschlagen, dass wir ein paar Meter voneinander entfernt gemeinsam testen und wenn es hält, dann...“

Er wurde jäh unterbrochen, als sich in seinem Augenwinkel Rylai bewegte. Sie war neu zu ihnen gestoßen, gemeinsam mit Dubh, kurz vor ihrem Aufbruch. Und sie war Kodys Bruder. Was ihr aber noch lange nicht das Recht gab sich etwas herauszunehmen, was er verboten hatte. Kody war ein wenig vernünftiger als seine Schwester, die vom gleichen Schlag zu sein schien wie Shila und Namíd.

„Rylai! Das ist kein Welpenspielplatz! Wenn du weiter auf dem Eis herumspringst, bricht es ganz sicher.“

rief der Leitwolf der jungen Fähe zu und warf einen leicht verärgerten Blick zu Dubh und Nana herüber. Dubh hatte vorher auf sie aufgepasst. Aber jetzt wanderten die beiden mit ihnen und mussten sich an die Regeln der Gemeinschaft halten. Dazu gehörte, dass ein Leitwolf nun einmal die Anweisungen gab – und man sie zu befolgen hatte. Sein Blick suchte den von Dubh. Konnte er seinen Schützling nicht im Auge behalten? Doch Devaki hatte keine Zeit sich weiter über Rylais Herumgehopse zu ärgern. Laines hatte Namid und Shila im Auge behalten und seine lautstarke Ermahnung schien die Jungwölfe nicht davon abzuhalten in ihrem Unsinn einzuhalten. Im Gegenteil.

„Das darf doch wohl nicht...“

murmelte er in Richtung Laines und antwortete nicht auf dessen Frage. Devaki sah nur noch, wie Shila und Namid dabei waren das Eis zu betreten und damit nicht nur die Anweisungen ihres Vaters nicht zu befolgen, sondern sich – in seinen Augen – auch noch in unnötige Gefahr zu begeben. Laines war vergessen, auch wenn er sich wahrscheinlich wahnsinnig über das amüsierte, was gerade passierte. Devaki wartete nicht auf einen Kommentar des Rüden, sondern war mit ein paar schnellen Sätzen zu den drei Jungwölfen gelaufen. Er brach nun selbst seine Regel und spurtete auf das Eis um Shila und Namid den weiteren Weg zu blockieren. Er baute sich bedrohlich vor den beiden auf und ging langsam auf sie zu. Die Ohren waren zurückgelegt und der Blick ihres Vaters verhießt nichts Gutes. Sein Herz raste, vor Wut, vor Enttäuschung, vor Aufregung. Das Eis unter seinen Pfoten schien stabil, aber in seinem Körper brodelte es. Devaki konnte sich nicht erinnern, schon einmal so wütend auf seinen Nachwuchs gewesen zu sein und das Schlimmste war – auch Kainuu war bei den beiden!

„Was glaubt ihr was das ist? Ein Spiel? Das – ist – gefährlich!“

Mit jedem seiner Worte machte er einen weiteren Schritt auf seine Welpen zu und drängte sie zurück ans Ufer.

„Was meint ihr, was passiert, wenn ihr einbrecht. Das Wasser ist eiskalt. Es kriecht in euren Pelz, macht euch schwer wie eine Jahrhunderte alte Eiche und ihr könnt euch nicht über Wasser halten. Die Kälte drückt euch die Luft aus den Lungen und dann geht ihr langsam unter. Und dann kann nicht mal ich euch noch retten. Möchtet ihr das? Sterben? Glaubt ihr, dass eure Mutter das gewollt hätte?“

Seine Stimme war leise geworden und er fixierte die beiden. Sein Blick wanderte auch zu Kainuu und er konnte sich nicht dagegen wehren, dass Enttäuschung sich für einen kurzen Augenblick in sein Gesicht schlich. Wieso hatte sie nur nichts gesagt oder die beiden aufgehalten? Devaki seufzte und ließ sich auf die Hinterpfoten sinken. Schwerer denn je fühlte er die Verantwortung auf seinen Schultern. In einem Rudel, das so zersplittert schien wie nie. Und keiner der älteren Wölfe schien ihn zu verstehen oder Anstalten zu machen, ihn wirklich ernsthaft unterstützen zu wollen.


