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Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Cheza - Devaki - 12.06.2012

Schatten der Vergangenheit
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Deva & Cheza | Klippen südwestliches Revier | nach Siyis Tod | Abend


Sie war tatsächlich gegangen. Es war schwer etwas zu glauben, das man nicht mit eigenen Augen wirklich gesehen hatte. Siyi hatte sich zurückgezogen, weil sie nicht wollte, dass ihr jemand beim sterben zusah. Er konnte es verstehen, auch wenn es schwierig war sie gehen zu lassen. Nicht, weil sie ihm als Gefährtin viel bedeutet hatte. Sie war eine Freundin, eine Stütze, an die er sich hatte halten können. Sie war die Starke gewesen, die Leitwölfin, die alles im Griff hatte – und die ihn davor bewahrt hatte den letzten Rest an Verantwortung auf sich nehmen zu müssen. Und sie hatte Erinnerungen an seinen Vater in sich getragen. Einige davon hatte Siyi dem Schwarzen vor ihrer letzten Reise noch mitgegeben – und ihm damit einigen Stoff zum Nachdenken gelassen. Doch er hatte das Gefühl, dass das lange nicht alles gewesen war. Warum hatten sie nur nie früher darüber geredet?

Deva schüttelte den Kopf und ließ sich auf den Felsen sinken, auf dem er eben noch gestanden hatte. Der Abend war angebrochen und er hatte sich – obwohl er wahrscheinlich bei seinen Welpen hätte sein müssen – auf die Klippen hinter dem Strand, am südwestlichen Ende des Reviers zurückgezogen. Eigentlich hatte er das Geröllfeld aufsuchen wollen, doch mit Siyis Ableben hätte ihn dieser Ort nur zu sehr an Réan erinnert. Von den Felsen am Meer hatte er einen ähnlichen Ausblick, wenn auch nicht auf das ganze Revier. Den Strand konnte er beobachten und auch der Rudelplatz und der Eingang der Rudelhöhle lagen in seinem Blickfeld. Nachdenklich hatte er beobachtet, wie die Wölfe dort ein- und ausgingen, wie die Welpen sich balgten oder den erwachsenen Wölfen Löcher in den Bauch fragten. Er hatte die Mitglieder seines Rudels auf ihren Wegen durchs Revier verfolgt und an Fellfarbe und Körperhaltung versucht zu erahnen um welchen der Wölfe es sich handelte. Er konnte sie alle auseinandnerhalten, selbst auf diese Entfernung. Nach Siyis Tod war es mehr als wahrscheinlich, dass der Leitwolfrang nun endgültig ihm gehören würde. Damit trat er nun doch in die Fußstapfen seines Vaters. Ein Weg, den er eigentlich nie hatte einschlagen wollen.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Cheza Luna - 14.06.2012

