Night-Wolves
12 | Welpenglück - Druckversion

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- Laisréan Kegan - 12.02.2011

Es war ein bisschen wie immer und doch ganz anders. Devaki korrigierte seine Aussage mit einem Lächeln und der nötigen Portion Witz und doch war kein Lachen in seinen Augen und seine ganze Haltung sprach davon, dass er heute nichts mehr lustig finden würde. Réan betrachtete seinen Freund, wie er neben ihm lag und den Spagat zwischen gespieltem Leichtmut und echter Sorge, wenn nicht Trauer, versuchte ohne wirklich zu scheitern und doch war der Moment zu wahr, um diese falschen Gefühle nicht zu erkennen. Der weiße Rüde schwankte zwischen dem Wissen, dass sich schon längst in seinem Kopf zusammengebraut hatte und dem Wunsch, die Augen zu verschließen und einfach einzuschlafen, ganz ungeachtet der Tatsache, dass er möglicherweise nicht wieder aufwachen würde. Doch je länger er Devaki betrachtete und dieser seine Trauer nicht mehr zurückhalten konnte, desto sicherer war sich Réan, dass er seinem Freund mehr wehtun würde, wenn er verleugnete, was dieser längst wusste. Beinahe kapitulierend ließ er das Lächeln langsam von seinen Lefzen fallen und versuchte die Ruhe zu finden, die ihn schon in den letzten Tagen ab und an besucht hatte. Wenn nicht jetzt, wann sollte man sonst ehrlich sein? So wie auch Deva, der sonst so verschlossene Deva, der heute keinen Hehl daraus machte, dass er traurig war.
Dabei hatte es Réan doch geschafft, die richtigen Worte zu finden. Nicht weil er seinen schwarzen Freund unbedingt hatte aufheitern wollen, es war nur die Wahrheit gewesen, die er ihm noch hatte mitteilen müssen. Wer sonst hätte Devaki in seiner Rolle bestätigen und ihm seine Ängste nehmen können? Der schwarze Rüde war kein Wolf, der anderen von sich und seinen Ängsten erzählte, wahrscheinlich war es Réan allein, der von der Sorge Devakis wusste. Und somit war es auch seine Pflicht gewesen, ihm diese zu nehmen, soweit dies in seiner Macht stand. Und solange er dazu noch in der Lage war. Devaki schien sich wirklich zu freuen, seine Geste konnte Réan nicht erwidern, nur seine Rute klopfte ganz leicht auf den kühlen Waldboden.

“Auch ich habe dir zu danken. Wenn ich mir aussuchen könnte, in welchem Rudel ich meine letzten Tage erleben dürfte, wären es immer jene Wölfe, unter denen du weilst. Es war schön, einen Freund an meiner Seite zu wissen.“

Sein Atem war ruhiger geworden und auch der Schmerz hatte sich in seiner beständigen Stärke in den Hintergrund drängen lassen. Nur noch ab und an pochte es ein wenig fester gegen seine zusammengezogene Brust und erinnerte ihn daran, dass die Taubheit ihn vor dem Schlimmsten schützte. Devaki dagegen war ungeschützt seiner Trauer ausgesetzt, die eine ganz andere Art von Schmerz in seinem Gesicht hinterließ. Er schien mit den Worten zu ringen und doch keine zu finden, die dem Moment angemessen waren. Es dämmerte Réan, dass ihm die leichtere Rolle zuteil geworden war - in jedem Moment litt sein schwarzer Freund mehr als er selbst. Als schließlich die Worte aus Devaki hervorkamen und seine Verzweiflung offenbarten, zog sich Réans Herz zum wiederholten Male viel stärker zusammen als sonst.

“Danke, Devaki. Ich glaube, mir bleibt gar nichts anderes übrig, als auf dich zu warten, also verspreche ich dir das gerne, aber dafür musst du mir versprechen, selbst noch ein wenig zu warten. Du bist so viele Jahre jünger als ich, lebe sie, Deva, lebe sie. Lach doch einfach mal in den jungen Morgen, wenn dir danach ist und wenn die Welt sich einmal nicht so dreht, wie sie soll, dann lass dir von deinen bezaubernden Töchtern das Lächeln zurückschenken. Genieße die Zeit, die du noch so reichlich zur Verfügung hast.“

Réan hustete leicht, hatte er doch plötzlich so viel zu sagen, wo er vorher viel mehr geschwiegen hatte. Doch es gab immer noch mehr, der flehende Blick seines Freundes war nicht nach dem Geschmack des Weißen.

