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16 | Über den Fluss - Druckversion

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Re: 16 | Über den Fluss - Rylai - 22.08.2013

Prüfend betrachtete sie ihren Bruder, beinahe abschätzend. Es fiel ihr mittlerweile schwer, jemandem bedingungslos zu vertrauen, vor allem wenn es um eine so elementare Sache ging. Trotzdem hatte er irgendwie die richtigen Worte gefunden. Oh, wie sehr sie diesen Zuspruch doch brauchte und wie sehr sie ihm nun glauben wollte! Als er sie an der Schnauze berühren wollte, ließ sie es zu. Seine Entschuldigung wirkte aufrichtig und angesichts seiner zerknirschten Miene legte sich ihre Wut so schnell, wie sie gekommen war.

“O-Okay“, murmelte sie schließlich widerstrebend.

Sie hatte eigentlich ihren Frust an ihm auslassen und ihn schimpfen wollen, aber daraus wurde nun nichts. Zurück blieb ein seltsames Gefühl – überwiegend Erleichterung, aber auch eine Spur Verunsicherung. Sie hatte das Gefühl, es nicht dabei belassen zu können. Irgendetwas musste sie tun, wenn sie ihn schon nicht an sich ketten konnte. Sie musste sich irgendwie absichern, so lächerlich das auch sein mochte. Ernst blickte sie ihren Bruder an.

“Versprich mir, dass du mich nicht allein lassen wirst“, forderte sie schließlich. An ihrer Stimme hörte man, wie ernst sie es meinte. “Und ich verspreche dir, dass ich dich immer beschützen werde.“

War es seltsam, dass sie ihm dieses Versprechen unbedingt abnehmen wollte? Es waren doch nur Worte. Und doch war sie irgendwie davon überzeugt, dass keiner von ihnen diesen Schwur würde brechen können. Umgekehrt war es vielleicht nicht minder kurios, dass sie sich selbst in der Rolle der Beschützerin sah. Kody war ein Rüde und würde sie eines Tages vielleicht um einen ganzen Kopf überragen, aber trotzdem spielte das hier und jetzt irgendwie keine Rolle. Sie hatten sich alle beide verändert und mussten nun erst ausloten, wie sie wirklich zueinander standen. Kody war zu einem sanftmütigen Rudelwolf geworden, sie selbst ein dickköpfiger Wildfang. Hatte sie ihn nicht eben erst gemeinsam mit Devaki retten müssen? Sie würde es wieder tun, wenn nötig. Immer und immer wieder. An Dubhs Seite hatte sie lernen müssen, sich nicht zu beklagen, egal wie hungrig sie war oder wie einsam sie sich auch fühlen mochte. Sie war stärker, als er vielleicht dachte. Eigentlich hätte sie auch unabhängiger werden müssen, doch stattdessen klammerte sie sich nun viel mehr an die wenigen Wölfe, die ihr noch geblieben waren. Das war bislang nur Dubh gewesen, doch jetzt betraf es auch Kody.


Re: 16 | Über den Fluss - Liath - 06.09.2013

Sie liefen schweigend weiter, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und darauf konzentriert, nicht zu dicht beieinander zu gehen. Auch Liath achtete jetzt verstärkt darauf, nun da der Streit mit seiner Schwester weitgehend beigelegt zu sein schien. Es ging ihm ja nicht darum, Shila zu ärgern oder ihr klarzumachen, dass er grundsätzlich anderer Meinung war als sie. Nur dieses eine Mal hatte er seine Unverständnis über ihr Handeln eben nicht verschweigen können. Und vielleicht war das ganz gut gewesen, den so waren die Geschwister zum ersten Mal seit Langem zu einem echten Austausch gekommen. Nicht der Netteste, aber immerhin. Und jetzt war alles erst einmal geklärt. Der Jungwolf blickte kurz zu seiner braunen Schwester hinüber, als ob sie vielleicht doch noch etwas sagen könnte. War aber nicht so. Die grünen Augen fixierten wieder das Eis, das durch die vorn laufenden Wölfe vom Schnee befreit wurde. Jetzt hieß es aufpassen, denn das Zeug war glatt wie glitschige Steine im flachen Wasser. Ganz bedacht setzte der Schwarze eine Pfote vor die andere und sah dabei wahrscheinlich so aus, als würde er durch irgendetwas staksen. Wie ein Storch durch eine sumpfige Wiese. Aber so fiel es ihm leichter, nicht auszurutschen.

