Night-Wolves
15 | Abschied - Druckversion

+- Night-Wolves (https://nightys.schattenwanderer.net)
+-- Forum: Rollenspiel (https://nightys.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=7)
+--- Forum: Rollenspiel (https://nightys.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=18)
+--- Thema: 15 | Abschied (/showthread.php?tid=223)

Seiten: 1 2 3 4 5


Re: 15 | Abschied - Vandrare - 14.11.2012

Eingelebt...konnte man wirklich sagen dass er sich eingelebt hatte? Zeit dazu hätte er gehabt, doch gestaltete sich das Leben in der neuen Umgebung als eher schwierig. Erste Kontakte hatte er geknüpft, einigen sogar erzählt wo er herkam. Shila, Dannsair...aber da hörte es eigentlich auch schon auf. Den Streuner, der ihn und die Fähen aufgegabelt hatte, hatte er seitdem kaum mehr gesehen – und auch der Kontakt zu den Fähen, die genauso wie er hier verblieben waren, war bisher eher...dürftiger Natur gewesen. Aber das lag, so dachte Vandrare, auch viel mehr eher an ihm selbst als an irgendwem anders.

Immerhin hatte er Dannsair noch einige Male beim Versuch des Fischens zugesehen und beschlossen, dies selbst irgendwann auch mal auszuprobieren. Die letzten Tage hatte er sich durchaus einige Male versucht – immer dann, wenn er sich unbeobachtet wähnte und dem Weiher nahe genug war – aber bisher noch keinen reellen Erfolg gehabt. Aber dem Hasen, den er beinahe Nasiha weggeschnappt und von dem er mehr als einen Tag gezehrt hatte, waren weitere gefolgt – Reste zwar, aber für den Rüden reichlich, wenn man bedachte, wie gering der Stoffverbrauch eigentlich war, den er hatte...dennoch hätte er sich nicht über größere Beute beklagt, aber die war nun mal sehr rar geworden bis gar nicht mehr vorhanden.

Heute aber war, wie man so schön sagte, ein anderer Tag. Und so gut aufgenommen der Rüde sich bisher auch fühlte, so fremdartig war doch das Heulen des Alphas, zudem machte Vandrare der ungewöhnliche Fakt zu schaffen dass es offenkundig keine Fähe an dessen Flanke gab. Etwas, das ihm bis dato absolut fremd war. Zwar konnte er aus Erzählungen mutmaßen, dass dem nicht immer so war – die Welpen nannten Devaki ja auch Papa oder so ähnlich – aber an der Ungewöhnlichkeit änderte dies ja erst einmal nichts.

Und nun? Nun hatte seine graue Eminenz – wenigstens am Fang war Devaki ja arg grau, seit Vandrare ihn kannte – das Rudel, das sich wohl ein wenig zerstreut hatte, zusammengerufen und schien etwas nicht unwichtiges ankündigen zu wollen. Vandrare, der sich – mit Ausnahme besagter „Fischzüge“ - nie weit vom Rudelplatz entfernte, war durchaus gespannt, was der Rüde zu erzählen hatte. Bisher hatte sich das seltene Zusammentreffen an besagtem Ort immer gelohnt, weil er immer etwas neues erfahren hatte. Vermutlich würde es dieses Mal ähnlich sein...aber so richtig nach guten Nachrichten hatte der Unterton des Heulens nicht geklungen.

Die paar Meter bis kurz vor der kleinen Erhebung auf der der Rüde saß, hatte der Rüde schweigend wie auch hinkend zurückgelegt. Aus seinem Handicap machte Vandrare seit Sekunde eins kein Geheimnis und war, bis auf wenige Ausnahmen, auch gut damit gefahren. Dafür hatte er bereits unter Beweis stellen können, dass seine Nase wirklich eine sehr gute war.

Den Platz hatte er schließlich erreicht und sich dort auf die Hinterkeulen gehockt. Dort drüben schienen sich einige Wölfe zusammengehockt zu haben und auch er bildete mehr oder minder ein kleines Grüppchen für sich alleine. Aber das musste ja nicht so bleiben...und Vandrare war sich sicher, dass es nicht so bleiben würde, denn Devaki begann zu sprechen. Und er ahnte, dass jeder der jetzt nicht am Versammlungsort war, sich ziemlich unbeliebt machen würde, es sei denn er hätte einen guten Grund dazu. Was aber tat Devaki da? Er sprach darüber, das Revier zu verlassen, nur weil die Beute nicht gekommen war? Dass dem so war, hatte er ja vor geraumer Zeit im Gespräch angedeutet, aber dass es so schlimm war, hatte sich Vandrare kaum vorstellen können. Oder wollen.
Er sah zur Seite – da, das mussten Namíd und Shila sein...zumindest mit letzterer hatte er ja ausführlich gesprochen. Und gerade die jungen Wölfe wirkten alles andere als begeistert – auch wenn eine Wanderung natürlich ebenso gut als Abenteuer gesehen werden konnte. Aber den jungen Wölfen schien nicht der Sinn nach Abenteuer zu stehen, es wirkte ohnehin als knabberten sie an etwas, das Vandrare für sich nicht ergründen konnte. Etwas, dem er vielleicht irgendwann auf die Spur kommen wollte...oder würde, wenn sich denn die Gelegenheit dazu ergab.

Ehe Vandrare sich in seinen eigenen Gedanken hatte verlieren können, fragte Devaki ob noch jemand eine Frage hätte. Das war für den Wanderer eigentlich die Chance, sich einzubringen. Eine Chance, die er ungern liegen lassen sollte und wollte – aber was bitteschön sollte er fragen, ohne dafür gleich einen Fang in die mageren Rippen zu bekommen? Da kam ihm Cheza – die er bisher neben Liath wohl am wenigsten kennengelernt hatte – zuvor und stellte eine der wenigen logischen Fragen die man wohl stellen konnte.

„Ahm...genau. Es wird ja seine Gründe haben, warum es dieses Jahr nicht da ist – wollen wir oder einige von uns ergründen, warum dem so ist? Ehm..ich meine..von Euch..natürlich...“

Je länger der Rüde gesprochen hatte, umso leiser war er schließlich geworden. Eigentlich ging ihn das Ganze doch gar nichts an – war er nicht froh über jede ruhige Sekunde die er hier verbringen konnte und durfte? Sich noch einmal mit jungen Wölfen befassen, die seine Urenkel sein könnten, es aber natürlich nicht waren? Besser, er setzte dies nicht auf's Spiel. Daher erhob sich der Rüde, seufzte kurz auf und hinkte schließlich schwerfällig zu Dannsair hinüber...keine Kunst, hatte er sich doch ohnehin unweit des jungen Rüden aufgehalten. Ungefragt nahm er etwas einen Meter rechts neben jenem Platz, legte sich ab und bettete den schweren Kopf auf den Vorderläufen. Was jetzt noch passieren würde, an ihm würde es nicht mehr liegen etwas zu sagen oder gar zu entscheiden...


