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15 | Abschied - Druckversion

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15 | Abschied - Devaki - 01.11.2012



Der Winter kam weder viel zu früh noch kam er überraschend. Doch die Härte, mit der er in das Land einzog, überraschte selbst die älteren Wölfe des Rudels. Bereits im Oktober hatte es erste Schneeflocken gegeben. Zwar war die weiße Pracht zunächst noch einmal gewichen, die Kälte aber, die sie mit sich gebracht hatte, blieb. Die Wölfe störten sich daran nicht, denn das Winterfell hatte bereits im Herbst den dünnen Sommerpelz verdrängt und sorgte nun dafür, dass sie bei eisigen Temperaturen nicht froren. Auch die Welpen, mittlerweile gut sieben Monate alt und von der Größe kaum noch von den älteren zu unterscheiden, legten zum ersten Mal das dicke Fell an und es war nicht das Einzige, das sie zum ersten Mal tun sollten. Während der letzten Wochen hatten die erwachsenen Wölfe sie immer öfter mit zur Jagd genommen. Zunächst war es ganz kleine Beute gewesen, die unter Anleitung gejagt wurde. Dann wurden die Ziele immer größer bis jeder der fünf sein erstes eigenes Kleinwild allein erbeutet hatte. Fünf Welpen? Yoruba, geschwächt vom Virus und vom Abschied Yevens, hatte ihre Krankheit nicht überlebt. Ein herber Verlust, nicht nur für Dannsair und auch Arkas, der zusätzlich mit dem Tod Mius zu kämpfen hatte. Die aufgeweckte Fähe hatte sich während der Regenzeit zu ausgiebig auf den rutschigen Steinen des Geröllfeldes herumgetrieben. Ein Steinrutsch begrub sie unter sich, als sie auf dem nassen Fels ausrutschte und niemand konnte mehr helfen, als sie gefunden wurde. Glücklicherweise erholte sich der Rest des Rudels innerhalb kurzer Zeit vom Virus und den Wunden des Puma-Angriffes, so dass für den verbliebenen Nachwuchs bald die Teilnahme an den großen Herbstjagden bevor stand. Dabei sollten auch die drei Neulinge helfen – Revenge, Talloth und Vandrare.

Doch das Wild, das normalerweise im Frühjahr und im Herbst zahlreich auf den Wanderungen durch den Wald zog und gerne auf der Wiese am Weiher Halt einlegte, ließ auf sich warten. Zunächst glaubte das Rudel, dass eine Fügung der Natur die Herden aufgehalten hatte. Doch als der September um war und sich auch in der Mitte des Oktobers kein Großwild hatte sehen lassen, wurden die Älteren unruhiger. Der Winter hatte sich angekündigt – mit breiter Brust und die mit ein paar Wolfsjahren Erfahrung wussten, dass diese Schneezeit keine leichte werden würde. Sie brauchten Nahrung, viel, um das größer gewordene Rudel zu versorgen und die Welpen, wenngleich zwar groß aber noch schwächer als die Ausgewachsenen, gut durch den Winter zu bringen. So blieb Devaki nichts anderes übrig als ein paar Wölfe des Rudels als Späher auszuschicken, um nach dem Verbleib der Herden zu kundschaften. Doch auch Arkas, Laines, Cheza und Nasiha kehrten ohne Nachricht von Spuren zurück. Es war, als wäre das Wild verschwunden, als hätte es das Eis gewittert und nun entschieden das Revier zu meiden. Was sollten sie also tun, wenn sie nicht im langen Winter an Hunger sterben wollten? Es musste eine Entscheidung getroffen werden.

Ort: Devaki hat das Rudel auf einer kleinen Lichtung im Wald nahe des Weihers zusammengerufen. Alle Wölfe haben sich mit Ausnahme von Arkas dort eingefunden.
Charaktere: Yoruba starb an den Folgen der Virus-Erkrankung, Miu kam bei einem Steinrutsch am Geröllfeld ums Leben, der sie unter sich begrub. Dafür haben sich Revenge, Talloth und Vandrare dem Rudel angeschlossen.
Jahreszeit: Anfang November – seit dem letzten Plot sind erneut acht Wochen vergangen, die Welpen sind nun gut sieben Monate alt. Sie haben erste Jagderfahrungen gesammelt und sind nun beinahe genauso groß wie die ausgewachsenen Wölfe.
Tageszeit: Später Vormittag
Wetter: Kalt und wechselhaft. Momentan ist es bewölkt, in den nächsten Stunden wird es anfangen zu schneien. In den letzten Tagen gab es keinen Niederschlag, so dass kein Schnee auf der Erde liegt.
Temperatur: -5°C



Re: 15 | Abschied - Devaki - 01.11.2012

Der Stein fühlte sich kalt unter seinen Pfoten an, ebenso wie sich das Herz in seiner Brust kalt anfühlte. Wie sich in diesem Augenblick alles kalt anfühlte. Dabei war es nicht einmal der Winter, der ihm den Frost in die Glieder trieb. Es war dieser Moment, diese Situation, die Wölfe, die um ihn herum standen und zu ihm aufblickten und die Entscheidung, die er in wenigen Sekunden verkünden würde. Devaki hatte es sich nicht leicht gemacht. Zwei Wochen war es her, dass er seine vier Erfahrensten Wölfe als Kundschafter ausgeschickt hatte und sie ohne Nachricht wieder zurückgekehrt waren. Zwei Wochen, die seinen ohnehin schon ergrauenden Fang noch ein wenig grauer gemacht hatten. Wahrscheinlich hätte er schon früher eine Entscheidung treffen sollen, doch er hatte es nicht gekonnt. Die Hoffnung hatte sich wie ein lahmendes Bein an ihn geklettet und am Ende war es nur der Anblick der langsam dünner werdenden Körper, der ihn dazu gezwungen hatte das lästige Handicap abzuschütteln. Er hatte fast eine Woche gebraucht, um zu entscheiden, was geschehen sollte. Es war eine Entscheidung, die er allein gefällt hatte. Ohne Rat einzuholen, ohne mit jemandem über seine Gedanken zu reden. Nana, Cheza, Dannsair – und sicher auch Arkas, sie alle hätten sicher lohnende Hinweise für ihn gehabt, doch der Schwarze hatte sich lieber in sich selbst zurückgezogen und war den Wölfen aus dem Weg gegangen. Sogar seine Welpen – die jetzt gar nicht mehr so welpig waren – hatte er in den letzten Tagen so gut es ging gemieden, um seine Gedanken voll und ganz auf das Wohl des Rudels richten zu können.