Allerdings entging ihm auch, was wohl nur Nasiha bemerkt hatte. Als er die Stimme seiner Tante vernahm – die erste nach längerem Schweigen – hob er den Kopf und hörte auf mit seinem seltsamen Gang, schließlich blieb er einfach ganz stehen.

„Was war was?“, fragte er notorisch und legte den Kopf etwas schief, versuchte Nasihas Blick zu folgen. Aber er sah nichts außer Bäumen.

Hatte sie irgendein Geräusch gemeint und vielleicht gar nichts gesehen? Wenn ja, hatte es der Jungwolf nicht bemerkt, so vertieft war er darin gewesen, nicht hinzufallen. Da die Anderen unbeirrt weiterliefen, drohte er nun den Anschluss zu verlieren und setzte sich wieder vorsichtig in Bewegung, um sie wieder einzuholen.

„Wir sind fast drüben angekommen!“, stellte er dabei erfreut fest und sah nach hinten, um den Abstand einschätzen zu können, der sie vom anderen Ufer trennte. Mehr als die Hälfte hatten sie sicher geschafft. Aber dabei fiel ihm noch etwas Anderes, weniger Gutes auf.

„Papa ist immer noch nicht zurück ...“

Vielleicht hätten sie doch besser warten sollen. Nicht dass er sich verirrte, ihre Spur nicht mehr fand und sie komplett verlor. Unsicher blieb er wieder stehen und sah noch mal zurück, machte sogar Anstalten, zwei Schritte nach hinten zu machen. Konnten sie nicht jetzt noch warten? Das Eis hielt sie doch ... aber optimal kam ihm das nicht vor, deswegen verschwieg er den Vorschlag.


Re: 16 | Über den Fluss - Dubh - 09.09.2013

Bei jedem Schritt, so fest und sicher – auch wenn die Dicke und Standhaftigkeit der Eisfläche nicht ganz sicher war – er auch war, spielte Dubh mit dem Gedanken vielleicht doch einen Blick über die Schulter zu werfen und nachzusehen, ob Rylai mittlerweile nicht doch wieder aufgetaucht war. Doch er beließ es dabei. Denn auch wenn er sich Sorgen machte – wie denn auch nicht? Immerhin war ihm das ehemalige Fellknäul mit der Zeit doch schon ans Herz gewachsen – störte es ihn zutiefst, dass sie nicht auf ihn gehört hatte und einfach davon gelaufen war. Sie war so ein verflixter Sturkopf. Das wusste er zwar, aber es gefiel ihm nicht. Hatte sie denn nicht wenigstens auf ihn hören können, als er sie zurecht gewiesen hatte?!
Fest presste er die Kiefer aufeinander und starrte auf das teilweise milchige und verschneite Eis zu seinen Pfoten, ehe er aus den Augenwinkeln eine Bewegung auf sich zu registrierte. Eigentlich hatte er die Hoffnung gehabt um diese Situation herumzukommen, nachdem ein gewisser Abstand beim Überqueren angeordnet worden war, aber dem war wohl leider nicht so. Kurz warf er Dannsair, der sich da so unbeirrt zu ihm gesellte, einen schnippischen Blick zu und starrte wieder aufs Eis.

“Dannsair“,

brummte er nur.
So ganz sicher, ob ihn die Unbekümmertheit, die ihm da so wie eine fröhliche Welle entgegen schlug, nerven sollte, oder ob er sie nicht einfach ignorieren könnte. Der Gedanke einfach ein paar Schritte von dem Bruder fort zu machen und ihn stehen zu lassen, der gefiel ihm immer mehr. Aber das wäre doch so auffällig und irgendwie sogar für seine Verhältnisse mies. Wobei … naja, jetzt saß er eben in dem Schlamassel. Einen flüchtigen Blick aus den Augenwinkeln warf er dem Bruder zu.

