Night-Wolves
12 | Welpenglück - Druckversion

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- Laines - 22.02.2011

Er verwickelte sich in eine Endlosschleife, wenn das so weiterging. Jetzt, wo er das Meer mit dem Wind erklärt hatte, musste er natürlich auch den Wind mit irgendwas erklären. Wer machte den Wind? Ehrlich gesagt konnte das nicht mal Chess Laines Kyrlin erklären. Aber das konnte er dem Welpen natürlich nicht sagen. Der Kleine suchte auch schon selbst nach einer Erklärung für den Wind. Sie klang ganz nett, war dem Schwarzen aber etwas zu langweilig. Der Wind war das Schnarchen eines Windwolfes ... nein, das ging besser.

Nein, kein schnarchender Windwolf. Der Wind ... ist der Atem einer bösen, schwarzbefellten Hexe! Jetzt ist sie ganz ruhig. Aber wenn sie sauer wird, dann pustet sie uns den Wind mit aller Macht um die Ohren.“

Ohja. Und diese Hexe hatte er sogar persönlich gekannt. Nur das ihr Wind jetzt sicher nicht mehr wehen konnte. Laines trabte locker auf das Meer zu und der Welpe, der ihm so mutig und selbstverständlich folgte, klang jetzt doch ein wenig kleinlaut. Der schwarze Rüde drehte den Kopf zu ihm zurück.

Indirekt schon ... aber du musst nicht ins Wasser, wenn du dich davor fürchtest.“,

sagte er sanft, aber doch genau wissend, dass er den Kleinen nur noch weiter anstacheln würde, wenn er ihn als Feigling darstellte. Diese Wesen waren so unglaublich leicht zu beeinflussen.
Am Wasser angekommen tappte Laines ein paar Schritte weit hinein und drehte sich zu dem Welpen um. Das Wasser ging ihm an dieser Stelle gerade so über die Pfoten. Er senkte den Kopf und pustete gegen das Wasser, welches von der Atemluft zu den Seiten weggedrückt wurde.

Siehst du? So macht sie das. Und wenn sie dann sauer wird ...“

Er blies die Luft etwas stärker zwischen seinen Fangzähnen hervor und das Meerwasser spritzte ihm gegen die Schnauze. Laines hob den Kopf wieder, mit seiner Präsentation am Ende und fuhr sich grinsend mit der Pfote über die nun etwas nasse Schnauze.

Das ganze musst du dir natürlich in einer ganz anderen Größenordnung vorstellen. Wenn ich jetzt die Windhexe wäre, wärst du kleiner als eine Ameise.“


- Devaki - 23.02.2011

Er kam nicht drum herum. Deva musste lächeln, als Réan ihm drohte. Wäre er nicht eigentlich so traurig darüber gewesen einen Freund zu verlieren, hätte er womöglich sogar gelacht. Aber nach Lachen war ihm wirklich nicht zu mute, auch wenn das Lächeln auf seinen Lefzen verblieb. Der Schwarze wollte nicht, dass das Letzte, was Réan auf Erden sah ein missmutiger Devaki war. Er sollte die Welt mit einem Lächeln verlassen, so weit Devaki das eben zu Stande brachte. Réan selbst schien keine Probleme damit zu haben. Er sah zufrieden aus, wenn nicht sogar glücklich. Ein schönes Gefühl... wie konnte das sein? Er war versucht den Kopf zu schütteln, ließ es aber. Vielleicht musste er selbst zu diesem Punkt kommen, um zu verstehen was sein Freund meinte. Den folgenden Worten des Hellen lauschte der Schwarze stumm und aufmerksam. Er prägte sich genau ein, was er ausrichten sollte und nickte hier und da um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Dabei wusste er nicht, ob der Helle seine Geste überhaupt noch wahrnehmen konnte. Als Réan die Augen schloss, erschrak er heftig. War es schon soweit? Reflexartig rückte Deva ein wenig näher an seinen Freund heran und legte die Pfote auf seine. Sein Herz blutete vor Trauer, als er seinem Freund leise letzte Worte zuflüsterte.