Re: 15 | Abschied - Laines - 15.11.2012

Die Zeit war verstrichen, er wieder gesund und keiner der Welpen von wildgewordenen Pumas gefressen worden. Das war alles, was Laines Meinung nach zählte. Yoruba hatte es zwar trotz der dramatischen Rettungsaktion nicht geschafft, aber das hätte sie vermutlich auch ohne Großkatzenangriff nicht. Seine Gedankengänge mochten kaltherzig erscheinen, aber im Grunde genommen war es nur das, was ihm von Kindesbeinen an eingetrichtert worden war. Das Recht des Stärkeren setzte sich durch und wer schwach war, der wurde von der Natur ganz natürlich aussortiert. Das war praktisch das Motto, nach dem sein Leben immer verlaufen war. Entweder war man körperlich stark, oder eben geistig. Und schnell auf den Beinen. Chess Laines selbst gehörte eher zu den letzten beiden Kategorien. Er hatte überlebt, weil er schlau war und schnell genug rennen konnte. Und selbst auf Noesis passte diese Lebensweise wie eine unerschütterliche Regel. Sie war schwach gewesen, furchtbar schwach und ohne Willen am Leben teilzuhaben, nur Sehnsucht nach dem Tod. Deshalb war sie gestorben. Nun gut, da drifteten die Gedanken etwas ab. Aber Yoruba war schlicht und ergreifend nicht stark genug für das Leben gewesen und hatte die Krankheit deshalb nicht überwunden. Eine logische Schlussfolgerung für ihn, aber er hütete sich natürlich das irgendwem unter die Nase zu reiben. Um dafür zu sorgen, dass die Starken aber nicht einst wegen ihrer Dummheit aussortiert werden würden, hatte er sich nach dem Pumaangriff noch Kodeiyan und Liath geschnappt, um ihnen eine Standpauke darüber zu halten, wie man sich in solchen Gefahrensituationen künftig zu verhalten hatte. (Ich entscheide das mal so, ok? xD) Er konnte nur hoffen, dass die Jungrüden es sich zu Herzen nehmen würden. Aber immerhin wusste Laines, dass er einen nicht von der Pfote zu weisenden Einfluss auf Liath hatte.
Unbekümmert wie der Schwarze war, hatte es ihn auch nicht übermäßig besorgt, dass plötzlich das Großwild ausgeblieben war. Eine lästige Angelegenheit war es natürlich, aber solange sein Magen noch mit Kleintieren gefüllt werden konnte und er nicht am Verhungern war durchaus erträglich. Ihm war bewusst, dass es nicht ewig so weitergehen würde, daher hatte Laines längst mit einer gewissen Vorfreude auf das gelauert, was Devaki nun bedeutungsschwer ankündigte. Sie würden das Tal verlassen.
Sein Leitwolf sah deswegen zwar ein wenig niedergeschlagen aus, aber Chess Laines konnte trotzdem nicht ganz verhindern, dass seine Rute sachte und erwartungsvoll von einer Seite zur anderen pendelte. Für ihn war nicht verständlich, wie man sich so ziemen konnte einen Ort zu verlassen, der einem nichts mehr bot. Heimatgefühle kannte er nicht und so fand er das Ganze ein bisschen überdramatisiert aufgezogen. Wandern, immer wieder Neues sehen und dabei nicht ätzend einsamer Langeweile ausgesetzt sein! Für ihn ein Grund zur Freude, denn der Schwarze hatte längst mit sich angeklärt, dass der einzige Grund, dass er noch immer hier bei diesem Rudel war, der Unterhaltungswert seiner Gesellschaft war. Er fühlte sich nicht unwohl, er hatte nichts gegen die Rudelmitglieder und Arkas war es nicht wert ernstgenommen zu werden. Hin und wieder war das Leben so ein wenig träge und öde, immerhin von Liath ein wenig versüßt. Aber wenn er sich vorstellte alleine das Abenteuer neuer Wanderungen zu suchen, dann klang das auch nicht mehr wirklich ansprechend. Er hasste Langeweile und auch das Alleinsein war etwas, dass er nur mit verzogener Miene betrachtete. Beides ging miteinander einher.
Während Devakis Ansage hatte sich Laines hinter Namíd und Shila auf die Hinterläufe sinken lassen, daher hörte er auch, worüber die zwei Jungwölfe redeten. Er senkte den Kopf etwas zu den beiden.

Ihr helft eurem Papa, indem ihr ihm den Abschied vom Tal leicht macht und nicht zu traurig seid. Und immer am selben Ort zu sein und die selben Dinge zu sehen ist doch langweilig ... was meint ihr, was es für viele Dinge in der Welt gibt, die ihr alle noch nicht gesehen hat! Auf einer Wanderung gibt es massig Abenteuer zu erleben, das verspreche ich euch.“


Re: 15 | Abschied - Devaki - 19.11.2012



Ausstiegsbeitrag von Arkas
Arkas schlenderte gemächlichen Schrittes durch den Wald in Richtung des Ortes, zu dem Devaki gerufen hatte. Er war alles andere als in Eile, hatte seine eigene kleine Runde noch beenden wollen und war sich sicher, dass es eh nur irgendeine Spinnerei sein konnte, die dem Schwarzen da sicher
wieder durch den Kopf geschossen war und wegen der er unbedingt das Rudel beisammen haben wollte. Dass er sich überhaupt auf dem Weg machte war ihm seiner Meinung nach hoch anzurechnen, Verlangen spürte er keins danach die anderen jetzt zu sehen.


Allgemein hatte er sich in den vergangenen Tagen und Wochen sehr zurückgezogen, die Nähe des Rudels gemieden und seine Zeit nach Möglichkeit alleine verbracht. Viel war passiert, nach dem der Angriff der Pumas und diese elendige Krankheit endlich überstanden waren. Sehr viel, von dem jedoch nur ein Punkt von besonderer Wichtigkeit für ihn war: Der Tod seiner Schwester. Erneut hatte sie nicht auf ihn gehört, hatte ihren Kindskopf durchgesetzt und sich unnötigerweise – man muss schon sagen absolut dumm und naiv – in Gefahr begeben. Diesmal war es allerdings eindeutig zum letzten Mal geschehen, daran gab es keine Zweifel mehr. Es waren Tage gefolgt in denen er sich komplett vom Rudel ferngehalten hatte und seine eigenen Wege gegangen war. Zeit die er sich genommen hatte sich zu ordnen, sich klar über alles zu werden was geschehen war, verbittert zu sein, wütend auf sie, sie sogar zu vermissen aber dann auch wieder die Zähne zusammenzubeißen und mit allem abzuschließen was geschehen war und was fortan hinter ihm liegen würde. Der Rüde hatte seine Ruhe und seine innere Gelassenheit wiedergefunden, sich den anderen wieder
angenähert und sogar die von Devaki geforderten Aufgaben übernommen: Allen voran das Spähen nach Beute, die sich zurzeit im Revier rarmachte. Eine Aufgabe die er sogar äußerst gerne übernommen hatte, verhieß sie doch Ruhe und Abgeschiedenheit. Weit weg sein von allem Anstrengenden und Nervenaufreibenden, insbesondere den Jungwölfen, die nach und nach unterwiesen worden waren, zumindest in den notwendigsten Dingen. Auf sehr stümperhafte Art und Weise, hätte man den Hellen gefragt. Aber das Tat in der Regel niemand und er schwieg. Kein Wunder, betrachtete man, wie ihm seine Bemühungen seitens Devaki und Dannsair gedankt wurden, wie er sogar verantwortlich gemacht wurde für die dümmsten Dinge. Vieles hatte er hingenommen, einiges hatte er gekontert. Vieles war seiner Meinung nach keiner Erwiderung wert gewesen.