“Warum verlassen Wölfe schon ihr Revier? Die Zeit hat es ergeben … wurde zu alt für das Ganze.“

Was für eine Aussage. Die war so schrecklich, dafür würde er sich am Liebsten selbst die Zunge abbeißen. Aber was hätte er auch anderes sagen sollen? Menschen sind eingefallen und haben alles, was er einmal gehabt hatte, zerstört? Nein, denn es war Dannsair gewesen, der alles zerstört hatte! Mehr oder weniger. Damit hatte alles angefangen … als der Bruder verschwunden war. Aber so etwas würde er ihm doch nicht sofort an den Kopf werfen. Nein, da gab er lieber Antworten, über die er nur selbst den Kopf schütteln konnte und vermutlich würde Dannsair sich auch nicht zufrieden damit geben. Verständlicher Weise. Wer könnte es ihm verübeln?
Erst als die Frage der Fähe ihren Weg durch die Runde machte, hob Dubh zum ersten Mal den Blick zum gegenüber liegenden Ufer. Aufmerksam hatte er die Ohren aufgerichtet, kniff die Augen ein klein wenig und nur für wenige Sekunden zusammen, um etwas zu erkennen. Aber da war nichts. Nicht für ihn. Und dann war er doch da, der flüchtige Blick über die Schulter und noch immer keine Rylai da. Statt sich aber den Kopf über diesen sturen Jungwolf zu zerbrechen, wandte er sich an Dannsair, machte noch ein paar entschlossene Schritte weiter, ehe auch er stehen blieb.

“Hast du etwas gesehen, Dannsair?“,

fragte er und machte bereits Anzeichen weiterzugehen. Weshalb sollten sie denn hier stehen bleiben? Es gab keinen Grund. Besser wieder festen Boden unter den Pfoten haben, als dass das Eis doch unter ihnen wegbrach, wie sie alle es schon heraufbeschworen hatten.


Re: 16 | Über den Fluss - Namíd - 10.09.2013

Immer noch leicht angefressen und sauer hielt sich Namíd etwas abseits der Gruppe.
Erst sollten sie das Eis nicht betreten und jetzt liefen sie in einer großen Gruppe drüber! Das fand er ungerecht. Viel ungerechter fand er das sein Vater sie so zurecht gewiesen hatte, immer noch völlig zu unrecht! Na gut, auch wenn sie Abstand waren sollten... sie waren dennoch auf dem Eis!
Dennoch: am meisten hatte ihn gekränkt das Deva auch noch seine Mutter ins Spiel gebracht hatte. Das hatte den jungen Rüden wirklich getroffen. Selbst von Shila hatte er sich für den Moment zurück gezogen, heute war so ein Moment wo er mal wieder kurz für sich sein wollte.
Seine Familie war noch nah genug für ihn damit er sie nicht vermisste, aber seine Gedanken brauchten den Freiraum jetzt.
Mit der Zeit wich seine Wut einfach der bekannten Traurigkeit die ihn immer überkam wenn er zulange an seine Mutter dachte, ja er erkannte jetzt das er immer noch sehr stark um seine Mutter trauerte. Es war einfach alles so unfair, warum konnte sie denn jetzt nicht bei ihm sein? Von ihr hätte er sich jetzt trösten lassen und sich über seinen Vater beschwert, aber das ging alles nicht mehr. Würde es nie wieder. Seine aufgewühlten Emotionen schienen in ihm nur so zu wirbeln und er konnte gar nicht richtig sagen was er am meisten fühlte: war er eigentlich immer noch sauer? Wusste er nicht so genau, das würde sich vermutlich zeigen wenn er seinen Vater das nächste mal sah, aber der hatte die Gruppe vorhin verlassen um Rylai, Kainuu und Kody zu suchen. Ob die drei auch so eine Standpauke gehalten bekämen? Wäre ja unfair wenn nicht. , grummelte er in sich selbst hinnein.
Bevor der junge Rüde allerdings weiter in seine trübsinnigen Gedanken abschweifen konnte erregte eine Bewegung am Rande des anderen Ufers seine Aufmerksamkeit.
Was war das denn?! – huschte es ihm durch den Kopf. Und ablenkbar wie ein Jungspund wie er es eben war trabte er neugierig näher. Seine Abenteurerseite kam zum vorschein.
Schnell trabte er vorran um mit dem Rest der Gruppe aufzuschließen, gerade noch rechtzeitig um Nasiha fragen zu hören: „Was war das?“
Ich habs auch gesehn! , rief er.
Aber ich weiß nicht was es war. , gestand er etwas klein lauter.
Das wurmte ihn nun, wie gerne würde er einfach dort hin rennen und sich die Sache genauer ansehen! Aber die sturen Erwachsenen würden das mal wieder nicht zulassen.
Unsicher was nun wieder für ihn zu tun sei suchte er die Nähe seiner Geschwister. Egal was die Erwachsenen nun entschieden, er mochte lieber bei ihnen sein.
Hey. , murmelte er Shila zu. Sein Ton hatte fast etwas reuiges, er hatte sie eigentlich nicht die letzte Zeit ignorieren wollen viel ihm nun auf. Aber er hatte sich von allen kurz abgesetzt.
Dann blickte er seinen Bruder an der aussprach was offensichtlich war: Deva war noch nicht zurück.
Eigentlich hätte er die anderen Jungwölfe doch schon längst finden müssen oder? Was hielt ihn wohl auf?
Gemeinsam mit seinen Geschwister konzentrierte er sich kurz darauf eine Pfote sicher vor die andere zu setzen auf diesem glatten Untergrund. Dann fragte er:
Wie lange Papa wohl noch braucht?
Ihm war leicht mulmig zu mute. Er mochte eigentlich keine Streits und irgendwie hatte er das Gefühl das Papa und er sich immer noch stritten. Das Devaki nicht hier war um das Ganze mit ihm zu klären verbesserte die Situation auch nicht gerade...
Ich bin ja irgendwie noch sauer auf ihn, aber ich habe ihn ja auch lieb.
,grübelte er zu sich selbst.
Blieb die Frage offen wie er denn reagierte wenn sein Vater wieder bei ihnen wäre.
Er warf einen stumm fragenden Blick zu seiner Schwester, als ob sie die Antwort auf seine unausgesprochene Frage wusste. Sie kannte ihn so gut, vielleicht konnte sie sich ohnehin denken was in ihm vorging.