Re: 16 | Über den Fluss - Laines - 11.02.2013

Wow, wow. Devaki ließ sich wohl doch etwas zu sehr von Stresssituationen mitnehmen. Und Spaß verstand er wohl auch nicht mehr. Viel zu verkrampft, der Gute. Laines erinnerte sich, dass Devaki ihm mal durch die Blume gesagt hatte, dass er nicht gerne Leitwolf war. Vielleicht war er wirklich nicht gemacht für diesen Job, wenn ihm dadurch alle Sorgen über den Kopf stiegen und schlimmer wurden, als sie tatsächlich waren. Bedauerlicher Weise kannte Laines nur kein Rudelmitglied, dem er da ein besseres Pfötchen zutrauen würde. Er selbst war zwar sicherlich schlau genug und wusste immer genau, wie er sich wann zu verhalten hatte, aber der Tiefschwarze war vermutlich nicht empathisch genug für so einen Posten. Da musste vermutlich Herzblut hinter stecken und nicht nur Strategie. Damit konnte Laines nicht dienen und er war kein Wolf, der sich an die Spitze drängen würde, einfach nur weil es cool war, der Boss zu sein. Solange er nicht ganz unten stand – das war ihm zugegebener Maßen auch nicht recht – war alles irgendwie so okay und er bot seinen Scharfsinn einfach an. Voraussetzung dafür war natürlich, dass man ihn verstand und annehmen konnte.
Devakis Idee, wie sie die Festigkeit des Eises testen konnten, war seiner im Groben und Ganzen ähnlich, aber er konnte sie nicht zuende vorbringen, weil er genau so wenig blind für den Ungehorsam der Jungwölfe war, wie Chess Laines selbst. Er war dabei für seinen Geschmack nur etwas zu besorgt. Meine Güte, sie standen am Ufer, selbst wenn das Eis brechen würde, dann würde sich Rylai trotzdem nur die Pfoten nass machen und mit genug Verstand vielleicht selbst einsehen, dass es in dem Fall weiter draußen noch brüchiger sein würde und man so eine Aktion vermeiden sollte. Jetzt entdeckte Devaki auch Shila und Namíd, deren Intelligenzquotient in Laines Augen leider nur weiter sank, weil sie trotz seines Rufes – der sie ja offenkundig und lautstark verraten hatte – auf das Eis liefen. Gut, wenn sie Ärger haben wollten, dann würden sie ihn bekommen. Und Devaki schoss los. Chess Laines war gescheit genug um zu spüren, dass der Leitwolf damit nicht seine verschmitzte Frage beantwortete, sondern einfach nur gestresst, verärgert und berechtigter Weise enttäuscht war. Laines lief ihm trotzdem mit ausholenden Sätzen hinterher. Vielleicht wurde er ja noch gebraucht. Denn obwohl er Namíd und Shila einfach nur zum weglachen dämlich fand, war er nicht von irgendwelchen Emotionen eingenommen, so wie Devaki, der nun zwar einerseits zeigte, dass er Ungehorsam nicht duldete, aber dafür leider doch etwas zu emotional war und nicht übermäßig souverän. Seine letzten Sätze befand er für ziemlich unpassend, als er direkt neben Kainuu am Ufer sehen blieb. Das war dieses Schlechtes-Gewissen-machen und Den-Schmerz-den-du-mir-zufügst-gebe-ich-zurück. Aber hey, der Schwarze war eben auch Vater, das musste Laines sich ins Gedächtnis rufen. Es sollte ja tatsächlich Väter geben, die sich um den Nachwuchs sorgten. Irgendwie so was wie Bindung und Verlustängste. Hatte er persönlich zwar nie kennen gelernt, aber er war ja nicht alle.
Vorerst sagte Chess Laines also nichts und wartete ruhig ab, was noch so kommen würde, ob sie die Situation entschärfen konnten, oder ob es weiter so emotional blieb. Der Schwarze fand es schwierig. Wenn er sich Mühe gab, konnte Laines schon verstehen, warum Devaki so aufgebracht war. Er durfte eben nur nicht zu besorgt und übervorsichtig auftreten, sonst würde so was wie gerade wieder passieren – nämlich dass das halbe Rudel ihn nicht ernst nahm. Und einmal konnte das tatsächlich üble Folgen mit sich bringen.


Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 11.02.2013

Irritiert blickte sie zu ihrem Bruder, als dieser ihrem Beispiel nicht folgte und allgemein eher zögerlich und zurückhaltend wirkte. Einen Moment lang fragte sie sich, ob der alte Kody sich nicht verwegen aufs Eis gestürzt hätte, dann schob sie den Gedanken jedoch wieder beiseite. Es war nun einmal viel Zeit vergangen und sie musste ihn neu kennenlernen. Mit der Zeit würde er hoffentlich wieder auftauen. Oder hatte er etwa Angst vor dem Eis?

“Es passiert nichts, siehst du? Sie gehen schon rüber“, meinte sie aufmunternd und deutete mit der Schnauze in Richtung der anderen Jungwölfe.

Für sie war klar, dass damit nun der Startschuss gefallen war und das Rudel sich endlich hinüber begeben konnte. Doch sie wollte Kody, der noch immer eher unschlüssig am Ufer stand, nun auch nicht einfach so stehen lassen. Ob sie schon mal vorgehen sollte, zunächst nur ein paar Schrittel, damit er sehen konnte, dass ihr nichts geschah?
Doch die Entscheidung erübrigte sich prompt, denn scheinbar hatten die Erwachsenen doch aufgepasst. Unwillig legte sie die Ohren an, als Devaki sie anschnauzte. Welpenspielplatz, was für ein Idiot. Keiner von ihnen sah noch nach Welpe aus und überhaupt, wahrscheinlich hatte sie in ihrem Leben schon mehr erlebt als er. Sie hatte jedenfalls keine Angst und auch Dubh hätte über so eine Eisfläche wahrscheinlich nur gelacht.

“Ich bin kein Welpe“, sagte sie stur. “Und alle Anderen machen es auch.“

Unbestechliche Logik, schließlich hatte Nasiha vor einem Moment noch genau dasselbe gemacht, und die anderen Jungwölfe gingen sogar noch weiter. Keiner hört auf dich, hätte sie am Liebsten noch hinzugefügt, biss sich aber noch rechtzeitig auf die Zunge. Überhaupt hatte er ihr wahrscheinlich nicht einmal zugehört, denn er war bereits zu seinen Sprösslingen gestürmt und damit beschäftigt, sie wieder vom Eis zu befördern.
Und jetzt? So eine peinliche Rückholaktion wollte sie sich ersparen, andererseits fühlte sie sich aber auch zu Unrecht angegangen. In ihren Augen hatte nur Dubh das Recht dazu, sie zu maßregeln, und dem schien das Ganze herzlich egal zu sein. Überhaupt fand sie, dass Devaki übertrieb, schließlich war niemand eingebrochen, nicht einmal er selbst, und im Gegensatz zu den Jungwölfen war er nicht gerade ein Leichtgewicht. Es juckte sie in den Pfoten, nun absichtlich ans andere Ufer zu laufen, während der Schwarze beschäftigt war. Nur Kody zuliebe ließ sie es bleiben, tat es ihm schließlich gleich und ließ sich an Ort und Stelle aufs Hinterteil sinken. Die Vorderpfoten standen dabei nach wie vor ordentlich auf dem Eis – aus Prinzip.


Re: 16 | Über den Fluss - Liath - 12.02.2013

Also irgendwie hatte er von Dannsair etwas Anderes erwartet. Als sein Onkel sich die Eisfläche ebenfalls genauer besah, stand Liath gespannt neben ihm und zuckte sogar ein bisschen Zusammen, als der ältere Wolf zurückfuhr. Kannte er das etwa auch nicht? Dann musste das ja etwas echt Besonderes sein. Mit ein wenig Ehrfurcht musterte der junge Wolf den langen, breiten Streifen, der sich von den Bergen links zu den Bergen rechts zog wie ein weißes Band. Aber der falsche Weg? Irritiert blickte er Dannsair an und schüttelte überrascht den Kopf.