“Ach Deva, quäle dich doch nicht so sehr. Ja, dein alter Freund stirbt, aber das macht doch nichts. Er wird dir vielleicht keine weisen Ratschläge mehr geben können und auch er wird die Gespräche vermissen und traurig sein, den Welpen und ihrem Vater nicht länger zur Seite stehen zu können, aber …“

Jetzt war es an Réan mit den Worten zu ringen und die richtigen nicht zu finden. Er wollte Devaki die Trauer nehmen und ihm zeigen, dass er selbst den ihm vorbestimmten Weg akzeptiert hatte.

“… ich hatte ein langes Leben und ich habe viel gesehen. Außerdem habe ich dich kennengelernt und eine sehr schöne Zeit hier verbracht. Viel mehr kann ich jetzt nicht mehr wollen. Außerdem käme ich jetzt keinen noch so kleinen Abhang mehr hoch, da bleibt der Spaß doch auf der Strecke. Es ist gut so wie es ist.“


- Devaki - 13.02.2011

Allmählich wurde es zur verkehrten Welt. Eigentlich war doch Deva derjenige, der anderen Mut zuredete und ihnen mit vernünftigen Worten aufzeigte, wie schön das Leben war, dass man nicht zu verzweifeln brauchte und der Verstand ausreichte, um jede Hürde zu meistern. Jetzt aber war er es, der zu verzweifeln drohte und sein Freund, der doch eigentlich unermessliche Angst vor seinem letzten Weg haben musste, versuchte ihm klar zu machen, dass dies nicht das Ende war. Und er hatte Recht. Devaki war sich nur noch nicht ganz klar darüber, ob er das gut finden wollte oder nicht. Vielleicht wollte er nicht, das Réan Recht hatte, vielleicht musste es ihn einfach geben. Diesen Moment in seinem Leben, in dem er einfach tiefe Trauer empfand und nicht davor zurückschreckte das zum Ausdruck zu bringen, was in ihm vorging. Sei es noch so unvernünftig, töricht oder irrational. Der Schwarze hatte beinahe vergessen, dass er ja keineswegs allein mit seinem Freund am Strand lag. Beinahe das gesamte Rudel war versammelt, aber für Deva fühlte es sich an, als bestünde die Welt in diesem Moment nur aus ihm und dem hellen Wolf vor ihm. Es war so schwer, so schwer. Warum war es nur so schwer loszulassen? Weil er bei Réan nie das Gefühl gehabt hatte, sich verstellen zu müssen? Stark sein zu müssen? Verstecken zu müssen, was ihn bewegte, sorgte, was auf ihm schwer lastete? Weil der Rüde immer einen guten Rat für ihn gehabt hatte? Weil das Leben, so wie Réan es beschrieb, immer so leicht und einfach verständlich geklungen hatte? Als ob es nichts gab, worüber man sich Sorgen machen musste? Ja, wahrscheinlich war es das. Den Hellen konnte nichts ersetzen und schon gar nicht irgendwer. Das wurde Deva noch schmerzlicher bewusst, als er auf seine Bitte antwortete. Da, da war es wieder. Wieder hatte er Recht, wieder zeigte er Deva, dass das Leben noch so viel mehr zu bieten hatte als das, was der Schwarze im Moment zu sehen in der Lage war.

„Das klingt alles so einfach aus deinem Mund und ich weiß, dass du recht hast. Ich werde nach vorne schauen, sehen wie meine Söhne und Töchter zu prächtigen Wölfen heranwachsen und das Leben dafür lieben, dass es mir solche Freuden und so einen Wolf wie dich als Hilfe zur Seite gegeben hat. Und doch frage ich mich... Fällt es dir nicht schwer die Welt loszulassen? Einzusehen, dass dein Leben... hinter dir zu lassen?“