Abschied hing - gleich dunklen Wolken an einem Gewitterhimmel - träge, schwer und tief in der Luft. Kein hoffnungsvoller, fröhlicher Abschied sondern einer von jenen, die in ihrer Endgültigkeit unabänderlich waren. Ein Hauch von Tod tanzte über ihrer aller Köpfe hinweg und etwas griff nach Chezas Herz, das ihr vertraut war, woran sie aber seit geraumer Zeit nicht gedacht hatte: Die Bedeutung von Verlust. Gegen all ihre Vorsätze und ihren Wunsch, Distanz zu halten, hatte sie schneller als gewollt Zugang zu der hier lebenden Gemeinschaft gefunden. Theatralisch ausgedrückt war dies hier ihre letzte Zuflucht, ihre letzte Chance, die sie vor der ewigen Einsamkeit einer Wanderin bewahrte. Nicht weil sie glaubte, dass sie niemand sonst aufnehmen würde, oder sie sich mit keinen anderen Wölfen zusammen tun konnte, sondern weil sie bereits ihr Herz an dieses Rudel verloren hatte. Ein letztes Mal. Das lang vermisste Gefühl von Zugehörigkeit und Heimat hatte sie schnell erfasst und fesselte sie zugleich. Es machte sie angreifbar - so auch Siyis Tod. Ihr Herz war so schwer wie die Stimmung gedrückt war. Es war nicht ihr Schmerz, den sie in sich fühlte, aber der der Anderen. Sie hätte sich gewünscht, die Unbeschwertheit der Welpen hätte noch länger halten können. Ein solides Fundament der Umsorgtheit und des Glücks war die beste Voraussetzung für eine starke Persönlichkeit. Jetzt, da das Leben mit seiner vollen Härte zugeschlagen hatte, würde es entsprechende Spuren hinterlassen. Mit Sicherheit konnten die Welpen auch weiterhin zu charakterstarken Wölfen heranwachsen, aber nur, wenn sie Stärke nicht mit Härte verwechselten.
So in Gedanken wanderte sie durch das Revier, das ihr noch nicht richtig vertraut war, in welchem sie sich aber inzwischen gut orientieren konnte. Wenn sie auf ihre Vergangenheit zurück blickte, hatte sie als junge Wölfin achtlos hingenommen, dass sie ihre Heimat kannte. Sie hatte später keine neuen Orte mehr entdecken können, weil alles von Anfang an dagewesen zu sein schien. Hier war es anders. Bei diesem Rudel nahm sie jede neue - vielleicht an einem anderen Tag nicht weiter wahrgenommene - Stelle bewusst an und erschloss sich so Stück für Stück ihr neues Zuhause. Cheza versuchte, jede Begegnung und jede Entdeckung aufmerksam und somit intensiv wahrzunehmen. Sie flüchtete nicht vor dem Schmerz, aber sie hatte ein bisschen Zeit für sich gebraucht. Jetzt kehrte sie zurück, um in Erfahrung zu bringen, ob sie irgendwie helfen konnte. Von den Beziehungen der einzelnen Wölfe abgesehen, war es auch eine schwere Zeit für das Rudel, das nun ohne Leitfähe zurecht kommen musste. Sie erinnerte sich an die Monate nach Qub'wanis Verschwinden. Das Warten und die Sorgen, die Hoffnung und die Sehnsucht, die von allen Besitz ergriffen hatte. Nicht zuletzt von ihr, die sie ihren Ziehvater - das war vielleicht eine etwas zu starke Bezeichnung für ihre Beziehung, aber zumindest war er ein Lehrmeister, Vertrauter und Freund gewesen - verloren hatte. Sie war noch so jung, die wirklichen Beweggründe hatte sie nie erfahren. Sie hatte nur eine weitere Art des Verlierens kennen gelernt. Ihre leibliche Familie war ihr genommen worden, aber Qub'wani und ihr Gefährte Asante waren fort gegangen. Ohne ein Wort des Abschieds, aber eine Gewissheit in den Herzen der Wölfinnen zurücklassend, dass es ihr eigener Wunsch gewesen war. Das war traurig, aber der Schmerz lag weit zurück und fühlte sich erträglich an unter dem Berg von Zeit der sich darüber gesammelt hatte.
Auf einem Felsen entdeckte sie Devaki und hielt inne. Er sah in eine andere Richtung, aber sie wusste nicht, ob er sie nicht schon lange gesehen hatte. Sollte sie zu ihm gehen? Von allen im Rudel stand er ihr bisher als einziges wirklich nahe. Sie folgte ihm, wie sie Sha gefolgt war, mit dem selben tiefen und unerschütterlichen Vertrauen. Als wäre sie immer noch eine Jungwölfin, die von düsteren Erfahrungen keines besseren belehrt worden war. Dem Alpha dieses Rudels hier hatte sie jedenfalls von Anfang an kein Misstrauen entgegen bringen können und deshalb steuerte sie auf den Felsen zu, um ihn zu erklimmen.

"Möchtest du ein wenig Gesellschaft, oder willst du lieber allein sein?"

Ohne Umschweife richtete sie ihre Frage an ihn, nickte ihm grüßend zu und war gleichzeitig bereit, wieder zu gehen, das zeigte sich in ihrem zögerlichen näher treten. Sie wollte Devaki nicht das Gefühl geben, dass er sie als Gesellschaft annehmen musste, um sie nicht zu verletzen. Sie konnte die Antwort akzeptieren, egal wie sie ausfiel. Sicherlich gab es viel, worüber der Leitwolf nachzudenken hatte. Ein bisschen Einblick in seine Gefühle hatte er ihr gewährt, als die Welpen sich von ihrer Mutter verabschiedeten. Ob er sich immer noch mit solchen Empfindungen herum schlug, glaubend, dass sie nicht so sein sollten?