Und nun stand er hier. Die Vorderpfoten auf den mittelgroßen Stein gesetzt auf den er sich stützte, damit alle ihn sahen und deutlich verstehen konnten, was er ihnen mitzuteilen hatte. Devaki ließ den Blick von einem zum anderen schweifen, musterte sie ausdruckslos, als sie nacheinander am Versammlungsort eintrafen. Als alle versammelt waren, schwieg er noch einen Augenblick, weil er sich selbst sammeln musste, ordnen musste, was in seinem Kopf vorging und verdrängen musste, was sein Herz ihm versuchte einzureden. Auch wartete er noch einen Augenblick - denn einer der Wölfe fehlte und Arkas verspätete sich sonst nicht. Doch irgendwann konnte er nicht mehr warten. Dann streckte er die Schultern durch und begann.

„Meine Freunde... ihr wisst alle, warum ich euch gerufen habe. Warum wir uns versammeln müssen. Das Wild ist fort. Die Herden meiden unser Revier und ohne Vorräte wird dieser Winter wohl nicht zu überleben sein. Die Lage ist ernst, das wisst ihr und wer es nicht weiß, der sollte es sich spätestens jetzt klar machen.“

Er pausierte einen Augenblick, um Luft zu holen und einen Blick in die Gesichter zu werfen, die ihn ansahen. Aber er hielt seine Unterbrechung kurz genug, um jegliche Einwände oder Zwischenrufe sofort im Keim zu ersticken.

„Es gibt nicht viele Auswege aus dieser Situation. Doch selbst in der Umgebung scheint kein Wild zu finden zu sein, das sich hierher wagen könnte. Es gibt keine Rehe, keine Hirsche. Hier nicht, nicht in diesem Winter. Und wenn wir bleiben, werden vielleicht nicht alle von uns sterben, aber wohl die meisten.“

Der Ausdruck auf seinem Gesicht war vorher bereits ernst und besorgt gewesen, doch nun wurden die Falten in seiner Mimik noch ein wenig tiefer und noch mehr Ernst begann sich in seinen Augen abzuzeichnen. Erneut meldete sein Herz Bedenken gegen das an, was er sagen wollte. Er hatte lange mit sich gerungen. Dieses Revier war seine Heimat – irgendwie zumindest. Es war die einzige Verbindung, die ihm zu seinem Vater geblieben war. Der hatte es geschafft sein Rudel jahrelang hier zu führen und durch die Winter zu bringen. Und gleich der erste Winter seines Sohnes brachte ihn zum Scheitern und Verzweifeln. Deva wusste, dass er mit seiner Entscheidung nicht auf Gegenliebe stoßen würde. Die Welpen... sie mussten ihr zu Hause verlassen. Aber was blieb ihm anderes?

„Deshalb werden wir gehen. Wir verlassen dieses Land und ziehen weiter, bis wir genug Nahrung gefunden haben, die uns durch den Winter bringt. Nutzt den Tag, um euch zu verabschieden. Bei Morgengrauen sammeln wir uns hier und brechen auf.“

Er hatte erwartet, dass er erleichtert sein würde, wenn die Worte seinen Fang verlassen hatten. Aber dem war nicht so. Das Herz blieb ihm schwer, der Kopf voller Gedanken und noch immer die Kälte unter den Pfoten.