„Das werde ich, verlass dich auf mich. Viel Glück auf deiner Reise. Leb wohl, mein Freund, bis wir uns wiedersehen.“

Devaki wusste nicht, ob Réan noch hörte, was er sagte. Deva legte den Kopf neben den Kopf seines Gegenübers und schloss die Augen, um das leise Atmen aus dem Fang des anderen noch hören zu können. Es waren Momente der Ruhe, eine wundervolle, aber auch beängstigende Stille. Und je mehr sie zunahm, desto beängstigender wurde sie für den Schwarzen. Eine Welt ohne Réan. Wie sollte diese aussehen? Er hätte gerne gesehen, wie seine Welpen mit dem alten Kauz aufgewachsen wären. Wie er ihnen Geschichten erzählt hätte oder ihnen das Leben erklärt hätte. Aber diese Zukunft verblasste mit jedem schwächer werden Atemzug des Hellen. Der Übergang zu der Sekunde als die Brust des Hellen aufhörte sich zu bewegen und sein Atem vollständig stockte, war fließend. Und dann war er gegangen. Einfach so. Ein Seufzen entfuhr dem Schwarzen und die traurige Gewissheit überflutete sein Herz wie das Meer in stürmischen Zeiten das Land überflutete. Alles ging unter und für einen Moment lang gab es nichts außer ihm und seinem toten Freund.

Dann zwang er sich loszulassen. Er öffnete die Augen. Ein leises Winseln drang aus seinem Fang, dann erhob Deva sich. Er beugte den Kopf zu dem leblosen Réan hinab und ließ die Zunge sanft über die Ohren seines Freundes gleiten. Eine letzte Geste des Abschiedes, bevor er sich dazu durchringen konnte sich umzudrehen und sich einen Meter weiter in den Sand fallen zu lassen. Er hatte seinen Namen gehört, irgendjemand rief ihn. Nein, nicht seinen Namen. Papa! Kurz schüttelte er den Kopf um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können, da war Kainuu schon bei ihm angelangt und kuschelte sich an ihren Vater. Devaki lächelte und zog seine Tochter mit der Pfoten noch ein wenig näher an sich.

„Das ist lieb von dir, mein Schatz. Papa braucht nur einen Moment, dann geht es ihm wieder besser. Außerdem kann ich ohnehin nicht lange traurig sein, wenn du bei mir bist.“

Das war auch irgendwie die Wahrheit, auch wenn sie in diesem Augenblick vielleicht nicht ganz so wahr war, wie sie es sonst war. Kainuu war sein kleiner Liebling und mit ihrem Blick und ihrer welpischen Naivität konnte sie alle Sorgen aus seinem Herzen vertreiben. Auch jetzt erinnerte sie ihn wieder daran, welches Versprechen er Réan gegeben hatte. Nach vorne sehen und sich um seinen wunderbaren Nachwuchs kümmern. Aber wie sollte er Kainuu erklären, dass Onkel Réan keine Geschichten mehr würde erzählen können?

„Kainuu? Wölfe leben nicht ewig weißt du. Wir werden geboren und wachsen heran. So wie du. Deine Mutter hat dich auf die Welt gebracht, da warst du noch viel kleiner und konntest nichts sehen. Jetzt kannst du sehen und laufen und wirst mit jedem Tag größer und kräftiger. Irgendwann bist du so groß wie ich und so alt wie ich. Und irgendwann kommt auch der Tag, an dem dein Körper zu alt wird. Und wenn dieser Tag gekommen ist, dann gehen wir von dieser Welt in eine andere. Zu Wulf, dem Gott der Wölfe, in den Himmel.“

Er zögerte einen kurzen Moment, weil er nicht wusste, ob Kainuu das alles verstanden hatte – und ob sie verstehen und verkraften würde, was er ihr nun mitteilen musste.

„Onkel Réan war schon sehr alt. Und jetzt hat er uns verlassen.“


- Kainuu - 26.02.2011

Kaum war Kainuu bei ihrem Papa angekommen und hatte sich in sein Bauchfell gekuschelt, ging es auch ihr gleich viel besser. Die bösen Wellen und die neue Angst vor dem Meer war verschwunden, bei ihrem Papa würde ihr nie nie etwas passieren. Selbst wenn er traurig war. Zum Glück freute er sich darüber, dass sie gekommen war und somit konnte sie ihn ganz offensichtlich wirklich trösten. Fröhlich begann ihre Rute auf und ab zu wippen und sie fuhr dem Schwarzen mit ihrer Zunge quer über das Gesicht.