Als er den Versammlungsort erreichte, merkte er, dass er gerade noch rechtzeitig gekommen war um Devakis Ansprache zu hören. Außer Sichtweite verharrte er und lauschte den Worten des dunklen Leitrüden. as er zu hören bekam gefiel ihm nicht, ganz und gar nicht. Ganz offenbar musste sich der Schwarze den Kopf gestoßen oder etwas Falsches Gefressen haben. Der Helle wartete einen Augenblick und hoffte, dass er nicht der Einzige sein würde, dem aufging wie dämlich seine Entscheidung war, aber niemand widersprach, konnte sich auch nur im Ansatz dazu durchringen
Devaki entgegen zu treten und ihm die Blödheit seiner Idee vor Augen zu führen (was hatte er auch erwartet). Also trat er schließlich mit gehobenem Haupt aus seiner Deckung hervor und wandte das Wort an den Schwarzen. Seine Stimme triefte dabei nur vor Ironie und Sarkasmus.


„Was für eine ausgezeichnete Idee sich unser großartiger Leitrüde da wieder ausgedacht hat. Verlassen wir doch einfach das Revier. Und dann…?“


Verachtung schlich sich in seine Stimmlage, Kapitulation, Unverständnis, aber auch Provokation. Selbstsicher stand er da, die Rute gehoben, die Ohren gespitzt. Die seit der Krankheit verstrichene Zeit hatte er gut genutzt, um seine Kondition wiederherzustellen, so dass er sich einer potentiellen
Reaktion des Dunklen durchaus ohne weiteres gewachsen fühlte.


„Hoffst du, dass der Winter hart genug wird das Rudel derart zu dezimieren, dass der Rest es schon irgendwie schafft zu überleben? Mit dem was wir womöglich irgendwo finden auszukommen? Vorausgesetzt natürlich wir finden anderswo überhaupt ein Auskommen ohne uns mit einem anderen Rudel anzulegen. Aber wahrscheinlich besteht da kein Anlass für Bedenken mit fünf von dir so fabelhaft ausgebildeten Jungwölfen bei uns wird es sicher niemand wagen sich uns zu nähern, egal ob aggressives Wolfsrudel, schlecht gelaunte Raubkatzen oder hungrige Bären. Und was kümmern uns eisige Nächte ohne Obdach. Das wird sicher ein ganz tolles, großes Abenteuer…“,

der Helle schnaubte verächtlich.

„Ich hab offenbar schon viel zu lange zu dem geschwiegen und zugesehen, was du hier abziehst. DU willst ein Leitwolf sein? Der tapfere, clevere und über allem stehende Devaki… Du bist nicht einmal ansatzweise in der Lage dein Rudel oder auch nur dich selbst zu schützen, irgendjemanden ein brauchbares Vorbild zu sein oder auch nur halbwegs verantwortungsvolle Entscheidungen im Sinne deiner Wölfe zu treffen. Du bist bestenfalls ein Schatten des Leitwolfes, den das Rudel eigentlich verdient hätte.“


Er wandte sich mit schweifendem Blick an die Anderen.


„Und ihr wollt ihm allen Ernstes folgen? Viel Glück…“

… ihr werdet es brauchen.

Wohin sollte das führen? Es war klar, was als nächstes kommen würde wenn er geendet hätte. Missbilligung im besten Fall. Erwartete er, dass irgendjemand wirklich verstand, was er da sagte, was es für das Rudel bedeutete jetzt die wenige Sicherheit die noch blieb aufzugeben? Was sollte das Ganze überhaupt? Diese Frage manifestierte sich immer mehr in Arkas Gedanken. Der Dunkle war es nicht Wert, niemand der Anwesenden war es Wert, dass er sich auch nur im Geringsten weiterhin mit diesem Unsinn befasste. Er war schon viel zu lange an diesem Ort geblieben, hatte den Zenit überschritten, das wurde ihm mit einem Mal bewusst. Er sah ein letztes Mal herablassend zu Devaki, dann drehte er sich um und wollte gehen, wollte einfach nur verschwinden, seine Ruhe, blieb aber noch einmal mit dem Blick an Dannsair hängen. Die Stimme im Vergleich zu vorher deutlich gesenkt sprach er nun leiser, wieder kontrollierter und gezielt an den Dunklen gewandt.


„Vermisst du immer noch deine Tochter? Keine Sorge, mit Devaki an eurer Spitze wirst du sie vermutlich bald wiedersehen…“


Trotz allem was vorher aus seinem Maul gekommen war wurde innerhalb eines kurzen Moments deutlich, dass es Arkas keineswegs egal war was hier passierte und ihm keinen Spaß bereitet hatte. Er wirkte weder glücklich noch zufrieden, wie es sonst üblich war wenn er jemanden seine Fehler aufzeigte oder herausforderte. Keine Spur Vergnügen war seinen Gesichtszügen abzulesen. Einzig Unzufriedenheit und Resignation. Leicht den Kopf schüttelnd wandte er sich ab und lief dann im durchschnittlichen Wolfstrab los in Richtung der Reviergrenze. Er verschloss sich allem was hinter ihm lag, hielt den Blick nach vorne gewandt und sah nicht mehr zurück, als er die Wölfe und das Revier letztendlich ein für alle Mal hinter sich ließ.



Re: 15 | Abschied - Devaki - 24.11.2012

Sein Blick war aufmerksam über die so schweigsame Runde geglitten. Er fragte sich, warum sie so wenig zu sagen hatten, warum es so wenig Anteilnahme an dieser Entscheidung gab. Interessierte es dieses Rudel gar nicht, dass sie ihr zu Hause verlassen mussten? Die Welpen, die Wölfe, die schon so lange hier lebten? Anscheinend nicht. Sie nahmen die Entscheidung hin, stellten sie nicht in Frage. Vertrauten sie ihm? Vielleicht und gerne hätte er ihr Vertrauen geteilt. Doch ob es die richtige Entscheidung war, die er traf, dessen war er sich keineswegs sicher. Das Einzige, das ihm vollkommen klar erschien war, dass etwas geschehen musste. Als Cheza nun die Stimme erhob und eine Frage stelle, wandte er ihr ruhig den Kopf zu. Die Ohren waren aufmerksam in ihre Richtung gedreht. Devaki versuchte sich seine Zweifel nicht anmerken zu lassen, obwohl er nicht verbarg, wie unglücklich ihn selbst der neue Weg machte. Er wollte nicht gehen, alles in diesem Revier hing mit seinem Leben zusammen. Mit seinem Vater, einer Zuflucht im Exil, Siyi, der Geburt der Welpen. Aber er konnte nicht an sich denken. Einen Augenblick dachte er über Chezas Frage nach, dann nickte er langsam. Auch Vandrare hatte sich eingeschaltet, ihm galt das Nicken ebenso.