Re: 15 | Abschied - Shila - 01.11.2012

Shila hing der Verlust von Yoruba und Miu immer noch nach und für die Jungwölfin war klar, dass sie sich nie an den Tod als Teil des Lebens gewöhnen würde. Sie wollte nicht akzeptieren, dass der Tod einfach kommen und Wölfe aus ihrem Leben reißen konnte.
Die Pumas hatten sie bekämpfen können, gegen diese Gefahr konnten sie sich zur Wehr setzen, aber gegen Krankheit und Tod schienen Wolfskrallen und scharfe Zähne keine ernstzunehmenden Waffen zu sein. Selbst ihr Vater, der stärkste und mutigste Wolf, den Shila kannte, hatte Yoruba und Miu nicht retten können und diese Tatsache beschäftigte die junge Wölfin seit dem, so dass auch sie sich mehr und mehr zurückgezogen hatte und statt mit ihren Geschwistern durch den Wald zu tollen, war sie am Fuß der Höhle gelegen und hatte nachgedacht.
Trotzdem war ihr nicht entgangen, dass es noch jemanden im Rudel gab, der sich immer öfter zurückzog und den anderen Wölfen aus dem Weg ging: Deva. Auch hierüber hatte Shila sich ihre Gedanken gemacht und sich gefragt, ob der Tod von Yoruba und Miu Deva wohl an den Tod von Siyi erinnerte. Aber diese Idee verwarf die junge Wölfin bald wieder, denn ihr Vater hatte nie den Eindruck gemacht, als würde er ihre Mutter sehr vermissen. Immer wieder fragte sich Shila, was man wohl gegen den Tod unternehmen konnte und wie man diesen unsichtbaren Feind, der sich leiser noch als ein Wolf anschleichen konnte, ein für allemal aus dem Revier vertreiben könnte oder zumindest verhindern könnte, dass er sich Wölfe holte, die noch nicht alt und müde waren, sondern noch jung und lebensfroh. Aber bisher war Shila keine Idee gekommen, wie sie dem Tod die Krallen zeigen könnte. Und irgendwann fragte sie sich, ob das überhaupt ihre Aufgabe war oder ob das nicht eher die Pflicht des Anführers war und dann ging ihr Blick hinüber zu ihrem Vater, der immer grauer wurde und sich immer mehr und mehr zurückzog. Wo war der mutige, starke und stolze Wolf geblieben, schoss es ihr durch den Kopf und im selben Moment schämte sie sich dafür, dass sie in ihrem Vater diesen Wolf nicht mehr erkennen konnte.
Als sie hörte, wie Deva alle auf der Lichtung zusammenkommen ließ, fing ihr Herz an wild zu klopfen und sie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie auf einmal so aufgeregt war. Aber irgendetwas lag in der Luft. Sie konnte die Anspannung ihres Vaters spüren und auch die Erwartung der anderen Wölfe. Auch sie folgte dem Ruf ihres Vaters, wenn auch etwas zögerlich. Als er dann die Stimme erhob und anfing zu sprechen, zog sich ihr Herz kurz zusammen, denn es kam ihr vor als hätte sie seit Wochen die Stimme ihres Vaters nicht mehr so klar und deutlich gehört. Es war kein Wild da? Vor lauter Gedanken um den Tod und wie man gegen ihn vorgehen könnte, hatte Shila die Aufregung um die ausbleibenden Herden gar nicht mitbekommen und die einzelnen Gespräche, die sie dann doch aufgeschnappt hatte, waren ihr unwichtig vorgekommen. Aber es schien wirklich ernst zu sein und als ihr Vater verkündete, dass sie ihr Revier verlassen würden, zuckte Shila unwillkürlich zusammen. Sie warf ihren Geschwistern einen unsicheren Blick zu, hilfesuchend, als könnte nur einer von ihnen, einer von Devas Kindern, ihren Vater an diesem Schritt hindern können! Denn das mussten sie doch, oder? Deva konnte das doch nicht ernsthaft durchziehen. Wohin sollten sie denn gehen? Shila wandte sich Namíd zu und blickte ihren Bruder leicht verzweifelt an, leise flüsterte sie ihm zu

“Wir können doch hier nicht weg, oder Namíd? Wo sollen wir denn hin?“

Sie konnte doch nicht den Ort verlassen, an dem sie geboren und aufgewachsen war. Sie kannte hier alles, jeden Winkel, jeden Baum, jeden Fels… Und alles, was außerhalb der Grenzen lag, war bedrohlich, fremd, unbekannt… Trotz der Krankheit und dem Tod hatte sie sich hier irgendwie sicher gefühlt und es kam ihr falsch vor, diesem Revier den Rücken zuzukehren.
Gleichzeitig war ihr wohl bewusst, dass sie ohne Nahrung verhungern würden und einige von ihnen den kargen Winter nicht überleben konnten.



Re: 15 | Abschied - Liath - 01.11.2012

Es hatte sich eigentlich nicht so unglaublich viel verändert in den letzten beiden Monaten. Eigentlich. Doch Liath kam es so vor, als wäre das Rudel verbitterter geworden. Trauriger und ein wenig dunkler. Vermutlich hing es mit zwei Todesfällen zusammen, von denen nur einer für ihn bedeutsam war. Yoruba hatte die rätselhafte Krankheit nicht überstanden und war ihr erlegen. Für Liath, dem sie trotz fehlender Verwandtschaft immer wie eine Schwester gewesen war, war das ein herber Verlust. Nicht so schlimm wie Siyis Tod, aber trotzdem beunruhigend und unverständlich. Er hatte die Schwarze nie so verehrt wie er Laines verehrte oder Kody mochte. Aber sie war ein wichtiger Teil seiner Familie gewesen, für ihn persönlich bedeutender als Shila, Namid und Kainuu. Nun war sie tot, ebenfalls einfach genommen worden. Und das ganz unabhängig von ihrem Alter. Liath verstand die Logik des Todes nicht, er kam wie es ihm gefiel und nahm mit, wen er wollte. Was, wenn er eines Tages aus einer Laune heraus seinen Vater holte? Oder gar Laines? Er konnte und wollte nicht darüber nachdenken.