Re: 16 | Über den Fluss - Shila - 14.09.2013

Auch Shila konzentrierte sich nun mehr auf den Weg, der sich vor ihren Pfoten offenbarte, als auf ihre Geschwister oder den Streit mit Liath, der erst einmal ad acta gelegt worden war. Vorsichtig schob sie eine Pfote vor die andere und bemühte sich dabei das Gleichgewicht nicht zu verlieren, was an einigen Stellen gar nicht so einfach war und mehr als einmal geriet sie etwas ins Schlittern. Das nächste Mal würde sie ganz vorne gehen – das stand fest! Denn die Wölfe an der Spitze schienen durch den noch vorhandenen Schnee keine so großen Probleme beim Vorwärtskommen zu haben. Dafür war für die Ersten die Gefahr größer ausversehen auf eine dünnere Eisschicht zu geraten und einzubrechen. Also hatte wohl jede Position in dem Tross seine Vor- und Nachteile. Kurz blickte Shila noch einmal zu Liath hinüber und für eine Sekunde trafen sich die Blicke. Ihre Augen strahlten keine Wut oder Enttäuschung mehr aus, sondern wirkten versöhnlich und ein leichtes, aufmunterndes Lächeln zeigte sich gar auf ihrem Fang. Dann senkte sie den Blick aber wieder auf ihre Pfoten. Erst als Liath innehielt und sie darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die anderen Wölfe wohl etwas entdeckt hatten, hob sie den Kopf und blickte gen Ufer. War dort etwas gewesen? Sie hatte nichts gesehen… aber sie war ja auch auf ihre Pfoten konzentriert gewesen. Kurz blickte sie zu Namíd, der wohl auch etwas gesehen haben musste. Sollten sie zurückgehen? Aber vielleicht war es ja auch nur ein Beutetier gewesen? Oder eine Sinnestäuschung oder so?