Er vermied es bewusst das Wort sterben in den Fang zu nehmen oder den Umstand, dass der Tod sich wie ein Teufel hinterrücks an sie heranschlich, mit anderen direkten Worten noch greifbarer zu machen. Die Situation war ohnehin mehr als deutlich und Deva wollte es nicht hören. Es wäre als würde er bereits beerdigt haben. Es reichte, dass seine Gedanken immer enger um diesen so unschwer übersehbaren Umstand kreisten. Wenn er nur irgendetwas tun könnte, irgendetwas, um noch ein paar Tage mehr mit seinem Freund zu haben, noch ein paar Stunden um zu sagen, was ncoh gesagt werden musste. Obwohl ihm in diesem Moment nicht mehr viel einfiel, was er ihm noch dringend sagen wollte. Das Wichtigste war gesprochen und am Ende ging es nicht um ihn. Nicht er ging, sondern der Helle. Und wenn dieser es akzeptierte, warum konnte er das nicht auch tun? War es die Angst davor selbst diesen Weg gehen zu müssen? Oder die Angst einen weiteren Verbündeten loslassen zu müssen? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er hilflos war gegen seine Trauer, dass er nur ein kleines Zahnrad im Getriebe der Welt war und dass er nichts tun konnte, um den Lauf des Lebens aufzuhalten.


- Yeven - 13.02.2011

Auch wenn es Yevens etwas schläfrige Körperhaltung vielleicht nicht verriet, so hörte sie Arkas doch aufmerksam zu. Lediglich mit einem leichten Zucken der Ohren zeigte sie die Überraschung, die sie verspürte, als Arkas tatsächlich ein Gespräch mit ihr anfing.
Auch auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein mildes Lächeln ab, als der Rüde sie an ihrem Kindheitserinnerungen teil haben ließ. Sein Erlebnis ließ sie nachdenklich werden. Wann hatte eigentlich sie zum ersten Mal das Meer gesehen? Ihre Eltern hatten ihr manchmal davon erzählt, doch damals hatte die gewaltige Größe des Ozeans noch keinen Platz in Yevens Welpenvorstellungskraft gefunden.

„Ich bin fern von den Küstengegenden aufgewachsen. Früher habe ich das Meer nur aus den Erzählungen meiner Eltern gekannt, doch ich konnte es mir nie richtig ausmalen. Viel später habe ich es einmal aus der Ferne während einer meiner Wanderungen gesehen. Erst als ich hier her kam habe ich zum ersten Mal Sand unter den Pfoten gespürt und festgestellt, dass das Wasser ganz anders schmeckt, als das aus dem Fluss.“

Arkas' letzter Satz ließ Yeven für einen kurzen Moment die Augen öffnen um der spielenden Yoruba einen kurzen Blick zuzuwerfen. Die Fähe würde sich selbst nie als strenge Mutter bezeichnen. Sie war nur besorgt, weil sie ihre Familie kein zweites Mal verlieren wollte. Zwar schienen Yevens Bedenken nicht immer für Yoruba nachvollziehbar sein, doch sie war sich ziemlich sicher, dass es ihre Tochter irgendwann verstehen würde.

„Ich denke da hast du Recht“

meinte sie zu Arkas. Sie musste feststellen, dass es beruhigend einfach war mit Arkas zu reden und sie sah es durchaus als Privileg an, dass er ihr ein Erlebnis aus seiner Kindheit mitteilte. Schließlich hatte sie den Rüden immer nur als verschlossen und in sich gekehrt kennen gelernt.

Yevens Blick wanderte hinüber zu den anderen und blieben letztendlich bei Devaki hängen. Sie brauchte einen Moment um zu erkennen, dass der ausgemergelte weiße Rüde neben ihm, Réan war.


- Liath - 14.02.2011

Staunend hörte Liath sich die Erklärung an, die sein Vater ihm gab. Es war heute also noch ruhig? Besorgt blickte er zu dem grau-blauen Spiegel, auf dem sich an unterschiedlichen Stellen unermüdlich Wellen hoben und senkten. Dass dieses böse, hinterhältige Ding einmal sein Freund sein sollte, war für ihn nun wirklich schwer vorstellbar.
Liath quietschte fröhlich auf, als sein Vater ihn zu sich heranzog und ihm endlich dabei half, den eklig krümeligen Sand loszuwerden. Anschließend schüttelte er sich noch einmal und wedelte übermütig mit der kleinen Rute. Leider jedoch hatte Devaki nun anderes im Sinn, als mit ihm zu spielen. Liath' Übermut flaute ab und er blickte dem Schwarzen mit großen Augen nach. Weiter hinten machte er Réan als Ziel seines Vaters aus und kurz wollte er ihm folgen. Doch dann erinnerte ihn Laines daran, dass er noch da war. Flux drehte sich der kleine Welpe dem finsteren Onkel zu und musterte ihn. Bisher hatte er wenig mit ihm gesprochen, ja im Prinzip wusste er nur seinen Namen und das er irgendwie auch sein Onkel war.
Wie Laines auch beabsichtigt hatte, zog seine Erzählung den jungen Wolf in seinen Bann. Mit großen, staunenden Augen folgte er dem Blick des Rüden. Groß wie Bäume also? Um sich dieser Größe bewusst zu werden, riss der Kleine den Kopf herum und starrte die für ihn gigantischen Bäume an, dann wieder das Meer.