„Wir können es versuchen. Zuerst müssen wir sicherstellen, dass wir genug Wild haben, um durch den Winter zu kommen. Dann können wir vom neuen Revier aus Streifzüge unternehmen, um den Grund herauszufinden. Wenn es in der Nähe liegt.“

Den letzten Satz fügte er nach kurzem Zögern an. Devaki wusste nicht, wie weit sie laufen mussten, bis sie einen geeigneten Platz zum Überwintern fanden. Dass er nicht glaubte, dass sie die Ursache für das Übel finden würde, behielt er für sich. Er wollte die jungen Wölfe nicht beunruhigen, sondern ihnen die Hoffnung auf eine Rückkehr erhalten. Auch, wenn es eine trügerische Hoffnung war – und eine kleine dazu. Hinzu kam, dass sie den Grund noch beseitigen mussten, der das Wild davon abhielt seine üblichen Pfade zu wählen. Devaki machte sich keine Illusionen: Was eine ganze Herde Rotwild verscheuchte, das konnte nichts Gutes sein. Er zweifelte daran, dass sie viel bewirken konnten. Innerlich hatte der Schwarze das Revier aufgeben. Gerade wollte er noch einmal auf die beiden eingehen, als plötzlich Arkas auf die Lichtung geschlichen kam. Devaki sah die Bewegung und blickte auf. Er runzelte die Stirn, unzufrieden über die Verspätung. So ein Verhalten war respektlos, vor allem in Anbetracht der Lage. Er wollte etwas sagen, doch der Braune war schneller – und was er sagte, verschlug Devaki für einen Moment die Sprache. Mit jedem Wort wurden die nachdenklichen Falten auf seiner Stirn tiefer. Die Augen des Leitwolfes wurden schmal und fixierten den Braunen.

Du bist nicht einmal ansatzweise in der Lage dein Rudel oder auch nur dich selbst zu schützen, irgendjemanden ein brauchbares Vorbild zu sein oder auch nur halbwegs verantwortungsvolle Entscheidungen im Sinne deiner Wölfe zu treffen.


Die Anschuldigungen saßen. Im Prinzip sprach er nur das aus, was Devaki selbst dachte. Der Braune bestätigte seine eigenen Zweifel – und den bösen Verdacht, dass Arkas ihn nicht mehr akzeptierte. Der Schwarze wusste, wie gefährlich eine Wanderung in der Kälte war. Dass die jungen Wölfe schwächer waren als sie alle und die Gefahr, dass sie eine längere Reise nicht überstehen würden groß war. Er war sich im Klaren darüber, dass sie in fremde Regionen aufbrachen, Regionen, die niemand von ihnen kannte und die von Feinden besetzt sein konnten. Die Pumas waren nur ein erster Vorgeschmack. Doch was sollten sie tun? Abwarten und an Hunger sterben? Sie mussten doch etwas tun? Er wollte den Braunen anknurren, ihn zurechtweisen oder ihm die Leitung abtreten, damit er zeigen konnte, wie sich ein wirklicher Leitwolf verhielt. Sollte Arkas sein Glück versuchen. Sollte er die Jungwölfe erziehen, seine eigenen Bedürfnisse hinten anstellen und immer das Wohl von anderen in den Vordergrund rücken. Der Schwarze wollte laut werden, doch er konnte nicht. Devaki stand da, stumm und nicht in der Lage irgendein Wort zu erwidern. Alles, was er tun konnte, war Arkas anzusehen und als dieser sich umwandte um zu gehen, schlich sich eine Mischung aus Zweifel, Trauer und Mitgefühl in seinen Blick.

'Armer alter Freund... was ist nur aus dir geworden? So verbittert, so kalt. Ich wünsche dir, dass du auf deinem Weg das Glück wiederfindest. Leb wohl.'

Sein Abschiedsgruß blieb unausgesprochen, die grollenden Worte, die er auf der Zunge hatte, schluckte er hinunter. Er wollte nicht im Streit mit dem Rüden auseinander gehen, der einst einer seiner wichtigsten Mitstreiter gewesen war. Für einen Moment fragte sich Devaki, wie es soweit gekommen war. Doch die Antwort auf diese Frage erschien ihm zu komplex für diesen Ort und diesen Augenblick. Als er sich wieder rührte, war Arkas bereits einige Sekunden im verschwunden. Devaki verbarg den Schmerz nicht, den die Worte in ihm ausgelöst hatten. Er zeigte ihn offen und lächelte wehmütig, mied jedoch den direkten Blick in die Augen der anderen, als er noch einmal sprach.

„Wir, Vandrare. Bisher war es ein wir und eigentlich sollte es das auch bleiben. Doch ich zwinge niemanden mit mir zu gehen. Es steht euch frei zu bleiben, wenn ihr es für richtig erachtet – oder einen anderen Anführer zu suchen, wenn ihr Arkas' Meinung teilt. Ich habe mich für das entschieden, was ich als richtig erachtete.“

Seine Worte waren leise gesprochen. Als er geendet hatte, wandte sich Devaki um, um zu gehen. Er hatte alles gesagt, was es zu sagen gab. Er wollte nicht mehr hören, was sein Rudel noch sagte – oder wer sonst noch Anschuldigungen gegen ihn zu erheben hatte. Sollten sie reden, ohne ihn. Er würde die Zeit nutzen, um das zu tun, was er den anderen vorgeschlagen hatte: Sich verabschieden. Der schmerzlich verletzte Ausdruck aus seinem Gesicht war verschwunden. Stattdessen lag dort wieder die kühle Rationalität und Nachdenklichkeit, die man sonst sah. Nur sein Herz machte ihm bewusst, dass die Furchen des Zweifels noch tiefer aufgerissen waren.


Re: 15 | Abschied - Cheza Luna - 25.11.2012

Cheza konzentrierte sich weniger auf das, was Devaki sagte, als auf das, was er nicht sagte. Sie lauschte auf das, was zwischen den Zeilen gesprochen wurde, ohne konkrete Antworten zu bekommen. Hatte der Leitrüde die Heimat bereits für verloren erklärt? Es war ihr selbst klar, dass es kaum etwas bringen würde, die Ursache zu kennen. Das brachte die Herden schließlich nicht zurück. Sie hatte aber auch nicht mehr viel Zeit, nachzudenken. Arkas trat zwischen ein paar Bäumen hervor und irgendwas in seinem Ton missfiel ihr ziemlich. Aufmerksam betrachtete sie den mürrischen Rüden, mit dem sie kaum je ein Wort gewechselt hatte.
Der Blick der graubraunen Wölfin verdüsterte sich ein wenig und ihr Nackenfell stellte sich auf. Sie wartete darauf, bis die Beschwerden zum Kern der Sache vordrangen und die ultimative Lösung des Problems hervor brachte, aber sie blieb aus. Es war nur ein langer Monolog der Unzufriedenheit, der vermutlich nie gedacht war, um etwas zu verbessern.