Als sich Namíd wieder zu ihnen gesellte und sie leise ansprach, streckte sie kurz ihren Fang ins sein Fell und schleckte ihm sanft über die Schnauze. Sie war ihm nicht böse, dass er sich etwas hatte zurückfallen lassen. In seinen Augen konnte sie lesen, dass es viel gab, was ihn beschäftigte und dass es nicht unbedingt freudige Gedanken waren, denen er nachgehangen hatte

“Es ist alles gut, Namíd“

Flüsterte sie ihm noch zu, als Liath sie auch schon darauf aufmerksam machte, dass gar nichts gut war, da ihr Vater immer noch fehlte. Sie blickte ihren anderen Bruder wieder an.

“Er kommt sicher bald nach…“

Meinte sie leise, klang dabei jedoch nicht so zuversichtlich und überzeugt wie sonst. Als Liath dann Anstalten machte rückwärts zu laufen, blieb Shila stehen und wuffte ihm freundlich, aber bestimmt zu

“Liath, komm! Papa würde nicht wollen, dass jemand von uns zurückbleibt und dann vielleicht noch verloren ginge! Wir sollten alle zusammen bleiben“

Bittend sah sie ihren Bruder an und würde erst weitergehen, wenn jener weiterging. Ob Namíd wohl auch stehen blieb? Kurz blickte sie auch zu ihm und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass jetzt – nach diesem Streit – das Band zwischen den drei Geschwistern enger geworden war. Sie waren eben doch eine Familie – auch wenn sie das lange Zeit vergessen zu haben schienen!



Re: 16 | Über den Fluss - Kainuu - 15.09.2013

Da war sie wieder, diese Erklärung, die auch Kody zuvor schon bemüht hatte, die Kainuu aber so gar nicht einleuchtete. Wenn sie Angst hatte, dann jammerte sie, versteckte sich bei ihrem Vater, wartete hoffnungsvoll darauf, dass die Situation wieder verging, um dann glücklich hervorzukommen. Warum sollte man, wenn man Angst um jemanden hatte, eben diesen jemand so gemein behandeln? Das ergab in dem kleinen Kopf der Wölfin nicht einmal ansatzweise einen Sinn. Deshalb schüttelte sie auch ungewöhnlich heftig eben jenen Kopf und gab mit einem beinahe trotzigen Schniefen zu verstehen, dass sie die Erklärung ihres Vaters nicht akzeptierte.

“Niemand ist böse und gemein, wenn er Angst hat. Nur, wenn man in einem gemeinen Tal ist und anders wird, dann wird man gemein, wenn man Angst hat. Arkas war bestimmt gemein, wenn er Angst hatte … er war ja immer gemein. Aber du nicht, du warst nie gemein.“

Das klang so logisch, dass Kainuu sogar den Mut hatte, ihrem Vater beinahe selbstsicher in die Augen zu starren. Für drei Herzschläge sah sie ihn so an, dann schniefte sie wieder, senkte den Kopf und schob ihre Nase trotz ihrer protestierenden Worte zwischen das Fell ihres Papas. Dort blieb sie auch, mit geschlossenen Augen und der unbestimmten Hoffnung, Deva würde von ihrer Argumentation überzeugt und wieder so wie früher werden, bis ihr Vater sie ein wenig von sich schob und ihr schokoladengelber Blick wieder auf ihm lag. Schnell schlich sich Enttäuschung in ihn, als seine Antwort sie in die Magengrube traf und ihr die Aussicht auf ein schönes Leben außerhalb ihrer Heimat nahm.

“Dann müssen wir zurück nach Hause. Da kannst du es mir versprechen.“

Und weil sie das Gefühl hatte, mit dieser Forderung nicht weit zu kommen, wandte sie sich mit tränenverschleiertem Blick an Kody und Rylai und sah sie flehend an.

“Sagt ihm, dass wir nach Hause müssen. Dass nur da wieder alles gut werden kann und wir alle uns wieder lieb haben.“

Eine andere Lösung sah die Kleine nicht, denn wenn ihr Papa gemein zu ihr war, würde sie wieder weglaufen, aber Weglaufen war keine Lösung, also durfte ihr Papa nicht mehr gemein sein. Aber ihr Papa konnte das nicht versprechen und somit könnte es sein, dass sie wieder weglaufen würde … was keiner von ihnen wollte.