„Aber … wer macht es denn so groß? Ist es ein Tier, das schnell wütend wird?“

Jetzt war Liath mehr als verwirrt. Wasser war für ihn immer Wasser gewesen. Nichts besonderes, etwas zum Trinken halt und hübsch anzusehen. Aber dieses große Wasser hier schien ja etwas ganz Besonderes zu sein, eines mit eigener Persönlichkeit.

„Und wieso wird es böse? Hab ich es vorhin verärgert?“

Jetzt hatte Liath wirklich Angst. Wieso auch sonst sollte ihn das Wasser so geärgert haben? Bestimmt hatte das Meer ihn bestrafen wollen, weil … ja, wieso eigentlich? Grüblerisch ließ er sich schnaufend auf sein Hinterteil fallen und überlegte. Er hatte versucht, von ihm zu trinken. Vielleicht mochte es das nicht. Er würde es ja auch nicht mögen, wenn man ihn beknabberte. Dieser Vergleich verwirrte ihn noch viel mehr, sein hilfloser Blick ging wieder zu Laines.

„Ich verstehe das nicht. Das ist blöd.“

Resigniert seufzte er und gab doch nicht auf, seinen kleinen Welpenverstand zu durchforsten. Wenn das Meer ein Tier war, wieso war der Teich im Wald dann keines? Oder war er vielleicht doch eins? Konnte man es dann jagen? Vielleicht war Wasser ein besonderes Tier, das nicht weglief, das manchmal vom Himmel kam und von dem man nur Trinken konnte.
Liath Welt wurde plötzlich um einen bunten, unverständlicheren Zweig reicher. Was lebte, was war tot, was war ein Tier und was nicht? Schwierige Existenzfragen waren noch nichts für einen jungen Welpen; da hatte ihm der Onkel aber etwas eingebrockt.

„Also, hm. Der Sand ist doch tot, oder? Und die Bäume sind nicht tot, sind aber auch keine Tiere, die man fangen kann, richtig? Das Meer ist so wie die Bäume. Nicht tot, aber auch kein Tier, oder? Werden Bäume dann auch böse, wenn man sie beißt?“

Völlig konfuse neue Abgründe taten sich in Liath' kleiner Welt auf. Wütende Bäume, böses Wasser und hinterhältiger, toter Sand. Plötzlich war alles irgendwie gefährlich.


- Shila - 16.02.2011

Shila hielt sich auf dem Rücken der schwarzen Fähe und rümpfte etwas die Nase, als Kainuu ihr über das ganze Gesicht schleckte, dann stubste sie ihre Schwester aber mal lieb an, schließlich hatte jene ja auch zu ihrer Rettung beigetragen... obwohl... Shila wäre natürlich auch selbst wieder zum Ufer zurückgekommen, ganz bestimmt!
Aber auf dem Wolfsboot so durchs Meer zu schaukeln war auch sehr lustig und als Shila sich von dem kleinen Schrecken erholt hatte, genoss sie die schwankende Fahrt auch schon

"Kainuu? Vielleicht ist da ja ein riesengroßer Wolf unter dem Wasser und schubst die lustigen Wellen an. Er ist bestimmt noch größer als Papa..."

und je mehr Shila so über diesen Riesenunterwasserwolf nachdachte, desto spannender fand sie diesen Umstand und wurde immer neugieriger auf diesen Wolf, was man an ihren immer heller leuchtenden Augen und der in Falten gelegten Stirn erkennen konnte. Das bekam Shila immer dann, wenn sie einem interessanten Gedanken ganz intensiv nachging

"Kainuu?"

Sie krabbelte ein Stück näher an die Schwester, um ihr etwas zuflüstern zu können

"Wollen wir nicht mal nachgucken wie der Wolf da so aussieht? Vielleicht, wenn er keine Lust mehr hat so große Wellen zu machen und schläft, dann ist er ja auch ungefährlich... was meinst du?"