“Dann bin ich einen Moment lang bei dir, dann ist der vorbei und du bist fröhlich.“

Oder so. Aber Papa schien doch irgendwie nicht ganz so glücklich, wie er behauptete. Sein Gesicht war nachdenklich und als er schließlich zum Sprechen ansetzte konnte die Kleine wenig Freude aus seiner Stimme hören. Allzu lange war es ihr aber nicht möglich, darauf zu achten, denn der Inhalt seiner Worte verwirrte sie. Hatte Papas Traurigkeit etwas damit zu tun, dass sie größer geworden war? Kurz erschrak sie vor diesem Gedanken, aber da war Papa schon weiter und redete von einer anderen Welt und einem Wulf. Meinte er Wolf? Aber zu einem Wolf musste man doch gar nicht gehen, immerhin waren sie alle Wölfe. Kainuu war restlos verwirrt und wurde noch konfuser, als Devaki erklärte, Onkel Réan wäre weggegangen. Sie blinzelte einmal, verzog dann das Gesicht und schielte an Papas Fell vorbei auf den wenige Schritte entfernt liegenden Réan.

“Aber nein, Papa! Onkel Réan ist doch noch da!“

Sie wurschtelte sich aus der Umarmung Devakis und sprang eilig auf die weiße Gestalt zu. Es war ganz eindeutig Réan, den konnte sie sich doch nicht einbilden. Er lag schlafend am Waldrand. Kainuu erreichte den Weißen und stupste ihn an, damit er Papa sagen konnte, dass er gar nicht weggegangen war. Doch Réan reagierte nicht, vielleicht schlief er sehr tief. Sofort hatte die Kleine ein schlechtes Gewissen, sie durfte Onkel Réan doch nicht einfach so aufwecken, zum Glück hatte sie es nicht geschafft.

“Guck, Papa, Onkel Réan schläft. Er ist gar nicht in einer anderen Welt und wenn zu einem Wolf gehen will, muss er nur zu dir kommen. Oder zu mir, ich bin zwar klein, aber ich bin ein Wolf!“

Von irgendwoher war ein flaues Gefühl gekommen. Es hatte sich in ihren Bauch geschlichen und rumorte dort herum. Es war unangenehm, es sollte weggehen. Sie musste Papa doch trösten und ihm zeigen, dass Onkel Réan noch da war.


- Yeven - 26.02.2011

Aus dem Augenwinkel bemerkte Yeven, wie Arkas ihrem Blick folgte und sich ein schwermütiger Ausdruck auf seinem Gesicht abzeichnete.
Yeven wusste, dass Réan nicht mehr der Jüngste war und gewiss auch nicht mehr über seine volle Gesundheit verfügte. Doch das änderte rein gar nichts daran, dass der weiße Rüde für Yeven immer jemand sein würde, auf den man sich verlassen und bauen konnte. Er war der erste gewesen, der sich ihrer angenommen hatte, als der Sturm der Wanderung sie ins Revier der Night-Wolves verworfen hatte.

Die Fähe zuckte bei Arkas' Worten sichtlich zusammen. Die selben Gedanken hatte sie seit den letzten Wochen ständig im Hinterkopf gehabt. Doch das bunte Treiben der Welpen und ihre Verantwortung für Yoruba, hatte die Wahrheit immer wieder verdrängt. Nur nachts, wenn sie mit ihren Gedanken alleine war, die sie erbarmungslos wach hielten, schaffte sie es ans Licht um Yevens Angst um den Verlust eines weiteren Rudelmitglieds zu schüren.
Der Tod war etwas unvermeidliches, etwas unvorhersehbares. Schon so lange hatte Yeven Zeit gehabt, sich auf diesen Moment einzustimmen, doch jetzt traf es sie völlig unvorbereitet. Aber gab es für so etwas überhaupt einen richtigen Moment?

Die Fähe wollte aufstehen und sich zu Devaki gesellen, doch sie hatte Angst davor Réans toten Körper zu sehen. War es wirklich geschehen? Wie lange würde es dauern bis es die anderen bemerkt hatten, ein dunkler Schatten die ausgelassene Stimmung im Keim ersticken würde und die Welpen anfangen würden Fragen zu stellen, deren Antworten sie nicht verstehen würden?
Yeven fand Arkas' Sichtweise ein wenig kalt, doch vielleicht war dies nur seine Art, sich vor so etwas zu schützen. Sie wusste, dass er Recht hatte, doch ihr fiel beim besten Willen keine Antwort auf so etwas ein.
Der plötzliche Themawechsel verwirrte Yeven kurz und unterstrich bloß noch einmal ihre Theorie. Alles in ihr verlangte danach, sich von dem aktuellen Geschehen abzulenken.