Der Vorfall mit den Pumas lag inzwischen ebenso lange zurück, wie Yorubas Tod und war nicht mehr sehr präsent in Liaths Kopf. Es hatte viel Ablenkung gegeben, die Erwachsenen hatten sie mit zur Jagd genommen. Der erste Hasen, den er ganz allein erbeutet hatte, hatte den Jungwolf vor Stolz beinahe platzen lassen und mittlerweile fühlte er sich auch fast so stark, unbesiegbar und klug wie die Großen. An Schulterhöhe fehlte kaum noch etwas, dann hatte er seinen Vater eingeholt und auch seine Kraft, Ausdauer und Reife nahm täglich zu. Liath hatte in den letzten beiden Monaten einen Sprung gemacht, hatte die welpische Naivität hinter sich gelassen und dem Ernst gestattet, einen Platz in seiner Persönlichkeit einzunehmen. So furchtbar und beengend wie Liath immer geglaubt hatte, war er gar nicht. Und wie sollte er auch anders auf die Ereignisse reagieren, die das ganze Rudel in Sorge versetzten? Mit Fröhlichkeit? Der Jungwolf hatte plötzlich kennenlernen müssen, wie sich echter Hunger anfühlte, gegen den man kaum etwas unternehmen konnte und der sogar die Eingebildesten von ihnen dazu brachte, Mäusen und Insekten nachzustellen, die allerdings ebenso seltener wurden. Und nun rief sein Vater sie alle zusammen, um ihnen etwas mitzuteilen. Liath erwartete eine Lösung der Probleme, denn Devaki wusste immer eine Lösung. Darum näherte er sich dem Treffpunkt sehr ruhig und mit entspannter Zuversicht im Blick. Sein Vater fand den besten Ausweg, davon war er überzeugt. Egal wie dieser aussehen mochte. Er gesellte sich zur Runde, ließ den Blick kurz über die Anwesenden schweifen und sah dann zu seinem Vater auf, der sich etwas erhöht positioniert hatte. Seine Rute wedelte zur Begrüßung kurz, dann lauschte er der Ansage.

Die Worte überraschten ihn keineswegs, sie weckten nicht einmal Unruhe in ihm. Die Heimat zu verlassen war die logische Reaktion auf den Mangel an beute. Zog die Beute fort, mussten sie ihr folgen. Und Devaki würde sie dahin führen, wo sie sie finden würden. Liath blieb gänzlich gelassen, streckte die Vorderläufe und gähnte und schenkte seinem Vater schließlich ein aufmunterndes Lächeln voller Zustimmung. Nur wovon er sich verabschieden sollte, verstand er nicht. Seine Familie würde ihn begleiten, also hatte er alles, was er brauchte. Er hing nicht an der Höhle, dem Meer, dem Strand oder dem Wald. Das Revier war nicht mehr geeignet, um darin zu leben, also würden sie sich ein neues suchen. Er setzte sich, direkt neben Kody und stieß diesem freundlich die Nase ins Fell, sagte aber nichts.


Re: 15 | Abschied - Kodeiyan - 03.11.2012

Kodeiyan hatte die ganze Zeit ruhig da gelegen, ein wenig gedöst und die frische Luft genoßen. Kainuu hatte ein wenig weiter weg geschlafen, und der junge Rüde wollte seine Freundin nicht wecken, also hatte er sich selbst einen ruhigen Platz gesucht. Und da ließ er es sich nun gut gehen, beobachtete von seinem Platz aus die anderen Wölfe, die zum Glück alle wieder gesund zu sein schienen. Der junge Wolf erinnerte sich kurz zurück, an die Krankheit, die sie vor einigen Wochen heim gesucht hatten. Bei dem Gedanken an Yoruba neigten sich die Ohren des Braunen leicht zurück. Es war ein schwerer Verlust, aber Kody hatte schnell gelernt, damit umzugehen. Seine Mutter war früh gestorben, aber für ihn ging das Leben nun einmal weiter. Und auch der Angriff der beiden Luchse war von allen gut überstanden worden. Sie konnten sich also glücklich schätzen, dass sie ohne weitere Verluste davon gekommen waren. Der Braune schnaufte leise, als Devakis Ruf an seine Ohren drang. Nicht weit von ihm stand der schwarze Rüde auf einem Stein, und er blickte ernst drein. Der junge Rüde konnte sich beinah denken, worum es gehen würde, denn als er aufstand, hörte er das leise Grummeln in seinem Bauch, und der Hunger, den er verdrängt hatte, ergriff wieder von ihm Besitz. Er hatte furchtbaren Hunger, und dieses weiße Zeug, was vom Himmel gefallen war, und von allen Schnee genannt wurde, vermochte diesen Hunger nicht zu stillen. Er hatte es probiert. Es war nur komisch kalt im Maul und zerfloß dann zu Wasser. Nichts, womit man den quälenden Hunger besiegen konnte.
Dennoch stand der junge Wolf auf, trat wenige Schritte näher an den dunklen Rüden heran und stellte die Ohren aufmerksam auf, versuchte weiter den brennenden Hunger in seinem Bauch zu unterdrücken. Aber es klappte nicht, sodass er sich kurz schüttelte, sich dann geschwächt auf die Hinterläufe sinken ließ, den Blick kurz über das Rudel schweifen lassend und schließlich auf Devaki ruhen ließ. Und dann bestätigte der Vater seiner Freundin – die ebenso gebannt zu ihm sah wie Kodeiyan selbst – was er erwartet hatte. Es ging um ihr Futter, um das Wild, das verschwunden war. Nun legten sich die Ohren des Braunen leicht an, und das noch enger, als Devaki seine kurze Pause unterbrach und weiter über dieses Thema sprach, sodass Kodeiyan den Kopf ein wenig vor Hunger senkte, sich kurz schüttelte. Es war ungewohnt für den Rüden, solch einen Hunger zu haben. Und automatisch musste er an seine Familie denken. An seinen Vater und seine Geschwister, die nun irgendwo da draußen waren – allein. Ob sie wohl genug Nahrung hatten? Er wußte es nicht, und er bezweifelte, dass er es so schnell heraus finden würde. Erneut seufzte Kody, ließ den Blick dabei aber wieder auf dem schwarzen Alphawolf ruhen. Als Devaki dann weiter sprach, hob der Jungwolf den Kopf an, blinzelte in seine Richtung. Sie sollten gehen – wieder musste er ein zu Hause verlassen. Denn immerhin genau das war dieser Ort für ihn geworden. Ein leises Fiepen verließ seinen Fang. Aber der Hunger machte jedes Widerwort zu Nichte, sodass er den Kopf wieder hängen ließ.
Nun trat ein schwarzer Schatten zu ihm, sodass Kody den Kopf blinzelnd herum wandte, jedoch zuerst nicht mehr als ein kurzes Wedeln seiner Rute für Liath übrig hatte. Erst, als dieser ihm kurz in die Seite stieß, schnappte der Braune nach dem Fell des Freundes, zog kurz und vorsichtig daran. Wie Kainuus Bruder wohl darüber denken würde? Was würde er dazu sagen? Er lebte ja schon länger hier als er... Fragend betrachtete er den schwarzen Wolf, sprach diese Frage jedoch nicht aus, sondern wandte den braunen Blick wieder zu Devaki herum.