Gespannt blickte sie ihre Schwester an und musste sich dann niesend schütteln, als eine besonders wilde Welle sie kurzzeitig überdeckte. Nun hielt Shila ihren Kopf wieder ganz hoch, damit das Wasser nicht mehr dran kam



- Arkas - 19.02.2011

Als Yeven neben ihm anfing zu sprechen, lauschte er ihr ohne Regung und mit weiterhin aufs Meer gerichteten Blick. Er empfand die Stimme der Fähe im Kontrast zu denen der anderen Wölfe, vor allen denen der Welpen, als erholsam, da sie ruhiger und weniger strapazierend war. Als sie geendet hatte, schielte er kurz zu ihr und erkannte, dass ihre Augen sich an den Waldrand gehaftet hatten. Arkas folgte ihrem Blick und erkannte Réan und Devaki im Schatten einiger Bäume. Der Weiße hatte in den vergangenen Monaten stark abgebaut, wie Arkas fand, wirkte ausgemergelter, irgendwie kraftloser. Der Anblick des älteren Rüden erinnerte ihn immer häufiger an Schneedorn, wie er an seinem Lebensabend aussah und vermittelte damit einen Eindruck von dem, was Réan vermutlich in nicht mehr allzu ferner Zukunft bevorstand. Der Tod, auch wenn er zum Leben dazugehörte wie das Licht zur Dunkelheit, hatte doch immer wieder etwas bedrückendes und so überkam Arkas ein leichter Schauer, stets dann wenn er sich in der Nähe des Alten aufhielt und sich diese Gedanken in seinen Geist stahlen. Er erinnerte sich an die strengen Worte seines Vaters, als er sich mal erkundigen wollte was denn geschehe, wenn man stirbt.

Der Tod betrifft einen Lebenden nicht. Und wenn er ihn erst mal betrifft, ist es eh zu spät sich darüber Gedanken zu machen.

Devaki, der an der Seite von Réan lag, spiegelte mit der Haltung seines Kopfes und dem Gesichtsausdruck deutliche Besorgnis wieder. Er hatte die beiden Rüden in der vergangenen Zeit häufig beieinander gesehen, ging von einer festen Freundschaft aus, die sie verband. Vermutlich würde es für Devaki am schwersten werden, wenn der Weiße sie verließe. Der wiederum zeigte sich freundlich, schien sich der Lage in der er sich befand entweder nicht bewusst oder lächelte sie einfach weg. Der Blick von Arkas wurde kurz schwermütig und etwas, das man entfernt als mitfühlend deuten könnte, auch wenn diese Gestik bei ihm deutlich schwächer ausgeprägt war als bei anderen und sich nur in den seltensten Fällen zeigte, war sie doch eindeutig. Schnell befreite er sich wieder von den unliebsamen Gedanken und Empfindungen und sah die beiden Rüden daraufhin wieder an wie jeden anderen Wolf, der sich mit ihnen am Strand aufhielt. Und ebenso wandelten sich seine Gedanken wieder in sein übliches Denkschema. Seine Stimme hielt er gesenkt, so dass nur Yeven ihn hören konnte.

"Hoffen wir mal, dass Réan nicht mehr lange leiden muss und Deva aus dessen Sterben oder gar seinen Tod keinen Weltuntergang macht... wenn ich mir die Gesichter der beiden Ansehe bin ich froh, hier nichts von dem Hören zu müssen, was die sich da offensichtlich zu sagen haben."

Arkas war alles andere als ein Freund von übertrieben schnulzigen Abschiedsworten oder irgendwelchen dramatischen Totenversprechen bis in die Ewigkeit und darüber hinaus, wie er sie einmal von einzelnen Wölfen eines Rudels vernehmen musste, auf die er und seine Schwester gestoßen waren. Er selbst hatte den Tod, der ihn in seinem bisherigen, kurzen Leben am Meisten getroffen hatte, den von Miu, zwar nicht so leicht aufgenommen wie er es den anderen gegenüber gezeigt hatte, hatte sich aber zumindest seine Würde bewahrt und ihr Andenken angemessen geehrt, ohne dabei in Melancholie oder übertriebene Depression zu verfallen. Züge, die er nicht nur als Schwäche ansah, sondern die auch noch jedes Ansahen eines Wolfes zunichte machen konnten.