„Ja, ich war sehr lange unterwegs bevor ich hier her gekommen bin. Mein Rudel stammt aus dem Tiefland. Ich bin vorher nie im Gebirge gewesen“

sagte Yeven mit klangloser Stimme, ohne den Blick von Réan und Devaki abwenden zu können. Sie fragte sich, ob sie Arkas die gleiche Frage stellen sollte, nur um die Illusion eines schönen Tages beizubehalten. Doch dazu hätte sie ihn zurück zur Erinnerung an Miu bringen müssen und das wollte sie nicht. Auch ihr Tod hatte sie schockiert, auch wenn sie sie nicht richtig gekannt hatte. So hatte sie sie trotzdem als lebensfrohe und freundlich Fähe in Erinnerung. Und das würde das einzige sein, was sie von Thorn, Miu und nun auch von Réan behalten würde. Erinnerungen...


- Devaki - 01.03.2011

Eigentlich hatte er aufstehen wollen, um Kainuu zu folgen. Aber auch wenn der Weg zu Réans toetm Körper nur kurz war, konnte Deva sich nicht aufraffen. Er blieb liegen und betrachtete Kainuus Treiben mit mitleidigem Blick. Sie verstand es nicht, aber wie sollte sie auch? Sie war jung und Deva hätte sich gewünscht seinem Nachwuchs eine solche Nachricht erst überbringen zu müssen, wenn sie alle älter geworden wären.

„Nein, Kainuu. Onkel Réan kann nicht mehr zu uns kommen und er hört dich auch nicht mehr. Er spürt nicht, wie du ihn anstupst. Irgendwie hast du zwar Recht, er schläft. Aber er kann nicht mehr aufwachen. Sein Körper war nicht mehr stark genug und jetzt muss er für immer schlafen. Er kommt nicht mehr zu uns zurück.“

Er verzichtete darauf Kainuu noch einmal das Wort Wulf an den Kopf zu werfen. Diese ganzen Informationen musste sie wohl erst einmal verarbeiten, immerhin war sie nicht ganz so fix im Begreifen wie Shila oder Liath es waren. Also würde Deva ihr die Legenden vom Gott der Wölfe ein anderes Mal erzählen. Stattdessen raffte er sich nun doch auf und ging zu Kainuu. Wenn sie begriff, was passiert war, dann wollte er für sie dasein.

„Du musst dich jetzt von Onkel Réan verabschieden, Liebling.“

flüsterte er ihr sanft in die kleinen Wolfsohren und schleckte ihr sanft und tröstend über den Kopf. Was sollte er sonst sagen? Wenn seine Tochter Fragen hatte, würde sie sie stellen, daran bestand kein Zweifel. Trotzdem war sich Deva nicht sicher, wie sie die Nachricht vom Tod des Hellen verkraften würde. Ob sie es überhaupt akzeptieren würde. Er hoffte, dass Kainuu im hier und jetzt mit ihren Gedanken blieb und nicht darauf schloss, dass ihr Papa auch einmal für immer schlafen gehen musste. Er liebte Kainuu und er wusste, dass sie ihn besonders mochte und bewunderte. Die Nachricht, dass ihr Papa irgendwann nicht mehr da war, würde sie sicher noch sehr viel mehr aus der Fassung bringen. Und das wollte Deva auf jeden Fall vermeiden.


- Liath - 01.03.2011

Aufgeregt tappte Liath Laines nach, um ja alles zu hören, was dieser sagte. Allerdings hörte er letztlich mehr als genug, mehr als ihm lieb war sogar. Als der große Rüde das Wort Hexe fallen ließ, schrak der Welpe zusammen und blieb stocksteif stehen. Erneut wurden seine Augen kugelrund, doch sie glitzerten voller Aufregung und Anspannung. Darüber wollte er mehr wissen, auch wenn er momentan über die Tragweite dieser neuen Erkenntnis nachgrübelte.

„Echt? Eine richtige Hexe?“, rief er laut hinter dem Rüden her.