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Devaki - 21.06.2012

Noch immer kreisten die Gedanken in seinem Kopf. Es war schwierig, sie zu ordnen. Wild stoben sie durcheinander, wie aufgescheuchtes Wild, das von Wölfen gejagt wurde. Nur, dass seine Gedanken von niemandem gejagt wurden. Abgesehen vielleicht von ihm selbst, weil er versuchte die zu fangen, zu ergreifen, sie zueinander zu treiben und alle in eine Ecke zu drängen. Einen Teil davon würde er dann wegsperren. Vergraben, ganz tief in seinem Inneren und hoffen, dass sie nie den Weg zurück an die Oberfläche finden würden. Den anderen Teil würde er in Ruhe durchforsten, sortieren, neu anordnen um dann herauszufinden, welchen Weg sie ihm weisen konnten. Doch so einfach war es leider nicht. Devaki konnte das Chaos in seinem Kopf nicht beherrschen, fast in jedem Augenblick dachte er erst das eine, dann das andere. Erst an Siyi, dann an seinen Vater, das Rudel, die Welpen, den Leitwolfposten, die Verantwortung. Besonders letztere lastete schwer auf seinen Schultern, musste er doch nun dafür sorgen, dass es allen gut ging. Er musste sie führen und war sich nicht einmal sicher, ob er dafür geeignet war.

Eine Stimme ließ den Sturm der Nachdenklichkeit abrupt abflauen. Devaki wandte den Kopf herum und sah Cheza, die zu ihm gekommen war und ihn zögerlich anblickte. Für einen Augenblick stutzte er, als ob er erst verarbeiten müsste, was sie gefragt hatte. Dann aber nickte er höflich zurück und machte eine einladende Kopfbewegung, die ihr bedeutete sich ruhig zu ihm zu gesellen.

„Ich glaube gegen ein wenig Gesellschaft ist nichts einzuwenden.“

erwiderte er und brachte ein zaghaftes Lächeln zu stande. Die Augen des Schwarzen huschten kurz musternd über die Fähe, als ob er prüfen wollte, dass es ihr gut ging. Devas Blick blieb an ihrem Gesicht und ihren Augen hängen, die er unverwandt anschaute. Er wollte herausfinden, warum sie gekommen war, studierte ihre Züge um in einer Regung den Grund ihres Hierseins zu erkennen. Denn dass sie seinetwegen hier war, konnte er sich nicht vorstellen.

„Du siehst ein wenig betrübt aus!?“

Es war eher eine Frage als eine Feststellung, denn sicher war er sich nicht. Er mochte Cheza und er kam gut mit ihr zurecht, aber von einem gegenseitigen Kennen waren sie trotz der anfänglichen Sympathie noch weit entfernt. Deshalb maßte er sich nicht an aufgrund ihres Aussehens zu entscheiden, wie sie sich fühlte. Auch wenn das nicht hieß, dass Mutmaßungen nicht durchaus erlaubt waren – wenn man bereit war sich korrigieren zu lassen. Und das war er. Die Gedanken hatte er derweil einfach in eine Ecke seines Kopfes gedrängt, die ihn nicht allzu sehr störte. In diesem Moment brauchte er sie nicht. Er war nicht derjenige, der sich aufstützen musste. Er war derjenige, der stützte.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Cheza Luna - 26.06.2012

Cheza hielt ihren Blick aufmerksam auf Devaki gerichtet, um dessen Reaktion zu beobachten und entsprechend zu interpretieren. Die Antwort des Rüden nahm sie wahr, betrachtete ihn aber noch einige Momente, ehe sie sich entschied, die Einladung annehmen zu können. Sie hatte ihn durch ihr Auftauchen irritiert, soviel glaubte sie, aus seinen Augen gelesen zu haben, aber seine Worte erschienen ihr nicht unwahr zu sein. Mochte sein, dass er bisher nicht darüber nachgedacht hatte, ob er lieber allein sein wollte, oder ob ihm Gesellschaft gefallen würde.
In einer ruhigen, ausgeglichenen Bewegung legte sie sich in seine Nähe und ließ den Blick schweifen, um sich ein Bild von dem zu machen, was Devaki hier überblickt hatte. Seine Frage verhinderte einen Gedankenspaziergang, der sie allzu weit von hier fortgetragen hätte, sodass sie sich wieder ihm zu wandte.