„Die Worte eines Rüden, der seinem Unmut Ausdruck verleiht, ohne Luft zu holen und vermutlich selbst nicht weiß, woran er sich stößt. Wieso gehst du, Arkas, statt zu bleiben? Zu gehen ist doch angeblich eine so verächtliche Entscheidung? Stell dich doch dem Winter ohne Nahrung. Und... wenn dich das Schicksal des Rudels so bekümmert, wieso lässt du es dann im Stich?“

Ihre klaren, ruhigen Worte trafen auf taube Ohren. Sie sah zu, wie Arkas von der Bildfläche verschwand. Offensichtlich sollte das ein dramatischer Abgang der Endgültigkeit werden.
Während Cheza dem gehenden Rüden nachblickte, hatte sich Devaki an Vandrare gewandt. Sie musterte die beiden Rüden skeptisch und fragte sich, ob nun alle verrückt spielten.

„Niemand sucht einen anderen Anführer.“, stellte sie klar und sprach für alle Anwesenden. Es war womöglich anmaßend, aber sie durchforstete die Gesichter nun sehr aufmerksam, während der Alpha ging. Cheza blieb. Sie hatte nicht vor, eine Spaltung zuzulassen und würde diese Art von falschen Anschuldigungen nicht dulden. Es war ein Spiel mit dem Feuer, hier zu bleiben und es war nicht weniger gefährlich, aufzubrechen. Wenn sie blieben, würde es für die zweite Option womöglich irgendwann zu spät sein.
Sie betrachtete die Wölfe um sie herum.


Re: 15 | Abschied - Nasiha - 27.11.2012

Seitlich hinter ihrem Bruder stand Nasiha, weder erhöht noch wie das restliche Rudel vor ihm. Für sie schien es ein falscher Platz zu sein und dennoch genau der Richtige an seiner Flanke. Alle samt reckten aufmerksam die Köpfe in die Höhe um die dunkle Nachricht nun offiziell zu hören. Beinahe jeder hatte es bereits erahnt und manchmal gar hinter dem Rücken des ergrauten Alphas getuschelt. Nana selbst erhob nicht ihr Haupt. Ihr Blick ruhte auf den feuchten kalten Waldboden unter ihren Pfoten. Sie brauchte auf ihren Bruder keinen Blick zu werfen, brauchte ihn nicht zu sehen mit dem vermehrten grauen Haaren, die von seinem Kummer und den Gewissenbissen sprachen. Seine Schwester wusste auch so um sein Leid, welches er ganz für sich allein behalten wollte. Die Bürde die er als Leitwolf trug, hatte er jenes Mal nicht teilen wollen. Zurückgezogen hatte er gegrübelt und sich ganz der Wehmut hingegeben nun zerriss sein Herz. Es war das Land ihres Vaters und Nash, obgleich sie erst seit Kurzem hier lebte, verstand die Bindung die Deva zu diesem Revier hatte. War es nicht dieses Land gewesen, welches ihn aufgenommen hatte und ihm seinem verstorbenen Vater näher gebracht hatte. Er war in seine Fußstampfen getreten. Doch was ihr Bruder zu übersehen vermochte war es, dass es nicht dieser Wald war, nicht diese Bäume, die Felsen die auch ihr Vater einst bethronte, es waren die Wölfe die zählten und auch wenn es für ihn wie eine Niederlage erschien, so handele er doch einzig wahr und einem Alpha würdig, er handelte zum Wohle des Rudels. Ein leises Seufzen entfuhr der Dunklen bei seiner gut gewählten und notwenigen Pause. Nicht nur er musste verdauen, auch die anderen, es war ihren Mimiken ähnlich abzusehen. Nasiha die hier erst eine neue Heimat gefunden hatte, konnte damit wahrscheinlich leichtfüßiger umgehen, aber auch in ihrer Brust herrschte der Kummer ihres Vaters Willen. Mit einem besorgten Blick auf Deva beobachtete sie ihren Bruder, der in kürzester Zeit einige Schicksalsschläge einstecken hatte müssen und obgleich jedes derer ein Zeichen in seine Erscheinung meißelte, schien er innerlich noch derselbe liebenswürdige Sturkopf zu sein. Ein schweigsamer Eigenbrödler der mit allem stets allein zu Recht kommen musste – wollte, dass er jenes Mal jedoch auch Nana ausgewichen war und sie abgewiesen hatte, ließ die Fähe entrüsten, dazu mehrte sich natürlich ihr Zweifel. Auch wenn sie es sich vorgenommen hatte nicht mehr in der Vergangenheit sondern in dem Hier und Jetzt zu leben, schien dies wieder erneut ein Grund zu sein zu grübeln ob vielleicht noch alles war wie einst und es auch noch für ewig so blieb. Bruder und Schwester. Vereint. Bei seinen letzten Worten schloss die Fähe die Augen. Sie hoffte wenn er seine Botschaft aussprach, würde er seine Erleichterung, seine Befreiung finden. So war es nicht. Nach der kurzen Dunkelheit blickte sie wartend auf das Rudel. Kein Wolf bei Verstand würde diese Entscheidung anfechten oder gar den Fehler bei ihrem Bruder suchen. Nicht er konnte etwas für das fehlende Wild. Nasiha hatte es mit eigenen Augen gesehen, als sie auf der Suche nach Nahrung weit außerhalb der Grenzen gezogen war. Nirgends gab es eine Herde oder gar Anzeichen von ihrem Dasein und so war es nicht nur ihr allein ergangen. Auch die anderen waren betrübt mit den schlechten Nachrichten zurückgekehrt. Einzig allein den Welpen könnte sie verzeihen, wenn jene nicht begreifen konnten, gar wollten. Es war der Ort ihrer Geburt, ihre Heimat, an der die letzten Erinnerungen ihrer Mutter hefteten. Sie waren jung und kannten die Welt noch nicht gänzlich mit ihren schönen wie grauensamen Facetten, aber auch sie waren bald vollständig gereift. Optisch kaum noch von den Erwachsenen zu unterscheiden, fehlten ihnen nur noch die Erfahrungen. Wie die Schwester befürchtete, war es eines der Jungwölfe die den leisen und zaghaften Widerspruch in einer Frage erhob. Direkt vor Deva und somit auch unmittelbar von Nasiha, konnte er die Worte mindestens genauso gut hören wie sie selbst. Der Schwarzen wurde bang. Ihr Drang an der Seite ihres Bruders zu treten wurde stärker, sie wollte ihn unterstützen und ihm den nötigen Halt und Zuspruch geben den er bedarf. Noch zauderte die Fähe selbst das Wort zu erheben, bisweilen schwieg sie mit der üblichen beobachteten Position, die sie so häufig annahm.