„Quatsch, Papa hat uns doch hergeführt.“

Und Papa führte sie doch nicht auf einem falschen Weg. Papa machte keine Fehler. Die Überzeugung des jungen Wolfs spiegelte sich in der Verwirrung über Dannsairs Einfall in seinen Augen wider. Wie kam er nur auf so eine seltsame Idee? Sicherlich mussten sie über das Eis drüber und wie es aussah, fing der Rest des Rudels schon damit an. Liath sah Shila und Namid wie Kaninchen auf der weißen Fläche herumhüpfen und auch Kainuu war dabei. Seltsamerweise verspürte er kein verlangen danach, zu seinen Geschwistern zu gehen. Als sein Blick weiterhuschte, sah er auch Kody, seine neu hinzugestoßene Schwester Rylai, Dubh und Nasiha. Zu denen würde er eher gehen, aber warum überhaupt von Dannsair weggehen? Sie standen ja schon am Eis, doch Liath wartete, bis sein Vater das Startsignal gab. In einem solchen Moment wäre er nicht auf die Idee gekommen, schon mal auf eigene Pfote aufs Eis zu marschieren, dafür fand er es zu merkwürdig. Außerdem zögerte das Rudel ja, also musste Devaki letztendlich entscheiden, wann und wie es weiterging. Und während sie warteten, vertrieb sich Liath die Zeit halt damit, mit seinen Krallen breite Kratzer ins ufernahe Eis zu ziehen. Das machte lustige Geräusche und hinterließ hübsche Muster. Nur leider wurde seine kleine Aktivität neben Dannsair sehr schnell wieder unterbrochen, als Devaki die Stimme erhob – aber nicht wie erwartet zum Weitergehen rief, sondern Rylai ermahnte. Liath schaute nur kurz auf und stellte fest, dass die braune Fähe inzwischen ebenfalls kaninchengleich auf dem Eis herumhüpfte, dann betrachtete er wieder sein kleines Werk.

„Guck mal Dannsair, das sieht ein bisschen so aus wie … der Sand im Meerwasser, wenn man am Ufer ist. Oder?“

Anders konnte er die wellenförmigen Formationen des Sandes in Strandnähe nicht beschreiben, die er unbewusst nachgemacht hatte. Fröhlich setzte er die Arbeit gleich fort und betrachtete mit Begeisterung, wie die Striche im Eis seinen Krallen folgten und zu allem möglichen wurden. Doch wieder war es devakis Stimme, die ihn innehalten und überrascht aufblicken ließ, als er nämlich diesmal Shila, Namid und Kainuu zusammenstauchte. Liath hatte seinen Vater noch nie wirklich ärgerlich erlebt, jedenfalls nicht ärgerlich auf einen von ihnen. Nun war er mitten in der Bewegung erstarrt und blickte mit großen Augen zu seinem Vater und den Geschwistern hinüber. Gleichzeitig war er irgendwie froh, dass er nicht zu ihnen gegangen war und so vom Groll Devakis verschont wurde. Doch die Überraschung überwog, so dass er wirklich einige Augenblicke brauchte, ehe er sich wieder rührte und auf sein Hinterteil setzte. Die grünen Augen blieben immer noch auf seinen Vater gerichtet. Seine mahnende Rede hatte er natürlich auch gehört, auch wenn sie seinen Geschwistern gegolten hatte. Und vielleicht hatte sie in seiner Situation sogar mehr Wirkung als bei den drei Betroffenen, denn Liath war weder erschrocken noch schuldbewusst und hatte so ausreichend Gelegenheit, über die Worte seines Vaters nachzudenken. Verunsichert legte er die Ohren an und zog den Schwanz ein wenig ein – die Konfrontation mit dem Tod seiner Mutter kam so unerwartet wie die Wut seines Vaters.