„Es tut mir von Herzen für die Welpen und das Rudel leid, dass Siyi zu den Sternen aufgebrochen ist.“

Es fiel ihr nicht schwer, ihren Kummer in Worte zu fassen. Sie hatte die Wölfin nicht gekannt, konnte kaum etwas über sie sagen, aber sie würde noch lange in den Reihen der Gemeinschaft fehlen. Ihr Blick ruhte auf Devaki, der sich nach hier oben zurück gezogen hatte.

„Und du, wie fühlst du dich?“

Aus ihrer Sicht war diese Frage weitaus wichtiger, als die, die zuerst an sie erfolgt war. Sie gehörte vielleicht zu diesem Rudel und war durchaus betrübt über den Verlust der Anderen, aber letztlich war es nicht ihr Schmerz. Sie war nur mit dem Gefühl vertraut, konnte es gut nachvollziehen, warum man sich auf einen Felsen zurück zog, um nachzudenken, ohne die Unabänderlichkeit der Dinge beeinflussen zu können.
Bisher wusste sie auch nicht, über was Siyi und Devaki noch gesprochen hatten.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Devaki - 29.07.2012

Auch Devaki hatte den Blick nicht von Cheza abgewandt, sondern geduldig gewartet, ob sie seine Einladung ihm Gesellschaft zu leisten annahm. Sie zögerte noch einen Moment, ehe sie sich ein paar Schritte von ihm entfernt niederließ und auf seine Frage antwortete. Er lauschte und nickte verständnisvoll. Sie war eine durchaus sorgsame Fähe und nicht jedem Wolf im Rudel hätte er eine solche Aussage abgenommen. Ihr glaubte er sofort, dass sie so empfand. Was er darauf erwidern sollte, wusste er jedoch nicht. Er schwieg also einfach und wunderte sich stattdessen einfach im Stillen darüber, dass Cheza wahrscheinlich mehr Bedauern über Siyis Ableben empfand als die meisten anderen Wölfe im Rudel. Nana tat es sicher leid. Aber Deva konnte sich kaum vorstellen, dass Arkas oder Laines in irgendeiner Art und Weise ihre Laune von diesem Ereignis getrübt sahen. Das heißt, wenn man von den Reaktionen der Welpen absah, mit denen sie sich woh oder übel herumschlagen mussten. Ihre Gegenfrage riss ihn aus diesen Gedanken. Er blickte erstaunt auf.

„Ich?“

Die Überraschung darüber, dass sie sich nach seinem Empfinden erkundigte war kaum zu überhören. Es dauerte einen Augenblick bis er sich gefangen hatte und eine nachdenkliche Miene auf seinem Gesicht erschien. Er suchte die richtigen Worte. Es fiel ihm keineswegs so leicht wie ihr das, was er empfand in Worte zu fassen. Er hatte ja schon Schwierigkeiten überhaupt zu ordnen, was in ihm vorging. Und dann blieb noch die Frage, ob er Cheza die Wahrheit sagen sollte, ob er Offenheit zeigen sollte. Normalerweise behielt er das, was er dachte für sich. Er machte die Dinge mit sich selbst aus und bisher war er damit immer gut gefahren. Anlügen wollte er Cheza nicht, das lag nicht in seiner Natur. Die Frage war, wie viel von dem, was er empfand, er preisgeben wollte.