Eine leise, wirklich extrem leise Stimme in ihm meinte, dass die Worte die er eben geäußert hatte vielleicht etwas harsch gewirkt haben könnten, so entschied er sich diese mit einer kleinen Ergänzung zu relativieren, immerhin hatte er Gefallen gefunden am Gespräch mit Yeven und fände es schade, wenn diese vielleicht auf Grund seiner Bemerkung vorschnell genug davon haben könnte.

"Wir sollten uns jetzt mehr mit dem Leben als mit dem Tod beschäftigen. Immerhin treiben sich hier fünf kleine Fellknäule herum die repräsentativ wie sonst kaum etwas für den Fortbestand und das Leben einstehen."

Ein schwenkender Blick versuchte alle zu erfassen und nachdem dies geschehen war wandte er seine Augen wieder dem Meer zu.

"Du hast deine Wanderungen erwähnt... warst du viel auf Reisen bevor du zum Rudel gestoßen bist, hast du viel gesehen?"


- Laisréan Kegan - 21.02.2011

Es war Réan nicht mehr möglich, zu erkennen, ob Deva noch immer gegen die Eindeutigkeit der Situation ankämpfte, oder akzeptiert und sich beruhigt hatte. Die dumpfe Taubheit hatte sich von seinem Herz über den ganzen Körper ausgebreitet. Seine Sicht war plötzlich schlechter geworden und den Trubel am Strand konnte er nicht mehr hören. Nur noch der Geruch des Rudels hatte sich beruhigend und schützend in seiner Nase eingenistet. Sein Atem war ruhiger geworden und der kaum mehr schmerzende Herzschlag hatte sich in eine ruhige Regelmäßigkeit eingefunden. Die Müdigkeit hatte zugenommen und beinahe wären Réan die Augen zugefallen. Doch Deva war natürlich noch da und jetzt sprach er auch wieder, sicher nicht leise, aber der Weiße hatte Mühe die Worte seines Freundes zu verstehen. Nicht nur akustisch, auch sein Kopf schien langsamer zu arbeiten, doch als er verstanden hatte, breitete sich ein tiefes, ehrliches Lächeln auf seinen Lefzen aus. Das war es, was er noch hatte hören wollen.

“Ich nehme dich beim Wort, Deva.“ Er musste eine Atempause einlegen. “Und wenn du es einmal nicht tust, dann werde ich aus dem Himmel einen Sturm schicken, der dir so durch die Ohren pustest, dass du dich an dein Versprechen erinnerst.“

Er wollte nach dem Schwarzen pfoten, doch sein Lauf bewegte sich kaum. Das Lächeln blieb auf den Lefzen, als er ein letztes Mal den Blick hob und in die traurigen Augen seines Freundes sah.

“Nein, es ist ein schönes Gefühl.“ Pause. “Ich möchte nur, dass du den Welpen noch etwas von mir ausrichtest. Und Käse.“ Pause. “Sag Kainuu, Shila und Yoruba, dass ich sie aus dem Himmel betrachten werde und mich darauf freue, sie zu den schönsten Fähen der Welt heranwachsen zu sehen.“ Pause. “Sag Liath und Namíd, dass sie als starke Rüden dieses Rudel beschützen müssen und ich mir sicher bin, dass sie diese Aufgabe wunderbar erfüllen werden.“ Pause. “Und sag Käse, dass er nicht immer so ein Weichschimmelgorgonzola sein und mal lächeln soll. Das würde ihm gut tun.“

Er atmete tief ein und aus und schloss dann die Augen. Er war nun so schrecklich müde, dass er den Fang kaum mehr bewegen konnte.

“Und vergiss mich nicht, mein Freund.“

Dann war er eingeschlafen. Sein Atem ging regelmäßig wenn auch schwach, sein Brustkorb hob und senkte sich. Eine ganze Zeit lang lag er so schlafend neben dem trauernden Devaki, bis die Bewegungen schwächer wurden und seine Atemzüge irgendwann aussetzten. Ein letztes Mal schlug sein altes und erkranktes Herz noch, dann kam auch es zur Ruhe und der weiße Rüde war tot.