Werden wir denn wieder kommen?“


Re: 15 | Abschied - Dannsair - 07.11.2012

Es waren seltsame Wochen gewesen. Wenn man Dannsair nur flüchtig beobachtet hatte, wäre man in die Versuchung gekommen, sie ruhig zu nennen. Wenn man ihn jedoch genauer beobachtet hatte..

Er hatte beinahe aufgegeben. Sich, und das Rudel. Zu seiner Schmach musste er wohl Arkas die Ehre erweisen, ihn als seinen .. 'Wecker' zu bezeichnen. Er hatte inzwischen wenig Zeit mit dem Bunten verbracht, Wortwechsel knapp gehalten, konnte nicht ertragen, mit ihm alleine zu sein und hielt sich daher lieber fern von dem Rüden. Er wollte und konnte nicht über das Gespräch nachdenken, dass sie kurz nach Yorubas Tod geführt hatten, konnte sich nicht entschuldigen oder wenigstens rechtfertigen für das, was er gesagt hatte. Zu tief saß der Schmerz und der Groll, zu frisch waren die Wunden, die wohl niemals verheilen würden.

Stattdessen hatte er sich vermehrt Devakis Welpen und Kody zugewandt. Sie begleitet auf ihren ersten Jagden – auch wenn er dabei kaum eine große Hilfe war, sein Jagdtalent hatte sich nur minimal verbessert – und selbst wenn er nicht mit ihnen interagierte, sie doch kaum aus den Augen gelassen. Umso mehr war ihm ihre Entwicklung aufgefallen, und jeden Tag fragte er sich, wie seine Tochter nun wohl aussehen würde. Dannsair wusste, dass er als Vater versagt hatte, er wusste, dass er alles falsch gemacht hatte, aber immer noch nicht konnte er sagen, was genau es war, und was genau er besser hätte machen sollen. Dies ließ ihn auch im Umgang mit den anderen jungen Wölfen eher vorsichtig agieren, seine Ausgelassenheit und Unbekümmertheit hatte man ohnehin seit Wochen vergeblich gesucht. Er wollte nichts mehr falsch machen, hatte aber auch verstanden, dass dies nicht durch Nichtstun zu vollbringen war. Der Schwarze hatte das Gefühl, etwas gutmachen zu müssen, nicht zuletzt hatte er auch den Welpen eine „Schwester“ genommen. So war er ihnen zwar kein Vater, und wohl auch kein Onkel, aber immerhin ein schützender Schatten, und ab und zu, in seltenen, freien Momenten, auch ein Spielkamerad. Dann kam für einen winzigen Augenblick der alte Tänzer durch, der spielen konnte, wie es sonst kein Erwachsener vermochte, doch lange hielt es nie an – leider? Dannsair wusste nicht mehr, was gut und schlecht war, er war nicht 'gewachsen' an den Geschehnissen, sie hatten ihn im Gegenteil schwächer gemacht und verunsichert. Seit seine Tochter nicht mehr bei ihm war, wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte, er wusste nur, dass sein altes Ich ein schlechtes gewesen war und dass er sich auf dieses nicht mehr verlassen konnte.

Als Devaki sie gerufen hatte, musste Dannsair lediglich den Kopf heben, um dem Rüden entgegen zu blinzeln. Seine Rute klopfte kurz auf den Boden, ehe er sich aufsetzte, ein wenig streckte und den Blick über den Platz schweifen ließ. Ein mattes Lächeln zeigte sich auf seinen Lefzen, als er den Alpha grüßte und doch mischte sich Sorge in seine Züge, während er seinen Freund betrachtete. Er schien so viel älter geworden, musste so viel mehr auf seinen Schultern tragen, obwohl er kaum ein Jahr älter war als er selbst. Auch schien er die Attacke der Pumas nicht zu hundert Prozent gut überstanden zu haben, ganz im Gegensatz zu Dannsair, dessen junger Körper sich schnell von den Strapazen erholt hatte. Auch hatte der junge Rüde während der letzten Wochen einiges gegeben, um sonst nicht negativ aufzufallen. Um überhaupt nicht aufzufallen. Er war ruhig gewesen, aber nicht depressiv. Möglichst freundlich zu allen, hilfsbereit, wenn man ihn brauchte, oft beim Rudel, wenn auch selten mit großen Worten. Ab und zu versuchte er sein altes Lachen, eine fröhliche Geste, die ihm nur halb gelangen, aber vielleicht genügten, um keine Zweifel an seinem Wohlergehen zu erwecken und sich nicht näher mit ihm beschäftigen zu wollen. Zu seinem Glück hatten die Meisten mit sich selbst zu tun, denn ein besserer Schauspieler war er nicht geworden.