Doch schnell fiel ihm ein, dass eine solche böse Hexe ihn sicherlich hören konnte. Aufquietschend sprintete er Laines nach, um den geringen Abstand wett zu machen. Wie ein kleiner schwarzer Igel wieselte er dem Rüden zwischen den Beinen herum, ohne zu merken, dass sie bereits ins Wasser gegangen waren. Oh Schreck. Japsend sog er die Luft ein und zog gleichzeitig sein rundes Bäuchlein ein, um es ja nicht in die böse, kalten Fluten zu tauchen. Aber unter Laines traute er sich nicht mehr hervor, selbst wenn er dafür im Meer stehen musste.

„Onkel Laines, du musst jetzt immer aufpassen, dass mich die Windhexe nicht wegpustet. Ich will doch hierbleiben!“

Inbrünstig nickte der Kleine, um seine wichtigen Worte zu unterstreichen. Er hatte manchmal schon Stürme gehört, und nun war er sich sicher, dass er da die Stimme der Windhexe hatte rufen und heulen hören. Ein Schauer lief ihm über den Rücken und seine im Wasser stehenden Beine zitterten kurz. Um Halt zu finden auf dem sandigen Grund unter seinen Pfoten, lehnte er Schulter und Kopf an das vordere Bein des Schwarzen und seufzte.

„Du? Ich mag dich. Viel lieber als das Wasser.“

Erneut nickte er, den Kopf nach wie vor am Bein des Rüden. Er reichte ihm gerade etwas übers Sprunggelenk, wenn er sich groß gemacht hätte, hätte er vielleicht den Bauch des Rüden anstupsen können. Doch ihm reichte der unfreiwillige Halt am Bein. Liath war es gewohnt, offen und unkompliziert mit allen und jedem umzugehen. Außer vielleicht mit Arkas, der war ihm unheimlich. Noch war er dabei, die Kontakte im Rudel zu knüpfen, schließlich durften sie noch nicht allzu lange hinaus aus der Höhle um die Welt zu entdecken. Er wusste alle Rufnamen, aber das war es auch zum größten Teil. Mehr war für ihn allerdings auch noch nicht wichtig; neben der Sympathie. Von dieser bekam sein Onkel Arkas schon erstmal keine, während er Laines schon richtig gern hatte. Mit spannenden Geschichten konnte jeder bei Liath punkten.


- Laines - 05.03.2011

Die Taktik „Wasserscheuer Welpe geht nicht ins Wasser, Welpenscheuer Rüde steht im Wasser“ floppte leider und plötzlich hatte Laines einen Welpen zwischen den Beinen stehen. Und irgendwie machte er keinerlei Anstalten da wieder wegzugehen. Überrumpelt lugte der Schwarze kurz zwischen seine Läufe, als könne er nicht glauben, dass dieser Fellball jetzt wirklich so nah bei ihm stand und hob dann seinen Kopf ganz rasch wieder. Okay, nur die Ruhe bewaren. Tief ein und ausatmen. Und dann sagte der Knirps auch noch, dass er jetzt immer aufpassen sollte, dass ihn die Windhexe nicht wegpustete.

Tja, dann musst du aufpassen, dass du sie nicht verärgerst!“,

antwortete er und war überrascht von sich, dass ihm dieser Satz so ganz normal und locker über die Lefzen gekommen war, obwohl sein Herzschlag gerade doppelt so schnell ging und in seinen Gedanken das „Weg, weg, weg!“ kreiselte. Aber dieser Welpe kannte einfach keine Gnade. Als er dann seinen Kopf gegen sein Bein lehnte, lief ihm ein Schauer von der Nasenspitze über den Rücken, bis zur Schwanzspitze und hinterlies auf dem Weg aufgestelltes Fell, wie bei einer Gänsehaut. Wie gut, dass er das nicht sehen konnte und hoffentlich sah ihn gerade auch kein anderer. Woah. Fassung. Fassung, bitte! Laines machte einen Satz nach vorne, wieder aus dem Wasser hinaus an das buchstäblich rettende Ufer. Er drehte sich gleich wieder zu dem Welpen um und entwarf in Rekordgeschwindigkeit eine neue Taktik. Spielerisch beugte er den Oberkörper nach unten und konnte sich sogar ein Grinsen auf die Lefzen zaubern.