„Nun... ich bedaure ihren Tod. Vor allem für die Kleinen wird es nicht einfach sein zu verkraften, dass sie fort ist. Es wird eine Weile dauern, bis sie es akzeptiert haben. Und ich weiß nicht, ob ich allein Stütze genug sein werde, jetzt, wo die Last der Verantwortung sich nicht mehr auf vier Schultern verteilt.“

Sondern nur noch auf meinen, hatte er noch hinzufügen wollen. Doch das brauchte er gar nicht, es war klar, wer den Platz des Leitwolfes einnehmen würde. Bis jetzt hatte noch keiner der anderen Ambitionen gezeigt den höchsten Rang für sich zu beanspruchen. Das war eigentlich ein gutes Zeichen, doch Deva bezweifelte, dass das ein Zeichen von Loyalität ihm gegenüber war.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Cheza Luna - 29.09.2012

In einer anderen Situation hätte Cheza vielleicht über Devakis Erstaunen geschmunzelt und ihn ein bisschen neckisch aufgezogen. Nicht respektlos, sondern liebevoll. So allerdings musterte sie den Rüden prüfend und aufmerksam, wenn auch nicht aufdringlich. Sie wahrte eine gewisse Beiläufigkeit, die sie konzentriert aufrecht erhielt. Was er wohl dachte, wieso sie sich zu ihm gesellt hatte? Wenn sie die Frage an sich selbst richtete, konnte sie sie allerdings auch nicht beantworten. Sorge, war ein Grund gewesen, Interesse an seinem Befinden ein Anderer. Zwei Bruchstücke, die weit entfernt waren, von einem Auslöser in seiner Gänze.
Nach kurzem Zögern bestätigte sie seine eigentlich eher rhetorische Frage mit einem Nicken, um ihn zu ermutigen, ihr zu antworten.

„Ich hoffe doch, dass das Rudel für dich und deine Familie einstehen wird!?“

Die Frage kam etwas zu direkt und unbedacht, für ihren Geschmack. Die Worte waren schnell gesagt und unvorsichtig. Die Struktur der Gemeinschaft hier hatte sie noch nicht durchschaut, aber so wie der Leitrüde sprach, schien die Last der Welpenaufzucht allein von den Eltern getragen worden zu sein. Dieser Umstand passte mit ihren Erfahrungen nicht überein und erschien ihr seltsam absurd.

„Ich werde dich unterstützen, wann immer es nötig und mir möglich ist.“

Wieder ziemlich vorschnelle Worte, als hätte sie bereits geurteilt, aber sie wollte sicher gehen, dass ihr Angebot seinen Platz fand. Im Grunde erschien es ihr nahezu selbstverständlich zu sein, dass sie im Interesse des Rudels handeln und für dieses einstehen würde, aber sie wusste, wie wichtig es manchmal war, mit klaren Worten zu belegen, was in ihr vorging.
Bei all dem versuchte sie, nicht zu sehr darüber nachzudenken, dass sie eigentlich noch viel zu kurz Teil der Gemeinschaft war, um sich anmaßen zu können, als Hilfe für die Aufzucht der Welpen aufzutreten. Bislang hatte Devaki ihr den Zugang allerdings in keiner Weise verwehrt und so hoffte sie doch, dies als Vertrauen ihr gegenüber verstehen zu dürfen. Es gab schließlich auch viel für die Welpen zu tun, was nicht zwangsläufig mit direktem Kontakt zu tun hatte und wozu sie jederzeit bereit war.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Devaki - 14.10.2012

Die Frage, die sie stellte, war mehr als direkt. Trotzdem empfand er es nicht als anmaßend oder unverschämt, wie Cheza sie hervorbrachte. Es war als wäre es selbstverständlich so etwas wissen zu wollen und mit einem Blick auf ihr Gesicht versicherte er sich, dass wirklich kein Hohn oder Spott darin lag. Doch Devaki war schon seit einiger Zeit davon abgerückt zu glauben, dass sie ihm Böses wollte – im Gegensatz zu anderen Wölfen im Rudel. Er nickte auf ihre Frage hin, denn der Rüde hatte ebenso wenig Zweifel, dass die anderen Mitglieder ihn bei der Welpenaufzucht unterstützen würden, wie er daran zweifelte, dass Rehe zum Fressen da waren.