Devakis Ankündigung entlockten Dannsair ein kurzes Rutewedeln. Eine Reise, das klang gut. Das klang nach Ablenkung, nach einem neuen Ort; einem Ort, an dem es nicht überall nach Yoruba roch, an dem er überall ihre Stimme hörte und ihren Schatten sah. Das freute ihn. Nicht, dass er sie vergessen wollte, aber er hoffte einfach, dadurch eine Befreiung zu erfahren von den erlebten Schrecken. Und vielleicht kam zu einem kleinen Anteil auch seine alte Entdeckungs- und Abenteuerlust durch, die schon immer Freude an neuen Dingen hatte.


Re: 15 | Abschied - Namíd - 08.11.2012

Es lag eine ungewohnte Trauer auf den Wölfen des Rudels. Auch Namíd war, erneut, davon befallen denn auch wenn er Yoruba nicht so gut kannte wie andere es taten, so hatte er sich doch bemüht sie vor den Katzen zu retten. Und zu gleich fragte sich Namíd ob es genau das Schuld war das die Jungwölfin jetzt nicht mehr bei dem Rudelverweilte sondern zusammen mit Miu zu ihrer Mutter gegangen war. Da war sich der schwarze Rüde immerhin sicher. Die drei Wölfe waren zusammen, denn so wie Siyi gegangen war, waren nun auch die beiden anderen fort gegangen und auch wenn dieser Gedanke den schwarzen aufmunterte, so lag auf seinem jungen Herzen dennoch die Trauer um die verlorenen. Konnte es sein dass die Panik Yoruba noch mehr geschwächt hatte, bei seinem Versuch sie zu retten? Bisher hatte Namíd sich nicht getraut diese Frage laut zu stellen, nicht mal Deva denn der hatte sich sehr zurück gezogen in den Tagen nach den erneuten Toden, und Dannsair wollte er damit nicht belasten, schien Yorubas Vater doch durch seine eigene Trauer schon sehr gezeichnet.
Letztlich hatte Namíd gehört wie Deva das Rudel zu sich gerufen hatte und sich gemeinsam mit den anderen auf dem Weg zu seinem Vater begeben. Sie waren nicht mehr alleine, auch die drei neuen waren bereits da genauso wie die Geschwister und anderen Mitglieder des Rudels. Namíd schüttelte seinen dunklen Pelz der durch das kalte Wetter immer dichter wurde, ein ungewohntes Gewicht auf den Schultern des Rüden. Unruhig, wieso hatte Deva sie kommen lassen?, lauschte der Jungwolf den Worten seines Vaters. Das Wild war gegangen, das war Namíd aufgefallen. Der Wald war ungewohnt still geworden in den letzten Tagen und Wochen und doch hätte die Reaktion der Wölfe nicht verschiedener sein können. Liath blieb ruhig angesichts der Neuigkeiten die Heimat zu verlassen, Shila dagegen wurde panisch. Schon konnte Namíd ihre verzweifelte Stimme an seinem Ohr hören. Der schwarze ließ seine dunklen Augen über die Umgebung gleiten. Hier waren sie groß geworden, hatten ihre erste Jagd gemeinsam bestritten und unumstößlich viele schöne Erlebnisse geteilt. Und doch war Namíd nicht abgeneigt zu gehen. Hier hatte der Tod in den letzten Monaten drei Wölfe zu sich geholt. Wölfe die Namíd für ein Teil der Gemeinschaft hielt und vor allem auch seine Mutter. Seine blauen Augen suchten den Blick seiner helleren Schwester.

„Ich glaube, es ist gut wenn wir gehen Shila. Papa weiß was richtig ist und vielleicht …“, doch Namíd konnte nicht aussprechen was er glaubte, dachte. Dass es den Wölfen vielleicht half wieder glücklich zu sein, auch wenn er es sehr hoffte. Der dunkle musterte die anderen und erkannte das Dannsair sich scheinbar freute. Vielleicht hatte er sogar dieselben Gedanken gehabt wie Namíd? Seine Ohren schnippten und die Rute des schwarzen wedelte leicht in Anbetracht der Tatsache das es vielleicht allen half. Doch sein Blick ruhte wieder auf seiner Schwester.

„Und überleg mal was wir alles erleben können, Shila! Und Papa wird schon einen Ort finden an dem wir Leben können, da bin ich mir ganz sicher. Wir können ihm doch helfen!“, der Rüde flüsterte eindringlich auf die hellere ein, hoffend das er sie davon überzeugen konnte.