Re: 16 | Über den Fluss - Dannsair - 29.09.2013

Dubh schaffte es aber auch immer wieder, Dannsair die Laune zu vermiesen. Er hatte es nur gut gemeint, wollte Konversation betreiben und nebenbei die großen Lücken füllen, die in seinem Bild von seinem Bruder entstanden waren. Außerdem war es doch sein gutes Recht über die Umstände des Todes seiner Familie unterrichtet zu werden – nicht? Diese kurzen, nichtssagenden Antworten seines Bruders gingen ihm langsam gehörig auf den Geist. Er hatte sich ja vorgenommen, Verständnis zu zeigen für etwaige Startschwierigkeiten, er wusste, dass Dubh auch früher schon einsilbig und verschwiegen war, aber langsam ging ihm die Geduld aus. In ihm begann es zu brodeln.

Ohne ihm zu antworten stakste Dannsair weiter über den glatten, tückischen Untergrund und starrte stur zu Boden. Dabei überhörte er jene besorgte Stimme Nasihas und hatte seinerseits natürlich auch nichts gesehen am anderen Ufer. Umso verwirrter blickte er auf und hielt kurz inne, als Dubh ihn ansprach und blickte verständnislos zu ihm hinüber. Er hatte leider keine Zeit, sich eine aussagekräftige Antwort zu überlegen und so sprudelte es einfach nur mit einem Knurren aus ihm heraus.

“Habe ich was gesehen? Ja, vielleicht, nein. Vielleicht sind sie alle tot, vielleicht bin ich aber auch zu alt für das Ganze!“

Selbst etwas verdutzt über diesen Schwall Unsinns runzelte Dannsair kurz die Stirn, ehe er sich abwandte und unbeirrt weiter rutschte. Man könnte als Zusammenfassung verstehen von dem, was er bislang von seinem Bruder zu hören bekommen hatte. Es war zumindest noch nichts von informativem Wert dabei herumgekommen, also beschloss der Schwarze, es ihm von nun an gleichzutun. Wenn er nicht mit ihm reden wollte, schön. Dann versuchte er für den Anfang, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Dubh zu bringen und vor Allem endlich von diesem blöden Eis runterzukommen. Ein Blick nach vorne bestätigte ihm, dass es fast geschafft war..


Re: 16 | Über den Fluss - Kodeiyan - 30.09.2013

Kodeiyan trat nervös von einer Pfote auf die Andere. Devaki und Rylai hatten sie gefunden, soweit schien alles erstmal gut zu sein. Aber... dass seine Schwester so reagieren würde, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Und er musste zugeben, dass er nicht so wirklich wußte, wie er damit umgehen sollte. Immer wieder glitt sein Blick zu seiner Freundin und ihrem Vater – ohne wirklich darauf zu hören, was die beiden besprachen. Wahrscheinlich lief es bei ihnen sowieso besser. Er wandte den Blick also weiterhin schuldbewußt zu seiner Schwester herum, die Ohren eng an den Hinterkopf geneigt. Er hatte wirklich nicht daran gedacht, sie mitzunehmen. Aber... vielleicht hätten es so nur die Anderen mitbekommen... obwohl das vielleicht auch wiederum nicht so schlecht gewesen wäre – immerhin hatten sie ja erreichen wollen, dass sie alle umkehrten. Aber daraus schien nun Nichts zu werden – sie würden weiter gehen. Irgendwohin, das Ziel schien noch niemand wirklich zu kennen. Als seine Schwester ihm nun leise stotternd zustimmte, schwang die Rute des Rüden noch einmal durch die kalte Winterluft, und das Lächeln auf seinen Lefzen wurde ein wenig wärmer. Sie verzieh ihm – und damit fiel dem jungen Wolf ein Stein vom Herzen. Als die Braune dann jedoch weiter sprach, zuckten die Ohren Kodys kurz, ihren Worten folgte ein leichtes Blinzeln. Aber erst, als sie wirklich geendet hatte, legte der Rüde wieder ein Lächeln auf die Lefzen, froh darüber, dass sie diese Worte wählte. Kodeiyan nickte zustimmend, ehe er einen kurzen Schritt auf seine Schwester zu trat, sie kurz am Ohr zog und ihr dann wieder in die Augen blickte.