Es war gut, dass sie noch kein Wort verloren hatte. Die jungen Wölfe fanden schnell ihre Fassung wieder, immerhin war es ihr Vater der das Wort erhoben hatte und manch einer konnte seiner Meinung sanfte Bestätigung erteilen. Nur eine entscheidende Frage würde erstmals unbeantwortet bleiben. Warum? Wie konnte es sein das sich sämtliche Herden des Wildes von diesem Revier fernhielten? So wie es klang, hatte es die vorigen Winter genug Nahrungsvorräte gegeben. Natürlich hatte weder ihr Bruder noch irgendein anderes Rudelmitglied eine Vorstellung, nur die vage Vermutung, dass es etwas größeres, etwas umfangreiches als Begründung geben müsste. Vielleicht lag es an der Vielzahl der Jäger. Nicht nur das Rudel hauste hier in diesen Grenzen, sondern auch Pumas wie einige der Wölfe schmerzhaft erleben mussten. Oder war das Wild genauso wie die Grauröcke an einem Virus erkrankt und ihre Zahl war geschrumpft, bis sie jenes Revier verließen…Nasiha war vertieft in ihren Gedanken und auf den Anblick ihrer Pfoten, als der leichte Stupser ihres Bruders sie aus ihren Grübeleien weckte. Glasig nachdenklich schauten ihre Augen in die seinen, bevor er wieder zum Rudel sprach. Er wandte sich ab, die nächsten Fragen zu beantworten. Hingegen blickte sie ihn weiterhin an. Es dauerte eine Weile bis ihre Starre zerbrach und die Schwarze sich als Entgegnung dem Rüden zuwandte und ihn seicht mit ihrem Fang an der Flanke strich. Ihre sanfte Geste wurde zerstört von den bissigen Worten Arkas. Wie vom Feuer gepeinigt zuckte ihre Schnauze von Deva und wandte sich zu dem Hellen, der widerliche und fälschliche Worte in die Runde warf. Die Fähe konnte hören wie ein Stück der Fassade des Schwarzens bröckelte, mehr noch nahm sie ihr Knurren in der Kehle war. Leise und dennoch stetig konnte sie das Grollen in sich hören, tiefer noch die Wut die sich in ihr anstaute ohne auch nur eine Chance auf Freiheit. Der Braune wandte sich zum Gehen und ihr Bruder behielt jenes hohe Gut, welches viele in dieser Situation verloren hätten. Seinen Verstand wie seine Ehre. Auch er wollte gehen, wollte sich von seiner alten Heimat verabschieden, während das Rudel in Zweifeln hing. Es war nicht seine Entscheidung ob die anderen ihm folgen oder den Worten jenen Verbitterten Glauben schenken wollten.

„Entweder ihr bleibt hier und verhungert oder ihr werdet den Weg eures Alphas teilen und in neuer Hoffnung gedeihen! Dies ist eure Wahl. Devaki zeigt euch nur die Wahrheit, die viele nicht wagen auszusprechen. Wir werden hier sterben, wenn wir nur warten bis der Winter vorüber geht… Und auch wenn die Suche schwer sein wird eine neue Heimat zu finden, so haben wir dann wenigstens eine Chance.“

Endlich. Endlich platzte es aus der schwarzen Fähe hervor. Das Grollen aus ihrer Mitte war verebbt und ihre Stimme war klar wie deutlich. Es ging ihr um Recht, nicht nur um Blutslinie. Es ging ihr um die Wahrheit, die manch einer in seinem alten Schädel nicht mehr zu verstehen vermochte. Schwere Atemzüge vollzog sie, als wolle sie ihre Ruhe wieder finden, als sie noch einmal ihren Fang öffnete.

„Niemand sucht einen anderen Anführer.“, wiederholte sie die andere Fähe, die mindestens genauso aufgebracht schien von den Worten des Hellen. Danach wandte sich auch Nasiha um, folgte ihrem Bruder in einem leichten Trab um seinen Vorsprung aufzuholen und an seiner Seite zu gehen.


Bei ihm auf der Höhe verlor sie wieder an Eile. Verlegen zuckten ihre Ohren, als sie einen Blick auf ihn warf. Der Dunklen fehlten die rechten Worte, welche sie ihm zu sprechen wollte. Obgleich sie wusste, dass all jenes welches der Braune ausgesprochen hatte Unrecht war, wusste sie nicht ob sie ihm dieses nun vermitteln sollte oder ob er gar allein sein wollte. Oft hatte er sich die letzten Tage zurückgezogen verhalten und so senkte sie nur ihr Haupt, wandte den Blick wieder zwischen ihre voranschreitenden Pfoten und schwieg einträchtig an seiner Seite.


Re: 15 | Abschied - Liath - 27.11.2012

Liath verstand die ganze Dramatik nicht. Gut, es war riskant, ihr Revier so kurz vor dem Winter zu verlassen, ohne eine Garantie zu haben, dass es anderswo besser sein würde. Aber wenn sie hier blieben, würden sie alle draufgehen. Wenn sie nichts wagten, konnten sie auch nichts gewinnen, so war es doch immer. Warum verfiel das gesamte Rudel plötzlich in diese Weltuntergangstrauerstimmung? Bei seinem Vater konnte er es verstehen, er lebte schon so lange hier und verband sicher viele tolle Erinnerungen mit diesem Ort, die er nun zurücklassen musste. Nein Moment, das stimmte nicht. Zurückbleiben würde nur das, was sie sahen. Ihre Erinnerung nahmen sie dagegen überall mit hin. Er lächelte zu seinem Vater hinüber und seine Rute wischte über den sandigen Boden. In Liath hatte Traurigkeit und Bedauern keinen Platz, ginge es nach ihm, würde er direkt aufbrechen. Dieses Revier bedeutete ihm nichts, was wichtig war, waren die Wölfe, die in ihm lebten. Aber zum Glück kamen die alle mit.

Kodys lascher Reaktion wich er nicht einmal aus und zwickte den Gleichaltrigen dann munter ins Ohr, um ihn ein bisschen abzulenken. Was hatten diese Trauerklöße nur? Der Einzige, der nicht den Kopf hängen ließ oder panisch begann, mit einem anderen Wolf zu diskutieren, war Dannsair. Der Schwarze hatte vielleicht genug getrauert und konnte wegen einem so banalen Grund wie diesen nicht schon wieder herumsitzen, als würde die Welt untergehen. Seine Tochter war gestorben – dagegen war das Verlassen eines Ortes doch Kinderkram. Liath spielte mit den Ohren, erhob sich dann und ging um Kody herum, so dass er gleich nah an dem Schwarzen und seinem Beinahe-Bruder saß. Ihm gefiel die heitere Art Dannsairs noch immer, dem er insgeheim ein wenig nacheiferte, wenn er auch keine Konkurrenz für die Loyalität zu Laines darstellte. Und in der letzten Zeit war nicht einmal Dannsair fröhlich gewesen, so dass Liath den Part übernommen hatte und mit Optimismus und Fröhlichkeit versucht hatte, die anderen zum Lächeln zu bringen.