- Kainuu - 21.02.2011

Kainuus Aufmerksamkeit war abgelenkt worden. Hatte sie eben noch Shila betrachtet und sich ans Ufer gewünscht, lag ihr Blick nun konzentriert und höchst angespannt auf zwei Wölfen am Waldrand. Sie erkannte denjenigen, dessen Kopf auf der Erde lag nicht, aber der andere war eindeutig Papa und noch eindeutiger war er traurig. Kainuu hatte ihren Papa noch nie traurig gesehen. Er sollte nicht traurig sein. Sie wollte ihn trösten, so wie er sie immer tröstete. Und danach war sie nicht mehr traurig, ebenso wie Papa danach nicht mehr traurig sein würde. Am liebsten hätte sich Kainuu von Arl ins Wasser gestürzt, aber ihre letzte Begegnung mit den Wellen flößte ihr noch zu viel Angst ein. Ungeduldig und mit dem Blick unverwandt auf Papa gerichtet wartete sie, bis ihre Retterin endlich an Land gehen würde. Beinahe verwirrt reagierte sie so auf Shilas Anstupsen und ihren riesigen Wellenmacherwolf. Erst nach kurzem Nachdenken verstand die Kleine, wovon ihre Schwester sprach, konnte sich auf die Vorstellung jedoch nicht einlassen. Sie musste doch zu Papa. Um Shila nicht zu enttäuschen nickte sie und versuchte eine gute Antwort zu finden.

“Ja, der ist sicher riesig.“

Ihr Blick wollte schon wieder zu Papa huschen, als Shila näher zu ihr gekrabbelt kam und ein verschwörerisches Gesicht machte. Ihr leiser Vorschlag klang gefährlich, aber auch spannend – und wenn keine Wellen mehr da waren, dann war das Meer ja eigentlich nicht mehr schlimm. Sicher wäre Kainuu begeistert gewesen, hätte sie nicht die ganze Zeit das traurige Gesicht von Papa vor Augen und nichts anderes im Sinn, als ihn zu trösten. Wider nickte sie etwas abgelenkt.

“Gute Idee. Aber jetzt muss ich zu Papa.“

Damit drückte sie sich mit den Hinterbeinchen von Arlyns Nacken ab und sprang über ihren Kopf ins Wasser. Die Schwarze war mittlerweile so nahe an den Strand gekommen, dass Kainuu sogar schon stehen konnte. Strampelnd und prustend arbeitete sie sich an Land, sprang über den feuchten Sand, versank dann im weichen und kämpfte sich so immer näher an Papa.

“Papa!“

Rief sie einmal, nur damit er wusste, dass sie auf dem Weg zu ihm war. Endlich hatte sie den lockeren Sand verlassen und konnte eilig, dreimal stolpernd und sich verheddernd auf ihren Papa zulaufen um sich endlich in sein Bauchfell kuscheln zu können. Es war Réan, der neben ihm lag und schlief. Kainuu schenkte ihm kaum Beachtung, sie musste doch Papa trösten.

“Nicht traurig sein, Papa, ich tröste dich. Warum bist du denn traurig?“


- Laines - 21.02.2011

Endlich einmal wieder kam das, was er erzählte, genau so an, wie er es bezweckt hatte. Laines grinste und klopfte sich innerlich auf die Schulter. Er hatte fast schon befürchtet, er müsse sich Gedanken machen. Er hatte es noch nicht verlernt. Diese Wölfe hier waren einfach etwas anders, aber auf die Naivität von Welpen konnte man sich immer wieder verlassen. Die bernsteinfarbenen Augen beobachteten, wie Liath-, oder Namídwelpe zum Waldrand sah und konnte sich gut vorstellen, wie die kleinen, noch ungeschmierten Zahnrädchen versuchten in den Kopf zu bekommen, wie riiiesengroß das also war. Und dann kamen auch schon weitere Fragen. Ah, gut. Damit hätte er rechnen müssen. Wenn er so etwas erzählte, würden dafür Tausend Fragen folgen. Na ja, er hatte gerade eh nichts besseres zutun. Nun kam die typische Reihenfolge. Wer macht das? Warum ist das so? Ist es ein Tier? Wieso, weshalb, bin ich? Und dann die Erkenntnis, dass der Welpe es nicht verstand. Guter Junge. Das hätten nicht viele zugegeben.