„Ich verspreche es dir. Ich lasse dich niemals alleine! Aber wovor willst du mich denn beschützen?“

Ihn! Er brauchte doch niemanden, der ihn beschützte! Trotzdem lag Ernst in der Stimme des jungen Wolfes, immerhin war Rylai diese Sache ernst, das war Nichts, über das er sich lustig machen wollte. Trotzdem lächelte er ihr noch immer entgegen, berührte die Braun noch einmal kurz mit der Schnauze, ehe eine andere Stimme seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Zum ersten Mal wirklich bewußt wandte sich der Braune nun an die anderen beiden Wölfe, und bei Kainuus Worten legten sich seine Ohren wieder an den Hinterkopf, unsicher, was er nun sagen wollte. Eben noch war ihm diese Idee wunderbar vorgekommen. Es hatte wie die beste Lösung gewirkt. Aber jetzt? War es wirklich der richtige Weg? Er wußte es nicht, wußte also auch nicht, was er seiner Freundin sagen sollte. Kurz glitt sein Blick noch einmal zu Rylai, ruhte dann einen Moment auf Devaki, ehe er sich an Kainuu wandte, vorsichtig einen Schritt auf sie zu ging. Es war seine Idee gewesen, aber... Meinungen änderten sich eben.

„Kainuu... wir sollten dem vielleicht eine Chance geben. In deinem... unserem zu Hause... wir haben dort keine Nahrung mehr. Irgendwann würde es uns allen deswegen schlecht gehen. Wirklich schlecht.“ Er wußte nicht, wie er es ihr erklären sollte, wie sie verstehen konnte. Er wog leicht den Kopf, verdrehte die Ohren, ehe er weiter nach Worten suchte. „Wir würden da alle gemein zueinander werden... deswegen ist es vielleicht besser, wenn wir uns jetzt ein neues zu Hause suchen... da wird es uns dann besser gehen...“

Ein wenig verzweifelt richteten sich die braunen Augen auf Devaki, unsicher, ob er nun die richtigen Worte gefunden hatte.


Re: 16 | Über den Fluss - Laines - 05.10.2013

Chess Laines hatte grob gesagt auf Durchzug gestellt und war stumpf weiter hinter den anderen hergelaufen. Fast etwas mechanisch bewachte er dabei mal die ungelenken Bewegungen der Jungwölfe, dann fixierte er wieder den Waldrand. Die familiären Probleme gingen ihn weder etwas an, noch interessierten sie den Schwarzen. Das war Welpensache, auch wenn Liath die Sache dann recht gut löste und irgendwann endlich ruhe war.
Das leise Knarzen wäre ohne große Notiz an ihm vorbei gegangen, Laines hätte es einfach dem Eis oder einem altersschwachen Baum zugeschoben, doch dann sah auch er den braunen Schemen am anderen Ufer. Die Ohren des Vierjährigen schnippten nach vorne, der Kopf ging ein bisschen höher und sein leichter Schritt beschleunigte etwas. Na, sollten sie etwa schon fündig geworden sein, auf ihrer Suche nach Beute? Chess Laines schnupperte aufmerksam in den Wind, konnte aber keine Fährte ausfindig machen. Vermutlich war die Windrichtung einfach ungünstig. Als der schwarze Rüde wieder nach vorne blickte erkannte er, dass Liaths Hintern schon recht nah in seinem Blickfeld war. Der junge Rüde war aus irgend einem Grund stehen geblieben. Selbst seine Schwester rief schon nach ihm. Wieso musste man mitten auf dem Eis stehen bleiben, weil einem gerade einfiel, dass Rudelmitglieder immer noch fehlten?
Laines senkte kurzerhand den Kopf und schob den jungen Wolf von hinten an.

Der Rest der Familie kommt schon gleich, nun beweg' dich. Da vorne war irgend etwas Braunes, vielleicht haben wir ja schon Beutetiere gefunden! Was meinst du, wie sich dein Vater über so eine Neuigkeit freuen würde, also sehen wir schnell nach!“

Der große Rüde hielt nicht an, sondern schob einfach weiter. In dieser Hinsicht war das Eis ja recht praktisch und selbst wenn er ungeschickt vorne rüber kippen würde, so vertraute er dem Eis dennoch genug. Es würde schon nicht brechen, sie hatten die Hälfte passiert, was bedeutete, dass das Eis nun eh wieder dicker werden würde. Und notfalls zog er Liath einfach wieder raus.