Dieses Lächeln gefror nun, als sich Arkas einschaltete. Den Braunen fand er nach wie vor unsympathisch, aber nun zog er mehr als nur den Groll des Jungwolfs auf sich. Zuerst spitzte Liath die Ohren noch, aber mit jedem Wort zuckten sie weiter nach hinten, bis sie angelegt an seinem Hinterkopf lagen und nur noch ein Drohen mit den Zähnen gefehlt hätte, um das Bild perfekt zu machen. Aber er sah sich nicht in der Position, um Arkas für solche Worte zu bestrafen (und auch nicht gerade in der körperlichen Lage dazu). Also musste er schweigend mit ansehen, wie sein Vater die Kritik hinnahm, die so beleidigend war, dass Liath dem Braunen dafür gern die Zunge abgebissen hätte. Als er davonschritt wie einer, der sich für etwas deutlich Besseres hielt, senkte der Jungwolf den Kopf und grollte leise, doch er wagte es nicht, eine offene Konfrontation daraus zu machen. Nicht unbedingt, weil er sich fürchtete. Aber er war nicht dumm genug, um Arkas nun zu folgen, nur um von ihm eine letzte Abreibung zu bekommen. Sollte er gehen und verhungern, nicht mehr und nicht weniger wünschte der Jungwolf ihm, als er zwischen den Bäumen verschwand. Ohne ein Rudel war er doch nichts, ganz gleich wie toll er sich fand.

„Wer auf den hört ist selber Schuld.“, knurrte er missmutig und warf Arkas einen letzten, verächtlichen Blick hinterher.
„Kommt auf die Pfoten und hört auf so zu tun, als wäre das alles furchtbar tragisch. Das was uns wichtig ist, nehmen wir doch mit: unsere Familie und die Erinnerung an eine schöne Zeit hier.“

Er lächelte, sah ihre Gesichter an und blieb bei seinem Vater hängen. Er tat ihm Leid, vor allem weil er auf Arkas' Worte nichts erwidert hatte. Aber Liath glaubte fest daran, dass er sich von diesen nicht verunsichern lassen würde. Er war sein Vater, stark, mutig und klug. Niemand sollte es wagen, ihn in Frage zu stellen.


Re: 15 | Abschied - Dannsair - 28.11.2012

Wahrlich, er hatte nicht noch mehr Gründe, traurig zu sein. Seine Trauer war aufgebraucht und alles, was jetzt kommen würde, konnte nur noch gut sein. Neue Jagdgründe finden, das war doch was Gutes. Ein neues Revier suchen, in dem es Spannendes zu entdecken gab, das war doch was Gutes. Mit dem Rudel zusammenbleiben, das war doch das Beste. Mit mittelmäßiger Aufmerksamkeit hatte er die Reaktionen der Anderen verfolgt, die Gefühle schienen gemischt. Die Erwachsenen verstanden schnell, dass Devaki Recht hatte, dass es richtig war, zu gehen. Aber selbst die Welpen schienen schnell einzusehen, dass es keinen anderen Weg gab und schließlich vertrauten sie ihrem Vater. Das war ein gutes Zeichen. Einzig Arkas – wie sollte es anders sein – hatte etwas auszusetzen.

Wann immer der Braune etwas zu sagen hatte, standen Dannsair die Nackenhaare zu Berge. Selten verließ etwas Positives seine Lefzen, und auch wenn der Schwarze viel von ihm gelernt haben mochte, so überwog doch der Frust über sein Verhalten. Wie auch jetzt. Je mehr er sprach, desto angespannter wurde der Schwarze. Erst war es nur ein dunkles Brummen, wurde über ein Grollen schließlich zu einem drohenden Knurren. Wie konnte er es wagen, Devakis Autorität zu untergraben. In einem Maß, wie er es noch nie gehört hatte. Und dann wagte er es auch noch, sich an ihn zu wenden, und anstatt etwas zu erwidern, schnappte Dannsair drohend in Arkas' Richtung, ehe dieser endgültig verschwand. Erleichterung wagte sich Schritt für Schritt vor und schlich sich zu seinen Körper. War er nun weg? War der Spuk jetzt vielleicht vorbei? Seine Rute begann zu wedeln.

Dass Devaki die Worte des Bunten so zu Herzen gingen, war typisch für ihn, wie Dannsair befand. Er hatte schon immer viel zu viel auf die Meinung anderer gegeben, aber letztendlich schien ihn das ja auch zu stärken. Er selbst hatte auch viel zu oft Kritik nicht angenommen und dafür immer zu viele Fehler gemacht, vielleicht sollte er sich auch in diesem Punkt mehr von seinem Freund abgucken.

Die Welpen an seiner Seite verstärkten sein plötzlich gutes Gefühl, sie hatten ohnehin immer geschafft, ihn aufzumuntern, auch wenn sie schmerzliche Erinnerungen weckten. Durch sie lebte auch seine Tochter weiter, und das machte es manchmal erträglicher. Auch jetzt war er wieder stolz auf sie. Wie stark sie waren. Dass Liath Mut bewies, bestätigte seine Vermutung, dass er Devaki nacheifern würde, irgendwann. Es war ehrenvoll, seinen Vater beschützen zu wollen, und diesen Drang hatten sie alle, die „Kleinen“. Das war nicht zuletzt bei dem Angriff durch die Pumas deutlich geworden. Dannsair senkte kurz den Kopf – auch wenn er sich so tief nicht mehr bücken musste – und berührte den Schwarzen kurz mit der Nase an der Ohrenspitze und ließ ein Lächeln folgen.

“Liath hat natürlich Recht. Wir nehmen alles mit, was wichtig ist, und dann ist es doch egal, wo wir sind. Und natürlich wollen wir keinen neuen Anführer. Wo sollen wir den auch hernehmen. Also ich komme mit.“

Und mit einem beinahe kecken Ausdruck in den Augen wandte er sich um, den Blick einmal über das Rudel schweifen lassend, und für einen Moment fühlte er sich wirklich gut. Spürte die Freude auf das neue Abenteuer, die Erleichterung über Arkas' Abgang, den Stolz über den Zusammenhalt des Rudels, für einen Moment glaubte er, dass wirklich alles wieder gut werden würde, irgendwie.