Re: 15 | Abschied - Shila - 08.11.2012

Auch Shila hatte die Reaktionen der anderen Rudelmitglieder beobachtet, während sie auf eine Antwort ihres Bruders wartete. Liath schien nichts gegen ein neues Revier zu haben. Kodys Frage nach einer möglichen Rückkehr in ihr jetziges Revier, weckte jedoch eine zarte Hoffnung in Shila, denn eine Trennung auf Zeit kam ihr irgendwie angenehmer vor, als eine endgültige Entscheidung das Revier zu verlassen und nie mehr zurückzukehren. Diese Hoffnung auf eine Rückkehr würde Shila den Abschied vielleicht etwas leichter machen. Denn im Gegensatz zu Liath, der nicht wusste von was er sich groß verabschieden sollte, fielen Shila tausend Dinge ein, die sie vermissen würde. Allein den einsamen Platz, den sie sich die letzten Wochen auserkoren hatte, von dem aus man immer irgendjemanden vom Rudel beobachten konnte, aber selbst so gut wie unentdeckt und vor allem ungestört blieb.
Dann fiel Shilas beobachtender Blick auf Dannsair und sie spürte seine Erleichterung über Devas Entscheidung und sie begann ihre eigene Skepsis wieder in Frage zu stellen. Vielleicht hatte sie auch einfach kein Recht die Entscheidungen ihres Vaters zu bezweifeln und sollte sich – genau wie es die anderen taten – einfach seinen Ankündigungen fügen. Sie konnte Dannsairs Freude verstehen, denn sicherlich erinnerte ihn hier jeder Baum und jeder Strauch an Yoruba und dass ihm der Verlust Yorubas nachhing, hatte sogar Shila bemerkt, obwohl sie selbst in den letzten Wochen viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war, um den anderen Rudelmitgliedern großartig Beachtung zu schenken. Vielleicht war ein Neuanfang ja doch gar nicht so eine schlechte Lösung der Probleme!? Trotzdem nagte in der jungen Wölfin der Zweifel und kurz warf sie Vandrare einen Blick zu. Wie er wohl die Entscheidung Devas aufnahm? Er war ja noch nicht lange in diesem Revier und nun sollte sein Wanderleben – wenn auch in nicht ganz so einsamer Form – wieder weitergehen? Shila konnte sich vorstellen, dass der ältere Rüde davon vielleicht nicht ganz so begeistert war. Doch bevor sie sich noch weiter Gedanken um die anderen Wölfe und deren Reaktionen machen konnte, sprach Namíd sie an und sie schenkte ihm wieder ihre volle Aufmerksamkeit. Schon allein der Blick in seine sanften blauen Augen, sorgte dafür, dass Shila ruhiger wurde und die innerliche Aufregung sich etwas legte. Sie lauschte seiner Antwort und nickte leicht. Vielleicht hatte ihr Bruder Recht, wie er so oft Recht gehabt hatte in den letzten Monaten. Und vielleicht sollte sie ihrem Vater endlich das Vertrauen schenken, das sie ihm schuldig war. Bei diesem Gedanken senkte sie kurz den Blick, denn sie hatte Angst, dass ihr Bruder ihre Gedanken lesen oder zumindest erraten würde und es gehörte sich einfach nicht, dass die eigenen Kinder ihrem Vater nicht vertrauten oder an seinen Entscheidungen zweifelten. Shila tat so, als habe sie irgendein Krabbeltier im Fell und knabberte an ihrem Seitenfell herum, ehe sie Namíd wieder vorsichtig ansah.

“Vielleicht hast du Recht… Ich meine…“

Sie blickte zu Dannsair, zu Deva und dann wieder zu ihrem Bruder

“Einigen von uns wird es vielleicht gut tun eine neue Umgebung um sich zu haben“

Und Namíds Vorstellungen von der Reise als Abenteuer und der Entdeckung neuer Dinge, brachten Shila sogar zu einem Rudelwedel

“Vielleicht wird es ja wirklich ein Abenteuer und wir lernen neue Tiere und Dinge kennen… Aber wie sollen wir Vater dabei helfen? Meinst du, er lässt uns vorne mitlaufen und wir können vielleicht schon mal ein Stück voraus gehen?“

Fragte sie ihren Bruder aufgeregt und einen Moment vergaß sie, dass sie eigentlich eine nachdenkliche, in sich gekehrte Fähe geworden war und voller Tatendrang stupste sie ihren Bruder an und wäre sie noch ein wenig welpenhafter, so wäre sie vor Aufregung um ihn herumgesprungen. Namíd schien Shila in diesem Augenblick von der Entscheidung Devas überzeugt zu haben und die Zweifel, die sie zuvor noch gehegt hatte, waren fast verschwunden



Re: 15 | Abschied - Devaki - 11.11.2012

Er hatte auf Reaktionen gewartet. Wütende Ausrufe. Kritik. Ein bisschen Heimatgefühl. Irgendwas. Aber bis auf die Welpen schien niemand etwas zu sagen zu haben. Shila begann mit Namíd zu flüstern. Ein paar Worte konnte er raushören. Seine Tochter klang etwas ungläubig, aber der junge schwarze Wolf schien sie zu beruhigen. Er blicke die beiden kurz an und wunderte sich wiederholt, wie sehr sie in den letzten Wochen gewachsen waren – nicht nur körperlich. Ihm schien es, als wären die beiden Gauner von einst, die keine Gelegenheit ausgelassen hatten sich davonzuschleichen und Schmetterlingen hinterherzujagen, ruhig geworden. Sie wirkten so viel nachdenklicher. Das mochte am Hunger liegen, doch Deva zweifelte daran, dass ein leerer Magen Shila und Namíd die Laune verderben konnte. Nein, es war Yorus Tod. Der Leitwolf hatte alle unangenehmen Nachrichten, die sie in den letzten Monaten erreicht hatten, verdrängt. Er wollte nicht über Yorus Tod nachdenken. Dann musste er an Dannsairs Verzweiflung denken. Daran, wie sich der Rüde verändert hatte. Und daran, wie er selbst sich verändern würde, falls einer seiner vier Welpen sterben würde. Es würde ihm das Herz brechen.

Sein Blick wanderte zu Dannsair, dessen Rute freudig schwankte. Devaki konnte es nachvollziehen, dass der Rüde sich über einen Umgebungswechsel freute. Aber ihn selbst, ihn erfreute es nicht. An diesem Revier hingen viele Erinnerungen – nicht nur an seinen Vater. Hier hatte er viele gute Freunde gefunden. Er hatte Samael sterben sehen. Er hatte mit Réan Sonnenuntergänge von den höchsten Felsen beobachtet. Und dann auch ihn gehen lassen. Siyi hatte ihm vier Welpen geschenkt. Und dann war sie gestorben. Und er hatte es zugelassen, dass Yoru auf die Welt kam. Geboren von einer verkrüppelten Mutter und einem sorglosen Vater. Er war gnädig gewesen, hatte den „Bastard“ nicht getötet. Und doch war auch sie gegangen. An seinen Pfoten schien der Tod zu kleben. So viele Verluste in so wenigen Monaten. Wahrscheinlich...