Re: 16 | Über den Fluss - Devaki - 11.10.2013

Was war hier nur los? Kainuu hatte immer alle Antworten akzeptiert, die er ihr gegeben hatte. Sie hatte nachgefragt, wenn sie etwas nicht verstand, aber nie, niemals hatte sie ihrem Vater kontra gegeben. Die Situation kam ihm absurd vor. Devaki verstand nicht, warum Kainuu es nicht verstand, nicht verstehen wollte. Trotzig blickte sie ihm in die Augen und ebenso trotzdem starrte er für einen Moment zurück, bis er den Kopf schüttelte.

„Ist es für dich gemein, wenn ich versuche deine Geschwister vor Dummheiten zu bewahren? Findest du es gemein, wenn ich von ihnen gehorsam verlange in Zeiten, in denen wir zusammenhalten müssen?“


Devakis Ton wurde ein wenig rauher. Er fühlte sich angeklagt, an den Pranger gestellt und verurteilt für eine einzige Tat. Eine heftige Reaktion seinerseits war es, die nun alles liebevolle, das er immer an sich gehabt hatte und seinen Welpen gegeben hatte, in Frage stellte. Nein, eine Reaktion, die alle Liebe, die er Kainuu gegeben hatte, in Frage stellte. Ihre Arkas-Argumentation ließ er unkommentiert. Insgeheim war sich der Schwarze ziemlich sicher, dass Arkas durchaus oft gemein gewesen war, weil er Angst hatte. Weil Arkas immer Angst gehabt hatte. Davor, dass Miu etwas zustieß. Davor, dass Yoruba etwas zustieß. Davor, dass man ihn für schwach und dumm hielt oder davor, dass er sich anderen öffnen, anvertrauen könnte und dann verletzt würde. Doch Kainuu das zu erklären, hielt Deva für unnötig. Stattdessen stand er auf, versuchte dem Blick ihrer braunen Augen auszuweichen. Der Schwarze wollte seiner Tochter nicht zeigen, wie verletzt er war, weil sie ihn nicht verstand. Weil sie weglief und ihm so alles noch schwerer machte, als es ohnehin schon war.

„Wir können nicht zurück, Kainuu.“

sagte er noch einmal leise, diesmal etwas sanfter und hob dann den Kopf, um Kody und Rylai hilfesuchend, fast flehend um Beistand anzusehen. Erleichtert nutzte Devaki die kurze Pause als Kody begann zu sprechen und seinerseits versuchte Kainuu davon zu überzeugen, dass es kein Zurück gab. Er atmete tief durch, schloss sogar kurz die Augen, um seine mittlerweile schnell Atmung ein wenig zu verlangsamen und sein Herz zu zwingen ruhiger zu schlagen. Erst als Kody geendet hatte, öffnete der Schwarze die Augen wieder. Er sah den Rüden an und nickte, dankbar für die Unterstützung. Jetzt wusste Deva, was er sagen musste.

„Es stimmt, was Kody sagt. Ohne Beute geht es uns schlecht, Hunger im Bauch sorgt nur dafür, dass es auch dort nicht mehr so sein würde, wie du es kennst. Aber wir werden eine neue Heimat finden. Ein neues zu Hause. Einen Ort, an dem alles wieder so sein wird wie früher. An dem ich wieder so sein werde, wie du mich kennst. Nur um diesen zu finden, müssen wir weitergehen.“

Devakis Augen wanderten wieder zu seiner Tochter zurück. Einen langen Moment blickte er in ihr Gesicht, bevor er sich ihr mit einem Schritt wieder näherte. Er senkte den Fang dicht an ihr Ohr, weil das, was er sagte, nur für sie bestimmt war.

„Ich bin nicht frei von Fehlern. Aber auch wenn man sich irren kann in dem was man denkt und tut, so kann doch das Herz nicht irren. Mein Herz sagt, dass wir diesen Weg gehen müssen, auch, wenn er schwer ist. Und es sagt, dass ich das nicht ohne dich tun kann, denn es braucht dich. Du gibst ihm die Kraft alle Schwierigkeiten zu überstehen, egal wie groß sie sein mögen. Und was sagt dein Herz dir?“