„Doch, das werden sie. Liath wird sich an Laines kleben, der davon nicht begeistert ist, aber es seltsamer Weise über sich ergehen lässt. Er ist nicht der familiäre Typ. Genauso wenig wie Arkas, der aber an Yoruba und Kody einen Narren gefressen hat. Und Yoru hat ja noch ihren Vater. Shila und Namíd haben sich selbst – und es wird sich schon jemand finden, der darauf aufpasst, dass sie bei ihrem abenteuerlustigen Erkundungstouren nicht zu weit gehen. Nana vielleicht, oder du? Namid jedenfalls wird davon wahnsinnig begeistert sein.“ Devaki schmunzelte und hoffte, dass Cheza die amüsierte Ironie in seinem letzten Satz bemerkte. „Und Kainuu hat mich, so wie alle anderen mich haben.“

Die Beziehungen im Rudel hatten sich in den letzten Monaten immer stärker herauskristallisiert. Alle Welpen bis auf Shila und Namid hatten sich eine Bezugsperson gesucht. Aber Shila und Namid waren nicht wie die anderen. Sie brauchten niemanden, der ihnen die Welt zeigte und sie dabei womöglich in ihre Schranken wies. Sie brauchten nur sich selbst und ihr Entdeckergen, von wem ihrer Eltern auch immer sie das hatten. Nein, die Welpen waren gut versorgt und auch, wenn sie absolut kein normales Rudel waren, in dem sich jeder voller Liebe auf die Welpen stürzte, so hatten sie sich doch damit gut arrangiert.

„Aber das ist es nicht, was ich meinte. Ich wollte damit sagen, dass... die Verantwortung für das Wohl des Rudels zu sorgen, mich um alle zu kümmern, für alle zu sorgen, mich jedermanns Probleme anzunehmen, Jagden zu leiten, mich um die Reviergrenzen zu kümmern, Streit zu schlichten.... Stark sein. Das alles ist nun meine alleinige Aufgabe.“


Keine Siyi konnte ihn mehr unterstützen, obwohl sie dazu in den vergangenen Wochen ohnehin kaum in der Lage gewesen war. Doch sie war anwesend, sie war da und er hätte trotz ihrer Krankheit jederzeit zu ihr gehen können und sie um Rat bitten können. Diese Möglichkeit hatte er nun nicht mehr.

„Ich danke dir für deine Unterstützung und ich weiß, du bist nicht die Einzige, die mir helfen wollen wird so gut sie kann. Ich glaube nur, dass nicht alle so denken wie du. Ich bin in diese Position hereingerutscht. Verdient habe ich sie mir nicht. Nicht durch Taten.“

Der Schwarze wusste nicht, ob das wovon er sprach für Cheza verständlich war. Ob es ihr bereits aufgefallen war oder ob sie einfach noch nicht lange genug dabei war, um die Wölfe so gut zu kennen wie er. Er richtete den Blick geradeaus und ließ ihn über das Tal schweifen, während er sie sagte. Seine Augen blieben an einem kleinen braunen Punkt hängen, der sich durch das Revier bewegte. Arkas stellte ihn in Frage, dessen war sich Devaki sicher. Nur warum tat er nichts, um ihm den Rang streitig zu machen?


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Cheza Luna - 18.10.2012

Cheza folgte konzentriert den Ausführungen des Leitrüden und bemühte sich darum, Gesichter zu den Namen in ihre Gedanken zu zaubern. Sie fühlte sich noch immer etwas fremd. Sie wusste, wer die Wölfe des Rudels waren, aber sie kannte sie nicht. Es gelang ihr gerade erst, sie halbwegs einzuschätzen.
Als Devaki Namíd erwähnte, lächelte sie gutmütig und dachte an den frechen kleinen Rüden. Trotz ihrer Geduld wurde ihr Blick langsam ernst.

„Ich werde mich wohl früher oder später mit Namíd auseinander setzen müssen, aber ich brachte kein strenges Wort über die Lefzen, während ich so offensichtlich wusste, was auf die Kleinen zukommt und diese das Geschehnis noch kaum erfassen konnten.“

Eine schwere Zeit kam auf das Rudel zu, vor allem aber auf die Welpen. Wie viel Nachsicht angebracht war, würde sie eines Tages entscheiden müssen. Nachdenklich kehrten ihre Gedanken wieder zu Devaki zurück.