Werden wir denn wieder kommen?

Kody riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Devaki blinzelte kurz verwirrt und wandte sich dem jungen Rüden dann zu. Eine kluge Frage. Liath stand neben dem braunen Wolf, ganz still und leise und ausnahmsweise nicht an Laines' Rockzipfel klebend. Aber auch Liath sagte nichts, schien nicht traurig zu sein, die eigene Heimat zu verlieren. Oder glaubte er, dass sie zurückkehren würden? Glaubte Devaki selbst denn, dass sie zurückkehren würden? Er wollte es gerne, doch sein Verstand machte ihm unmissverständlich klar, dass das ein Traum aus Seifenblasen war. Und diese würden zerplatzen, sobald sie nur eine Pfote aus dem Revier gesetzt hatten.

„Ich weiß es nicht, Kody.“ antwortete er leise und Betrübtheit schwang in seiner Stimme mit. „Aber ich will ehrlich sein: Solange wir nicht herausfinden können, warum die Herden wegbleiben und wir die Ursache beseitigen, wird es keine Möglichkeit geben hier zu leben.“

Was so viel hieß wie: Nein, wir müssen uns eine neue Heimat suchen. Denn für den Schwarzen schien es schier unmöglich zu sein, das Wild wieder hierher zurück zu bringen, so sehr er es sich auch wünschte. Da niemand sonst sich bisher gemeldet hatte, fühlte Devaki sich nicht weiter dazu berufen auf dem Felsen zu stehen. Er kletterte herab, nachdem er Kody geantwortet hatte und gesellte sich zu Nana, die nicht weit entfernt stand. Sanft und entschuldigend, stupste er gegen ihren Fang, bevor er noch einmal in die Runde blickte.

„Hat sonst noch jemand eine Frage?“


Re: 15 | Abschied - Cheza Luna - 12.11.2012

Die Zeit plätscherte dahin, wie das Wasser in den Flüssen und Strömen der Welt. Die Krankheit war überstanden, Cheza hatte aber nicht das Gefühl, dass sie wirklich ausgestanden war. Sie hatte so viel geschlafen, damit ihr Körper sich auf den Kampf um ihre Gesundheit konzentrieren konnte und dennoch fühlte sie sich auch an diesem Tag noch nicht wie früher. Sie erholte sich noch, funktionierte inzwischen wieder besser und kam auch ihren Aufgaben im Rudel nach, dennoch hatte sie sich öfter zurückgezogen. Vielleicht zu oft. Es war ihr falsch vorgekommen, den anderen Rudelmitgliedern aus dem Weg zu gehen, aber sie hatte die Ruhe gebraucht, um die restlichen Kräfte in die Kleintierjagd zu investieren, die das einzige war, was sie alle im Augenblick noch am Leben hielt. Aus stillen Winkeln hatte sie das Rudel beobachtet – vor allem Devaki – der nach keinem Gespräch gesucht hatte. Er schien bedrückt, aber sie hatte selbst nicht gewusst, wie sie ihm hätte beistehen sollen.
Mit dem Einberufen der Gemeinschaft war sie nachdenklicher geworden. Als sie ausgeschickt wurden, um nach den großen Beutetieren zu suchen und sie diese nicht gefunden hatten, war in ihr schon eine Vermutung aufgeflammt. Eine logische Konsequenz, der das Rudel folgen musste, wenn es den Winter überstehen wollte. Es kam ihr vor, als würde sich ihre Geschichte wiederholen. Die Umstände waren anders, aber sie erkannte deutliche Parallelen. Schon einmal war sie Teil einer Gemeinschaft geworden, die bald darauf ihre Heimat aufgeben musste, um irgendwo anders ihr Glück zu machen. Jetzt wieder?
Sie hörte aufmerksam zu, was Devaki ihr und den Anderen berichtete. Er hatte seinen Entschluss gefasst und sie hatte nicht vor, ihn in Frage zu stellen. Es gab keine Alternativen, da war sie sich sicher. Für sie war es ein merkwürdiges Gefühl, dieses Gebiet zu verlassen, das gerade erst ihr neues Zuhause geworden war. Sie kannte es nun, war damit vertraut und nun musste sie Abschied nehmen. Wie schon so oft. Seltsame Unruhe breitete sich deswegen in ihr aus, deren Ursache sie nicht richtig festmachen konnte.
Eher unbeabsichtigt verfolgte sie das Gespräch zwischen Kodeiyan und Devaki. Ihre Ohren hatten sich in die Richtung der Beiden gedreht, während sie das Rudel aufmerksam musterte. In einer ruhigen Bewegung erhob sie sich und trat zu ihrem Leitwolf hinüber, als er sich noch ein letztes Mal an alle Wölfe wandte.

„Werden wir versuchen, herauszufinden, was das Wild abhält, seinen üblichen Wegen zu folgen?“

Er hatte sich zu seiner Schwester gesellt und sie hatte nicht vor, lange zu stören. Ihr war aus seinen Worten nur nicht ersichtlich gewesen, ob er vor hatte, dem Revier den Rücken zu kehren, oder ob sie eines Tages wieder zurück kommen würden. Womöglich in den wärmeren Monaten? Die Besorgnis, die sich über sein Gesicht zog, kündigte vielleicht von einer erahnbaren Antwort, aber sicher war sie nicht. Sie konnte in seinen Zügen selten lesen, was ihn bewegte, aber sie wusste, dass er sich nicht nur mit der Sorge um das Wild herum geschlagen hatte.