“Ihr doch auch, oder?“


Re: 15 | Abschied - Shila - 29.11.2012

Shila hatte sich gerade mit dem Gedanken angefreundet, dass sie das Revier verlassen würden und fand Laines Einwand sehr plausibel, dass sie ihrem Vater durchaus helfen konnten, indem sie ihn einfach bei seiner Entscheidung unterstützen. Aber da erhob Arkas die Stimme. Entsetzt starrte sie den Rüden an und wusste nicht recht, wie sie darauf reagieren sollte. Der erste Impuls war ihren Vater zu verteidigen, sich knurrend zwischen Arkas und den Führer des Rudels zu werfen und Deva in Schutz zu nehmen, aber in der nächsten Sekunde schoss ihr durch den Kopf, dass sie vor einigen Augenblicken selbst noch an der Entscheidung ihres Vaters gezweifelt hatte. Sie vergaß die Fragen, die sie Namíd gestellt hatte und den Vorschlag, den Laines ihnen gemacht hatte, denn der Zweifel hatte sie erneut fest in seinen Fängen. Und selbst als die anderen Wölfe des Rudels sich hinter Deva und dessen Entscheidung stellten, ertappte sich Shila dabei, wie sie Arkas nachblickte und selbst dann noch in jene Richtung sah, als dieser längst hinter den Bäumen verschwunden war. Sie senkte den Blick zu Boden, als hätte sie Angst, dass man in ihren Seelenspiegeln all die Zweifel an ihrem Vater lesen könnte. Allein die eingeklemmte Rute zeigte mehr als deutlich wie unwohl sich die junge Fähe in diesem Moment fühlte. Sie liebte ihren Vater, sie liebte ihre Geschwister und sie hatte sich in diesem Rudel immer wohl gefühlt, aber in Arkas Worten lag ein Funke Wahrheit und er hatte genau das ausgesprochen, was ihr durch den Kopf geschossen war, als Deva seine Entscheidung kundgegeben hatte. Erst als Nasiha ihre Stimme erhob und dem Rudel die Wege aufzeigte, die es gab, hob Shila wieder den Kopf und blickte die dunkle Fähe an, die hinter ihrem Vater stand und Partei für ihn und seine Entscheidung ergriff. War es nicht eigentlich auch ihre Aufgabe das Rudel von der Idee ihres Vaters zu überzeugen? Sich so tapfer und mutig zu Wort zu melden und sich hinter Deva zu stellen? Aber Shila konnte nicht. Jedes Wort, das der Verteidigung ihres Vaters gedient hätte, blieb ihr in der Kehle stecken. Hilflosigkeit würden die anderen Rudelmitglieder in ihren Augen lesen können und ein leises Fiepen konnte Shila nicht unterdrücken, so sehr sie sich auch darum bemühte. Sie hoffte inständig, bei all dem Trubel um Devas Entscheidung und Arkas Widerworte würde man ihrem leisen Fiepen keine Beachtung schenken und auch ihren hilflosen Blick einfach übersehen. Doch sie konnte die verachtenden Blicke der anderen – mit denen sie fest rechnete – förmlich schon spüren.

Ich bin es nicht wert Devas Tochter zu sein

schoss es der jungen Fähe durch den Kopf und beinahe hätte sie sich umgedreht und wäre Arkas Spur gefolgt. Aber dann ergriff Liath das Wort und der nagende Zweifel wurde etwas leiser, als sie über seine Aussage nachdachte, dass sie das Wichtigste ja mitnahmen. Was war es, das es ihr schwer machte dieses Revier zu verlassen? Einen Bach, Gebirge und einen Lagerplatz würden sie ja sicherlich auch anderswo finden… Aber es war mehr, das sie zurücklassen würden. An jedem dieser Orte hingen Erinnerungen, die nur dann wirklich wach und lebendig wurden, wenn man dort war und die Vergangenheit noch einmal vor dem geistigen Auge vorbeiziehen lassen konnte. Shila hatte das Gefühl nicht nur diese Orte, sondern auch alle Erinnerungen zurücklassen zu müssen. Erinnerungen an ihre Welpenzeit, Erinnerungen an ihre Mutter, an all die glücklichen Zeiten, die sie hier erlebt hatte. Wie gerne hätte sie mit ihrem Vater über das alles gesprochen, aber nicht vor den Augen und Ohren aller anderen Wölfe. Dannsairs Frage „Ihr doch auch, oder?“ hallte in ihren Ohren nach wie der Donnerschlag während eines Gewitters und ließ sie zittern. Ihr doch auch? Ihr steht doch auch alle hinter Deva und seiner Entscheidung! Ihr seid ihm doch treu und werdet ihm ohne Zweifel folgen! Ihr seid doch sein Rudel und seine Familie! Wie könntet ihr es wagen euch gegen ihn zu stellen!? All diese Sätze klangen in dieser Frage Dannsairs nach und entlockten Shila ein erneutes Fiepen. Sie war hin- und hergerissen und wandte sich nun hilflos an ihren Bruder*

“Namíd? Ich glaube, ich kann nicht mitgehen…“

sie bemühte sich diese Worte zu flüstern, wusste aber nicht genau ob ihr das gelang, denn die Gedanken in ihrem Kopf waren so laut, dass sie ihre Stimme nicht recht einschätzen konnte



Re: 15 | Abschied - Devaki - 04.12.2012

Devaki hätte Liaths Meinung gern geteilt und hätte das Lächeln, das der junge Rüde ihm zuwarf, gerne erwidert. Aber er konnte nicht. Insgeheim wusste Deva, dass sein Sohn Recht hatte – und er bewunderte den jungen Wolf dafür, dass er die Wahrheit und das Wesentliche erkannte. Er war stolzer auf seinen Sohn, als er es je zuvor gewesen war. Das, was Liath von sich gab, war wunderbar weise für sein Alter und Devaki hoffte einmal mehr, in seinem kleinen Abenteurern irgendwann den Nachfolger zu finden, den er sich immer gewünscht hatte. Doch leider wurde dieser Stolz ebenso von Zweifeln erdrückt wie jedes andere Gefühl. Er hörte Cheza, er hörte Nana, er hörte Dannsair, aber sie alle konnten ihn nicht davon abhalten zu gehen. Der Leitrüde war ganz auf sich selbst und seine Gedanken bedacht. Alles drehte sich um ihn selbst, um seine Entscheidungen, um seine Zweifel – das war nicht das, was man von einem Leitwolf erwarten sollte. Eigentlich sollte er doch mit breiter Brust vorangehen und den anderen Sicherheit geben. Nur woher sollte er sie nehmen?

Niemand sucht einen anderen Anführer...


Die Worte klangen in seinen Ohren, als er den Versammlungsort verließ und den Wald in Richtung Süden betrat. Sollten sie diese Frage unter sich klären. Devaki würde tun, was die anderen nicht wollten: sich verabschieden. Denn im Gegensatz zu seinem Sohn bedeutete ihm dieser Ort sehr viel. Sein ganzes Leben lag hier verwurzelt. An jedem Stein, an jedem Grashalm hafteten Erinnerungen an vergangene Tage. Sowohl angenehme, als auch unangenehme – aber selbst an die weniger freudigen erinnerte er sich gerne. Denn sie gehörten zu seinem Leben, wie diese Wölfe. Devaki betrachtete die Bäume, die ihm nackter als sonst am Anfang des Winters vorkamen. Seine Augen streiften die Vögel, die sich heraus getraut hatten und die kleinen Erdlöcher, die die kleineren Tiere auf ihrer Suche nach Nahrung hinterlassen hatten. In einem anderen Revier würden ebenso Bäume, Steine, Vögel und Nager hausen. Es würde Wasser geben und Felsen, eine Höhle, alle Jahreszeiten. Und die Wölfe. Aber es wäre dennoch nicht das Gleiche.

Als er den Kopf wandte lief plötzlich Nana neben ihm. Anscheinend waren sie noch nicht allzuweit gekommen. Er betrachtete sie kurz und schweigend. Dann drückte er ihr sanft die Nase gegen den Fang und schloss für einen Moment die Augen. Sie war die lebendig gewordene Erinnerung seiner Kindheit. Und er war froh, dass sie hier war. Dass sie in dieser – für ihn – schweren Stunde an seiner Seite war.

„Es ist richtig, oder? Zu gehen? Und dennoch fühlt es sich falsch an. Als ob ich etwas Wichtiges zurücklassen würde. Als ob ich mich selbst zurücklassen würde.“

sagte er leise, während er weiterlief. Seine Schwester würde verstehen, was er meinte oder nicht? Wieder warf er ihr einen Blick zu und diesmal gestattete er sich viel offener seine Zweifel hinein zu legen.