Es ist kein Tier. Es ist Wasser. Das hat was mit dem Wind zutun. Je stärker der Wind weht, desto höher sind die Wellen.“,

erklärte er freundlich und verpackte es ausnahmsweise nicht in eine weitere Gruselgeschichte. Was aber eher daran lag, dass ihm noch keine Weiterführung eingefallen war und der schwarze Welpe jetzt mit noch ein paar Spekulationen rausrückte. Oh nein. Sollte er ihm jetzt etwa haarklein erklären, was genau tot war und was nicht? Bevor er noch weiterreden konnte, hob Laines eine Pfote, wollte sie ihm gerade auf den Kopf legen und ihm über den Kopf wuscheln, da hielt er wie vom Blitz getroffen in der Bewegung inne und zog die Pfote wieder zurück. Nein, das war ein Welpe. Ein Schwarzpelz. Den wollte er nicht berühren. Um das aufkommende Gefühl der Übelkeit und die Seltsamkeit seiner Handlung zu überspielen, setzte er die Pfote kaum dass er innegehalten hatte wieder auf und erhob sich, als wäre der Grund dafür, dass ihm gerade etwas anderes eingefallen war.

Du denkst zu viel über komplizierte Dinge nach, Kleiner. Fassen wir es so zusammen. Alles, was atmen kann, ist ein Tier. Bäume, tja ... die können ihr Aussehen verändern und leben auch irgendwie. Aber sie können sich nicht wirklich bewegen, also könnte dir ein wütender Baum immer noch nicht viel anhaben. Würde er sich auf dich drauf fallen lassen, wäre er ja auch tot. Pass auf, ich zeig’ dir was.“

Er stapfte los Richtung Meer, auch, um ein bisschen Abstand zwischen sich und den Welpen zu bringen. Laines wandte den Kopf zu Liath, oder Namíd herum und grinste verschwörerisch.

Natürlich nur, wenn du dich traust.“

Von der Sache mir Réan, bekam er weiterhin nicht wirklich etwas mit. Er hatte zwar Kainuu an sich vorbei rennen sehen, aber das die andauernd zu ihrem Vater hinrannte, war ja auch normal.


- Liath - 22.02.2011

Der fragende Ausdruck wich nicht aus dem Gesicht des Welpen. Je mehr er fragte, desto mehr galt es zu erklären und das konnte nur der erwachsene Wolf tun. Dummerweise nur warf er mit seinen Erklärungen neue Fragen auf und Liath war sich nicht so ganz sicher, ob er jetzt noch weiter nachhaken sollte. Den Wind – ja den kannte er. Aber genauso wie über das Wasser hatte er nie tiefgründig darüber nachgedacht. Luft und Wasser, das was die Menschen als Elemente bezeichneten, waren für einen kleinen Wolf große Geheimnisse. Weder Pflanze noch Tier, trotzdem immer in Bewegung und nicht einmal sichtbar im Falle des Windes.

„Wer macht den Wind? Der muss doch auch von irgendwo herkommen.“

Mit großen fragenden Augen musterte er den schwarz befellten Onkel und hoffte auf eine Antwort, die endgültig und unerschöpflich war. Ob vielleicht hinter den Bergen ein riesengroßer Windwolf saß, der je nach Lust und Laune schnarchte? Die eigens gefundene Erklärung gefiel dem Welpen.

„Da schläft der schnarchende Windwolf, stimmts? Und jetzt ist er munter, weil es jetzt nicht so doll windig ist.“

Stolz über seine eigene Erkenntnis strahlte Liath den Onkel an. So musste es sein. Fast wäre ihm in seiner Freude die erhobene Pfote des anderen nicht aufgefallen, die er dann doch für den Moment verwirrt anstarrte. Doch viel zu schnell war der Augenblick vorüber und Liath hatte keine Zeit, sich lange zu wundern. Ein fragender Blick war alles, was er von seiner Verwunderung zeigte, dann stieg er in das Ablenkungsmanöver Laines' ein. Wieder machte die Erklärung alles noch komplizierter, doch diesmal schwieg der Welpe. Doch diese Aufforderung konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Noch ehe Laines ihn dazu anstacheln musste, war er aufgesprungen und verfolgte den Onkel mit wedelnder Rute und aufgestellten Ohren. Endlich ging das Abenteuer weiter.

„Klar trau' ich mich! Ist das … ist das im Wasser?“

Hatte seine erste Erklärung noch überzeugt und standhaft geklungen, so erschien seine Frage gleich darauf zaghaft und besorgt. Er wollte nicht zurück in dieses gemeine Meer, dass eklig schmeckte und in den Augen brannte. Aber wenn Laines schon so fragte, dann musste er sich wohl trauen. Immerhin hatte er gerade versprochen, dass er mutig sein würde.