Ich dich auch, Kleiner, aber jetzt musst du ganz schnell wieder raus aus dem Wasser. Wir wollen die Hexe ja nicht zürnen. Und weißt du was? Wenn du es schaffst mich zu fangen, erzähle ich dir noch eine Geschichte von der Hexe!“

Das war eine seiner absolut brilliantesten Ideen. So konnte er dem Drang vor dem Welpen wegzurennen nachgeben, ohne das es seltsam wirkte! Der Schwarze drehte sich also auch sogleich um und lief los. Zwang sich aber dazu nicht gleich wie ein Irrer loszupreschen und noch recht langsam zu laufen. Das war schon okay, er war trotzdem schneller. Für den Welpen war es immerhin noch ein halber Kampf durch diesen Sand zu kommen, vor allem wenn man nass war. Glück gehabt.


- Namíd - 06.03.2011

Genüsslich streckte sich der junge Welpe und macht seinen kleinen Körper lang. Er hatte lange geschlafen und seine Glieder waren noch immer ein wenig steif. Er schaute sich um. Hmm. Bis auf Siyi, seine Mama, waren schon alle verschwunden. Nur der kleine faule schwarze hatte mal wieder faul auf der Haut gelegen. Er hatte sich heute Nacht eng an seine Mutter gekuschelt und schlich sich nun ganz vorsichtig auf seinen kleinen Pfoten durch die große Rudelhöhle. Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten bereits seine Nase und Namíd nieste einmal kurz. Erschrocken drehte er sich um und lauschte. Bewegte sich kein bisschen. Siyi atmete einmal tief und schlief weiter, was Namíd ebenfalls beruhigte und ihn dazu brachte weiterhin einen Lauf vor den anderen zu setzten, so wie er es von seinen Eltern gelernt hatte.

Als er dann – endlich- die Gefahrenzone verlassen hatte, zeigte der Frühling seinen vollen Glanz. Die Wiesen und der Wald lebte, die Schmetterlinge, die der kleine Jäger so gerne fing flatterten von Blüte zu Blüte und die Sonne wärmte und kitzelte das kurze, pechschwarze Fell des Rüden. Namíd kicherte einmal leise und schaute sich dann um. Niemand zu sehen. Er brummelte. Er mochte es nicht alleine zu sein und spielte viel lieber mit seinen Geschwistern. Der kleinen Sternentänzer drehte sich um und sah einen Schmetterling. Er war ganz gelb und flatterte wild umher. Tollpatschig rannte Namíd ihm nach, drückte den Kopf ins Gras, wedelte mit dem Schwanz und sprang dann auf den kleinen Flattermann zu, der einfach ungestört weiter hin und her flatterte. Namíd stolperte über seine Füße und rollte durch das frisch duftende Gras. Der Flattermann war weg, so viel war klar. Namíd stand auf und prustete einmal kurz.

“So ein Mist. Jetzt hab ich ihn entkommen lassen, aber ich hätte ihn fast gehabt!“

Namíd tapste an den Felsen vorbei, Richtung Meer und hörte die Stimme seiner Schwester Shila. Sie war scheinbar am Strand und freudig rannte Namíd auf sie zu. Er stand schließlich schwanzwedelnd vor ihr.

“Guten Morgen Shila. Was machst du denn hier? Sollen wir was spielen? Komm schooon. Lass uns bitte, bitte was spielen!“


- Kainuu - 06.03.2011

Mit großen Augen starrte Kainuu auf den regungslosen Réan, alles an ihm war wie immer und doch sollte er sie nicht mehr hören und nicht mehr spüren können. Und er würde immer hier liegen bleiben. Langsam drehten sich die Ohren der Kleinen zurück und sie zog die Rute ein. Wenn sie mit ihrer Nase näher zu ihm kam, dann roch etwas falsch, unbekannt, nicht so wie Réan sonst gerochen hatte. Ein neuer Geruch war hinzugekommen oder war ein alter einfach nur verschwunden? Ihr Papa kam zu ihr und sie verkroch sich zwischen seinen Läufen, versteckte sich beinahe vor dem leblosen Körper des Weißen.

“Also wird er für immer hier liegen bleiben? Das ist sicher seltsam. Wenn er nicht mehr mit mir redet, aber ich kann mich immer noch an ihn kuscheln, oder?“

Eigentlich wollte sie sich genau das selbst beweisen, aber irgendetwas hielt sie zurück. Als wäre sie hinter Papas Lauf festgewachsen.

“Wir können ihn dann ja jeden Tag besuchen.“,

schlug sie noch vor, wobei sie schon wieder zu vergessen schien, dass Réan sie weder hören noch spüren konnte. Doch ihr Vater verlangte sowieso etwas ganz anderes, sie sollte sich verabschieden.