„Ich werde mich den Beiden annehmen, wann immer es nötig ist.“, bot sie gewissenhaft an. Über das 'oder', welches in der Frage des Alphas mitgeschwungen hatte, ließ sie sich nicht aus. Es gab für sie kein 'oder', nur ein 'und'. Jeder stand für jeden des Rudels ein.
Aufmerksam lauschte sie seinen Worten, seinen Bedenken und der Last, die er sich auferlegt hatte.

„Du magst für das Allgemeinwohl verantwortlich sein, aber wir tragen ebenso Verantwortung für uns selbst, wie für die Gemeinschaft. Du kannst jeden fähigen Jäger mit der Leitung einer Jagd betrauen, genauso wie wir uns letztlich alle bemühen müssen, miteinander auszukommen...“, sein Dank ließ sie inne halten. Er erkannte die Gemeinschaft an und ihr dynamisches Zusammenspiel. Die Meisten würden eine Einheit bilden, einen Kreis, dessen Herz nicht dem Einzelnen diente. Vielleicht hatte Devaki recht und das ein oder andere Glied – ein Teil des Kreises – konnte das Gesamtgefüge ins Wanken bringen. „Ich denke, dass deine Zweifel, die schwach wirken könnten, eine deiner größten Stärken sind. Du sagst, du bist eher zufällig zu dieser Position gekommen und hast sie dir nicht verdient... ich glaube, die Tatsache, dass du dich dieser Verantwortung gestellt hast, beinhaltet kein geringeres Gewicht, als große Taten, die dir angeblich zur Anerkennung fehlen...“

Im Gegensatz zu Devaki schien sie keinerlei Zweifel an der vorherrschenden Rangverteilung zu haben. Es war gut und gerecht.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Devaki - 31.10.2012

Während Cheza sprach, betrachtete Devaki ihre Haltung ein wenig eingehender. Sie schien sich gut eingefunden zu haben. Zwar konnte er nicht abschätzen, welche Beziehungen sie zu den anderen Wölfen pflegte. Dazu kannte er sie zu wenig und dazu hatte er auch zu wenig Gelegenheit gehabt sie zu beobachten. Aber sie war niemand, der aneckte – jedenfalls nicht bei ihm.

„Ich hoffe, Namíd wird das irgendwann zu schätzen wissen.“

entgegnete er und blickte ihr ohne zu zeigen, was er damit meinte direkt in ihre Augen. Der Schwarze versuchte zu ergründen, ob sie die eventuellen Anfeindungen des jungen Rüden würde ertragen können. Würde sie ihn zurechtweisen? Würde sie ihm irgendwann klar machen können, dass sie keine Hexe war? In Devaki keimte die unschöne Befürchtung, dass Chezas Anwesenheit während Siyis letzter Momente mit den Welpen in Namíd den Verdacht wecken konnte, dass sie seine Mutter verhext hatte und für ihren Tod verantwortlich war. Und wenn er sie dafür verantwortlich machen konnte, wofür konnte er sie dann noch anprangern? Für einen Moment malte er sich aus, wie es wäre, wenn Namíd Cheza auf Schritt und Tritt verfolgen, überwachen und öffentlich der Lüge bezichtigen würde. Devaki konnte sich nicht vorstellen, dass Cheza in einem Rudel mit einem solchen Rüden heimisch werden konnte oder lange bleiben wollte. Sie würde sicher gehen, wenn Namíd sich zu sehr in die Geschichte hineinsteigerte – etwas, das er unbedingt verhindern musste. Denn der Gedanke daran, dass sie wieder ging, machte ihn unwillkürlich ein wenig traurig.

Als sie weitersprach, wandte er sich wieder ab. Nur das gelegentliche Zucken seiner Ohren verriet, dass er ihr aufmerksam zuhörte. Ab und an hatte er den Drang zu lächeln, aber er unterließ es. Ihre Worte klangen warm und aufmunternd in seinen Ohren. In seinem Herzen wusste er, dass die Sache so einfach nicht war. Cheza hegte ihm gegenüber weder Groll noch hatte sie lange gesehen, wie er das Rudel führte. Womöglich änderte sie ihre Meinung darüber noch.

„Diese Sicht der Dinge ehrt mich – aber von allen erwachsenen Wölfen, die diesem Rudel geblieben sind, bist du denke ich eine der wenigen, die so urteilt. Weißt du... mein Vater führte dieses Rudel einst. Er schien immer genau zu wissen, was gut und richtig war. Er traf Entscheidungen, die das ganze Rudel begrüßte. Er war Autorität, Leitwolf, Vater, Freund, Respektierter und Vertrauter zugleich. Die Wölfe seines Rudels hätten ihr Leben in seine Pfoten gelegt ohne zu zögern.“

So war es wohl gewesen, davon hatte seine Mutter oft erzählt. Und auch das Wenige, was Siyi ihm über ihren Vater preisgegeben hatte, unterstützte diesen Eindruck. Sein Sohn aber zweifelte daran, dass er jemals so ein Leitwolf werden konnte. Nie würden alle dieser Wölfe ihr Leben in seine Obhut geben ohne an ihm zu zweifeln oder sich eine Hintertür offen zu lassen. Nicht in diesem Leben.


Re: Schatten der Vergangenheit | nach Siyis Tod | Deva & Che - Cheza Luna - 12.11.2012

Cheza hatte den Blick ebenfalls abschweifen lassen, um Devaki nicht das Gefühl zu geben, dass sie ihn zu eingehend beobachtete. Das tat sie zwar, aber nicht mit ihren Augen, die nur hin und wieder zu ihm herüber huschten. Keinesfalls scheu, einfach nur, um diverse Eindrücke kurz einzufangen und dann weiter nur auf die Worte zu lauschen, die er ihr zur Antwort vortrug. Sie nickte hier und da, auch wenn sie nicht von ihrer Meinung abkommen wollte.

„Vielleicht ist es einfacher für mich, dich als Leitwolf zu akzeptieren, weil mir der Vergleich fehlt. Aber Devaki... möglicherweise bin ich dann auch als Einzige objektiv? Ich sehe dich und was du tust und ich sehe, dass du es gut machst. Du sprichst von deinem Vater, als hätte er keine Fehler gehabt. Vielleicht redet ihr den Wolf besser, als er war, denn mir erscheint die Vollkommenheit, die du beschreibst, fast ein bisschen unheimlich.“

Es lag nicht in ihrer Absicht, den alten Leitwolf des Rudels schlecht zu machen. Er hatte seine Sache bestimmt gut gemacht, aber das war nicht der Punkt. Devaki kam seiner Aufgabe ebenfalls nach und war sicher auch Freund, Respektierter, Vertrauter und Vater.

„Ich habe viele Leitwölfe gesehen und sie waren alle gut, in dem was sie taten. Keiner glich dem anderen... ich hätte mein Leben in ihre Pfoten gelegt. Aber perfekt waren sie alle nicht. Sie haben versagt und haben Fehler gemacht. Nicht nur einmal... aber Devaki, das ist nur natürlich. Du bist kein Überwolf und niemand verlangt von dir, immer Recht zu haben und immer die beste Entscheidung zu treffen. Du versuchst es... und jeder Wolf des Rudels sollte das anerkennen.“

So stur konnten die Anderen doch gar nicht sein?

„Vielleicht solltest du dich ein bisschen loslösen, von dem Vorbild, das dein Vater angeblich war? Zu sein, wie jemand, der du nicht bist, klingt nach einer Aufgabe, an der man zwangsläufig scheitern muss.“, formulierte sie vorsichtig. „Aber davon abgesehen... in dem Moment, in dem du aufhörst, an dir zu zweifeln und dich selbst in Frage zu stellen, hörst du auch auf, dich weiter zu entwickeln und besser zu werden...“

Es erschien ihr jedenfalls nicht falsch, weniger selbstsicher zu sein. Aus diesem Grund hatte sie gesagt, dass sie diese Eigenschaft eher als Stärke interpretierte.