“Aber warum denn, Papa? Du sagst, er kann sich nicht mehr bewegen, dann kann er auch nicht weggehen. Und wenn ich mich verabschiede, dann rede ich ja, aber das kann er doch sowieso nicht hören.“

Noch immer kuschelte sie sich an Devakis linken Vorderlauf und lugte immer wieder an ihm vorbei auf Réan. Warum fühlte sie sich in seiner Nähe plötzlich so traurig? Und warum saß ein Tier in ihrer Brust und biss ihr irgendwo in ihr Inneres? So fühlte sich das an.


- Liath - 06.03.2011

Leider schien sein unfreiwilliger Aufpasser die böse Hexe nicht so ernst zu nehmen wie Liath – oder es war ihm egal, wenn diese den Welpen davonpustete. So schnell wie Laines sich aus der Affäre zog, konnte Liath gar nicht gucken. Als das Halt gebende Bein plötzlich verschwand, plumpste der schwarze Welpe mit seinem vollen Gewicht ins verhasste Nass. Gluckernd verschwand diesmal auch sein gesamter Kopf unter der Wasseroberfläche. Das zum erschrockenen Schrei geöffnete Mäulchen schluckte eine ganze Portion voll Wasser, in Liath' Ohren rauschte es. Plötzlich war da nichts mehr, was man atmen konnte. Und obwohl seine Augen nur verschwommenes Dunkel sahen und brannten, als wäre er nicht unter Wasser sondern ins Feuer gefallen, behielt er sie schreckgeweitet offen und versuchte, den Weg hinaus zu finden. Als er endlich die Oberfläche durchbrach, schien für ihn eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein. Und noch immer konnte er keine Luft holen, das Wasser blockierte seine Atemwege. Erst als er automatisch hustete und spuckte, wurde das brennende Gefühl im Hals weniger und sein Herz beruhigte sich langsam wieder.
Wo war sein Onkel und was hatte der gerade erzählt? Blinzelnd sah Liath sich nach Laines um und versuchte die Wortfetzen, die er verstanden hatte, zusammenzusetzen. Er sollte ihn fangen, so war es doch … dann würde etwas mit der Hexe passieren. Aber was? Liath hatte es nicht mehr gehört, das Wasser hatte alles verschluckt. Aber egal, nun wollte er raus hier und dann seinen Onkel fangen. Vielleicht wurde die Hexe ja böse, wenn er ihn nicht erwischte. Wie auf Kommando säuselte kurz eine leichte Brise um den fröstelnden Welpen. Aufquietschend rannte Liath los, mühsam aus dem Wasser kämpfend. Am Strand angekommen war er bereits völlig erschöpft, vom Beinahe-Ertrinken zitterte er am ganzen Körper. Aber seine Angst vor der Windhexe hielt ihn auf den Beinen. Jetzt musste er ganz schnell hinter seinem Onkel her, sonst würde sie ihn wegpusten. Und dann wäre ihm sicherlich noch kälter als jetzt.
Also raffte sich der kleine Kämpfer auf und lief zögerlich und etwas ziellos los. Wo war Laines … ah, da! Mühsam quälte er sich hinter dem schwarzen Rüden her, von dem er nur die wippende Rute erblickte. Plötzlich waren seine sonst so flinken Beine bleischwer und wollten nicht mehr richtig vorwärts gehen. Der Sand machte es auch nicht gerade leichter. Zwischen Liath' Milchzähnen knirschte es und auch am Rest seines Körpers hafteten Sandkörner. Selbst in die grünen Augen hatten sie sich verwirrt und pieksten ihn nun gemeinerweise noch zusätzlich. Aber Liath gab nicht auf; nicht, wenn die Windhexe ihm noch gefährlich werden konnte. Verbissen folgte er dem Rüden in seinem eigenen Tempo, langsam aber sehr bestimmt. Er würde sich nicht einfach wegpusten lassen, niemals. Und verärgern wollte er die Hexe auch nicht, also musste er Laines fangen.

Liath wusste nicht mehr, wie lange er Laines folgte, aber es fühlte sich für den kleinen Körper ewig an. Irgendwann versagten die müden Beine den Dienst und Liath fiel säuberlich zur Seite um. Vergessen war die Windhexe, vergessen war die Jagd. Der Welpe schlief an Ort und Stelle ein, klatschnass und dreckig wie er war.